VIERZEHNTER AUFTRITT
 
 
Die Vorigen und Despina.
 
 
Rezitativ
 
 
Despina
 
 
Sieg, ihr junge Herren!
 
 
Bereit, euch zu heiraten,
 
 
sind die werten Damen: in eurem Namen
 
 
habe ich ihnen versprochen, dass sie in etwa drei Tagen
 
 
mit euch abreisen können; sie haben mir befohlen,
 
 
einen Notar zu finden,
 
 
der den Ehevertrag aufsetzt; in ihrem Zimmer
 
 
erwarten sie euch.
 
 
Seid ihr nun zufrieden?
 
 
Guilelmo, Ferrando, Don Alfonso
 
 
Äußerst zufrieden.
 
 
Despina
 
 
Der Erfolg bleibt nie aus,
 
 
wenn Despina an einem Plan mitwirkt.
 
 
(Sie gehen ab.)
 
 


Prunkvoller, erleuchteter Saal. Im Hintergrund ein Orchester. Eine Tafel für vier Personen mit silbernen Armleuchtern usw. Vier festlich gekleidete Diener.
 
 
FÜNFZEHNTER AUFTRITT
 
 
Despina, dann Don Alfonso. Chor der Diener und Musiker.
 
 
Nr. 31 Finale
 
 
Despina
 
     
 
    Beeilt euch, o liebe Freunde,
 
 
zündet die Fackeln an
 
 
und deckt
 
 
reichlich und vornehm den Tisch.
 
     
 
    Die Hochzeiten unserer jungen Herrinnen
 
 
sind schon vorbereitet.
 
 
(zu den Musikern)
 
 
Und ihr geht auf eure Plätze,
 
 
bis die Brautpaare hierherkommen.
 
 
Chor der Diener und Musiker
 
     
 
    Beeilen wir uns, o liebe Freunde,
 
 
zünden wir die Fackeln an
 
 
und decken wir den Tisch
 
 
reichlich und vornehm.
 
 
Don Alfonso
 
 
(tritt ein.)
 
     
 
    Bravo, bravo! Ausgezeichnet!
 
 
Was für ein Überfluss, was für eine Eleganz!
 
 
(Während Don Alfonso singt, stimmen die Musiker ihre Instrumente.)
 
 
Eine angemessene Belohnung
 
 
wird euch jeder geben.
 
     
 
    Die zwei Paare werden bald eintreffen.
 
 
Empfangt sie mit Beifall bei ihrer Ankunft:
 
 
Freudiger Gesang und fröhliche Musik
 
 
sollen den Himmel mit Heiterkeit erfüllen.
 
 
Despina, Don Alfonso
 
 
(leise, durch verschiedene Türen)
 
     
 
    Ein schöneres Komödchen
 
 
hat man noch nie gesehen und wird man nie sehen.
 
 
SECHZEHNTER AUFTRITT
 
 
Dorabella, Guilelmo, Fiordiligi und Ferrando. Während sie voranschreiten, singt der Chor, und das Orchester setzt mit einem Marsch an.
 
 
Chor
 
     
 
    Gesegnet seien die beiden Bräutigame
 
 
und die liebenswürdigen jungen Bräute!
 
 
Der gnädige Himmel strahle über ihnen,
 
 
und nach Art der Hennen
 
 
mögen sie stets fruchtbar an Kindern sein,
 
 
die ihnen an Schönheit gleichen.
 
 
Fiordiligi, Dorabella, Guilelmo, Ferrando
 
     
 
    Wie hier doch alles
 
 
Freude und Liebe verheißt!
 
 
Das ist bestimmt das Verdienst
 
 
der lieben Despinetta.
 
     
 
    Spielt lauter die fröhliche Musik,
 
 
wiederholt den süßen Gesang,
 
 
und inzwischen setzen wir uns hier
 
 
in größter Ausgelassenheit.
 
 
(Die Brautpaare essen.)
 
 
Chor
 
     
 
    Gesegnet seien die beiden Bräutigame
 
 
und die liebenswürdigen jungen Bräute!
 
 
Der gnädige Himmel strahle über ihnen,
 
 
und nach Art der Hennen
 
 
mögen sie stets fruchtbar an Kindern sein,
 
 
die ihnen an Schönheit gleichen.
 
 
Guilelmo, Ferrando
 
     
 
    Alles, alles, o mein Leben,
 
 
erwidert nun meinem Feuer!
 
 
Fiordiligi, Dorabella
 
 
In meinen Adern schwillt die Freude an,
 
 
sie schwillt an und breitet sich aus.
 
 
Guilelmo, Ferrando
 
 
Wie schön du bist!
 
