Zweiter Auftritt
|
||
Sethos. Hammon.
|
||
Sethos
|
||
Jetzt sind wir allein. – Du weißt, Hammon! dass an mehr als einem Orte sich der Empörungsgeist regt. Vielleicht bricht noch heute das Feuer, das bisher unter der Asche glomm, in helle Flammen aus. (Er zieht Papiere aus seinem Busen.) Sieh hier diese Zettel! Man hat sie an den Türen des Tempels angeheftet gefunden.
|
||
Hammon
|
||
(liest)
|
||
„Tharsis, die Tochter unsers großen Menes, lebt. Ihr und ihrem künftigen Gemahl gehöret das Reich; Thamos, der Sohn des Rebellen Ramesses, ist ein unrechtmäßiger Besitzer.“
|
||
Sethos
|
||
Du staunst! – Mit Recht. Wie künstlich ist der Plan der Aufrührer! Nur dieser Weg kann ihr herrschsüchtiges Haupt zum Ziele seines Unternehmens führen. – Ägypten liebt den Thamos. Des Sohnes Tugenden haben den Hass gegen des Vaters Andenken ausgelöschet. Ihm gebührt auch der Thron, als dem Nächsten an meinem Stamme. Nur mir, nur der Tharsis, wenn eines von uns wieder zum Vorschein käme, müsste er weichen. – Eine Betrügerin wird die Stelle meiner Tochter vertreten. (seufzend) Ach Hammon! du weißt am besten, welcher grausame Tod sie mir entriss.
|
||
|
||
|
||
Hammon
|
||
Ja, Herr! Noch immer schwebt das Bild der schrecklichen Nacht vor meinen Augen, wo durch Verräterei der Feind in die Stadt drang, wo ein Teil der Besatzung, erkauft, sich zu ihm schlug, wo der Überrest seine Treue mit dem Leben bezahlte, wo das Feuer Tempel und Paläste, ja die alte Burg der Könige verzehrte, wo, schaudernvolle Erinnerung! dein einziges Kind ein Raub wütender Flammen ward, wo kaum du selbst, allein von mir begleitet, dem feindlichen Schwerte entrannest!
|
||
Sethos
|
||
Lass uns nicht unsere Wunden aufreißen! – O möchten die Götter über die Völker des Nils keine neuen Strafen beschlossen haben! – Alles, was ihr wollt, unsterbliche Götter! Nur lasset nicht Bürger gegen Bürger wüten, Brüder, Väter das Eingeweide des Bruders, des Sohnes zerfleischen, nachbarliche Saaten von Nachbarn verheeret, durch Ägyptier die Altäre der Schutzgötter Ägyptens zertrümmert werden! – Ach Hammon! erlebt, gesehen haben wir sie, alle diese Gräuel. Um sie nicht länger zu sehen, ließ ich das Gerüchte von meinem Tode ausstreuen.
|
||
Hammon
|
||
Ja, Sethos! So nenne ich dich, weil du es befiehlst; nur du, nur Menes war dieser großen Entschließung fähig. Nubien und Äthiopien boten dir ihre Hülfe an.
|
||
Sethos
|
||
Fremde hätte ich in mein Reich führen, Ägyptier, zwar ein verführtes Volk, doch immer mein Volk, ihrer Wut preisgeben sollen? – Nein, Hammon! Tausendmal eher würde ich dem Ramesses meine entblößte Brust dargeboten, zu ihm gesagt haben: "Hieher führe den Stoß! Nur diesen ermorde, der deinen Absichten im Wege steht! Regiere, aber schone derer, die du beherrschen willst!" – Und wozu hätte ich den Bürgerkrieg verlängern sollen! Ramesses war, seinen Ehrgeiz ausgenommen, des Thrones nicht unwürdig, nach Erlöschung meines Stamms der nächste Erbe.
