ZWEITER AUFTRITT
 
 
Fiordiligi und Dorabella.
 
 
Rezitativ
 
 
Fiordiligi
 
 
Schwester, was sagst du dazu?
 
 
Dorabella
 
 
Ich bin verwirrt
 
 
von dem teuflischen Geist dieses Mädchens.
 
 
Fiordiligi
 
 
Aber glaube mir, sie ist verrückt.
 
 
Glaubst du wirklich, dass wir
 
 
ihren Ratschlägen folgen können?
 
 
Dorabella
 
 
O sicher, wenn du die Sache
 
 
von der leichten Seite nimmst.
 
 
Fiordiligi
 
 
Ganz im Gegenteil, ich nehme sie
 
 
von der ernsten Seite:
 
 
Hältst du es nicht für ein Verbrechen,
 
 
wenn zwei junge Mädchen, die schon verlobt sind,
 
 
so etwas tun?
 
 
Dorabella
 
 
Sie sagt,
 
 
dass wir nichts Schlimmes tun.
 
 
Fiordiligi
 
 
Es ist schlimm genug,
 
 
wenn man über uns redet.
 
 
Dorabella
 
 
Wenn man aber sagt,
 
 
dass sie zu Despina kämen!
 
 
Fiordiligi
 
 
Oh, du hast
 
 
ein zu leichtfertiges Gewissen! Und was werden
 
 
unsere Verlobten sagen?
 
 
Dorabella
 
 
Nichts:
 
 
Entweder erfahren sie nichts von der Geschichte,
 
 
und alles bleibt beim Alten;
 
 
oder sie erfahren etwas, und dann sagen wir,
 
 
dass sie zu ihr gekommen sind.
 
 
Fiordiligi
 
 
Aber unsere Herzen?
 
 
Dorabella
 
 
Sie bleiben, was sie waren:
 
 
Wenn man sich ein bisschen amüsiert, um nicht vor Melancholie
 
 
zu sterben,
 
 
bricht man doch nicht die Treue, meine Schwester.
 
 
Fiordiligi
 
 
Das ist wahr.
 
 
Dorabella
 
 
Also?
 
 
Fiordiligi
 
 
Also
 
 
tu du nur, was du willst; aber ich will nicht
 
 
schuld sein, wenn daraus Ungemach entsteht.
 
 
Dorabella
 
 
Was für Ungemach sollte
 
 
bei so viel Vorsicht entstehen? Übrigens, hör zu:
 
 
Damit wir uns recht verstehen,
 
 
welchen von den beiden Narzissen willst du dir aussuchen?
 
 
Fiordiligi
 
 
Entscheide du, Schwester.
 
 
Dorabella
 
 
Ich habe schon entschieden.
 
 
Nr. 20 Duett
 
 
Dorabella
 
     
 
    Ich werde den hübschen Braunhaarigen nehmen,
 
 
der mir etwas lebhafter vorkommt.
 
 
Fiordiligi
 
 
Und inzwischen will ich mit dem netten Blonden
 
 
ein bisschen lachen und spaßen.
 
 
Dorabella
 
     
 
    Mit Scherzchen werde ich auf seine süßen Worte
 
 
antworten.
 
 
Fiordiligi
 
 
Mit Seufzern werde ich die Seufzerchen
 
 
des anderen imitieren.
 
 
Dorabella
 
     
 
    Er wird mir sagen: „Meine Liebste, ich sterbe.“
 
 
Fiordiligi
 
 
Er wird mir sagen: „Mein schöner Schatz.“
 
 
Beide
 
 
Und was für ein Vergnügen,
 
 
was für ein Späßchen werde ich dann haben!
 
 
(Sie gehen und treffen auf Don Alfonso.)
 
 
DRITTER AUFTRITT
 
 
Die Vorigen und Don Alfonso.
 
 
Rezitativ
 
 
Don Alfonso
 
 
Ah, eilt in den Garden,
 
 
meine teuren Mädchen! Was für eine Freude!
 
 
Was für Musik! Was für Gesang!
 
 
Was für ein glänzendes Schauspiel! Was für ein Zauber!
 
 
Beeilt euch, lauft!
 
 
Dorabella
 
 
Was zum Teufel soll das sein?
 
 
Don Alfonso
 
 
Gleich werdet ihr es sehen.
 
 
(Sie gehen ab.)
 
 


Garten am Meeresstrand mit belaubten Bänken und zwei kleinen Steintischen. Ein blumengeschmücktes Boot mit Musikkapelle.
 
 
VIERTER AUFTRITT
 
 
Ferrando und Guilelmo, Despina, prunkvoll gekleidete Diener. Sängerchor usw. Dann Fiordiligi, Dorabella und Don Alfonso.
 
 
Nr. 21 Duett mit Chor
 
 
Guilelmo, Ferrando
 
     
 
    Helft, freundliche Lüftchen,
 
 
helft meinen Wünschen
 
 
und bringt meine Seufzer
 
 
der Göttin dieses Herzens.
 
     
 
    Ihr, die ihr tausendmal
 
 
den Klang meiner Qualen gehört habt,
 
 
wiederholt meiner Liebsten
 
 
alles, was ihr bislang gehört habt.
 
 
Chor
 
     
 
    Helft, freundliche Lüftchen,
 
 
den Wünschen so guter Herzen.
 
 
(Während des Chor-Ritornells steigen Ferrando und Guilelmo mit Blumengirlanden aus. Don Alfonso und Despina führen sie zu den beiden Liebenden, die stumm und erstaunt dastehen.)
 
 
Rezitativ
 
 
Don Alfonso
 
 
(zu den Dienern, die eine Blumenschale bringen)
 
 
Stellt alles
 
 
auf diese Tischchen und zieht euch
 
 
auf das Boot zurück, Freunde.
 
 
Fiordiligi, Dorabella
 
 
Was soll diese Maskerade?
 
 
Despina
 
 
(zu Ferrando und Guilelmo)
 
 
Nur zu, nur Mut: Habt ihr
 
 
die Sprache verloren?
 
 
Ferrando
 
 
Ich zittre und bebe
 
 
von Kopf bis Fuß.
 
 
Guilelmo
 
 
Amor lähmt dem wahrhaft Liebenden die Glieder.
 
 
Don Alfonso
 
 
(zu den Frauen)
 
 
Seid nett, ermutigt sie.
 
 
Fiordiligi
 
 
(zu den Liebhabern)
 
 
Sprecht.
 
 
Dorabella
 
 
(zu den Liebhabern)
 
 
Sagt nur frei heraus, was ihr wünscht.
 
 
Ferrando
 
 
Meine Dame …
 
 
Guilelmo
 
 
Besser gesagt, meine Damen …
 
 
Ferrando
 
 
(zu Guilelmo)
 
 
Sprich du nur.
 
 
Guilelmo
 
 
(zu Ferrando)
 
 
Nein, nein, sprich du.
 
 
Don Alfonso
 
 
Oh, zum Teufel,
 
 
lasst doch diese Mätzchen
 
 
aus dem vorigen Jahrhundert. Despinetta,
 
 
beenden wir dieses Fest:
 
 
Mach du mit jener, was ich mit dieser machen werde.
 
 
Nr. 22 Quartett
 
 
Don Alfonso
 
 
(nimmt Dorabella bei der Hand.)
 
     
 
    Gebt mir die Hand.
 
 
(Despina nimmt Fiordiligi usw.)
 
 
Bewegt euch ein wenig.
 
 
(zu den Liebhabern)
 
 
Wenn ihr nicht sprecht,
 
 
werde ich für euch sprechen.
 
 
(zu den Mädchen)
 
 
(Die Liebhaber wiederholen jeweils die letzten Worte auf derselben Melodie.)
 
     
 
    Um Vergebung bittet euch
 
 
ein zitternder Sklave:
 
 
Er hat euch beleidigt, er sieht es ein,
 
 
doch nur für einen Augenblick.
 
     
 
    Jetzt leidet er, doch er schweigt …
 
 
Guilelmo, Ferrando
 
 
 
 
… schweigt …
 
 
Don Alfonso
 
 
Jetzt lässt er euch in Ruhe …
 
 
Guilelmo, Ferrando
 
 
… in Ruhe …
 
 
Don Alfonso
 
 
Er darf nicht, was er will,
 
 
er will, was er darf.
 
