Sechster Auftritt
 
 
Bastien, Bastienne.
 
 
Dialog
 
 
Bastien
 
 
Hier ist sie wirklich schon,
 
 
was soll ich ihr nun sagen?
 
 
Kann ich ihr zornigs Aug ertragen?
 
  320
Ich laufe lieber gar davon – – –
 
 
Doch nein! ich könnt mein ganzes Glück verscherzen;
 
 
vielleicht verlör ich sie und säh' sie nachmals nicht.
 
 
Bastienne
 
 
Er hat mich schon entdeckt, der schlaue Bösewicht.
 
 
Was fühl ich nicht für ihn in meinem Herzen!
 
 
Bastien
 
  325
Beim Schlapperment"Verhüllende Entstellung von Sakrament in Verwünschungen". Jacob und Wilhelm Grimm, Deutsches Wörterbuch, Bd. 15, Leipzig 1899, Sp. 488 (Art. "SCHLAPPERMENT").! sie ist schon vollig da!
 
 
Bastienne
 
 
Jedoch! wie unvermut' komm ich ihm gar so nah!
 
 
Bastien
 
 
Wie wird sie sich itzt rächen! – – –
 
 
Wohlan, es sei gewagt;
 
 
was sie auch immer sagt,
 
  330
ich muss mit ihr doch sprechen.
 
 
Willkommen, liebes Kind! der Zufall fügt sich schön,
 
 
dass wir so ungefähr uns da einander sehn,
 
 
doch wie! Was ist geschehen,
 
 
du lässt ein trübes Aug und finstre Mienen sehen?
 
  335
Wer hat dir was zuleid getan?
 
 
Bastienne
 
 
Wer bist du? Fort! dich geht's nicht an.
 
 
Bastien
 
 
Wie! dieses höre ich von Bastiennen?
 
 
Mich? deinen Bastien? mich sollst du nicht kennen?
 
 
Bastienne
 
 
Du wärst mein Bastien? Gewesen, ja, kann sein;
 
  340
itzt bist du's nimmer, nein.
 
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No. 12 Aria
 
 
Bastienne
 
     
 
    Er war mir sonst treu und ergeben,
 
 
mich liebte Bastien allein;
 
 
mein Herze nur war sein Bestreben,
 
 
nur ich, sonst niemand, nahm ihn ein.
 
  345
Das schönste Bild gefiel ihm nicht,
 
 
auf mich nur ward sein Blick gericht;
 
 
ich konnt vor andern allenVariante in den Textwiederholungen:
ich könnt vor andern allen
 
 
ihn reizen, ihm gefallen.
 
 
Auch Damen wurden nicht geschätzt,
 
  350
die oft sein Blick in Glut gesetzt;
 
 
wenn sie Geschenke gaben,
 
 
musst ich dieselben haben.
 
 
Mich liebte er, nur mich allein,
 
 
doch nun will er sich andern weihn.
 
  355
Vergebens ist itzt meine Liebe;
 
 
mein Liebster, der sich mir entreißt,
 
 
verbittert die sonst süßen Triebe
 
 
und wird ein Flattergeist.
 
 
Dialog
 
 
Bastien
 
 
Mein Kind! was kömmt dir in den Sinn?
 
  360
Du glaubest, dass ich untreu bin?
 
 
Du hast dich weit geirret
 
 
und machst dir ohne Grund Verdruss.
 
 
Es hat mich zwar ein kleiner Hexenschuss
 
 
von einem Poltergeist verführet,
 
  365
doch hat mir Herr Colas schon wieder Heil verschafft.
 
 
Bastienne
 
 
O diese Ausflucht hat dir schlecht gelungen:
 
 
Wie du zuvor von Hexerei,
 
 
so bin itzt ich von Zauberei
 
 
zu fremder Lieb gezwungen.
 
  370
Allein Colas, der gute Herr,
 
 
verändert mich durch seine Kunst nicht mehr:
 
 
Ich kann mich nicht einmal bequemen,
 
 
von ihm ein Mittel anzunehmen.
 
 
Bastien
 
 
So heurate! Durch einen Mann
 
  375
wird aller Zauberei die Wirkung abgetan.
 
 
Bastienne
 
 
Das eben wär noch schlimmer:
 
 
Der Ehstand ist für sich in steten Sorgen immer;
 
 
es fehlte mir nur noch ein ungetreuer Mann,
 
 
so müsste ich für Not und Plagen
 
  380
verzweifeln und verzagen.
 
 
Bastien
 
 
Schon gut! so bleib"bleiben" bedeutet hier "beharren". Vgl. Jacob und Wilhelm Grimm, Deutsches Wörterbuch, Bd. 2, Leipzig 1860, Sp. 94 (Art. "BLEIBEN"). auf deinen Eigensinn,
 
 
ich weiß schon auch, was ich gesonnen bin.
 