|
||
Hammon
|
||
Ich leugne es nicht, Ramesses besaß Eigenschaften eines Regenten. Er war tapfer, vorsichtig, sogar gerecht, wenn es nicht auf Herrschen ankam. – Doch immer ein eingedrungener Besitzer! Dies Bewusstsein machte ihn hart, misstrauisch, oft grausam. Seinetwegen wurde das Reich mit mancherlei Drangsalen heimgesucht.
|
||
Sethos
|
||
Hast du in den Ratschlüssen der Götter gelesen? Würden diese Drangsalen unter mir Ägypten weniger getroffen haben! Mehr als einmal war die Regierung der besten Fürsten unglücklich. Hätte ich dieser ungewissen Hoffnung halber das Blut auch nur eines einzigen Bürgers wagen sollen? – Du selbst, Hammon! als du nach verlorner Schlacht meinen Entschluss bestrittest, gabst mir zuletzt Recht und ließest dich mit mir unter die Sonnenpriester der entfernten Elefantenstadt einweihen.
|
||
Hammon
|
||
Dich, meinen König, hätte ich verlassen sollen? Nein! Solange Hammon atmet, geschieht das nicht. Darum folgte ich dir auch hieher, nachdem uns Alter und veränderte Gestalt unerkenntlich gemacht hatten.
|
||
Sethos
|
||
Überbring jetzt dem Feldherrn Phanes die abgenommenen Zettel. Sag ihm, ich verlangte eine Unterredung mit ihm, ehe er noch den König sieht.
|
||
(Hammon geht von der Seite ab, wo vorher die Priester.)
|
||
Dritter Auftritt
|
||
Sethos allein.
|
||
|
||
Welches Andenken erneuert die listige Ausstreuung der Aufrührer! – Tharsis! Ach, Tharsis! du einziges hinterlassenes Pfand meiner Nikoris! Nicht einmal dich gönnte mir das grausame Verhängnis! Möchtest du noch leben! (zu dem Sonnenbildnis sich wendend) Gottheit! der ich diene! stelle du sie mir zurück! Nimm mein Leben dafür! – Verkürze meine Tage! Lass mich nur Tharsis, in ihr meine Nikoris noch einmal sehen! – Doch was rede ich! Wohin reißt mich die Phantasey?
|
||
|
||
Vierter Auftritt
|
||
Phanes. Sethos.
|
||
Phanes
|
||
(aus den Wohnungen der Priester)
|
||
Ich war auf dem Wege zu dir, als Hammon mir begegnete. Herr! die Gefahr wächst. Doch mit einem Worte kannst du der Aufrührer Anschläge zernichten. Stelle dich dem Volke als Menes dar, so beugt sich alles zu deinen Füßen. Thamos selbst, der seinem Vater so unähnliche Thamos, wird mit Freuden dein erster Untertan.
|
||
Sethos
|
||
Phanes mir diesen Rat? Phanes, der mein Innerstes kennt? Der Freund, dem meine Seele nie einen Gedanken verhehlte? – Hast du vergessen, wie ungern ich schon das erste Mal das Szepter in die Hände nahm, als des Bruders Tod mich unerwartet zum Throne führte? Nicht, weil ich die Ruhe liebte, weil ich die Bürde scheuete, nein! weil ich fürchtete, so schwere Pflichten nicht erfüllen zu können.
|
||
Phanes
|
||
Eben weil du sie kanntest, hast du sie erfüllet. Frage Ägypten, frage die Nachbarn, frage die Geschichte. Einem vertriebenen und für tot gehaltenen Könige schmeichelt sie nicht. Nur eine Stimme erschallt: Menes war ein weiser, ein großer König, der Vater seines Volks.
|
||
Sethos
|
||
Und dennoch fand ein ehrgeiziger Ramesses Anhang?
|
||
Phanes
|
||
Durch Ränke, durch Bestechungen. Hätte es auch unter deinen Untertanen Missvergnügte gegeben, wo sind deren nicht? Selbst gegen die Götter murren undankbare Sterbliche.