 
Guilelmo, Ferrando
 
 
(Die Liebhaber wiederholen die beiden letzten Verse mit einem Seufzer.)
 
 
Er darf nicht, was er will,
 
 
er will, was er darf.
 
 
Don Alfonso
 
 
(zu den Mädchen)
 
     
 
    Nun, antwortet.
 
 
Ihr schaut nur zu und lacht?
 
 
Despina
 
 
(stellt sich vor die beiden Frauen hin.)
 
 
Für euch werde ich
 
 
ihnen antworten.
 
     
 
    Was geschehen ist, ist geschehen,
 
 
vergessen wir die Vergangenheit:
 
 
(Despina nimmt die Hand Dorabellas, Don Alfonso nimmt diejenige Fiordiligis und lässt die Liebhaber die Blumengirlanden abreißen, dann legen Despina und Don Alfonso die Hände der Mädchen auf die Arme der Liebhaber.)
 
 
Gesprengt sei die Kette,
 
 
Zeichen der Sklaverei.
 
 
Reicht mir den Arm,
 
 
und seufzt nicht mehr.
 
 
Despina, Don Alfonso
 
 
(beiseite, leise)
 
     
 
    Bitte, lass uns jetzt gehen,
 
 
schauen wir zu, was sie daraus machen:
 
 
Sie würden wohl selbst den Teufel übertreffen,
 
 
wenn sie jetzt nicht fallen.
 
 
(Despina und Don Alfonso gehen ab.)
 
 
FÜNFTER AUFTRITT
 
 
Guilelmo am Arm von Dorabella. Ferrando und Fiordiligi, ohne sich am Arm zu halten. In einer kleinen stummen Szene schauen sie einander an, seufzen, lachen usw.
 
 
Rezitativ
 
 
Fiordiligi
 
 
Oh, was für ein schöner Tag!
 
 
Ferrando
 
 
Und mehr warm als kalt.
 
 
Dorabella
 
 
Was für niedliche Bäumchen!
 
 
Guilelmo
 
 
Gewiss, gewiss, sie sind schön:
 
 
Sie haben mehr Blätter als Früchte.
 
 
Fiordiligi
 
 
Wie hübsch
 
 
sind diese Wege!
 
 
Wollt Ihr spazieren gehen?
 
 
Ferrando
 
 
Ich stehe bereit, meine Liebe,
 
 
auf jeden Eurer Winke.
 
 
Fiordiligi
 
 
Zu viel der Güte!
 
 
Ferrando
 
 
(im Vorbeigehen, zu Guilelmo)
 
 
(Jetzt wird es kritisch.)
 
 
Fiordiligi
 
 
Was habt Ihr ihm gesagt?
 
 
Ferrando
 
 
He, ich habe ihm nur empfohlen,
 
 
sie gut zu unterhalten.
 
 
Dorabella
 
 
(zu Guilelmo)
 
 
Gehen auch wir spazieren.
 
 
Guilelmo
 
 
Wie Ihr wünscht.
 
 
(Sie gehen auf und ab.)
 
 
(nach einem Augenblick der Stille)
 
 
Weh mir!
 
 
Dorabella
 
 
Was habt Ihr denn?
 
 
(Die anderen in stummem Spiel, etwas entfernt)
 
 
Guilelmo
 
 
Mir geht es so schlecht,
 
 
so schlecht, meine Liebste,
 
 
dass ich glaube zu sterben.
 
 
Dorabella
 
 
 
 
(Er wird gar nichts erreichen.)
 
 
 
 
Es werden die Nachwirkungen
 
 
des Gifts sein, das Ihr getrunken habt.
 
 
Guilelmo
 
 
(heftig)
 
 
Ach, ein noch stärkeres Gift trinke ich jetzt
 
 
aus diesen lieben Augen,
 
 
die so grausam und feurig sind wie der Ätna!
 
 
Dorabella
 
 
Das wäre ein heißes Gift:
 
 
Kühlt Euch etwas ab.
 
 
Guilelmo
 
 
Undankbare, Ihr scherzt,
 
 
und ich sterbe inzwischen.
 
 
(Die beiden anderen entfernen sich beim Spazierengehen.)
 
 
(Sie sind weg:
 
 
Wohin sind sie bloß gegangen?)
 
 
Dorabella
 
 
Ach, tut das nicht …
 
 
Guilelmo
 
 
Ich sterbe, Grausame, und Ihr scherzt?
 
 
Dorabella
 
 
Ich scherze? Ich scherze?
 
 
Guilelmo
 
 
Dann
 
 
gebt mir, meine Schöne, ein Zeichen
 
 
Eures Mitleids.
 
 
Dorabella
 
 
Zwei, wenn Ihr wollt:
 
 
Sagt, was ich tun soll, und Ihr werdet sehen.
 
 
Guilelmo
 
 
 
 
(Scherzt sie oder meint sie es ernst?)
 
 
Diese kleine Gabe,
 
 
nehmt gnädigst an.
 
 
Dorabella
 
 
Ein Herz?
 
 
Guilelmo
 
 
Ein Herz: Es ist das Symbol für dies Herz da,
 
 
das für Euch brennt, vergeht und schmachtet.
 
 
Dorabella
 
 
(Was für ein kostbares Geschenk!)
 
 
Guilelmo
 
 
Nehmt Ihr es an?
 
 
Dorabella
 
 
Grausamer!
 
 
Versucht nicht, ein treues Herz zu verführen.
 
 
Guilelmo
 
 
 
 
(Der Berg wankt.
 
 
Es tut mir leid, aber die Ehre
 
 
des Soldaten verpflichtet.)
 
 
 
 
Ich bete Euch an!
 
 
Dorabella
 
 
Erbarmen …
 
 
Guilelmo
 
 
Ich gehöre Euch!
 
 
Dorabella
 
 
O Götter!
 
 
Guilelmo
 
 
Gebt nach, Geliebte …
 
 
Dorabella
 
 
Ihr werdet mich noch töten …
 
 
Guilelmo
 
 
Dann sterben wir zusammen,
 
 
meine Liebeshoffnung.
 
 
Nehmt Ihr es an?
 
 
Dorabella
 
 
(nach kurzer Pause, mit einem Seufzer)
 
 
Ich nehme es an.
 
 
Guilelmo
 
 
 
 
(Unglücklicher Ferrando!)
 
 
 
 
Oh, was für eine Wonne!
 
 
Nr. 23 Duett
 
 
Guilelmo
 
     
 
    Das Herz schenke ich Euch,
 
 
meine schöne Angebetete;
 
 
aber ich möchte auch das Eure:
 
 
Nun, so gebt es mir.
 
 
Dorabella
 
     
 
    Ihr gebt es mir, ich nehme es;
 
 
aber meines gebe ich Euch nicht.
 
 
Vergeblich fragt Ihr danach,
 
 
ich habe es nicht mehr.
 
 
Guilelmo
 
     
 
    Wenn du es nicht mehr hast,
 
 
warum schlägt es dann hier?
 
 
Dorabella
 
 
Wenn du mir es gibt,
 
 
was pocht dann hier?
 
 
Beide
 
     
 
    Es ist mein Herzchen,
 
 
das mir nicht mehr gehört:
 
 
Es ist zu dir gekommen,
 
 
und so schlägt es nun hier.
 
 
Guilelmo
 
 
(will das Herz an die Stelle bringen, an der sie Ferrandos Bild trägt.)
 
     
 
    Erlaub, dass ich es hier hinstelle.
 
 
Dorabella
 
 
Hier kann es nicht bleiben.
 
 
Guilelmo
 
 
Jetzt verstehe ich dich, du Schelmin.
 
 
Dorabella
 
 
Was machst du?
 
 
Guilelmo
 
 
Nicht schauen.
 
 
(wendet zärtlich ihr Gesicht zur Seite, nimmt ihr das Bild weg und steckt das Herz an seine Stelle.)
 
 
 
 
Dorabella
 
     
 
    (Mir scheint, ich habe
 
 
einen Vesuv im Herzen.)
 
 
Guilelmo
 
 
 
 
(Armer Ferrando!
 