 
Fiordiligi, Dorabella
 
 
Wie hübsch du bist!
 
 
Guilelmo, Ferrando
 
 
Was für schöne Augen!
 
 
Fiordiligi, Dorabella
 
 
Was für ein schöner Mund!
 
 
Guilelmo, Ferrando
 
 
(stoßen an.)
 
 
Stoß an und trinke.
 
 
Fiordiligi, Dorabella
 
 
(stoßen an.)
 
 
Trinke und stoß an.
 
 
 
 
Fiordiligi, Dorabella, Ferrando
 
     
 
    Und in deinem, in meinem Glas
 
 
versinke jeder Gedanke;
 
 
und keine Erinnerung an die Vergangenheit
 
 
soll in unseren Herzen bleiben.
 
 
Guilelmo
 
 
(leise für sich)
 
     
 
    (Ah, tränken sie doch Gift,
 
 
diese ehrlosen Füchsinnen!)
 
 
 
 
(Sie trinken.)
 
 
SIEBZEHNTER ABSCHNITT
 
 
Die Vorigen, Don Alfonso, dann Despina, als Notar verkleidet.
 
 
Don Alfonso
 
     
 
    Meine Herren, alles ist bereit:
 
 
Mit dem Ehevertrag
 
 
ist der Notar im Treppenhaus
 
 
und ipso facto wird er hier sein.
 
 
Fiordiligi, Dorabella, Guilelmo, Ferrando
 
 
Bravo, bravo! Er soll gleich kommen.
 
 
Don Alfonso
 
 
Ich gehe ihn rufen … Hier ist er.
 
 
Despina
 
 
(tritt ein.)
 
     
 
    Es wünscht euch alles Gute
 
 
der Notar Beccavivi,
 
 
der mit gewohnter notarieller Würde
 
 
zu euch kommt.
 
     
 
    Und den aufgesetzten Vertrag
 
 
mit den typischen Klauseln
 
 
in den juristischen Formen
 
 
wird er, erst hustend, dann sich setzend
 
 
(näselnd)
 
 
mit klarer Stimme verlesen.
 
 
Alle
 
 
Bravo, bravo, fürwahr!
 
 
Despina
 
 
(näselnd)
 
     
 
    Durch den von mir ausgefertigten Vertrag
 
 
schließen die Ehe
 
 
Fiordiligi mit Sempronius
 
 
und mit Titius Dorabella,
 
 
ihre rechtmäßige Schwester;
 
 
diese sind Damen aus Ferrara,
 
 
jene sind edle Herren aus Albanien.
 
 
Und als Mitgift und Morgengabe …
 
 
Fiordiligi, Dorabella, Guilelmo, Ferrando
 
 
Alles bekannt, alles bekannt,
 
 
wir glauben Euch, wir vertrauen Euch,
 
 
wir unterschreiben, gebt nur her.
 
 
(Nur die beiden Frauen unterschreiben.)
 
 
Despina, Don Alfonso
 
 
Bravo, bravo, fürwahr!
 
 
(Das Papier bleibt in Don Alfonsos Hand.)
 
 
(Man hört lauten Trommelwirbel und Gesang.)
 
 
Chor
 
 
(in der Ferne)
 
     
 
    Schönes Soldatenleben!
 
 
Jeden Tag an einem anderen Ort,
 
 
heute viel, morgen wenig,
 
 
bald zu Land, bald auf dem Meer.
 
 
Fiordiligi, Dorabella, Guilelmo, Ferrando
 
     
 
    Was für ein Lärm, was für ein Gesang ist das?
 
 
Don Alfonso
 
 
Bleibt ruhig, ich gehe nachsehen.
 
 
(Er geht zum Fenster.)
 
     
 
    Erbarmen!
 
 
Götter des Himmels!
 
 
Wie schrecklich!
 
 
Ich zittre, ich erstarre!
 
 
Eure Verlobten …
 
 
Fiordiligi, Dorabella
 
 
Mein Verlobter …
 
 
Don Alfonso
 
 
In diesem Augenblick
 
 
kehren sie zurück, o Gott!
 
 
Und am Ufer
 
 
landen sie schon.
 
 
Fiordiligi, Dorabella, Guilelmo, Ferrando
 
     
 
    Was höre ich!
 
 
Grausame Sterne!
 
 
Was soll man in so einem Augenblick
 
 
tun?
 
 
Fiordiligi, Dorabella
 
 
(zu den Liebhabern)
 
     
 
    Schnell, weg.
 
 
(Die Diener tragen den Tisch weg, und die Musiker laufen eilig davon.)
 
 
Despina, Guilelmo, Ferrando, Don Alfonso
 
 
Aber wenn sie sie|uns sehen?
 
