Vierter Auftritt
|
||
Thamos. Sethos.
|
||
Thamos
|
||
O Sethos! wenn ihre Ahndung einträfe! Wenn der Tag, der der glücklichste meines Lebens sein sollte, ein Tag des Mordens und der Verheerung würde!
|
||
Sethos
|
||
Ich habe bessere Hoffnungen. Sie werden mich nicht trügen. Doch Vorsicht fordern die Götter von uns.
|
||
Thamos
|
||
Treuloser Pheron! deinem Freunde den Dolch in die Brust zu stoßen! selbst der Götter zu spotten! – Hier, Sethos! hier an der heiligen Stätte beschwur der Boshafte Ägyptens Gottheit, ihre Blitze auf sein Haupt zu schleudern, wenn er an mir zum Verräter würde.
|
||
Sethos
|
||
Sie werden ihn treffen. Fehltritte, Verbrechen der Sterblichen, verzeihen die Götter: Aber des Rasenden, der seine Hand gegen den Himmel aufhebt, schonet ihr Grimm nicht.
|
||
Thamos
|
||
Weiß Phanes, der Feldherr, dass Tharsis lebt?
|
||
Sethos
|
||
Hammon hat ihm von allem Nachricht gegeben. Bald wird er hier sein.
|
||
Thamos
|
||
Pheron darf die Gewalt, die ich ihm über die Stadt, über die Besatzung einräumte, keinen Augenblick länger behalten.
|
||
Sethos
|
||
Lass sie ihm, Thamos! Ändere nichts! Er glaube, sicher zu sein, die Tochter des Menes und Ägyptens Diadem schon in Händen zu haben. Nur ein Wink, eine Vermutung, dass er entdeckt ist, so ergreift er die äußersten Mittel. Eher begräbt er sich mit uns allen unter blutenden Leichenhaufen und unter rauchenden Ruinen, als dass er seinen herrschsüchtigen Absichten entsagte.
|
||
Thamos
|
||
Geheime Gegenanstalten – –
|
||
(Thamos sieht den Phanes von hinten hervorkommen.)
|
||
Fünfter Auftritt
|
||
Thamos. Sethos. Phanes.
|
||
Thamos
|
||
Bringst du Nachrichten, Phanes?
|
||
Phanes
|
||
Ja, Herr! die dich in Erstaunen setzen werden. Nicht allein nach dem Throne, auch nach deinem Leben strebt der Verräter.
|
||
Sethos
|
||
Sagte ich es nicht? Was ist der Herrschsucht heilig?
|
||
Phanes
|
||
Arpas, einer der Freunde des Pheron, wie sie die Verräter haben, entdeckte es mir. Pheron traut den Gesinnungen der Sais nicht. Wenn sie, als Tharsis erkannt, nicht auf der Stelle ihm die Hand reicht, so wird sein Anhang diese Wahl mit Ungestüm fordern. Man wird zu den Waffen greifen und in dem Getümmel werden erkaufte Bösewichter dich niedermachen. Läuft aber auch im Tempel alles ruhig ab, so werden doch du und ich die Nacht nicht überleben. In unsern Wohnungen wird man uns überfallen. Dem Sethos ist Gift bestimmt.
|
||
Thamos
|
||
Ungeheuer! und Thamos verkannte dich so sehr? wählte dich zu seinem Freunde?
|
||
Sethos
|
||
Verwundere dich nicht darüber. Des Rechtschaffenen Auge erblickt keine andern als Rechtschaffene. Nur der Götter ist das Vorrecht eigen, nicht betrogen werden zu können.
|
||
Phanes
|
||
Herr! wirst du dem Boshaften nicht zuvorkommen? Ein Wort von dir und es finden sich tausend deiner Getreuen, die ihn aus dem Wege räumen. Verlieren die Aufrührer ihr Haupt, so ist die Ruhe befestigt.
|
||
Thamos
|
||
Aber des Thamos Name in den Tagebüchern Ägyptens geschändet. Ein Fürst des Reichs, ein Sprosse des Königsstamms, ungehört dem Tode überliefert!
|
||
Phanes
|
||
Braucht es einer Untersuchung? Hast du nicht Beweise genug? Man wird sie hernach kundmachen; sie werden die Tat rechtfertigen.
|
||
Thamos
|
||
Phanes! wolltest du auf Beweise verurteilt sein, deren Gültigkeit man nach deinem Tode prüfet? – Entschuldigten auch die Umstände deinen Rat, wird jedermann diese Umstände ebenso genau, so in ihrem ganzen Umfange einsehen als wir? Der Fürsten Handlungen sind die Richtschnur ihrer Völker! Kein Schein der Ungerechtigkeit darf sie beflecken.
|
||
Sethos
|
||
Ich bewundere dich. Glücklicher Staat! dessen Fürst durch solche Grundsätze geleitet wird!
|
||
Thamos
|
||
Sie sind die Frucht deiner Lehren! (zu dem Phanes) Erwäge auch, Phanes! dass Mirza die Beweise der Geburt der Sais in Händen hat. Aus Rache würden sie von ihr vertilget.