 
Man hält es nicht für möglich.)
 
 
 
 
Guilelmo
 
     
 
    Wende mir wieder den Blick zu.
 
 
Dorabella
 
 
Was wünschst du?
 
 
Guilelmo
 
 
Schau noch mal,
 
 
ob es so besser ist.
 
 
Beide
 
     
 
    O glücklicher Tausch
 
 
der Herzen und Gefühle!
 
 
Was für neue Freuden,
 
 
was für ein süßes Leiden!
 
 
(Sie gehen Arm in Arm ab.)
 
 
SECHSTER AUFTRITT
 
 
Ferrando und Fiordiligi.
 
 
Rezitativ
 
 
Ferrando
 
 
Grausame! Warum
 
 
fliehst du?
 
 
Fiordiligi
 
 
Ich habe eine Viper gesehen,
 
 
eine Hydra, einen Basilisken!
 
 
Ferrando
 
 
Ach, Grausame, ich verstehe dich!
 
 
Viper, Hydra, Basilisken und alles,
 
 
was es an noch wilderen Tieren in der Libyschen Wüste gibt,
 
 
siehst du in mir allein.
 
 
Fiordiligi
 
 
Es ist wahr, es ist wahr!
 
 
Du willst mir den Frieden rauben.
 
 
Ferrando
 
 
Doch nur, um dich glücklich zu machen.
 
 
Fiordiligi
 
 
Hör auf, mich zu belästigen.
 
 
Ferrando
 
 
Ich erflehe nur einen Blick von dir.
 
 
Fiordiligi
 
 
Geh weg.
 
 
Ferrando
 
 
Hoffe das nicht,
 
 
wenn du vorher mich nicht weniger böse anschaust.
 
 
O Himmel! Doch du schaust mich an und seufzt?
 
 
Nr. 24 Arie
 
 
Ferrando
 
 
(überglücklich)
 
     
 
    Ach, ich sehe, diese schöne Seele
 
 
kann meinen Tränen nicht widerstehen:
 
 
Sie ist nicht geschaffen, sich den Gefühlen
 
 
meines freundlichen Mitleids zu widersetzen.
 
     
 
    Mit diesem Blick, mit diesen liebevollen Seufzern
 
 
dringt mir ein süßer Strahl ins Herz:
 
 
Schon erwiderst du meine heißen Wünsche,
 
 
schon ergibst du dich der zärtlichsten Liebe.
 
     
 
    Doch du fliehst, Grausame, du schweigst
 
 
und hörst mich vergeblich schmachten!
 
 
Ach, hört auf, trügerische Hoffnungen!
 
 
Die Grausame verurteilt mich zum Tode.
 
 
(Er geht ab.)
 
 
SIEBTER AUFTRITT
 
 
Fiordiligi allein.
 
 
Rezitativ
 
 
Fiordiligi
 
 
Er geht … Höre … Ach nein … Soll er doch gehen,
 
 
sich meinen Blicken entziehen, der unselige Grund
 
 
meiner Schwäche … Auf was für eine harte Probe
 
 
hat mich der Grausame gestellt! … Dies ist
 
 
der gerechte Lohn für meine Schuld! … In so einem Augenblick
 
 
sollte ich die Seufzer eines neuen Liebhabers
 
 
hören? Sollte ich des Anderen Wehklagen spielend
 
 
missachten? Ach, dieses Herz
 
 
bestrafst du zu Recht, o gerechte Liebe!
 
 
Ich brenne und das Feuer ist nicht mehr der Ausdruck
 
 
einer tugendhaften Liebe: Es ist Tollheit, Unruhe,
 
 
schlechtes Gewissen, Reue,
 
 
Leichtsinn, Heimtücke und Verrat!
 
 
Nr. 25 Rondo
 
 
Fiordiligi
 
     
 
    Hab Mitleid, mein Liebster, verzeihe
 
 
den Irrtum einer liebenden Seele;
 
 
unter diesen Schatten und diesen Bäumen
 
 
wird er, o Gott, für immer verborgen bleiben!
 
     
 
    Mein Mut und meine Standhaftigkeit werden
 
 
diese frevlerische Lust abtöten,
 
 
und die Erinnerung tilgen,
 
 
die mich beschämt und erschaudern lässt.
 
     
 
    Wem ist dieses leichtsinnige, undankbare
 
 
Herz je untreu gewesen!
 
 
Eine bessere Belohnung hätte,
 
 
teurer Geliebter, deine Reinheit verdient.
 
 
(Sie geht ab.)
 
 
ACHTER AUFTRITT
 
 
Ferrando, Guilelmo.
 
 
Rezitativ
 
 
Ferrando
 
 
(überglücklich)
 
 
Freund, wir haben gewonnen!
 
 
Guilelmo
 
 
Ein Zweier oder ein Dreier?
 
 
Ferrando
 
 
Ein Sechser, Freund: Fiordiligi
 
 
ist fleischgewordene Sittsamkeit.
 
 
Guilelmo
 
 
Nichts Geringeres?
 
 
Ferrando
 
 
Nicht das Geringste. Gib Acht
 
 
und hör zu, wie es gegangen ist.
 
 
Guilelmo
 
 
Ich höre dir zu: Sprich nur, los.
 
 
Ferrando
 
 
Im Gärtchen,
 
 
wie wir verabredet hatten,
 
 
gehe ich spazieren:
 
 
Ich reiche ihr meinen Arm, man redet
 
 
über tausend gleichgültige Dinge; schließlich
 
 
kommt man auf die Liebe.
 
 
Guilelmo
 
 
Weiter.
 
 
Ferrando
 
 
Ich täusche zitternde Lippen vor,
 
 
ich tue so, als ob ich weinen würde, ich tue so,
 
 
als stürbe ich zu ihren Füßen …
 
 
Guilelmo
 
 
Ausgezeichnet, bei meiner Treu!
 
 
Und sie?
 
 
Ferrando
 
 
Zuerst lacht sie,
 
 
scherzt, verspottet mich …
 
 
Guilelmo
 
 
Und dann?
 
 
Ferrando
 
 
Und dann
 
 
tut sie, als bekomme sie Mitleid …
 
 
Guilelmo
 
 
Oh Donnerwetter!
 
 
Ferrando
 
 
Schließlich platzt die Bombe:
 
 
Rein wie eine Taube
 
 
hält sie zu ihrem lieben Guilelmo,
 
 
stolz schickt sie mich weg,
 
 
misshandelt mich, flieht vor mir,
 
 
und macht mich so zum Zeugen und Boten,
 
 
dass sie ein Weib ohnegleichen ist.
 
 
Guilelmo
 
 
Tüchtig bist du, tüchtig bin ich,
 
 
tüchtig ist meine Penelope!
 
 
Lass dich ein wenig umarmen
 
 
für so eine glückliche Botschaft,
 
 
o mein treuer Merkur.
 
 
(Sie umarmen sich.)
 
 
Ferrando
 
 
Und meine Dorabella?
 
 
Wie hat sie sich verhalten?
 
 
Ach, ich habe da nicht den geringsten Zweifel!
 
 
(begeistert)
 
 
Sehr gut kenne ich
 
 
diese zartfühlende Seele.
 
 
Guilelmo
 
 
Und doch wäre es nicht schlecht,
 
 
wir sprechen ja unter vier Augen,
 
 
wenn du einen Zweifel hättest!
 
 
Ferrando
 
 
Wie?
 
 
Guilelmo
 
 
Ich sage es nur so!
 
 
 
 
(Ich würde ihm gerne
 
 
die Pille versüßen.)
 
 
Ferrando
 
 
Himmel! Hat sie vielleicht
 
 
deinen Schmeicheleien nachgegeben? Ah, wenn da
 
 
nur ein einziger Verdacht wäre!
 
 
Guilelmo
 
 
Es ist immer gut,
 
 
ein wenig Verdacht zu hegen auf dieser Welt.
 
 
Ferrando
 
 
Ewige Götter! Sprich, lass mich nicht
 
 
auf kleiner Flamme vergehen … Aber nein, du willst
 
 
mich auf den Arm nehmen: Sie liebt keinen,
 
 
sie betet keinen an außer mich.
 
