Kritische Edition des Librettos Prag 1773 | Diplomatische Übertragung des Librettos Prag 1773 | |||
---|---|---|---|---|
Zweiter Aufzug
|
FZweyter Aufzug.
|
|||
Der Schauplatz stellt eine Galerie des Hauses der Sonnenjungfrauen vor.
|
(Der Schauplatz stellt eine Gallerie des Hauses der
Sonnenjungfrauen vor.) |
|||
Erster Auftritt
|
Erster Auftritt.
|
|||
Sais, Myris wie Sonnenjungfrauen gekleidet; nur dass in dem Schleier das Bildnis der Sonne nicht eingestickt ist.
|
Sais. Myris, wie Sonnenjungfrauen geklei=
det; nur daß in dem Schleyer das Bild= niß der Sonne nicht eingestickt ist. |
|||
Myris
|
Myris.
|
|||
Welche Veränderung! – Die muntere Sais, deren jugendliches Herz nur Lachen und Fröhlichkeit kannte, deren stets heiterer Blick auch um sie herum alles Gewölke zerstreute, ist seit drei Monden tiefsinnig, zurückhaltend gegen ihre beste Freundin, sucht die Einsamkeit!
|
Welche Veränderung! – Die
muntere Sais, deren jugendliches Herz nur La= chen und Fröhlichkeit kannte, deren stets heite= rer Blick auch um sie herum alles Gewölke zer= streute, ist seit drey Monden tiefsinnig, zurück= haltend gegen ihre beßte Freundin, sucht die Einsamkeit! |
|||
Sais
|
Sais.
|
|||
Du tust mir Unrecht, Myris! Deine Sais ist noch die, die sie stets war. Was könnte mich traurig machen? Welches Geheimnis sollte ich dir verhehlen? – Und warum das alles seit drei Monden?
|
Du thust mir Unrecht, Myris! dei=
ne Sais ist noch die, die sie stets war. Was könnte mich traurig machen? Welches Geheim= niß sollte ich dir verheelen? – Und warum das alles seit drey Monden? |
|||
Myris
|
Myris.
|
|||
Fragen, die du allein beantworten kannst. Die Sache selbst – willst du sie leugnen? (lächelnd) Darf ich erraten? – Thamos …
|
Fragen, die Du allein beantworten
kannst. Die Sache selbst, – willst Du sie läugnen? (lächelnd) Darf ich errathen? – Thamos. … |
|||
|
|
|||
|
|
|||
Sais
|
FSais.
|
|||
(betroffen)
|
(betroffen)
|
|||
Thamos? – Glaubst du etwa? …
|
Thamos? – Glaubst du
etwa? … |
|||
Myris
|
Myris.
|
|||
Ich glaube nichts. Doch dreimal wechselte der Mond, seitdem des Königs Besuche bei uns häufiger geworden sind: und eben so lange ist es, dass Sais ihre Munterkeit verloren hat.
|
Ich glaube nichts. Doch dreymal
wechselte der Mond, seitdem des Königs Be= suche bey uns häufiger geworden sind: und eben so lange ist es, daß Sais ihre Munterkeit ver= lohren hat. |
|||
Sais
|
Sais.
|
|||
Genug, Myris! – Nicht deine Freundin, du – hast Geheimnisse. Sais will sie nicht erforschen; aber man spotte auch ihrer nicht! – Welcher Gegenstand zieht den Thamos hieher? Auf wen ist seine Aufmerksamkeit gerichtet? Mit wem sind die Gespräche?
|
Genug, Myris! – Nicht deine
Freundin, Du – hast Geheimnisse. Sais will sie nicht erforschen; aber man spotte auch ihrer nicht! – Welcher Gegenstand zieht den Tha= mos hieher? Auf wen ist seine Aufmerksamkeit gerichtet? Mit wem sind die Gespräche? |
|||
Myris
|
Myris.
|
|||
Und du leugnest noch, dass du liebest?
|
Und Du läugnest noch, daß Du liebest?
|
|||
Sais
|
Sais.
|
|||
(schnell)
|
(schnell)
|
|||
Ihn, der dich anbetet?
|
Ihn, der dich anbetet?
|
|||
Myris
|
Myris.