|
||
Sethos
|
||
Alles, was du sagst, Phanes! bewegt mich nicht, meine Schultern aufs Neue mit einer Bürde zu beladen, deren die Götter mich entlediget haben. Nur den Fall der äußersten Not, wenn durch kein anderes Mittel das Reich gerettet werden könnte, wenn sonst Bürgerblut fließen müsste, würde ich als einen Wink von ihnen ansehen. Doch hierzu wird es nicht kommen. Thamos und Phanes werden die Anschläge der Boshaften in ihrer Geburt ersticken. – Hat man noch gar nichts entdeckt?
|
||
Phanes
|
||
Alles Nachforschen war bisher vergeblich. Erst jetzt, durch die Ausstreuung des Gerüchts von dem Leben deiner Tochter, entwickelt sich der Plan der Aufrührer. Man strebt nach dem Szepter. Einer unserer Fürsten streckt die Hand darnach aus. – Welcher aus ihnen? – Wird er wohl die Betrügerin, die er als Tharsis auftreten lässt, zur Gemahlin nehmen?
|
||
Sethos
|
||
Oh! nach erreichter Absicht schafft man das Werkzeug auf die Seite. (nachdenkend) Unsere Fürsten! – Amosis? – Horus? – Athos? – Keiner aus den dreien. – Pheron? – Noch weniger, der Liebling des Thamos!
|
||
|
||
Phanes
|
||
Pheron hat einen unersättlichen Ehrgeiz. In dem letzten Feldzuge gab er Beweise hievon.
|
||
Sethos
|
||
Unter einem jungen mutigen Könige strebt alles nach Ehre.
|
||
Phanes
|
||
Aber ohne andere zu unterdrücken, ohne sich fremden Ruhm zuzueignen. Tat nicht Pheron beides? Suchte er nicht auch durch Liebkosungen, durch Freigebigkeit die Zuneigung des Kriegsheers zu gewinnen?
|
||
Sethos
|
||
Weil er es dereinst nach dir anzuführen hofft. – Zwar auch mir gefällt Pherons Gemütsart nicht. Unter einer scheinbaren Offenherzigkeit, die ihm das redliche Herz des Thamos gewinnet, steckt unergründliche Verstellung verborgen. Nur geübte Augen wie deine dringen zuweilen in sein Inneres. – Doch, Phanes! dies alles ist nicht genug, um ihm Verbrechen aufzubürden. Mit Recht hütet man sich vor dem Falschen, setzt der List Gegenlist entgegen: Aber ohne Beweise ihn anzuklagen, überschreitet die Grenzen der Verteidigung.
|
||
Phanes
|
||
Ich werde dennoch auf alle Schritte des Pheron wachen.
|
||
Sethos
|
||
Das tue. Nur verbirg dem Thamos deine Mutmaßungen. Sein der Verstellung unfähiges Herz würde in Vorwürfe gegen den untreuen Freund ausbrechen. Hat Pheron keinen Teil an der Empörung, so kränkest du einen Unschuldigen. Ist er der geheime Anstifter, so machst du ihn vorsichtig und vergrößerst die Gefahr.
|
||
Phanes
|
||
Aber Herr! wenn du dich den Fürsten, dem Volke zu erkennen gäbest! – Der bloße Name Menes!
|
||
Sethos
|
||
Ich habe dir die Ursachen gesagt.
|
||
Phanes
|
||
Warum ließest du mich wegen deines Todes so lange im Irrtum? Warum entdecktest du dich mir nicht eher, als bis wir beide nach des Ramesses Tod den Reichsregenten zugesellet wurden?
|
||
Sethos
|
||
Weil ich deinen Eifer kannte. Hättest du nicht mit dem ganzen Reiche geglaubt, dass ich in der Schlacht geblieben sei, nie hättest du dich dem Ramesses unterworfen; der Bürgerkrieg hätte noch Ströme Bluts gekostet. (ernsthaft) Erwarte, Phanes! die Zeit, die dein König, du erkennst mich ja noch dafür, zu seiner Entdeckung bestimmt hat. Begnüge dich indessen, dass ihr beide, du und Hammon, die einzigen seid, denen er sich anvertrauet.