 
Guilelmo
 
 
Gewiss! Als Beweis
 
 
ihrer Liebe, ihrer Treue,
 
 
hat sie mir sogar dieses schöne Bildchen gegeben.
 
 
Ferrando
 
 
(wütend)
 
 
Mein Porträt! Ach,
 
 
Treulose!
 
 
 
 
Guilelmo
 
 
Wohin eilst du?
 
 
Ferrando
 
 
(wie oben)
 
 
Ihr das Herz aus der schändlichen Brust zu reißen
 
 
und meine verratene Liebe zu rächen.
 
 
Guilelmo
 
 
Halt ein.
 
 
Ferrando
 
 
(entschlossen)
 
 
Nein, lass mich!
 
 
Guilelmo
 
 
Bist du verrückt?
 
 
Willst du dich ins Verderben stürzen
 
 
für eine Frau, die keine zwei Groschen wert ist?
 
 
 
 
(Ich möchte nicht, dass er
 
 
eine Dummheit macht!)
 
 
Ferrando
 
 
Götter! So viele Versprechungen
 
 
und Tränen und Seufzer und Schwüre,
 
 
wie konnte in so kurzer Zeit
 
 
die Schändliche sie vergessen?
 
 
Guilelmo
 
 
Zum Teufel, ich weiß es nicht!
 
 
Ferrando
 
 
Was soll ich jetzt tun?
 
 
Welchen Entschluss, welchen Gedanken soll ich fassen?
 
 
Hab Mitleid mit mir, gib mir einen Rat.
 
 
Guilelmo
 
 
Freund, ich wüsste nicht,
 
 
welchen Rat ich dir geben sollte.
 
 
Ferrando
 
 
Grausame! Undankbare!
 
 
In einem Tag! In wenigen Stunden! …
 
 
Guilelmo
 
 
Ein Fall, gewiss, über den man nur staunen kann.
 
 
Nr. 26 Arie
 
 
Guilelmo
 
     
 
    Meine Damen, ihr treibt es mit vielen,
 
 
sodass, um die Wahrheit zu sagen,
 
 
ich beginne zu verstehen,
 
 
wenn sich die Liebhaber beklagen.
 
     
 
    Ich mag euer Geschlecht,
 
 
das wisst ihr, jeder weiß es:
 
 
Jeden Tag beweise ich es euch,
 
 
gebe euch Zeichen meiner Freundschaft;
 
 
aber das, was ihr mit so, so vielen treibt,
 
 
macht mich ganz traurig.
 
     
 
    Tausendmal griff ich zum Schwert,
 
 
um eure Ehre zu retten,
 
 
tausendmal habe ich euch verteidigt
 
 
mit dem Wort und mehr noch mit dem Herzen;
 
 
aber das, was ihr mit so, so vielen treibt,
 
 
ist eine ziemlich lästige Unsitte.
 
     
 
    Ihr seid anmutig, ihr seid liebenswert,
 
 
so viele Schätze hat euch der Himmel gegeben,
 
 
und die Reize umgeben euch
 
 
vom Kopf bis zum Fuß;
 
 
aber ihr treibt es mit so, so vielen,
 
 
dass man es nicht glauben kann;
 
 
aber ihr treibt es mit so, so vielen,
 
 
dass die Liebhaber sicherlich allen Grund haben
 
 
zu protestieren.
 
 
(Er geht ab.)
 
 
NEUNTER AUFTRITT
 
 
Ferrando allein, dann Don Alfonso und Guilelmo, die im Hintergrund miteinander sprechen usw.
 
 
Rezitativ
 
 
Ferrando
 
 
In was für einen schrecklichen Widerstreit, in was für einem Durcheinander
 
 
der Gedanken und Gefühle befinde ich mich!
 
 
So ungewöhnlich und neu ist mein Fall,
 
 
dass weder andere noch ich selbst
 
 
Rat wissen … Alfonso, Alfonso,
 
 
wie sehr wirst du
 
 
über meine Dummheit lachen!
 
 
Aber ich werde mich rächen, ich werde
 
 
die Treulose aus meinem Herzen verbannen … ich werde sie verbannen …
 
 
Verbannen?
 
 
Zu sehr, o Gott, spricht dieses Herz in mir für sie.
 
 
Nr. 27 Kavatine
 
 
Ferrando
 
     
 
    Verraten, verspottet
 
 
von dem treulosen Herzen,
 
 
(Hier trifft Don Alfonso mit Guilelmo ein, er bleibt stehen und hört zu.)
 
 
fühle ich, dass
 
 
diese Seele sie immer noch anbetet,
 
 
höre ich die Stimmen
 
 
der Liebe zu ihr.
 
 
Rezitativ
 
 
Don Alfonso
 
 
Bravo! Das nenne ich Standhaftigkeit!
 
 
Ferrando
 
 
Geht, o Grausamer,
 
 
Euretwegen bin ich elend dran.
 
 
Don Alfonso
 
 
Nun denn, wenn Ihr artig seid,
 
 
werde ich Euch den alten Frieden zurückgeben. Hört:
 
 
Fiordiligi hält Guilelmo
 
 
die Treue, und Dorabella
 
 
ist Euch untreu gewesen.
 
 
Ferrando
 
 
Zu meiner Schande.
 
 
Guilelmo
 
 
Lieber Freund, man muss
 
 
in jeder Sache differenzieren.
 
 
Glaubst du, dass eine Braut
 
 
einem Guilelmo untreu sein kann? Wenn wir einen kleinen Vergleich,
 
 
ich spreche nicht, um mich zu loben,
 
 
zwischen uns anstellen … Du siehst, Freund,
 
 
dass ich etwas mehr verdiene …
 
 
Don Alfonso
 
 
He, das sage ich ja auch!
 
 
Guilelmo
 
 
Inzwischen könnt Ihr mir
 
 
fünfzig hübsche Zechinen geben.
 
 
Don Alfonso
 
 
Gern.
 
 
Aber bevor ich zahle, will ich,
 
 
dass wir einige weitere Versuche machen.
 
 
Guilelmo
 
 
Wie!
 
 
Don Alfonso
 
 
Habt Geduld, bis morgen
 
 
seid ihr beide noch meine Sklaven: Ihr habt mir
 
 
euer Wort als Soldaten gegeben,
 
 
dass ihr tun werdet, was ich sage. Kommt; ich hoffe
 
 
euch beweisen zu können, dass der ein Dummkopf ist,
 
 
der den Vogel verkauft, wenn er noch auf dem Zweig sitzt.
 
 
(Sie gehen ab.)
 
 


Zimmer mit unterschiedlichen Türen, Spiegel und Tischchen.
 
 
ZEHNTER AUFTRITT
 
 
Dorabella, Despina, dann Fiordiligi.
 
 
Rezitativ
 
 
Despina
 
 
Jetzt sehe ich, dass Ihr
 
 
eine Dame von Welt seid.
 
 
Dorabella
 
 
Vergeblich, Despina,
 
 
hab ich versucht zu widerstehen: Dieser kleine Teufel
 
 
hat eine Geschicklichkeit, eine Beredsamkeit, ein Benehmen,
 
 
dass du weich wirst, selbst wenn du aus Stein wärest.
 
 
Despina
 
 
Beim Satan,
 
 
das nennt man Können! So selten
 
 
geschieht uns armen Mädchen
 
 
etwas Gutes,
 
 
dass man es ergreifen muss, wenn es kommt.
 
 
(Fiordiligi tritt ein.)
 
 
Aber da kommt die Schwester.
 
 
Was macht die bloß für ein Gesicht!
 
 
Fiordiligi
 
 
Ihr Unseligen!
 
 
Schaut, in welche Lage ich
 
 
durch eure Schuld gekommen bin!
 
 
Despina
 
 
Was ist geschehen,
 
 
liebes gnädiges Fräulein?
 
 
Dorabella
 
 
Geht es dir nicht gut, Schwester?
 
 
Fiordiligi
 
 
Hol der Teufel
 
 
mich, dich, sie, Don Alfonso, die Fremden
 
 
und alle Verrückten dieser Welt.
 
 
Dorabella
 
 
Hast du den Verstand verloren?
 