|
|||
Zur Strafe sollte ich dich im Irrtume lassen. Doch nein, dein Zustand rührt mich. Wisse also: Thamos empfindet für dich, was du für ihn. – Du errötest. Keine Verstellung weiter, liebste Sais! Dein Herz schließe sich nur auf. Vom ersten Tage an bemerkte ich den Eindruck, den die Eigenschaften des jungen Helden bei dir machten. Ich sah den Fortgang deiner Neigung, ich sah deine Unruhe, als Thamos meinen Umgang zu suchen anfing. Leicht hätte ich sie stillen können, ich erwartete aber von dir den ersten Schritt.
|
Zur Strafe sollte ich dich im Irrthume
lassen. Doch nein, dein Zustand rührt mich. Wisse also, Thamos empfindet für dich, was Du für ihn. – Du erröthest. Keine Verstel= lung weiter, liebste Sais! Dein Herz schliesse sich nur auf. Vom ersten Tage an bemerkte ich den Eindruck, den die Eigenschaften des jun= gen Helden bey dir machten. Ich sah den Fortgang deiner Neigung, ich sah deine Unru= he, als Thamos meinen Umgang zu suchen an= fieng. Leicht hätte ich sie stillen können, ich er= wartete aber von dir den ersten Schritt. |
|||
Sais
|
FSais.
|
|||
Was für ein Geständnis verlangst du? – Einer Schwachheit, die deine Freundin gern sich selbst verbärge.
|
Was für ein Geständniß verlangst
Du? – Einer Schwachheit, die deine Freun= din gern sich selbst verbärge. |
|||
Myris
|
Miris.
|
|||
(umarmt die Sais)
|
(umarmt die Sais)
|
|||
Schütte dein Herz in meinen Schoß aus. Es hat Erleichterung nötig.
|
Schütte dein Herz
in meinen Schoos aus. Es hat Erleichterung nöthig. |
|||
Sais
|
Sais.
|
|||
Hätte ich je geglaubt, dass Thamos, dass der Sohn desjenigen, gegen den mein Vater zur Verteidigung des Menes sein Leben aufopferte, mir andere Regungen als des Hasses und der Verabscheuung einflößen könnte? – O Mirza! Mirza! wie geschwind löschte seine Gegenwart deine schwarzen Abschilderungen aus!
|
Hätte ich je geglaubt, daß Thamos,
daß der Sohn desjenigen, gegen den mein Va= ter zur Vertheidigung des Menes sein Leben aufopferte, mir andere Regungen als des Has= ses und der Verabscheuung einflößen könnte? – O Mirza! Mirza! Wie geschwind löschte seine Gegenwart deine schwarzen Abschilderun= gen aus! |
|||
Myris
|
Myris.
|
|||
Dir allein entdeckt Mirza ihre Abneigung gegen das Haus des Ramesses! Was für Absichten mag sie haben?
|
Dir allein entdeckt Mirza ihre Ab=
neigung gegen das Haus des Ramesses! was für Absichten mag sie haben? |
|||
Sais
|
Sais.
|
|||
War es, um mir ihre Gesinnungen mitzuteilen: O wie sehr schlug die Hoffnung fehl! – Thamos erscheint. Ich finde in ihm nicht den Erben des Stolzes, der Herrschsucht, der Grausamkeit seines Vaters, das Gemälde der Mirza: nein! Güte, Leutseligkeit, sanftes Wesen mit Hoheit vereint; einen König, wie Ägypten ihn in dem Andenken des Menes verehret. – Ach, Freundin! Und dieser König, dessen jugendliche Stirne schon Lorbeer umkränzt, wirft auf die Sais seine Blicke! Sie glaubt darin mehr als Huld – Zärtlichkeit zu lesen. Noch andere Merkmale, unbedeutend für Gleichgültige und alles sagend, wenn das Herz der Ausleger ist, bestärken sie in ihrer Meinung. – Zu leicht, zu viel schmeichelte sie sich!
|
War es, um mir ihre Gesinnungen
mitzutheilen: O wie sehr schlug die Hoffnung fehl! – Thamos erscheint. Ich finde in ihm, nicht den Erben des Stolzes, der Herrschsucht, der Grausamkeit seines Vaters, das Gemälde der Mirza: nein! Güte, Leutseligkeit, sanftes Wesen mit Hoheit vereint; einen König, wie Egypten ihn in dem Andenken des Menes verehret. – Ach, Freundin! Und dieser König, dessen jugend= liche Stirne schon Lorbeer umkränzt, wirft auf die FSais seine Blicke! Sie glaubt darinn mehr als Huld, – Zärtlichkeit zu lesen. Noch andere Merkmale, unbedeutend für Gleichgültige, und alles sagend, wenn das Herz der Ausleger ist, bestärken sie in ihrer Meynung. – Zu leicht, zu viel schmeichelte sie sich! |
|||
Myris
|
Myris.
