DREIZEHNTER AUFTRITT
 
 
Don Alfonso allein, dann Despina.
 
 
Rezitativ
 
 
Don Alfonso
 
 
Oh, wie werden wir lachen: So wenige
 
 
Frauen auf der Welt sind standhaft,
 
 
und hier sind gleich zwei davon … Das wird nichts …
 
 
(Despina tritt ein.)
 
 
Komm, komm, Mädchen, und sag mir,
 
 
wo deine Herrinnen sind und was sie tun.
 
 
Despina
 
 
Die armen Herrinnen
 
 
sind im kleinen Garten
 
 
und beschweren sich bei der Luft und den Fliegen,
 
 
ihre Geliebten verloren zu haben.
 
 
Don Alfonso
 
 
Und wie, glaubst du,
 
 
wird die Sache enden? Wollen wir hoffen,
 
 
dass sie vernünftig werden?
 
 
Despina
 
 
Ich wäre es jedenfalls,
 
 
und wo sie weinen, würde ich lachen.
 
 
Verzweifeln, vergehen,
 
 
nur weil ein Liebhaber davonzieht?
 
 
Schaut Euch den Unfug an!
 
 
Man holt sich zwei andere, wenn einer weggeht.
 
 
Don Alfonso
 
 
Bravo! Das nenne ich Klugheit.
 
 
 
 
(Man muss sie nur anspornen.)
 
 
Despina
 
 
Es ist ein Naturgesetz
 
 
und nicht nur Klugheit. Was ist Liebe?
 
 
Gefallen, Bequemlichkeit, Lust,
 
 
Freude, Vergnügen,
 
 
Zeitvertrieb, Fröhlichkeit: Es ist keine Liebe mehr,
 
 
wenn sie unbequem wird,
 
 
wenn sie, anstatt zu gefallen, schadet und quält.
 
 
Don Alfonso
 
 
Aber inzwischen diese Wahnsinnigen …
 
 
Despina
 
 
Diese Wahnsinnigen
 
 
werden das tun, was wir wollen. Es ist gut, dass sie wissen,
 
 
von jenen geliebt zu werden.
 
 
Don Alfonso
 
 
Das wissen sie.
 
 
Despina
 
 
Also werden sie diese Liebe erwidern.
 
 
„Sag es ihnen“, wie man zu sagen pflegt,
 
 
„und lass den Teufel den Rest besorgen.“
 
 
Don Alfonso
 
 
Und wie
 
 
willst du erreichen, dass sie zurückkehren,
 
 
jetzt, wo sie weg sind, und dass sie sie anhören
 
 
und sich verführen lassen,
 
 
diese zwei wilden Tierchen?
 
 
Despina
 
 
Überlasst nur mir
 
 
die Mühe, die ganze Intrige auszuführen.
 
 
Wenn Despina eine Intrige einfädelt,
 
 
kann der Erfolg nicht ausbleiben: Ich habe schon
 
 
tausend Männer an der Nase herumgeführt,
 
 
es wird mir auch bei zwei Frauen gelingen. Sind
 
 
die beiden Monsieurs mit Schnurbart reich?
 
 
Don Alfonso
 
 
Steinreich.
 
 
Despina
 
 
Wo sind sie?
 
 
Don Alfonso
 
 
Auf der Straße
 
 
erwarten sie mich.
 
 
Despina
 
 
Geht und bringt sie auf der Stelle
 
 
durch die kleine Tür
 
 
zu mir zurück: Ich warte auf Euch
 
 
in meinem Zimmer.
 
 
Wenn Ihr nur alles tut,
 
 
was ich Euch befehle, werden noch heute
 
 
Eure Freunde den Sieg besingen;
 
 
Und sie werden den Spaß haben, und ich den Ruhm.
 
 
(Sie gehen ab.)
 
 


Hübsches Gärtchen. An den Seiten zwei belaubte Bänke.
 
 
VIERZEHNTER AUFTRITT
 
 
Fiordiligi, Dorabella.
 
 
Nr. 18 Finale
 
 
Fiordiligi, Dorabella
 
     
 
    Ach, wie in einem Augenblick
 
 
mein Schicksal sich gewendet hat,
 
 
ach, ein Meer voller Kummer
 
 
ist das Leben nun für mich.
 
     
 
    Solange die grausamen Sterne
 
 
meinen Geliebten bei mir ließen,
 
 
wusste ich nicht, was Qualen sind,
 
 
wusste ich nicht, was Schmachten ist.
 