 
Fiordiligi
 
 
Schlimmer, noch schlimmer …
 
 
Du wirst entsetzt sein: Ich liebe! Und diese meine Liebe
 
 
gilt nicht nur Guilelmo.
 
 
Despina
 
 
Besser, umso besser!
 
 
Dorabella
 
 
Das heißt, auch du bist verliebt
 
 
in den galanten Blonden!
 
 
Fiordiligi
 
 
(seufzt.)
 
 
Ach ja, zu unserem Unglück.
 
 
Despina
 
 
Na bravo!
 
 
Dorabella
 
 
Nimm
 
 
siebzigtausend Küsse:
 
 
Du den netten Blonden, ich den hübschen Braunhaarigen,
 
 
so sind wir beide Bräute.
 
 
Fiordiligi
 
 
Was sagst du da!
 
 
Denkst du nicht an die Unglücklichen,
 
 
die heute Morgen abgereist sind? An ihre Tränen,
 
 
an ihre Treue denkst du nicht mehr?
 
 
Wo hast du so grausame Gesinnung
 
 
gelernt, wo?
 
 
Wie kommt es, dass du dich so verändert hast?
 
 
Dorabella
 
 
Hör mir zu: Bis du sicher,
 
 
dass unsere alten Liebhaber
 
 
nicht im Krieg sterben? Dann würden wir beide
 
 
mit leeren Händen dastehen:
 
 
Zwischen einer sicheren Sache und einer unsicheren
 
 
gibt es immer einen großen Unterschied!
 
 
Fiordiligi
 
 
Und wenn sie dann doch heimkehren?
 
 
Dorabella
 
 
Wenn sie heimkehren, ist es zu ihrem Schaden!
 
 
Dann sind wir schon verheiratet, dann sind wir
 
 
tausend Meilen weit weg.
 
 
Fiordiligi
 
 
Doch ich verstehe nicht, wie sich
 
 
an einem einzigen Tag ein Herz ändern kann.
 
 
Dorabella
 
 
Was für eine lächerliche Frage! Wir sind Frauen!
 
 
Und du, wie hast du es denn gemacht?
 
 
Fiordiligi
 
 
Ich werde mich wohl beherrschen können.
 
 
Despina
 
 
Nichts werdet Ihr können.
 
 
Fiordiligi
 
 
Ich werde es dir beweisen.
 
 
Dorabella
 
 
Glaube mir, Schwester, es ist besser, wenn du nachgibst.
 
 
Nr. 28 Arie
 
 
Dorabella
 
     
 
    Amor ist ein kleiner Dieb,
 
 
eine kleine Schlange ist Amor,
 
 
der den Herzen den Frieden raubt und gibt,
 
 
wie es ihm gefällt.
 
     
 
    Kaum hat er sich durch die Augen ins Herz
 
 
einen Weg gebahnt,
 
 
fesselt er schon die Seele
 
 
und raubt die Freiheit.
 
     
 
    Er schenkt Süße und Lust,
 
 
wenn du ihn gewähren lässt,
 
 
und er füllt dich mit Überdruss,
 
 
wenn du ihm zu widerstehen versuchst.
 
     
 
    Wenn er in deiner Brust sitzt,
 
 
wenn er dich hier zwickt,
 
 
dann tu alles, was er verlangt,
 
 
denn auch ich werde es so machen.
 
 
(Sie geht mit Despina ab.)
 
 
ELFTER AUFTRITT
 
 
Fiordiligi allein; dann Guilelmo, Ferrando und Don Alfonso, die ungesehen vorbeigehen, danach Despina.
 
 
Rezitativ
 
 
Fiordiligi
 
 
Wie alles sich verschwört,
 
 
um mein Herz zu verführen! Doch nein … eher sterbe ich,
 
 
als nachzugeben … Es war ein Fehler, sich der Schwester
 
 
und meiner Dienerin zu offenbaren.
 
 
Sie werden ihm alles erzählen, und er, noch verwegener,
 
 
wird zu allem fähig sein … Er soll mir
 
 
nicht mehr unter die Augen treten …
 
 
 (Guilelmo an der Tür)
 
 
Allen Bediensteten
 
 
werde ich mit Entlassung drohen,
 
 
wenn sie ihn hereinlassen … Ich will ihn nicht sehen,
 
 
diesen Verführer.
 
 
Guilelmo
 
 
(zu Ferrando und Don Alfonso)
 
 
Bravissima!
 
 
Meine keusche Artemisia! Hört ihr sie?
 
 
Fiordiligi
 
 
Aber könnte Dorabella
 
 
ohne mein Wissen … Sachte … mir kommt
 
 
ein Gedanke in den Sinn … In meinem Haus
 
 
sind noch viele Uniformen
 
 
von Guilelmo und Ferrando … Nur Mut … Despina,
 
 
Despina …
 
 
Despina
 
 
(tritt ein.)
 
 
Was gibt es?
 
 
Fiordiligi
 
 
Nimm bitte diesen Schlüssel und ohne Widerrede,
 
 
ohne jede Widerrede,
 
 
gehe zum Kleiderschrank und bringe mir
 
 
zwei Schwerter, zwei Hüte und zwei Anzüge
 
 
unserer Verlobten.
 
 
Despina
 
 
Und was wollt Ihr damit?
 
 
Fiordiligi
 
 
Geh und widersprich nicht.
 
 
Despina
 
 
(Resolut kommandiert Frau Hochmut.)
 
 
(Sie geht ab.)
 
 
Fiordiligi
 
 
Ich habe keine Wahl, ich hoffe
 
 
dass auch Dorabella
 
 
dem guten Beispiel folgen wird. Auf zum Schlachtfeld, zum Schlachtfeld!
 
 
Einen anderen Weg gibt es nicht,
 
 
um unsere Unschuld zu bewahren.
 
 
Don Alfonso
 
 
(von der Tür aus zu Despina)
 
 
(Ich habe genug gehört:
 
 
Geh nur, keine Angst.)
 
 
Despina
 
 
(zurück, zu Fiordiligi)
 
 
Hier bin ich.
 
 
Fiordiligi
 
 
Geh.
 
 
Ein Diener soll rasch
 
 
sechs Postpferde bestellen … Sag Dorabella,
 
 
dass ich sie sprechen möchte …
 
 
Despina
 
 
Zu Diensten.
 
 
(Diese Frau scheint mir den Verstand verloren zu haben.)
 
 
(Sie geht ab.)
 
 
ZWÖLFTER AUFTRITT
 
 
Fiordiligi, dann Ferrando; danach Guilelmo e Don Alfonso aus dem Zimmer usw.
 
 
Fiordiligi
 
 
Ferrandos Gewand
 
 
wird mir gut passen; Dorabella kann
 
 
das von Guilelmo nehmen: In dieser Kleidung
 
 
werden wir unsere Verlobten erreichen, an ihrer
 
 
Seite kämpfen
 
 
und sterben, wenn es sein muss.
 
 
(Sie reißt sich den Kopfputz herunter.)
 
 
Zur Hölle mit dir,
 
 
unseliger Schmuck! … Ich verabscheue dich.
 
 
Guilelmo
 
 
 
 
(Hat man je solch eine Liebe gesehen?)
 
 
Fiordiligi
 
 
Hoffe nicht, an meine Stirn zurückzukehren,
 
 
bevor ich mit meinem Geliebten zurück bin. An deine Stelle
 
 
setzte ich nun diesen Hut … Oh, wie
 
 
er mein Aussehen und mein Gesicht verändert!
 
 
Ich erkenne mich ja selbst kaum wieder!
 
 
Nr. 29 Duett
 
 
Fiordiligi
 
     
 
    In wenigen Augenblicken werde ich
 
 
dem treuen Verlobten in die Arme sinken,
 
 
unerkannt werde ich
 
 
in diesem Gewand zu seinen Füßen sterben.
 
     
 
    Oh, wie wird sich sein gutes Herz freuen
 
 
mich wiederzusehen!
 
 
Ferrando
 
 
(tritt ein.)
 
 
Und inzwischen werde ich
 
 
Unglückseliger vor Schmerz sterben.
 
 
Fiordiligi
 
     
 
    Was sehe ich! Ich bin verraten!
 
 
Ach, geht weg …
 
 
Ferrando
 
 
O nein, mein Leben!
 