|
||
Fünfter Auftritt
|
||
Die Vorigen. Thamos. Pheron.
|
||
(Der König und Pheron kommen aus der königlichen Burg.)
|
||
Thamos
|
||
(zu dem Phanes)
|
||
Es ist mir lieb, dass ich dich antreffe. Ich hatte nach dir geschickt! – Phanes, Sethos, Pheron, alle meine Freunde beisammen! – (zu dem Sethos) Was sagst du, ehrwürdiges Oberhaupt der Diener der Gottheit! zu dem Kunstgriffe der Aufrührer? Ohne Zweifel hast du von den Zetteln gehört, die diese Nacht angeheftet worden sind?
|
||
Sethos
|
||
Ja, Herr! – Auch die Türen des Tempels haben die Boshaften damit zu entheiligen keine Scheu getragen.
|
||
Phanes
|
||
Finsternis bedeckt noch ihr schwarzes Gewebe. Doch oft zündet ein Funken Licht an. Die Erdichtung von des Menes Tochter verrät den Plan des Aufruhrs, vielleicht auch bald den Aufrührer.
|
||
Thamos
|
||
Wohl sagst du: die Erdichtung. Denn lebte sie wirklich, die Erbin des Reichs, ganz Ägypten würde ihr zurufen: "Gegen den Thamos braucht die Tochter des Menes keine andern Waffen als die Beweise ihrer Geburt." Bekannte ich nicht freimütig bei der Verteidigung meines Vaters vor dem schrecklichen Totengerichte2Wem ist unbekannt, was Diodor von der Anklage und Verteidigung der Verstorbenen bei ihrer Beerdigung erzählet. das dem Menes zugefügte Unrecht? Unverstellte Tränen begleiteten den Wunsch, seiner Nachkommenschaft Ägyptens Szepter zurückstellen zu können. – Noch jetzt denkt Thamos so. Seine Gesinnung wird sich nie ändern, solange ihm die Götter ihr kostbarstes Geschenk, ein edles Herz, lassen. (lebhaft) Doch, meine Freunde! beschuldiget mich darum nicht einer Zaghaftigkeit. Nein! Thamos wird das Recht, das ihm nach Erlöschung des Stammes des Menes Geburt und Einstimmung des Volkes gab, bis auf den letzten Blutstropfen zu behaupten wissen.
|
||
|
||
Pheron
|
||
Und deine Freunde werden dir ebenso beistehen. – Lebte auch Tharsis noch, nie gäben wir zu, dass du den Thron verließest. Besteigen sollte sie ihn, aber als Gemahlin des Thamos.
|
||
Thamos
|
||
Kann es sein, Pheron? Ist dir schon entfallen, was ich dir vertraute? – Nein! Tharsis, wenn sie lebt, wähle dich, wähle einen andern, ist es nur einer aus unsern Fürsten. Thamos wird ebenso wenig ihrer Wahl als ihrem Rechte sich widersetzen.
|
||
Sethos
|
||
Vergeblicher Streit! Nur zu gewiss ist Tharsis tot. Ich werde den Priestern auftragen, das Volk vor dem Betruge zu warnen, es zur Treue gegen dich anzuweisen.
|
||
Phanes
|
||
Und von mir haben schon die Kriegsobersten Befehl erhalten, mit ihren Völkern auf den ersten Wink fertig zu stehen.
|
||
Thamos
|
||
Ich und die Fürsten eilen augenblicklich dorthin, wo sich Gefahr zeigt.
|
||
|
||
Pheron
|
||
Herr! setzest du Misstrauen in uns, so versichere dich unserer Personen. Meiner am ersten, weil ich nach dir der Nächste zum Throne bin. Mit Freuden opfert Pheron der Ruhe seines Königs auch die Freiheit auf.