|
|||
Dein Herz betrog dich nicht. Thamos war von dir gerührt, er ist es noch.
|
Dein Herz betrog dich nicht. Tha=
mos war von dir gerührt, er ist es noch. |
|||
|
|
|||
Sais
|
Sais.
|
|||
Du mir diese Versicherung?
|
Du mir diese Versicherung?
|
|||
Myris
|
Myris.
|
|||
Ungerechte Freundin! Wüsstest du den Inhalt der Gespräche, die dich in Unruhe setzen! Du – bist der Gegenstand. Thamos kennt unsere Freundschaft. Diese allein zieht mir seine Aufmerksamkeit zu.
|
Ungerechte Freundin! Wüßtest Du
den Inhalt der Gespräche, die dich in Unruhe se= tzen! Du – bist der Gegenstand. Thamos kennt unsere Freundschaft. Diese allein zieht mir seine Aufmerksamkeit zu. |
|||
Sais
|
Sais.
|
|||
Eine Frage, Myris! Die Antwort entscheidet unsern Streit. – Hat dir Thamos seine Neigung zu mir entdeckt?
|
Eine Frage, Myris! Die Antwort
entscheidet unsern Streit. – Hat dir Thamos seine Neigung zu mir entdeckt? |
|||
Myris
|
Miris.
|
|||
Nein! ob ich ihm schon Gelegenheit gab.
|
Nein! ob ich ihm schon Gelegenheit
gab. |
|||
Sais
|
Sais.
|
|||
(schnell)
|
(schnell)
|
|||
So empfand er nie eine oder sie ist schon erloschen. Ach Myris! meine Furcht betrog mich nicht. –
|
So empfand er nie eine, oder
sie ist schon erloschen. Ach Myris! mei= ne Furcht betrog mich nicht. – |
|||
Myris
|
Myris.
|
|||
(unterbricht sie)
|
(unterbricht sie)
|
|||
Mirza nähert sich uns.
|
Mirza nähert sich
uns. |
|||
Zweiter Auftritt
|
FZweyter Auftritt.
|
|||
Die Vorigen. Mirza.
|
Die Vorigen. Mirza.
|
|||
Mirza
|
Mirza.
|
|||
Ihr werdet diesen Abend bei der feierlichen Handlung mit den Jungfrauen der Sonne im Tempel erscheinen. (zu der Sais) Melde es deinen Gespielinnen. (zu der Myris) Du, Myris! verweile hier.
|
Ihr werdet diesen Abend bey der
feyerlichen Handlung mit den Jungfrauen der Sonne im Tempel erscheinen. (zu der Sais) Mel= de es deinen Gespielinnen. (zu der Myris) Du, Myris! verweile hier. |
|||
|
|
|||
|
|
|||
(Sais geht ab.)
|
(Sais geht ab.)
|
|||
Dritter Auftritt
|
Dritter Auftritt.
|
|||
Mirza. Myris.
|
Mirza. Myris.
|
|||
Mirza
|
Mirza.
|
|||
Schon lange nehme ich wahr, dass zwischen dir und Sais enge Freundschaft herrscht.
|
Schon lange nehme ich wahr, daß zwi=
schen dir und Sais enge Freundschaft herrscht. |
|||
Myris
|
Myris.
|
|||
Umgang von Kindheit auf, gleiches Alter und gleiche Neigungen haben das Band geknüpft.
|
Umgang von Kindheit auf, gleiches
Alter, und gleiche Neigungen haben das Band geknüpft. |
|||
Mirza
|
Mirza.
|
|||
Was ich dir jetzt sagen werde, darf Sais noch nicht wissen. Schwöre, ihr davon nichts zu entdecken.
|
Was ich dir jetzt sagen werde, darf
Sais noch nicht wissen. Schwöre, ihr davon nichts zu entdecken. |
|||
Myris
|
Myris.
|
|||
Wenn das Geheimnis meiner Freundin zu keinem Schaden gereicht.