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No. 13 Aria
 
 
1a
 
 
Bastien
 
     
 
    Geh hin!
 
 
geh hin! Dein Trotz soll mich nicht schrecken;
 
 
ich lauf aufs Schloss, das schwör ich dir,
 
  385
und will der Edelfrau entdecken,
 
 
mein Herz gehöre gänz'glich ihr.Variante in den Textwiederholungen:
mein Herz gehöre gänzlich ihr.
 
 
Lässt sie wie sonst sich zärtlich finden,
 
 
will ich mich gleich mit ihr verbinden.
 
 
2a
 
 
Bastienne
 
     
 
    Ich will,
 
 
ich will mich in die Stadt begeben,
 
  390
Anbeter treff ich da leicht an;
 
 
wie eine Dam will ich dort leben,
 
 
die hundert Herren fesslen kann.
 
 
Und kann ich einen schönen finden,
 
 
will ich mich gleich mit ihm verbinden.
 
 
1a
 
 
Bastien
 
     
  395
    Ich
 
 
werd in Gold und Silber prahlen;
 
 
und eine Liebste voller Pracht
 
 
wird die Gewogenheit bezahlen,
 
 
wodurch mein Blick sie glücklich macht.
 
 
Mir ihre Schätze zu verbinden,
 
  400
soll sie mich gar nicht spröde finden.
 
 
2b
 
 
Bastienne
 
     
 
    Den
 
 
Schönen sind die Kostbarkeiten
 
 
in Städten zu erwerben leicht;
 
 
es braucht, um selbe zu erbeuten,
 
 
nichts als dass man sich freundlich neigt.
 
  405
Mir reiche Herren zu verbinden,
 
 
soll man mich stets sehr höflich finden.
 
 
Dialog
 
 
(Beide tun, als wollten sie fortgehen, kommen aber wieder zurück und begegnen sich.)
 
 
Bastienne
 
 
Sieh da! bist du noch hier?
 
 
Ich dacht, es wären Berg und Täler
 
 
schon zwischen mir und dir.
 
 
Bastien
 
  410
Je nun, verzeih mir diesen Fehler,
 
 
ich werde dir gleich aus den Augen sein;
 
 
ich bin schon im Begriff, von dir zu gehen.
 
 
Bastienne
 
 
Treuloser! lass dich nur recht unempfindlich sehen!
 
 
Jaja! geh fort und fliehe!
 
  415
Man sieht es klärlich ein,
 
 
dies Scheiden kostet dich gar wenig Mühe.
 
 
Bastien
 
 
Und dich erfreut's vermutlich sehr,
 
 
dass du aus Falschheit mich vertrieben.
 
 
Bastienne
 
 
Ja, allerdings, mein Herr!
 
  420
sie tun mir nach Belieben.
 
 
Bastien
 
 
So ist's dein ernster Schluss,
 
 
ach Bastienne! dass ich scheiden muss?
 
 
Komm! geh vielmehr den Frieden wieder ein.
 
 
Bastienne
 
 
Ja, morgen, aber heut nicht, nein!
 
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No. 14 Recitativo
 
 
Bastien
 
  425
Dein Trotz vermehrt sich durch mein Leiden?
 
 
Wohlan! den Augenblick
 
 
hol ich, zu deinen Freuden,
 
 
mir Messer, Dolch und Strick …Variante in den Textwiederholungen:
ja, mir Messer, Dolch und Strick …
 
 
Bastienne
 
 
Viel Glück!
 
 
Bastien
 
  430
Ich geh mich zu erhenken.
 
 
Viel Glück.
 
 
Ich lauf ohn alle Gnad,
 
 
im Bach mich zu ertränken.
 
 
Bastienne
 
 
Viel Glück, viel Glück zum kalten Bad!
 
 
Dialog
 
 
Bastien
 
 
(für sich)
 
  435
Soll ich auch wirklich mich ins Wasser stürzen?
 
 
Der wär ein Narr, sein Leben selbst zu kürzen.
 
 
Bastienne
 
 
Nur fort! was hält dich an?
 
 
Bastien
 
 
Ach! ich bedenke nur, wie schlecht ich schwimmen kann;
 
 
zudem ist eine alte Mode,
 
  440
dass man sich noch vor seinem Tode
 
 
mit seinem Feind versöhnen muss:
 
 
Ich muss mit dir noch sprechen.
 
 
Bastienne
 
 
Die Mode werd ich unterbrechen,
 
 
ich höre dich nun nimmer an,
 
  445
du hast mir gar zu weh getan.
 
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No. 15 Duetto
 
 
Bastienne
 
     
 
    Geh! geh! geh, Herz von FlandernHistorische Landschaft Belgiens. Reimt wie hier häufig mit "andern" und verweist auf Treulosigkeit und Flatterhaftigkeit. Vgl. Jacob und Wilhelm Grimm, Deutsches Wörterbuch, Bd. 3, Leipzig 1962, Sp. 1722 (Art. "FLANDERN").!
 