 
(Er nimmt das Schwert vom Tischchen, zieht es aus der Scheide usw.)
 
 
Mit diesem Eisen wirst du eigenhändig
 
 
dieses Herz durchbohren;
 
 
und wenn du, o Gott, keine Kraft hast,
 
 
werde ich dir die Hand selbst führen.
 
 
Fiordiligi
 
     
 
    Schweig … weh mir! Ich bin schon genug
 
 
gequält und unglücklich!
 
 
Beide
 
 
Ah, meine Standhaftigkeit beginnt
 
 
bei diesen Blicken und diesen Worten
 
 
zu wanken.
 
 
Fiordiligi
 
     
 
    Steh auf, steh auf …
 
 
Ferrando
 
 
Vergeblich glaubst du das.
 
 
Fiordiligi
 
 
Um Himmels Willen,
 
 
was willst du von mir?
 
 
Ferrando
 
 
Dein Herz oder meinen Tod.
 
 
Fiordiligi
 
 
Ach, ich bin nicht mehr, ich bin nicht mehr stark!
 
 
Ferrando
 
 
(nimmt ihr die Hand und küsst sie.)
 
 
Gib nach, Liebste …
 
 
Fiordiligi
 
 
Ihr Götter, steht mir bei!
 
 
Ferrando
 
 
(sehr zärtlich)
 
 
Wende deinen erbarmungsvollen Blick zu mir!
 
 
In mir allein kannst du
 
 
den Gatten finden, Liebhaber und noch mehr, wenn du willst.
 
 
Meine Angebetete, zögere nicht länger.
 
 
Fiordiligi
 
 
(zitternd)
 
     
 
    Gerechter Himmel! … Grausamer … du hast gewonnen:
 
 
Macht mit mir, was du willst.
 
 
(Don Alfonso hält Guilelmo zurück, der hinausstürmen will.)
 
 
Beide
 
     
 
    Umarmen wir uns, mein lieber Schatz,
 
 
es sei uns Trost, nach so vielen Qualen
 
 
vor süßer Liebe zu vergehen,
 
 
vor Wonne zu seufzen.
 
 
(Sie gehen ab.)
 
 
DREIZEHNTER AUFTRITT
 
 
Guilelmo, Don Alfonso, dann Ferrando.
 
 
Rezitativ
 
 
Guilelmo
 
 
Oh, ich Armer! Was habe ich gesehen!
 
 
Was habe ich da gehört!
 
 
Don Alfonso
 
 
Um Himmels willen, sei still!
 
 
Guilelmo
 
 
Ich möchte mir den Bart ausreißen!
 
 
Ich möchte mir die Haut zerkratzen!
 
 
Und mit den Hörnern gegen die Sterne stoßen!
 
 
Das war Fiordiligi! Die Penelope,
 
 
die Artemisia des Jahrhunderts! Schurkin!
 
 
Mörderin … Betrügerin … Diebin … Hündin …
 
 
Don Alfonso
 
 
Lassen wir ihn sich austoben …
 
 
Ferrando
 
 
(tritt fröhlich ein.)
 
 
Na also!
 
 
Guilelmo
 
 
Wo ist sie?
 
 
Ferrando
 
 
Wer? Deine Fiordiligi?
 
 
Guilelmo
 
 
Meine Fior … Fior des Teufels,
 
 
der zuerst sie und dann mich erwürgen sollte.
 
 
Ferrando
 
 
Du siehst wohl:
 
 
Es gibt Unterschiede in jeder Sache …
 
 
(ironisch)
 
 
„Dass ich etwas mehr verdiene …“
 
 
Guilelmo
 
 
Ach, hör auf,
 
 
hör auf mich zu quälen,
 
 
und suchen wir lieber ein Mittel,
 
 
um sie beide hart
 
 
zu bestrafen.
 
 
Don Alfonso
 
 
Ich weiß es schon: sie heiraten.
 
 
Guilelmo
 
 
Da möchte ich doch lieber
 
 
den Nachen des Charon heiraten.
 
 
Ferrando
 
 
Die Höhle des Vulkans.
 
 
Guilelmo
 
 
Das Tor zur Hölle.
 
 
Don Alfonso
 
 
Dann bleibt ihr halt auf ewig ledig.
 
 
Ferrando
 
 
Vielleicht gibt es keine Frauen
 
 
für Männer wie uns?
 
 
Don Alfonso
 
 
Mehr als alles andere.
 
 
Aber was werden die anderen machen, wenn sogar diese so etwas getan haben?
 
 
Im Grund liebt ihr sie,
 
 
diese euren gerupften Krähen.
 
 
Guilelmo
 
 
Ja, leider!
 
 
Ferrando
 
 
Leider!
 
 
Don Alfonso
 
 
Also gut, nehmt sie so,
 
 
wie sie sind. Die Natur konnte
 
 
keine Ausnahme machen und eigens für euch,
 
 
zwei Frauen aus einem anderen Holz
 
 
für eure schönen Mäuler zu schaffen; in allem
 
 
bedarf es der Philosophie. Kommt mit mir:
 
 
Wir werden einen Weg suchen,
 
 
alles wieder einzurenken.
 
 
Ich will, dass noch heute Abend
 
 
eine Doppelhochzeit stattfindet. Inzwischen
 
 
hört einen Achtzeiler:
 
 
Es wäre gut für euch, wenn ihr ihn lernt!
 
 
Nr. 30
 
 
Don Alfonso
 
     
 
    Alle beschuldigen die Frauen, und ich entschuldige sie,
 
 
wenn sie tausendmal am Tag ihre Liebe wechseln;
 
 
andere nennen es Laster, und noch andere Gewohnheit,
 
 
ich aber glaube, dass es eine Herzensnotwendigkeit ist.
 
 
Der Liebhaber, der am Ende enttäuscht dasteht,
 
 
soll nicht die Schuld bei anderen suchen, sondern bei sich selbst;
 
 
denn ob jung, alt, schön oder hässlich,
 
 
wiederholt es mit mir: „So ma-chen es al-le Frau-en.“
 
 
Alle drei
 
 
„So ma-chen es al-le Frau-en.“
 
 
VIERZEHNTER AUFTRITT
 
 
Die Vorigen und Despina.
 
 
Rezitativ
 
 
Despina
 
 
Sieg, ihr junge Herren!
 
 
Bereit, euch zu heiraten,
 
 
sind die werten Damen: in eurem Namen
 
 
habe ich ihnen versprochen, dass sie in etwa drei Tagen
 
 
mit euch abreisen können; sie haben mir befohlen,
 
 
einen Notar zu finden,
 
 
der den Ehevertrag aufsetzt; in ihrem Zimmer
 
 
erwarten sie euch.
 
 
Seid ihr nun zufrieden?
 
 
Guilelmo, Ferrando, Don Alfonso
 
 
Äußerst zufrieden.
 
 
Despina
 
 
Der Erfolg bleibt nie aus,
 
 
wenn Despina an einem Plan mitwirkt.
 
 
(Sie gehen ab.)
 
 


Prunkvoller, erleuchteter Saal. Im Hintergrund ein Orchester. Eine Tafel für vier Personen mit silbernen Armleuchtern usw. Vier festlich gekleidete Diener.
 
 
FÜNFZEHNTER AUFTRITT
 
 
Despina, dann Don Alfonso. Chor der Diener und Musiker.
 
 
Nr. 31 Finale
 
 
Despina
 
     
 
    Beeilt euch, o liebe Freunde,
 
 
zündet die Fackeln an
 
 
und deckt
 
 
reichlich und vornehm den Tisch.
 
     
 
    Die Hochzeiten unserer jungen Herrinnen
 
 
sind schon vorbereitet.
 
 
(zu den Musikern)
 
 
Und ihr geht auf eure Plätze,
 
 
bis die Brautpaare hierherkommen.
 
 
Chor der Diener und Musiker
 
     
 
    Beeilen wir uns, o liebe Freunde,
 
 
zünden wir die Fackeln an
 
 
und decken wir den Tisch
 
 
reichlich und vornehm.
 
 
Don Alfonso
 
 
(tritt ein.)
 
     
 
    Bravo, bravo! Ausgezeichnet!
 