|
||
Thamos
|
||
Ich – einer eingebildeten Gefahr durch Ungerechtigkeit vorkommen? – Nein, Pheron! Dem Könige, der es nicht wagen darf, in jedes Untertanen Schoß sein Haupt zu legen, verschaffen auch zehnfache Mauern keine Sicherheit. Sieh! Eben dir trage ich heut, an dem Tage, den vielleicht die Aufrührer sich ausersehen haben, die Anstalten zur Erhaltung der Ruhe auf. Phanes wird die Hauptleute des Kriegsvolks an dich weisen.
|
||
Pheron
|
||
(betroffen)
|
||
Herr! ich erstaune! –
|
||
Thamos
|
||
(unterbricht ihn)
|
||
Dies sei deine Strafe, dass du von mir anders denken konntest. (zu dem Sethos und Phanes) Ihr, Freunde! folget mir.
|
||
|
||
Pheron
|
||
Ich bleibe noch in dem Tempel, um die Gottheit für das Wohl des besten Königs anzurufen.
|
||
(Der König geht mit dem Sethos und Phanes in die königliche Burg zurück.)
|
||
Sechster Auftritt
|
||
Pheron allein.
|
||
(sieht sich um, ob noch jemand im Tempel ist; geht hernach zu der Türe, welche in das Haus der Sonnenjungfrauen führt, und klopft dreimal an)
|
||
|
||
Mirza wird auf das Zeichen gewartet haben. (nachdenkend) Doch Thamos ist mein Freund! Er vertraut sich mir an! – War nicht auch sein Vater, Ramesses, der Freund des Menes? Stieß er diesen darum weniger vom Throne?
|
||
|
||
Siebenter Auftritt
|
||
Pheron. Mirza.
|
||
Mirza
|
||
(aus dem Hause der Sonnenjungfrauen)
|
||
So spät, Pheron?
|
||
Pheron
|
||
Ich konnte den Thamos nicht früher verlassen. – Höre, Mirza! Ich hin heut Befehlshaber über die Stadt. Der Bürger, der Soldat gehorcht mir.
|
||
Mirza
|
||
(freudig
|
||
Welch unerwartetes Glück! Thamos liefert sich dir selbst in die Hände!
|
||
|
||
Pheron
|
||
Du weißt, wie leicht er durch verstellte Offenherzigkeit zu gewinnen ist. Wir redeten von den angeschlagenen Zetteln. Phanes und Sethos waren dabei. Ihr Auge ist scharfsichtig. Ob sie schon die Nachricht von Menes' Tochter für eine Erdichtung hielten, so errieten sie doch die Absicht des Erfinders. Natürlich fiel ihr Argwohn auf einen der Fürsten. Vielleicht traf er mich. Thamos hätte ebenso denken können. – Was tat ich? Ich bat ihn, sich unserer Personen, meiner am ersten, zu versichern. – Der Leichtgläubige! Zur Strafe, dass ich so von ihm dächte, trug er mir die Anstalten zur Erhaltung der Ruhe auf.
|
||
Mirza
|
||
Die Götter sind auf unserer Seite! – Stehen aber auch deine Anhänger bereit?
|
||
Pheron
|
||
Sie erwarten meinen Wink. Diesen Abend, in dem Augenblicke, wenn Thamos das Diadem aufsetzt, soll die Tochter des Menes erscheinen.
|
||
Mirza
|
||
Versuche noch den Feldherrn und den Oberpriester zu gewinnen.
|
||
Pheron
|
||
Mit dem Sethos darf ich es wagen. Beide zwar, Sethos und Phanes, sind eifrige Anhänger des Menes; beide, ich weiß es, erklären sich für die Sais, sobald sie in ihr die Tochter ihres geliebten Königs erkennen. Allein Phanes, der Feldherr, ist nicht mein Freund. Er wird zu verhindern suchen, dass Sais mir ihre Hand reiche.