     
 
    Ach, wie in einem Augenblick
 
 
mein Schicksal sich gewendet hat,
 
 
ach, ein Meer voller Kummer
 
 
ist das Leben nun für mich.
 
 
FÜNFZEHNTER AUFTRITT
 
 
Die Vorigen, Guilelmo, Ferrando und Don Alfonso hinter der Szene; dann Despina.
 
 
Guilelmo, Ferrando
 
 
 
     
 
    Sterben, ja sterben,
 
 
damit die Grausamen zufrieden sind.
 
 
Don Alfonso
 
 
 
 
Es gibt noch Hoffnung;
 
 
tut es nicht, um Himmels willen, tut es nicht.
 
 
Fiordiligi, Dorabella
 
 
Himmel, was für schreckliche Schreie!
 
 
Guilelmo, Ferrando
 
 
Lasst mich.
 
 
Don Alfonso
 
 
Wartet noch.
 
 
(Ferrando und Guilelmo treten ein, jeder mit einem Fläschchen, gefolgt von Don Alfonso.)
 
 
Guilelmo, Ferrando
 
 
Das Arsen soll mich
 
 
von so viel Grausamkeit befreien.
 
 
(Sie trinken und werfen die Fläschchen weg. Während sie sich umdrehen, sehen sie die beiden Damen.)
 
 
Fiordiligi, Dorabella
 
     
 
    Himmel, war das Gift?
 
 
Don Alfonso
 
 
Ein Gift, gut und stark,
 
 
das ihnen in wenigen Augenblicken
 
 
das Leben nehmen wird.
 
 
Fiordiligi, Dorabella
 
 
Das tragische Schauspiel
 
 
lässt mein Herz erstarren.
 
 
Guilelmo, Ferrando
 
     
 
    Grausame, nähert euch;
 
 
seht das tragische Ende
 
 
einer verzweifelten Liebe
 
 
und habt wenigstens Mitleid.
 
 
Fiordiligi, Dorabella
 
 
Das tragische Schauspiel
 
 
lässt mein Herz erstarren.
 
 
Fiordiligi, Dorabella, Guilelmo, Ferrando, Don Alfonso
 
     
 
    Ach, der Sonnenstrahl
 
 
verfinstert sich vor mir.
 
 
Ich zittre: Leib und Seele
 
 
schwinden mir,
 
 
Zunge und Lippen können
 
 
keinen Laut mehr hervorbringen.
 
 
 
 
Don Alfonso
 
     
 
    Da diese Armen
 
 
kurz vor dem Tod sind
 
 
bemüht euch, ihnen wenigstens Mitleid
 
 
zu zeigen.
 
 
Fiordiligi, Dorabella
 
     
 
    Leute, zu Hilfe, Leute!
 
 
Niemand hört uns, o Gott!
 
 
Despina!
 
 
Despina
 
 
(von innen)
 
 
Wer ruft mich?
 
 
Fiordiligi, Dorabella
 
 
Despina!
 
 
Despina
 
 
(tritt ein.)
 
 
Was sehe ich!
 
 
Ich glaube, dass die Armen tot sind,
 
 
oder dem Sterben nahe.
 
 
Don Alfonso
 
     
 
    Ach, es ist leider wahr!
 
 
Rasend, verzweifelt
 
 
haben sie Gift genommen.
 
 
O einzigartige Liebe!
 
 
Despina
 
     
 
    Die Armen zu verlassen,
 
 
wäre für euch eine Schande:
 
 
Man muss ihnen helfen.
 
 
Fiordiligi, Dorabella, Don Alfonso
 
 
Was können wir denn tun?
 
 
Despina
 
     
 
    Sie geben noch Lebenszeichen von sich:
 
 
Stützt sie ein wenig
 
 
mit euren mitleidsvollen Händen.
 
 
(zu Don Alfonso)
 
 
Und Ihr lauft mit mir:
 
 
Eilen wir, einen Arzt, ein Gegenmittel
 
 
zu suchen.
 
 
(Sie geht mit Don Alfonso ab.)
 
 
Fiordiligi, Dorabella
 
     
 
    Götter, was für eine schwere Prüfung ist das!
 
 
Ein traurigeres Ereignis
 
 
könnte es nicht geben.
 
 
Guilelmo, Ferrando
 
 
(beiseite)
 
 
Ein schöneres Komödchen
 
 
könnte es nicht geben.
 