 
Was für ein Überfluss, was für eine Eleganz!
 
 
(Während Don Alfonso singt, stimmen die Musiker ihre Instrumente.)
 
 
Eine angemessene Belohnung
 
 
wird euch jeder geben.
 
     
 
    Die zwei Paare werden bald eintreffen.
 
 
Empfangt sie mit Beifall bei ihrer Ankunft:
 
 
Freudiger Gesang und fröhliche Musik
 
 
sollen den Himmel mit Heiterkeit erfüllen.
 
 
Despina, Don Alfonso
 
 
(leise, durch verschiedene Türen)
 
     
 
    Ein schöneres Komödchen
 
 
hat man noch nie gesehen und wird man nie sehen.
 
 
SECHZEHNTER AUFTRITT
 
 
Dorabella, Guilelmo, Fiordiligi und Ferrando. Während sie voranschreiten, singt der Chor, und das Orchester setzt mit einem Marsch an.
 
 
Chor
 
     
 
    Gesegnet seien die beiden Bräutigame
 
 
und die liebenswürdigen jungen Bräute!
 
 
Der gnädige Himmel strahle über ihnen,
 
 
und nach Art der Hennen
 
 
mögen sie stets fruchtbar an Kindern sein,
 
 
die ihnen an Schönheit gleichen.
 
 
Fiordiligi, Dorabella, Guilelmo, Ferrando
 
     
 
    Wie hier doch alles
 
 
Freude und Liebe verheißt!
 
 
Das ist bestimmt das Verdienst
 
 
der lieben Despinetta.
 
     
 
    Spielt lauter die fröhliche Musik,
 
 
wiederholt den süßen Gesang,
 
 
und inzwischen setzen wir uns hier
 
 
in größter Ausgelassenheit.
 
 
(Die Brautpaare essen.)
 
 
Chor
 
     
 
    Gesegnet seien die beiden Bräutigame
 
 
und die liebenswürdigen jungen Bräute!
 
 
Der gnädige Himmel strahle über ihnen,
 
 
und nach Art der Hennen
 
 
mögen sie stets fruchtbar an Kindern sein,
 
 
die ihnen an Schönheit gleichen.
 
 
Guilelmo, Ferrando
 
     
 
    Alles, alles, o mein Leben,
 
 
erwidert nun meinem Feuer!
 
 
Fiordiligi, Dorabella
 
 
In meinen Adern schwillt die Freude an,
 
 
sie schwillt an und breitet sich aus.
 
 
Guilelmo, Ferrando
 
 
Wie schön du bist!
 
 
Fiordiligi, Dorabella
 
 
Wie hübsch du bist!
 
 
Guilelmo, Ferrando
 
 
Was für schöne Augen!
 
 
Fiordiligi, Dorabella
 
 
Was für ein schöner Mund!
 
 
Guilelmo, Ferrando
 
 
(stoßen an.)
 
 
Stoß an und trinke.
 
 
Fiordiligi, Dorabella
 
 
(stoßen an.)
 
 
Trinke und stoß an.
 
 
 
 
Fiordiligi, Dorabella, Ferrando
 
     
 
    Und in deinem, in meinem Glas
 
 
versinke jeder Gedanke;
 
 
und keine Erinnerung an die Vergangenheit
 
 
soll in unseren Herzen bleiben.
 
 
Guilelmo
 
 
(leise für sich)
 
     
 
    (Ah, tränken sie doch Gift,
 
 
diese ehrlosen Füchsinnen!)
 
 
 
 
(Sie trinken.)
 
 
SIEBZEHNTER ABSCHNITT
 
 
Die Vorigen, Don Alfonso, dann Despina, als Notar verkleidet.
 
 
Don Alfonso
 
     
 
    Meine Herren, alles ist bereit:
 
 
Mit dem Ehevertrag
 
 
ist der Notar im Treppenhaus
 
 
und ipso facto wird er hier sein.
 
 
Fiordiligi, Dorabella, Guilelmo, Ferrando
 
 
Bravo, bravo! Er soll gleich kommen.
 
 
Don Alfonso
 
 
Ich gehe ihn rufen … Hier ist er.
 
 
Despina
 
 
(tritt ein.)
 
     
 
    Es wünscht euch alles Gute
 
 
der Notar Beccavivi,
 
 
der mit gewohnter notarieller Würde
 
 
zu euch kommt.
 
     
 
    Und den aufgesetzten Vertrag
 
 
mit den typischen Klauseln
 
 
in den juristischen Formen
 
 
wird er, erst hustend, dann sich setzend
 
 
(näselnd)
 
 
mit klarer Stimme verlesen.
 
 
Alle
 
 
Bravo, bravo, fürwahr!
 
 
Despina
 
 
(näselnd)
 
     
 
    Durch den von mir ausgefertigten Vertrag
 
 
schließen die Ehe
 
 
Fiordiligi mit Sempronius
 
 
und mit Titius Dorabella,
 
 
ihre rechtmäßige Schwester;
 
 
diese sind Damen aus Ferrara,
 
 
jene sind edle Herren aus Albanien.
 
 
Und als Mitgift und Morgengabe …
 
 
Fiordiligi, Dorabella, Guilelmo, Ferrando
 
 
Alles bekannt, alles bekannt,
 
 
wir glauben Euch, wir vertrauen Euch,
 
 
wir unterschreiben, gebt nur her.
 
 
(Nur die beiden Frauen unterschreiben.)
 
 
Despina, Don Alfonso
 
 
Bravo, bravo, fürwahr!
 
 
(Das Papier bleibt in Don Alfonsos Hand.)
 
 
(Man hört lauten Trommelwirbel und Gesang.)
 
 
Chor
 
 
(in der Ferne)
 
     
 
    Schönes Soldatenleben!
 
 
Jeden Tag an einem anderen Ort,
 
 
heute viel, morgen wenig,
 
 
bald zu Land, bald auf dem Meer.
 
 
Fiordiligi, Dorabella, Guilelmo, Ferrando
 
     
 
    Was für ein Lärm, was für ein Gesang ist das?
 
 
Don Alfonso
 
 
Bleibt ruhig, ich gehe nachsehen.
 
 
(Er geht zum Fenster.)
 
     
 
    Erbarmen!
 
 
Götter des Himmels!
 
 
Wie schrecklich!
 
 
Ich zittre, ich erstarre!
 
 
Eure Verlobten …
 
 
Fiordiligi, Dorabella
 
 
Mein Verlobter …
 
 
Don Alfonso
 
 
In diesem Augenblick
 
 
kehren sie zurück, o Gott!
 
 
Und am Ufer
 
 
landen sie schon.
 
 
Fiordiligi, Dorabella, Guilelmo, Ferrando
 
     
 
    Was höre ich!
 
 
Grausame Sterne!
 
 
Was soll man in so einem Augenblick
 
 
tun?
 
 
Fiordiligi, Dorabella
 
 
(zu den Liebhabern)
 
     
 
    Schnell, weg.
 
 
(Die Diener tragen den Tisch weg, und die Musiker laufen eilig davon.)
 
 
Despina, Guilelmo, Ferrando, Don Alfonso
 
 
Aber wenn sie sie|uns sehen?
 
 
Fiordiligi, Dorabella
 
 
Schnell, weg.
 
 
Despina, Guilelmo, Ferrando, Don Alfonso
 
 
Aber wenn sie sie|uns hier antreffen?
 
 
Fiordiligi, Dorabella
 
 
Dort, versteckt euch dort,
 
 
um Himmels willen.
 
 
(Fiordiligi und Dorabella führen die beiden Liebhaber in ein Zimmer. Don Alfonso führt Despina in ein anderes Zimmer. Die Liebhaber verlassen ungesehen das Zimmer und gehen weg.)
 
 
Fiordiligi, Dorabella
 
     
 
    Götter, zu Hilfe!
 
 
Don Alfonso
 
 
Bleibt gelassen …
 
 
Fiordiligi, Dorabella
 
 
Götter, gebt uns Rat!
 
 
Don Alfonso
 
 
Beruhigt euch wieder …
 
 
Fiordiligi, Dorabella
 
 
(wie von Sinnen)
 
 
Wer wird uns aus der Gefahr
 
 
erretten? – Wer?
 