|
Wenn das Geheimniß meiner Freun=
din zu keinem Schaden gereicht. |
|||
Mirza
|
Mirza.
|
|||
Zu keinem.
|
Zu keinem.
|
|||
Myris
|
Myris.
|
|||
So schwöre ich.
|
So schwöre ich.
|
|||
Mirza
|
FMirza.
|
|||
Kennst du die Gesinnungen der Sais gegen den Thamos?
|
Kennst du die Gesinnungen der Sais
gegen den Thamos? |
|||
Myris
|
Myris.
|
|||
(betroffen)
|
(betroffen)
|
|||
Gegen den König? – Was für andere Gesinnungen kann sie haben, als die uns allen gemein sind, der Ehrfurcht und des Gehorsams?
|
Gegen den König? –
Was für andere Gesinnungen kann sie haben, als die uns allen gemein sind, der Ehrfurcht und des Gehorsams? |
|||
Mirza
|
Mirza.
|
|||
Weiche nicht meiner Frage aus. Thamos ist zugleich König und ein liebenswürdiger Jüngling. Hat er auf ihr Herz Eindruck gemacht?
|
Weiche nicht meiner Frage aus.
Thamos ist zugleich König und ein liebenswür= diger Jüngling. Hat er auf ihr Herz Eindruck gemacht? |
|||
Myris
|
Myris.
|
|||
Du weißt, Mirza! dass dergleichen Empfindungen selbst Freundinnen einander nicht anvertrauen.
|
Du weißt, Mirza! daß dergleichen
Empfindungen selbst Freundinnen einander nicht anvertrauen. |
|||
Mirza
|
Mirza.
|
|||
Ja! ich weiß aber nicht weniger, dass der Gespielinnen Augen scharfsichtig sind. – Ohne Zurückhaltung, Myris! Du hast für deine Freundin nichts zu fürchten.
|
Ja! ich weiß aber nicht weniger, daß
der Gespielinnen Augen scharfsichtig sind. – Ohne Zurückhaltung, Myris! Du hast für dei= ne Freundin nichts zu fürchten. |
|||
Myris
|
Myris.
|
|||
Wenn nun Thamos der Sais nicht gleichgültig wäre?
|
Wenn nun Thamos der Sais nicht
gleichgültig wäre? |
|||
Mirza
|
Mirza.
|
|||
(erschrickt, sucht es aber zu verbergen)
|
(erschrickt, sucht es aber zu verbergen)
|
|||
Hast du Grund, es zu vermuten?
|
Hast du Grund, es zu vermuthen?
|
|||
Myris
|
Myris.
|
|||
Noch mehr, auch Thamos liebt sie.
|
Noch mehr, auch Thamos liebt sie.
|
|||
Mirza
|
Mirza.
|
|||
Eine wechselweise Zuneigung? – Myris! entweder bist du selbst im Irrtume oder du willst mich hintergehen. – Thamos liebte die Sais? Er, den du gefesselt hast? – Ägyptens Könige wählten mehr als einmal, wenn keine Töchter der Fürsten vorhanden waren, ihre Gemahlinnen aus den edlen Ägyptierinnen. Dies Los kann auch dir zuteilwerden.
|
Eine wechselweise Zuneigung? –
Myris! entweder bist Du selbst im Irrthume, oder Du willst mich hintergehen. – Thamos liebte die Sais? Er, den Du gefesselt hast? – FEgyptens Könige wählten mehr als einmal, wenn keine Töchter der Fürsten vorhanden wa= ren, ihre Gemahlinnen aus den edlen Egyptie= rinnen. Dies Looß kann auch dir zu Theil wer= den. |
|||
Myris
|
Myris.
|
|||
(voller Verwunderung)
|
(voller Verwunderung)
|
|||
Wie! hätte Sais recht gehabt? –
|
Wie! hätte
Sais recht gehabt? – |
|||
Mirza
|
Mirza.
|
|||
Selbst der Sais Augen ist des Thamos Neigung zu dir nicht entgangen? Und du zweifelst noch?
|
Selbst der Sais Augen ist des Tha=
mos Neigung zu dir nicht entgangen? Und Du zweifelst noch? |
|||
Myris
|
Myris.
|
|||
Weil Thamos diese Gesinnungen gegen mich nie zu erkennen gab. Gleichgültige Dinge oder Fragen, welche die Sais betrafen, waren der Inhalt unserer Gespräche.