|
||
Phanes
|
||
Ja, zu allem ist sie fähig. – Jetzt, da ich weiß, dass Ramesses ihr das Geheimnis wegen der Tochter des Menes anvertrauet hatte – Ohne Zweifel war sein plötzlicher Tod ihr Werk. – Er kömmt aus dem Sonnenhause krank zurück. In wenig Stunden ist er tot! – Du erinnerst dich, Sethos! dass unser Verdacht alsbald auf beigebrachtes Gift fiel; dass die Ärzte, die den Leichnam einbalsamierten, es bestätigten.
|
||
Sethos
|
||
Doch nie hätten wir geglaubt, dass Ramesses da seinen Tod holen sollte, wo die Gottheit für das Heil der Könige angerufen wird. Heimlichen Missvergnügten gab man die Schuld. Denn leider, Thamos! ward dein Vater gehasset.
|
||
Thamos
|
||
Unglücklicher Vater! hätte auch der ganze Erdkreis deinem Szepter gehorchet! – Freunde und die Liebe meines Volkes, ihr Götter! Oder Thamos herrsche nicht.
|
||
Sechster Auftritt
|
||
Die Vorigen. Hammon, eilig aus den Wohnungen der Priester.
|
||
Hammon
|
||
(zu dem Sethos)
|
||
Pheron sucht dich in unsern Wohnungen. Wenn er dich nicht findet, kömmt er hieher.
|
||
Sethos
|
||
Er darf euch nicht antreffen. (zu dem Thamos) Deine Offenherzigkeit, Herr! (zu dem Phanes) und deine Hitze, Phanes! würden ihm alles verraten.
|
||
Thamos
|
||
Folge mir, Phanes! Des Arpas Anzeige diene uns zu Gegenanstalten. Du, Sethos! rufe die Götter für die Tharsis und mit ihr – mit ihr – für mich an.
|
||
(Thamos und Phanes gehen in die königliche Burg ab.)
|
||
Siebenter Auftritt
|
||
Sethos. Hammon.
|
||
Sethos
|
||
Du, Hammon! bringe zu dem Opfer das alte Diadem der Könige Ägyptens mit. Verbirg es in deinem Busen, bis ich es von dir fordere.
|
||
Hammon
|
||
Ich gehorche. Die Zettel von deinem Leben sind auch schon ausgestreuet worden. – Hast du dich der Tharsis und dem Thamos entdeckt?
|
||
Sethos
|
||
Nein! Ich durfte es nicht wagen. Sie hätten ihre Freude nicht verbergen können. Was für Gewalt musste mein Herz sich antun!
|
||
(Pheron kömmt aus den Wohnungen der Priester, wohin Hammon abgeht.)
|
||
Achter Auftritt
|
||
Sethos. Pheron.
|
||
Pheron
|
||
Sethos! soll ich dir noch trauen oder bist du ein Verräter?
|
||
Sethos
|
||
Ich!
|
||
Pheron
|
||
Lies hier diese Zettel!
|
||
(Er überreicht einige dem Sethos.)
|
||
Sethos
|
||
(liest)
|
||
„Nicht allein Tharsis, sondern auch Menes selbst lebt noch. Ägyptier! erwartet seinen Befehl!“
|
||
Pheron
|
||
Man hat sie auf den Plätzen und unter dem Kriegsvolke ausgestreuet, um meinen Absichten zu schaden, um die Wahl der Tharsis aufzuschieben.
|
||
Sethos
|
||
Woher fällt dein Verdacht auf mich?
|
||
Pheron
|
||
Einer der Verwegenen, den man angehalten hat, sagt, die Nachricht komme aus dem Hause der Sonnenpriester.
|
||
Sethos
|
||
Vielleicht, um den wahren Urheber zu verbergen.
|
||
Pheron
|
||
Wer weiß besser als du, dass es eine Erdichtung ist? Kann dich aber nicht die Freundschaft für den Thamos blenden?
|
||
Sethos
|
||
Weder Freundschaft noch Furcht verleiten den Sethos zur Unterstützung eines Betrugs. Lebt aber Menes, so musst du, so muss Thamos, so muss ganz Ägypten ihm gehorchen.
|
||
Pheron
|
||
Ich will dir glauben. Ich muss es jetzt tun. Doch warne ich dich, Sethos! Und du! warne deine Priester. Pheron hat seinen Fuß zu den Staffeln des Thrones erhoben. Die Tochter des Menes soll ihn darauf führen. Wer ihn zurückhält, wer ihm in den Weg tritt, es sei Thamos, es sei du, es sei Menes selbst, wenn er wieder erwachte, dessen schont er nicht: und fällt Pheron, so sollen mit ihm Tausende fallen.
|
||
(geht wütend gegen die königliche Burg ab)
|
||
Neunter Auftritt
|
||
Sethos allein.
|
||
Welche Wut! – In eurem Tempel, vor euren Augen, ihr Götter! – Doch ohnmächtig gegen euren Schutz!
|
||
(geht in die Wohnungen der Priester zurück)
|
||
Ende des vierten Aufzugs
|
||
Nr. 5Eintrag Leopold Mozarts in der autographen Partitur:
Der vierte Akt schließst mit der allgemeinen Verwirrung. |