 
Fiordiligi, Dorabella
 
 
Schnell, weg.
 
 
Despina, Guilelmo, Ferrando, Don Alfonso
 
 
Aber wenn sie sie|uns hier antreffen?
 
 
Fiordiligi, Dorabella
 
 
Dort, versteckt euch dort,
 
 
um Himmels willen.
 
 
(Fiordiligi und Dorabella führen die beiden Liebhaber in ein Zimmer. Don Alfonso führt Despina in ein anderes Zimmer. Die Liebhaber verlassen ungesehen das Zimmer und gehen weg.)
 
 
Fiordiligi, Dorabella
 
     
 
    Götter, zu Hilfe!
 
 
Don Alfonso
 
 
Bleibt gelassen …
 
 
Fiordiligi, Dorabella
 
 
Götter, gebt uns Rat!
 
 
Don Alfonso
 
 
Beruhigt euch wieder …
 
 
Fiordiligi, Dorabella
 
 
(wie von Sinnen)
 
 
Wer wird uns aus der Gefahr
 
 
erretten? – Wer?
 
 
Don Alfonso
 
 
Vertraut mir:
 
 
Alles wird gut.
 
 
Fiordiligi, Dorabella
 
     
 
    Tausend grausame Gedanken
 
 
quälen mein Herz:
 
 
Wenn sie den Betrug entdecken,
 
 
ach, was wird dann aus uns werden!
 
 
LETZTER AUFTRITT
 
 
Dorabella, Fiordiligi; Guilelmo und Ferrando mit Militärmänteln und -hüten usw. Despina im Zimmer und Don Alfonso.
 
 
Guilelmo, Ferrando
 
     
 
    Heil und gesund kehren wir zurück
 
 
in die liebevollen Umarmungen unserer allertreuesten Geliebten,
 
 
jubelnd vor Freude,
 
 
ihre Treue zu belohnen.
 
 
Don Alfonso
 
     
 
    Gerechte Götter! Guilelmo, Ferrando!
 
 
Oh, was für eine Freude! Hier, wie und wann?
 
 
Guilelmo, Ferrando
 
 
Zurückgerufen vom königlichen Gegenbefehl,
 
 
das Herz erfüllt mit Zufriedenheit und Freude,
 
 
kehren wir zu unseren anbetungswürdigen Bräuten
 
 
und zu Eurer Freundschaft zurück.
 
 
Guilelmo
 
 
(zu Fiordiligi)
 
     
 
    Doch was bedeutet diese Blässe, dieses Schweigen?
 
 
Ferrando
 
 
(zu Dorabella)
 
 
Warum ist meine Angebetete so traurig?
 
 
Don Alfonso
 
 
Vor Freude verwirrt und betäubt,
 
 
stehen sie dort ganz stumm da.
 
 
Fiordiligi, Dorabella
 
 
(Ach, ich bringe kein Wort über die Lippen:
 
 
Wenn ich nicht sterbe, so ist es ein Wunder.)
 
 
(Die Diener tragen einen Koffer herein.)
 
 
Guilelmo
 
     
 
    Erlaubt, dass dieser Koffer
 
 
in diesem Zimmer seinen Platz findet.
 
 
Götter, was sehe ich! Ein Mann hier versteckt?
 
 
Ein Notar? Was macht er hier?
 
 
Despina
 
 
(kommt ohne Hut hervor.)
 
     
 
    Nein, mein Herr, es ist kein Notar:
 
 
Despina ist es, verkleidet, die
 
 
soeben vom Ball zurückgekehrt ist
 
 
und hierherkam, um sich umzuziehen.
 
 
 
 
Guilelmo, Ferrando
 
     
 
    Wo wird man je
 
 
eine Schlaufüchsin wie diese finden?
 
 
Despina
 
 
Wo wird man je
 
 
eine Schlaufüchsin wie mich finden?
 
 
(Don Alfonso lässt den von den Frauen unterschriebenen Ehevertrag mit Absicht fallen.)
 
 
Fiordiligi, Dorabella
 
 
Die Despina! Die Despina!
 
 
Ich verstehe nicht, was hier los ist.
 
 
 
 
Don Alfonso
 
 
(leise zu den Liebhabern)
 
     
 
    Ich habe gerade die Papiere fallen lassen:
 
 
Hebt sie geschickt auf.
 
 
Ferrando
 
 
Doch was sind das für Papiere?
 
 
Guilelmo
 
 
Ein Ehevertrag?
 
 
Guilelmo, Ferrando
 
 
(zu den Geliebten)
 
 
Gerechter Himmel! Ihr habt hier unterschrieben:
 
 
Da hilft kein Leugnen mehr;
 
 
Verrat, Verrat!
 