|
Weil Thamos diese Gesinnungen ge=
gen mich nie zu erkennen gab. Gleichgültige Dinge, oder Fragen, welche die Sais betrafen, waren der Inhalt unserer Gespräche. |
|||
Mirza
|
Mirza.
|
|||
Entdeckte er dir seine Liebe zu der Sais?
|
Entdeckte er dir seine Liebe zu der Sais?
|
|||
Myris
|
Myris.
|
|||
Ebenso wenig. Ich versuchte zwar bisweilen, ihm das Geständnis zu entlocken, aber vergebens.
|
Eben so wenig. Ich versuchte zwar
bisweilen ihm das Geständniß zu entlocken, aber vergebens. |
|||
Mirza
|
Mirza.
|
|||
Ein Beweis, dass Sais ihn nicht gerührt hat! Leidenschaft, die das Herz erfüllt, blickt durch alle Verstellung hervor. – Glaube mir, glaube deinen Gespielinnen! Wir alle sehen, was du allein nicht siehst. Dich liebt der König, deinen Umgang sucht er, wenn er mit dir von deiner Freundin spricht.
|
Ein Beweis, daß Sais ihn nicht ge=
rührt hat! Leidenschaft, die das Herz erfüllt, blickt durch alle Verstellung hervor. – Glaube mir, glaube deinen Gespielinnen! wir alle sehen, was Du allein nicht siehst. Dich liebt der Kö= nig, deinen Umgang sucht er, wenn er mit dir von deiner Freundin spricht. |
|||
Myris
|
Myris.
|
|||
Was kann ihn zurückhalten, mir seine Liebe zu erklären?
|
Was kann ihn zurück halten, mir
seine Liebe zu erklären? |
|||
Mirza
|
FMirza.
|
|||
Vielleicht geheime Ursachen. Ich will mich bemühen, sie zu erforschen. Myris soll, Myris wird unsere Königin werden.
|
Vielleicht geheime Ursachen. Ich
will mich bemühen, sie zu erforschen. Myris soll, Myris wird unsere Königin werden. |
|||
Myris
|
Myris.
|
|||
Hüte dich, wenn er die Sais liebt, ihr sein Herz zu rauben. Mein Glück sei nicht auf die Qual meiner Freundin gebaut!
|
Hüte dich, wenn er die Sais liebt,
ihr sein Herz zu rauben. Mein Glück sey nicht auf die Quaal meiner Freundin gebaut! |
|||
Mirza
|
Mirza.
|
|||
Ist Sais wirklich für den Thamos eingenommen?
|
Ist Sais wirklich für den Thamos
eingenommen? |
|||
Myris
|
Myris.
|
|||
Du entreißest mir das Geheimnis meiner Freundin. – Ja, Mirza! Sais liebt den Thamos. Sie schmeichelte sich, auch von ihm geliebt zu sein. Ich selbst glaubte es noch, als ich schon die Ursache ihres Kummers war. Sie verbarg mir ihn. Erst heut in dem Augenblicke, als du kamest, ergoss sich ihr gepresstes Herz in meinen Busen.
|
Du entreissest mir das Geheimniß
meiner Freundin. – Ja, Mirza! Sais liebt den Thamos. Sie schmeichelte sich, auch von ihm geliebt zu seyn. Ich selbst glaubte es noch, als ich schon die Ursache ihres Kummers war. Sie verbarg mir ihn. Erst heut in dem Augen= blicke, als Du kamest, ergoß sich ihr gepreßtes Herz in meinen Busen. |
|||
Mirza
|
Mirza.
|
|||
Höre, Myris! Sais kann nie des Thamos Gattin werden. Die Hindernisse wirst du erfahren. Eben dies war das Geheimnis, das ich dir anvertrauen wollte. Schon lange besorgte ich, Sais möchte sich durch eitle Hoffnungen blenden lassen: Darum suchte ich ihr gegen das Haus des Ramesses Abneigung einzuflößen. – Ist dir deine Freundin wert, so hilf die in ihrer Brust auflodernde Flamme ersticken.