|
||
Mirza
|
||
Sei unbesorgt! Einen aus den Fürsten muss sie wählen. Wen sonst als dich? – Den schon vermählten Amosis? – Den Horus, den Athos? – Beide an Jahren ihre Väter! – Etwa den Thamos, den Feind ihres Hauses? der auch schon, wie er dir gestand, andere Fesseln trägt! – Erhebst du sie nicht auf den Thron? Wagst du nicht alles für sie?
|
||
Pheron
|
||
Und ich, Mirza! habe dir alles zu danken.
|
||
Mirza
|
||
Den Sohn meiner Schwester über Ägypten herrschen zu sehen, war mein Plan von dem Tage an, als Ramesses mir die Geburt der Sais und seine Absicht, sie mit dem Thamos zu vermählen, entdeckte. Diese Verbindung sollte das Reich seinem Stamme versichern. Zum Glücke starb er plötzlich.
|
||
Pheron
|
||
Wenn Thamos die Sais gesehen, wenn er sie geliebt, wenn er ihre Gegenliebe gewonnen hätte!
|
||
Mirza
|
||
Beider Jugend hat es verhindert, solange Ramesses lebte. Als König besuchte Thamos das Haus der geheiligten Jungfrauen anfangs nur selten. Auch alsdann verlangte er nicht allzeit, die edlen Töchter Ägyptens, die bei uns erzogen werden, zu sehen. Ich stellte es dabei so an, dass Sais nicht zum Vorschein kam. Noch jetzt würde sie ihm unbekannt sein, wenn ich nicht sie dir hätte zeigen wollen. Dies konnte nicht geschehen, ohne dass auch Thamos sie sah, weil selbst den Fürsten nur im Gefolge des Königs unsere Wohnungen offenstehen. Er schien die Sais kaum zu bemerken. Und ob er schon jetzt fleißiger kömmt, so redet er doch wenig mit ihr; weit mehr mit ihrer Gespielin Myris. – Fast mutmaße ich, dass ihn diese eingenommen habe. – Ließ Thamos sich gegen dich nicht heraus?
|
||
Pheron
|
||
Ich wagte es, ihn zu befragen. Er versprach, meine Neugierde zu befriedigen. Zuvor müsse er die Gesinnung derjenigen erforschen, von der er als Thamos, nicht als König, geliebt sein wolle.
|
||
Mirza
|
||
Und ich werde ihn ausforschen. Er besucht uns diesen Morgen.
|
||
Pheron
|
||
Wenn wirst du der Sais ihre Geburt entdecken?
|
||
Mirza
|
||
Nicht eher, als kurz vor dem Anfange der feierlichen Handlung. Dann soll sie zugleich von mir hören, was du für sie unternimmst. Dir selbst verschaffe ich Gelegenheit, mit ihr zu sprechen. Der entscheidende Augenblick naht heran: Alles sei jetzt gewagt!
|
||
Pheron
|
||
Ich bekenne dir es, Mirza! Nicht ganz ohne Furcht sehe ich diesem Augenblicke entgegen. Ein Schritt, der entweder zum Throne oder zum Untergang führt! …
|
||
Mirza
|
||
(fällt ihm in die Rede)
|
||
Nun aber geschehen ist! – Schon glimmst du den Felsen hinan, bald hast du die Spitze erreicht. Vor dir schweben Szepter und Diadem; unter deinen Füßen ist Abgrund. Aufwärts wende deinen Blick, nicht mehr hinab; sonst bist du verloren. Mirza ist ein Weib und zittert nicht. Du ein Mann: Herrsche oder stirb!
|
||
(Mirza geht in das Haus der Sonnenjungfrauen zurück und Pheron in die Burg ab.)
|
||
Ende des ersten Aufzugs
|
||
Nr. 2Eintrag von der Hand Leopold Mozarts in der autographen Partitur:
Der erste Aufzug schließt mit dem genommenen Entschluss zwischen Pheron und Mirza, den Pheron auf den Thron zu setzen. |