 
Ach, die Sache muss ans Licht,
 
 
und das Blut soll dann in Bächen, Strömen und Meeren
 
 
fließen.
 
 
(Sie wollen in das andere Zimmer gehen. Die Frauen halten sie zurück.)
 
 
Fiordiligi, Dorabella
 
     
 
    Ach, mein Herr, ich habe den Tod verdient
 
 
und um den Tod allein bitte ich euch.
 
 
Zu spät erkenne ich mein Vergehen:
 
 
Durchbohrt mit diesem Schwert ein Herz,
 
 
das kein Mitleid verdient.
 
 
Guilelmo, Ferrando
 
     
 
    Was ist geschehen?
 
 
Fiordiligi
 
 
(zeigt auf Despina und Don Alfonso.)
 
 
Für uns sollen
 
 
der Grausame und die Verführerin sprechen.
 
 
Don Alfonso
 
 
Nur zu wahr ist, was sie sagt,
 
 
(Er zeigt auf das Zimmer, in das vorher die Liebhaber gegangen waren.)
 
 
und der Beweis dafür ist dort drinnen eingeschlossen.
 
 
Fiordiligi, Dorabella
 
 
Vor Angst bin ich zu Eis erstarrt, ich zittre.
 
 
Warum hat er sie verraten?
 
 
(Ferrando und Guilelmo gehen einen Augenblick in das Zimmer, dann kommen sie ohne Hut, ohne Mantel und ohne Schnurrbart heraus, jedoch in der ursprünglichen Verkleidung usw. und machen sich über die Geliebten und Despina lustig.)
 
 
Ferrando
 
 
(macht Fiordiligi affektierte Komplimente.)
 
     
 
    Vor Euch verbeugt sich,
 
 
schöne junge Dame,
 
 
der Ritter
 
 
aus Albanien.
 
 
Guilelmo
 
 
(zu Dorabella)
 
     
 
    Das kleine Bildnis
 
 
gebe ich Euch zurück
 
 
für das Herzchen,
 
 
meine liebe Frau.
 
 
Beide
 
 
(zu Despina)
 
     
 
    Und dem magnetischen
 
 
Herrn Doktor
 
 
erweise ich die Ehre,
 
 
die er verdient hat.
 
 
Fiordiligi, Dorabella, Despina
 
     
 
    Himmel, was sehe ich!
 
 
Guilelmo, Ferrando, Don Alfonso
 
 
Sie sind erstaunt!
 
 
Fiordiligi, Dorabella, Despina
 
 
Ich ertrage den Schmerz nicht mehr!
 
 
Guilelmo, Ferrando, Don Alfonso
 
 
Sie sind halb wahnsinnig geworden.
 
 
Fiordiligi, Dorabella
 
 
(zeigen auf Don Alfonso)
 
 
Da ist der Grausame,
 
 
der uns getäuscht hat.
 
 
Don Alfonso
 
     
 
    Ich habe euch getäuscht, aber die Täuschung
 
 
war eine Ent-Täuschung für eure Liebhaber,
 
 
die nun wohl klüger sind
 
 
und das tun werden, was ich will.
 
 
(Er führt sie zusammen und lässt sie einander umarmen.)
 
     
 
    Her mit den Händen: Ihr seid verlobt.
 
 
Umarmt euch und schweigt.
 
 
Lacht jetzt alle vier zusammen,
 
 
denn ich habe schon gelacht und werde es weiter tun.
 
 
Fiordiligi, Dorabella
 
     
 
    Mein Angebeteter, wenn das wahr ist,
 
 
werde ich mit Treue und Liebe
 
 
dein Herz entschädigen,
 
 
und ich werde dich immer verehren.
 
 
Guilelmo, Ferrando
 
     
 
    Das glaube ich dir gern, meine Schöne,
 
 
aber erproben will ich es nicht.
 
 
Despina
 
     
 
    Ich weiß nicht, ob ich wach bin oder träume:
 
 
Ich bin verwirrt, ich bin beschämt.
 
 
Aber es ist nicht schlimm, wenn sie mich hereingelegt haben,
 
 
lege ich doch selbst viele andere herein.
 
 
Alle
 
     
 
    Glücklich ist der Mensch, der alles
 
 
von der guten Seite nimmt,
 
 
und in den Wechselfällen des Lebens
 
 
sich von der Vernunft leiten lässt.
 
     
 
    Was andere gewöhnlich zum Weinen bringt,
 
 
soll für ihn ein Grund zum Lachen sein,
 
 
und inmitten der Stürme der Welt
 
 
wird er seine Ruhe finden.
 
 
Ende der Oper.