|
Höre Myris! Sais kann nie des
Thamos Gattin werden. Die Hindernisse wirst du erfahren. Eben dies war das Geheimniß, das ich dir anvertrauen wollte. Schon lange besorgte ich, Sais möchte sich durch eitle Hoff= nungen blenden lassen: darum suchte ich ihr ge= gen das Haus des Ramesses Abneigung einzu= flößen. – Ist dir deine Freundin werth, so hilf die in ihrer Brust auflodernde Flamme er= sticken. |
|||
Myris
|
FMyris.
|
|||
Was wird Sais von mir denken? – Kaum habe ich sie der Gegenliebe des Thamos versichert, ihre Zweifel zu zerstreuen gesucht: nun soll ich mir widersprechen. Wird nicht eine so schnelle Änderung bei ihr Verdacht erwecken? Verlangt sie, die Ursache zu wissen, was soll ich ihr antworten?
|
Was wird Sais von mir denken?
– Kaum habe ich sie der Gegenliebe des Tha= mos versichert, ihre Zweifel zu zerstreuen gesucht: nun soll ich mir widersprechen. Wird nicht ei= ne so schnelle Aenderung bey ihr Verdacht er= wecken? Verlangt sie die Ursache zu wissen, was soll ich ihr antworten? |
|||
Mirza
|
Mirza.
|
|||
Sag ihr, du hättest von mir gehört, der König liebe eine andere. Du redest die Wahrheit. Des Thamos Wahl ist getroffen. Auf dich ist sie gefallen. Mirza ist Bürge dafür. – Willst du nun noch deine Freundin im Argwohne lassen? Willst du nicht lieber sie zu einer Nachricht vorbereiten, die sie erfahren muss? Und wenn sie dann vernimmt, dass Myris Ägyptens Königin wird, hast du nicht Vorwürfe von ihr zu erwarten?
|
Sag ihr: Du hättest von mir gehört,
der König liebe eine andere. Du redest die Wahrheit. Des Thamos Wahl ist getroffen. Auf dich ist sie gefallen. Mirza ist Bürge da= für. – Willst Du nun noch deine Freundin im Argwohne lassen? willst Du nicht lieber sie zu ei= ner Nachricht vorbereiten, die sie erfahren muß? Und wenn sie dann vernimmt, daß Myris Egyptens Königin wird, hast Du nicht Vorwür= fe von ihr zu erwarten? |
|||
Myris
|
Myris.
|
|||
Du stürzest mich in eine Verlegenheit. –
|
Du stürzest mich in eine Verlegen=
heit. – |
|||
Mirza
|
Mirza.
|
|||
Sais kömmt zurück. Erinnere dich deines Eides.
|
Sais kömmt zurück. Erinnere dich
deines Eydes. |
|||
(Mirza geht ab.)
|
(Mirza geht ab.)
|
|||
Vierter Auftritt
|
FVierter Auftritt.
|
|||
Myris. Sais.
|
Myris. Sais.
|
|||
Sais
|
Sais.
|
|||
(munter)
|
(munter)
|
|||
Auf des Königs Befehl erscheinen wir im Tempel. – Myris! höre meine Mutmaßung. Thamos, indem er heut Ägyptens Diadem umwindet, stellet vielleicht zugleich dem Volke seine Königin dar.
|
Auf des Königs Befehl er=
scheinen wir im Tempel. – Myris! höre mei= ne Muthmaßung. Thamos, indem er heut Egyptens Diadem umwindet, stellet vielleicht zugleich dem Volke seine Königin dar. |
|||
Myris
|
Myris.
|
|||
sich zwingend
|
sich zwingend
|
|||
Woraus diesen Schluss?
|
Woraus diesen Schluß?
|
|||
Sais
|
Sais.
|
|||
Weil sonst nur die Sonnenjungfrauen dem Opfer beiwohnen. – Freundin! für dir hat Sais kein Geheimnis mehr. – Wie schlägt ihr das Herz! Wird Thamos sie, wird er eine andere wählen? – Wenig Stunden entscheiden ihr Schicksal.
|
Weil sonst nur die Sonnenjungfrauen
dem Opfer beywohnen. – Freundin! für dir hat Sais kein Geheimniß mehr. – Wie schlägt ihr das Herz! Wird Thamos sie, wird er eine andere wählen? – Wenig Stunden entscheiden ihr Schicksal. |
|||
Myris
|
Miris.
|
|||
Ja! noch dieser Abend.
|
Ja! noch dieser Abend.
|
|||
Sais
|
Sais.