 
Such nur bei andern
 
 
zärtlich verliebt Gehör!
 
 
Denn dich lieb ich nicht mehr.
 
 
Bastien
 
  450
Wohl, ich will sterben;
 
 
denn zum Verderben
 
 
zeugt mir dein Hass die Spur:
 
 
Drum lass ich Dorf und Flur.
 
 
Bastienne
 
 
Falscher! du fliehest?
 
 
Bastien
 
  455
Ja, wie du siehest.
 
 
Weil dich ein andrer nimmt,
 
 
ist schon mein Tod bestimmt.
 
 
Ich bin mir selbst zur Qual,
 
 
kein Knecht von dem Rival.
 
 
(will gehen)
 
 
Bastienne
 
  460
Bastien! Bastien!
 
 
Bastien
 
 
Wie? du rufst mich?
 
 
Bastienne
 
 
Du irrest dich.
 
 
In deinem Blick
 
 
wird nun mein Glück
 
  465
nicht mehr gefunden.
 
 
Bastien
 
 
Wo ist die süße Zeit,
 
 
da dich mein Scherz erfreut?
 
 
Beide
 
 
Sie ist anjetzt verschwunden.
 
 
Geh! geh! geh, falsche Seele!
 
  470
Fort! ich erwähle
 
 
für meine zarte Hand
 
 
ein anders Eheband.
 
 
Wechsel im Lieben
 
 
tilgt das Betrüben
 
  475
und reizet, wie man sieht,
 
 
zur Lust den Appetit.
 
 
Bastien
 
 
Doch wenn du wolltest …
 
 
Bastienne
 
 
Doch wenn du solltest …
 
 
Bastien
 
 
Schatz mich noch nennen …
 
 
Bastienne
 
  480
dies Herz erkennen …
 
 
Beide
 
 
wär meine Zärtlichkeit
 
 
aufs Neue dir geweiht.
 
 
Bastien
 
 
Ich bliebe dein allein.
 
 
Bastienne
 
 
Ich würde dein auf ewig sein.
 
 
Bastien
 
  485
Gib mir, zu meinem Glück,
 
 
dein Herz zurück!
 
 
Umarme mich!
 
 
Nur dich lieb ich.
 
 
Bastienne
 
 
O Lust, o Lust
 
  490
für die entflammte Brust!
 
 
Beide
 
 
Komm! nimm aufs Neue
 
 
Neugung und Treue!
 
 
Ich schwör dem Wechsel ab
 
 
und lieb dich bis ins Grab.
 
  495
Wir sind versöhnet.
 
 
Die Liebe krönet
 
 
uns nach dem bangen Streit
 
 
durch treue Zärtlichkeit.Variante in den Textwiederholungen:
durch neue Zärtlichkeit.
 
 
Siebenter Auftritt
 
 
Colas, Bastienne, Bastien, Schäfer und Schäferinnen.
 
 
Colas
 
 
Glück zu! vergnügtes Paar,
 
  500
zu dem geschlossnen Frieden.
 
 
Nun werde euch auch offenbar,
 
 
wer euch dies Glück beschieden:
 
 
Nicht meine Zauberkunst,
 
 
nein! eure Liebesbrunst.
 
  505
Nie hab ich Zauberei,
 
 
nie hab ich Hexerei
 
 
verstanden und gepflogen,
 
 
nur war ich euch und eurer Lieb gewogen
 
 
und ließ mich drum als Zaubrer nennen,
 
  510
damit ich euch zu Weib und Mann,
 
 
wie ich nunmehr getan,
 
 
hab zaubern und verhexen können.
 
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No. 16 Terzetto
 
 
Colas
 
     
 
    Kinder! Kinder! seht, nach Sturm und Regen
 
 
wird ein schöner Tag gebracht;
 
  515
euer Glück soll nichts bewegen,
 
 
dankt dies meiner Zaubermacht!
 
 
Auf! auf! gebt euch die Hand!
 
 
Knüpft die Seelen und die Herzen!
 
 
Nichts von Schmerzen
 
  520
werd euch je bekannt.Im Libretto folgt hier eine von Schäfern und Schäferinnen gesungene Strophe.
 
 
Bastienne, Bastien
 
     
 
    Lustig! lustig! preist die Zaubereien
 
 
von Colas, dem weisen Mann!
 
 
Uns vom Kummer zu befreien,
 
 
hat er Wunder heut getan.
 
  525
Auf! auf! stimmt sein Lob an!
 
 
Er stift unsre Hochzeitfeier;
 
 
o zum Geier,
 
 
welch trefflicher Mann.
 
 
Bastienne, Bastien, Colas
 
 
Auf! auf! stimmt sein Lob an!
 
  530
Er stift diese Hochzeitfeier;
 
 
O zum Geier,
 
 
welch trefflicher Mann!