 
(laut)
 
     
 
    Ach!
 
 
Fiordiligi, Dorabella
 
 
(stehen weit weg von den Liebhabern.)
 
 
Sie seufzen, die Unglücklichen.
 
 
Fiordiligi
 
 
Was machen wir nur?
 
 
Dorabella
 
 
Was meinst du?
 
 
Fiordiligi
 
 
Wer könnte sie in so schmerzlichen Augenblicken
 
 
verlassen?
 
 
Dorabella
 
 
(kommt etwas näher.)
 
     
 
    Was für interessante Gestalten!
 
 
Fiordiligi
 
 
(kommt etwas näher.)
 
 
Wir können schon etwas näher heran.
 
 
Dorabella
 
 
Sein Kopf ist sehr kalt.
 
 
Fiordiligi
 
 
Ganz kalt ist auch dieser.
 
 
Dorabella
 
 
Und der Puls?
 
 
Fiordiligi
 
 
Ich fühle ihn nicht.
 
 
Dorabella
 
 
Dieser schlägt ganz langsam.
 
 
Fiordiligi, Dorabella
 
     
 
    Ach, wenn die Hilfe noch lange braucht,
 
 
gibt es keine Hoffnung mehr für ihr Leben.
 
 
Die Ärmsten! Ihr Tod
 
 
würde mich zu Tränen rühren.
 
 
Guilelmo, Ferrando
 
 
(für sich)
 
     
 
    Freundlicher und zugänglicher
 
 
sind beide geworden:
 
 
Ich wette, dass ihr Mitleid
 
 
schließlich in Liebe endet.
 
 
SECHZEHNTER AUFTRITT
 
 
Die Vorigen, Despina als Arzt verkleidet, Don Alfonso.
 
 
Don Alfonso
 
     
 
    Hier ist der Arzt,
 
 
meine schönen Damen.
 
 
Guilelmo, Ferrando
 
 
 
 
(Despina verkleidet:
 
 
Die arme Haut!)
 
 
Despina
 
 
Salvete, amabiles
 
 
bones puelles!
 
 
Fiordiligi, Dorabella
 
 
Er spricht eine Sprache,
 
 
die wir nicht verstehen.
 
 
Despina
 
 
Wie Sie befehlen,
 
 
sprechen wir also:
 
 
Ich kann Griechisch und Arabisch,
 
 
ich kann Türkisch und Wandalisch;
 
 
Schwäbisch und Tatarisch
 
 
kann ich auch noch.
 
 
Don Alfonso
 
     
 
    Die vielen Sprachen
 
 
mögen Sie für sich behalten.
 
 
Werfen Sie stattdessen einen Blick
 
 
auf diese Unglücklichen:
 
 
Sie haben Gift genommen,
 
 
was kann man da tun?
 
 
Fiordiligi, Dorabella
 
 
Herr Doktor,
 
 
was kann man da tun?
 
 
Despina
 
 
(fühlt beiden Puls und Stirn.)
 
     
 
    Zunächst muss ich
 
 
die Ursache kennen
 
 
und dann die Art
 
 
des Trankes:
 
 
ob warm oder kalt,
 
 
ob wenig oder viel,
 
 
ob auf einmal
 
 
oder mehrmals.
 
 
Fiordiligi, Dorabella, Don Alfonso
 
     
 
    Sie haben Arsen genommen,
 
 
Herr Doktor;
 
 
hier drinnen haben sie es getrunken,
 
 
die Ursache ist Liebe,
 
 
und in einem Schluck
 
 
haben sie es heruntergeschüttelt.
 
 
Despina
 
     
 
    Macht euch keine Sorgen,
 
 
regt euch nicht auf:
 
 
Hier ist ein Beweis
 
 
meines Könnens.
 
 
(Sie berührt mit einem Stück Magneteisen die Köpfe der angeblichen Kranken und streicht damit sanft an ihren Körpern entlang.)
 
 
Fiordiligi, Dorabella, Don Alfonso
 
     
 
    Er hält ein Eisen
 
 
in der Hand …
 
 
Despina
 
 
Dies ist ein Stück
 
 
Magneteisen,
 
 
der Mesmerische Stein
 
 
der seinen Ursprung
 
 
in Deutschland hat
 
 
und dann in Frankreich
 
 
so berühmt wurde.
 
 
Fiordiligi, Dorabella, Don Alfonso
 
     
 
    Wie sie sich bewegen,
 
 
winden und schütteln,
 
 
schon schlagen sie mit dem Schädel
 
 
auf den Boden.
 