 
Don Alfonso
 
 
Vertraut mir:
 
 
Alles wird gut.
 
 
Fiordiligi, Dorabella
 
     
 
    Tausend grausame Gedanken
 
 
quälen mein Herz:
 
 
Wenn sie den Betrug entdecken,
 
 
ach, was wird dann aus uns werden!
 
 
LETZTER AUFTRITT
 
 
Dorabella, Fiordiligi; Guilelmo und Ferrando mit Militärmänteln und -hüten usw. Despina im Zimmer und Don Alfonso.
 
 
Guilelmo, Ferrando
 
     
 
    Heil und gesund kehren wir zurück
 
 
in die liebevollen Umarmungen unserer allertreuesten Geliebten,
 
 
jubelnd vor Freude,
 
 
ihre Treue zu belohnen.
 
 
Don Alfonso
 
     
 
    Gerechte Götter! Guilelmo, Ferrando!
 
 
Oh, was für eine Freude! Hier, wie und wann?
 
 
Guilelmo, Ferrando
 
 
Zurückgerufen vom königlichen Gegenbefehl,
 
 
das Herz erfüllt mit Zufriedenheit und Freude,
 
 
kehren wir zu unseren anbetungswürdigen Bräuten
 
 
und zu Eurer Freundschaft zurück.
 
 
Guilelmo
 
 
(zu Fiordiligi)
 
     
 
    Doch was bedeutet diese Blässe, dieses Schweigen?
 
 
Ferrando
 
 
(zu Dorabella)
 
 
Warum ist meine Angebetete so traurig?
 
 
Don Alfonso
 
 
Vor Freude verwirrt und betäubt,
 
 
stehen sie dort ganz stumm da.
 
 
Fiordiligi, Dorabella
 
 
(Ach, ich bringe kein Wort über die Lippen:
 
 
Wenn ich nicht sterbe, so ist es ein Wunder.)
 
 
(Die Diener tragen einen Koffer herein.)
 
 
Guilelmo
 
     
 
    Erlaubt, dass dieser Koffer
 
 
in diesem Zimmer seinen Platz findet.
 
 
Götter, was sehe ich! Ein Mann hier versteckt?
 
 
Ein Notar? Was macht er hier?
 
 
Despina
 
 
(kommt ohne Hut hervor.)
 
     
 
    Nein, mein Herr, es ist kein Notar:
 
 
Despina ist es, verkleidet, die
 
 
soeben vom Ball zurückgekehrt ist
 
 
und hierherkam, um sich umzuziehen.
 
 
 
 
Guilelmo, Ferrando
 
     
 
    Wo wird man je
 
 
eine Schlaufüchsin wie diese finden?
 
 
Despina
 
 
Wo wird man je
 
 
eine Schlaufüchsin wie mich finden?
 
 
(Don Alfonso lässt den von den Frauen unterschriebenen Ehevertrag mit Absicht fallen.)
 
 
Fiordiligi, Dorabella
 
 
Die Despina! Die Despina!
 
 
Ich verstehe nicht, was hier los ist.
 
 
 
 
Don Alfonso
 
 
(leise zu den Liebhabern)
 
     
 
    Ich habe gerade die Papiere fallen lassen:
 
 
Hebt sie geschickt auf.
 
 
Ferrando
 
 
Doch was sind das für Papiere?
 
 
Guilelmo
 
 
Ein Ehevertrag?
 
 
Guilelmo, Ferrando
 
 
(zu den Geliebten)
 
 
Gerechter Himmel! Ihr habt hier unterschrieben:
 
 
Da hilft kein Leugnen mehr;
 
 
Verrat, Verrat!
 
 
Ach, die Sache muss ans Licht,
 
 
und das Blut soll dann in Bächen, Strömen und Meeren
 
 
fließen.
 
 
(Sie wollen in das andere Zimmer gehen. Die Frauen halten sie zurück.)
 
 
Fiordiligi, Dorabella
 
     
 
    Ach, mein Herr, ich habe den Tod verdient
 
 
und um den Tod allein bitte ich euch.
 
 
Zu spät erkenne ich mein Vergehen:
 
 
Durchbohrt mit diesem Schwert ein Herz,
 
 
das kein Mitleid verdient.
 
 
Guilelmo, Ferrando
 
     
 
    Was ist geschehen?
 
 
Fiordiligi
 
 
(zeigt auf Despina und Don Alfonso.)
 
 
Für uns sollen
 
 
der Grausame und die Verführerin sprechen.
 
 
Don Alfonso
 
 
Nur zu wahr ist, was sie sagt,
 
 
(Er zeigt auf das Zimmer, in das vorher die Liebhaber gegangen waren.)
 
 
und der Beweis dafür ist dort drinnen eingeschlossen.
 
 
Fiordiligi, Dorabella
 
 
Vor Angst bin ich zu Eis erstarrt, ich zittre.
 
 
Warum hat er sie verraten?
 
 
(Ferrando und Guilelmo gehen einen Augenblick in das Zimmer, dann kommen sie ohne Hut, ohne Mantel und ohne Schnurrbart heraus, jedoch in der ursprünglichen Verkleidung usw. und machen sich über die Geliebten und Despina lustig.)
 
 
Ferrando
 
 
(macht Fiordiligi affektierte Komplimente.)
 
     
 
    Vor Euch verbeugt sich,
 
 
schöne junge Dame,
 
 
der Ritter
 
 
aus Albanien.
 
 
Guilelmo
 
 
(zu Dorabella)
 
     
 
    Das kleine Bildnis
 
 
gebe ich Euch zurück
 
 
für das Herzchen,
 
 
meine liebe Frau.
 
 
Beide
 
 
(zu Despina)
 
     
 
    Und dem magnetischen
 
 
Herrn Doktor
 
 
erweise ich die Ehre,
 
 
die er verdient hat.
 
 
Fiordiligi, Dorabella, Despina
 
     
 
    Himmel, was sehe ich!
 
 
Guilelmo, Ferrando, Don Alfonso
 
 
Sie sind erstaunt!
 
 
Fiordiligi, Dorabella, Despina
 
 
Ich ertrage den Schmerz nicht mehr!
 
 
Guilelmo, Ferrando, Don Alfonso
 
 
Sie sind halb wahnsinnig geworden.
 
 
Fiordiligi, Dorabella
 
 
(zeigen auf Don Alfonso)
 
 
Da ist der Grausame,
 
 
der uns getäuscht hat.
 
 
Don Alfonso
 
     
 
    Ich habe euch getäuscht, aber die Täuschung
 
 
war eine Ent-Täuschung für eure Liebhaber,
 
 
die nun wohl klüger sind
 
 
und das tun werden, was ich will.
 
 
(Er führt sie zusammen und lässt sie einander umarmen.)
 
     
 
    Her mit den Händen: Ihr seid verlobt.
 
 
Umarmt euch und schweigt.
 
 
Lacht jetzt alle vier zusammen,
 
 
denn ich habe schon gelacht und werde es weiter tun.
 
 
Fiordiligi, Dorabella
 
     
 
    Mein Angebeteter, wenn das wahr ist,
 
 
werde ich mit Treue und Liebe
 
 
dein Herz entschädigen,
 
 
und ich werde dich immer verehren.
 
 
Guilelmo, Ferrando
 
     
 
    Das glaube ich dir gern, meine Schöne,
 
 
aber erproben will ich es nicht.
 
 
Despina
 
     
 
    Ich weiß nicht, ob ich wach bin oder träume:
 
 
Ich bin verwirrt, ich bin beschämt.
 
 
Aber es ist nicht schlimm, wenn sie mich hereingelegt haben,
 
 
lege ich doch selbst viele andere herein.
 
 
Alle
 
     
 
    Glücklich ist der Mensch, der alles
 
 
von der guten Seite nimmt,
 
 
und in den Wechselfällen des Lebens
 
 
sich von der Vernunft leiten lässt.
 
     
 
    Was andere gewöhnlich zum Weinen bringt,
 
 
soll für ihn ein Grund zum Lachen sein,
 
 
und inmitten der Stürme der Welt
 
 
wird er seine Ruhe finden.
 
 
Ende der Oper.