|
|||
Du warst es, die meine schon erloschene Hoffnung wieder anfachte. Je mehr ich nachdenke, je mehr belebt sie sich. Dem Thamos sind meine Empfindungen nicht verborgen geblieben. Er gab es zu erkennen. (über der Myris Stillschweigen betroffen, nach einer kurzen Pause Aber Myris! du schweigst! Du wendest deine Augen weg! Was soll ich urteilen? – Ihr Götter! wenn meine Freundin mich hinterginge!
|
Du warst es, die meine schon erloschene
Hoffnung wieder anfachte. Je mehr ich nach= denke, je mehr belebt sie sich. Dem Thamos sind meine Empfindungen nicht verborgen geblieben. Er gab es zu erkennen: (über der Myris Stillschwei= gen betroffen, nach einer kurzen Pause Aber My= ris! Du schweigst! Du wendest deine Augen weg! Was soll ich urtheilen? – Ihr Götter! wenn meine Freundin mich hintergienge! |
|||
|
|
|||
|
|
|||
Myris
|
Myris.
|
|||
Nein, Sais! Das sei ferne von mir. Gäben meine Wünsche Ägypten seine Königin, du würdest es in diesem Augenblicke. – Allein wo ist die Sicherheit, dass sie erfüllet werden? Schlagen nicht oft scheinbare Hoffnungen fehl?
|
Nein, Sais! Das sey ferne von mir.
Gäben meine Wünsche Egypten seine Königin, FDu würdest es in diesem Augenblicke. – Allein, wo ist die Sicherheit, daß sie erfüllet werden? Schlagen nicht oft scheinbare Hoffnungen fehl? |
|||
Sais
|
Sais.
|
|||
(immer mehr betroffen)
|
(immer mehr betroffen)
|
|||
Myris! Myris, die noch vor Kurzem ihrer Freundin Trost zusprach, jetzt selbst voller Zweifel! (mit Empfindung) Was hältst du lang zurück? Sag es frei heraus. Keine Hoffnung ist für die Sais übrig. – Aber, Grausame! was bewog dich, meiner zu spotten?
|
Myris! My=
ris, die noch vor kurzem ihrer Freundin Trost zusprach, jetzt selbst voller Zweifel! (mit Empfin= dung) Was hältst Du lang zurück? Sag es frey heraus. Keine Hoffnung ist für die Sais übrig. – Aber Grausame! was bewog dich meiner zu spotten? |
|||
|
|
|||
|
|
|||
Myris
|
Myris.
|
|||
Ungerechte Freundin! Findest du mich geändert, so höre zuvor die Ursache und dann verurteile mich. Sais! – Ich durchbohre dir das Herz, allein ich darf nicht schweigen. – Mirza behauptet, Thamos habe schon eine andere gewählet. – Sieh die Größe meiner Aufrichtigkeit! Ich – soll es sein.
|
Ungerechte Freundin! Findest Du
mich geändert, so höre zuvor die Ursache, und dann verurtheile mich. Sais! – Ich durch= bohre dir das Herz, allein ich darf nicht schwei= gen. – Mirza behauptet, Thamos habe schon eine andere gewählet. – Sieh die Größe mei= ner Aufrichtigkeit! Ich – soll es seyn. |
|||
Sais
|
Sais.
|
|||
(die ganze Rede mit Empfindung)
|
(die ganze Rede mit Empfindung)
|
|||
Du, Myris? – Meine Freundin Ägyptens Königin? Ja! sie, sie verdient es. Ihr opfert Sais ihre Wünsche auf. – Wünsche, (seufzend) nicht nach dem Throne! – Sich weihet sie dem Dienste der Sonne. Ein Vorsatz, den sie längst hatte und den erst – Nichts mehr! – Nur eine Bitte noch, Myris! Begrabe das Geheimnis deiner unglücklichen Freundin in deine Brust und – hasse mich nicht.
|
Du,
Myris? – Meine Freundin Egyptens Köni= gin? Ja! sie, sie verdient es. Ihr opfert Sais ihre Wünsche auf. – Wünsche, (seufzend) nicht nach dem Throne! – Sich weihet sie dem Dienste der Sonne. Ein Vorsatz, den sie längst hatte, und den erst – Nichts mehr! – Nur eine Bitte noch, Myris! Begrabe das Ge= heimniß deiner unglücklichen Freundin in deine Brust, und – hasse mich nicht. |
|||
Myris
|
FMyris.