 
Despina
 
 
He, haltet ihre Stirn
 
 
hoch.
 
 
Fiordiligi, Dorabella
 
 
(legen den Liebhabern die Hand auf die Stirn.)
 
     
 
    Wir sind bereit.
 
 
Despina
 
 
Haltet sie fest!
 
 
Nur Mut! Nun seid ihr
 
 
vom Tode gerettet.
 
 
Fiordiligi, Dorabella, Don Alfonso
 
 
Sie blicken um sich,
 
 
sie kommen zu Kräften:
 
 
Ach, dieser Arzt
 
 
ist Gold wert.
 
 
Guilelmo, Ferrando
 
 
(stehen auf.)
 
     
 
    Wo bin ich! Was ist das für ein Ort!
 
 
Wer ist dieser! Wer sind jene!
 
 
Stehe ich vor Jupiters Thron?
 
 
(Ferrando zu Fiordiligi, Guilelmo zu Dorabella)
 
 
Bist du Pallas oder Venus?
 
 
Nein, du bist meine holde Göttin:
 
 
Ich erkenne dich am zarten Antlitz
 
 
und an der Hand, die ich jetzt genau sehe
 
 
und die allein mein Schatz ist.
 
 
(Sie umarmen die Geliebten zärtlich und küssen ihnen die Hände.)
 
 
Despina, Don Alfonso
 
     
 
    Das sind die Nachwirkungen des Giftes,
 
 
habt keine Angst.
 
 
Fiordiligi, Dorabella
 
 
Das mag sein, aber so viele Mätzchen
 
 
beleidigen unsere Ehre.
 
 
Guilelmo, Ferrando
 
 
 
 
(Ich habe solche Lust zu lachen,
 
 
dass mir gleich die Lunge platzt.)
 
 
(zu den Geliebten)
 
     
 
    Hab Erbarmen, meine schöne Angebetete,
 
 
wende deine seligen Augen mir zu!
 
 
Fiordiligi, Dorabella
 
 
Ich kann nicht länger widerstehen.
 
 
Despina, Don Alfonso
 
 
In wenigen Stunden, ihr werdet schon sehen,
 
 
wird durch die Kraft des Magnetismus
 
 
dieser Anfall vorbei sein,
 
 
und sie werden sich wie früher benehmen.
 
 
Guilelmo, Ferrando
 
 
(Ferrando zu Fiordiligi, Guilelmo zu Dorabella)
 
     
 
    Gib mir einen Kuss, mein Schatz,
 
 
einen einzigen Kuss oder ich sterbe auf der Stelle.
 
 
Fiordiligi, Dorabella
 
 
Himmel! Einen Kuss?
 
 
Despina, Don Alfonso
 
 
Gewährt ihn nur
 
 
aus Güte.
 
 
Fiordiligi, Dorabella
 
 
Ach, das ist zu viel verlangt
 
 
von einer treuen und anständigen Braut;
 
 
beleidigt ist meine Treue,
 
 
beleidigt ist dies Herz.
 
 
Guilelmo, Ferrando, Despina, Don Alfonso
 
 
(für sich)
 
     
 
    Einen lustigeren Anblick
 
 
hat man auf der ganzen|dieser Welt noch nicht gesehen.
 
 
Was mich am meisten lachen lässt,|Doch weiß ich nicht, ob sie echt oder gestellt sind
 
 
sind dieser Zorn und diese Wut.|dieser Zorn und diese Wut.
 
 
Fiordiligi, Dorabella
 
     
 
    Verzweifelt, vergiftet,
 
 
geht zum Teufel allesamt:
 
 
Später werdet ihr es bestimmt bereuen,
 
 
wenn meine Wut noch weiterwächst.
 
 
Guilelmo, Ferrando, Despina, Don Alfonso
 
 
(für sich)
 
     
 
    Einen lustigeren Anblick
 
 
hat man auf der ganzen|dieser Welt noch nicht gesehen.
 
 
Was mich am meisten lachen lässt,|Doch weiß ich nicht, ob sie echt oder gestellt sind
 
 
sind dieser Zorn und diese Wut.|dieser Zorn und diese Wut.
 
 
Denn ich weiß recht gut, dass solches Feuer|Und ich möchte nicht, dass solches Feuer
 
 
sich in Liebesglut wandeln wird.|in Liebesglut endet.
 
 
Ende des ersten Akts.