|
|||
(umarmt sie)
|
(umarmt sie)
|
|||
Ich dich hassen? – Keinen übereilten Schritt, Sais! Gelübde vor den Altären sind schnell ausgesprochen, aber nichts löst sie wieder auf. Vielleicht betrügt sich Mirza, vielleicht ist es eine Erdichtung von ihr.
|
Ich dich hassen? –
Keinen übereilten Schritt, Sais! Gelübde vor den Altären sind schnell ausgesprochen, aber nichts lößt sie wieder auf. Vielleicht betrügt sich Mirza, vielleicht ist es eine Erdichtung von ihr. |
|||
(Man sieht in der Entfernung den Thamos kommen.)
|
(Man sieht in der Entfernung den Thamos
kommen.) |
|||
Sais
|
Sais.
|
|||
Ich sehe den Thamos. Lass mich fliehen.
|
Ich sehe den Thamos. Laß mich
fliehen. |
|||
(geht auf der andern Seite ab)
|
(geht auf der andern Seite ab.)
|
|||
Fünfter Auftritt
|
Fünfter Auftritt.
|
|||
Thamos. Myris.
|
Thamos. Myris.
|
|||
Thamos
|
Thamos.
|
|||
(zu der Myris, die ebenfalls abgehen will)
|
(zu der Myris, die ebenfalls abgehen
will) |
|||
Wohin eilt Sais?
|
Wohin eilt Sais?
|
|||
Myris
|
Myris.
|
|||
Zurück in ihre Wohnung. Wir alle haben uns auf große Feierlichkeit zuzubereiten.
|
Zurück in ihre Wohnung. Wir
alle haben uns auf große Feyerlichkeit zuzube= reiten. |
|||
Thamos
|
Thamos.
|
|||
Hat euch nicht der Befehl befremdet?
|
Hat euch nicht der Befehl befrem=
det? |
|||
Myris
|
Myris.
|
|||
Mit Freuden bringen auch wir der Gottheit für dein Wohl unsere Gelübde.
|
Mit Freuden bringen auch wir der
Gottheit für dein Wohl unsere Gelübde. |
|||
Thamos
|
Thamos.
|
|||
Erratet ihr die Absicht?
|
Errathet ihr die Absicht?
|
|||
Myris
|
Myris.
|
|||
Uns geziemt nicht, in die Geheimnisse unsers Königs einzudringen.
|
Uns geziemt nicht, in die Geheimnis=
se unsers Königs einzudringen. |
|||
Thamos
|
FThamos.
|
|||
Er ist jung und unvermählt. Die Gesetze gebieten ihm, Ägypten eine Königin zu geben. Wenn seine Wahl auf eine aus euch gefallen wäre!
|
Er ist jung und unvermählt.
Die Gesetze gebiethen ihm, Egypten eine Köni= gin zu geben. Wenn seine Wahl auf eine aus euch gefallen wäre! |
|||
|
|
|||
Myris
|
Myris.
|
|||
Glücklich diejenige, die ein so herrliches Los trifft!
|
Glücklich diejenige, die ein so herrli=
ches Loos trift! |
|||
Thamos
|
Thamos.
|
|||
Habt ihr nichts gemutmaßet?
|
Habt ihr nichts gemuthmaßet?
|
|||
Myris
|
Myris.
|
|||
Ich bekenne dir, Herr! dass, als du kamst, Sais und ich eben davon sprachen.
|
Ich bekenne dir Herr! daß, als Du
kamst, Sais und ich eben davon sprachen. |
|||
Thamos
|
Thamos.
|
|||
Entdecktet ihr vielleicht einander eure Gedanken, auf wen meine Wahl sich lenken würde?
|
Entdecktet ihr vielleicht einander
eure Gedanken, auf wen meine Wahl sich len= ken würde? |
|||
Myris
|
Myris.
|
|||
Wie können wir erraten, was du in deinem Herzen verbirgst?
|
Wie können wir errathen, was Du
in deinem Herzen verbirgst? |
|||
Thamos
|
Thamos.
|
|||
Thamos wird keine andere wählen, als die ihn liebt.
|
Thamos wird keine andere wäh=
len, als die ihn liebt. |
|||
Myris
|
Myris.
|
|||
(schnell)
|
(schnell)
|
|||
So hat er schon gewählt.
|
So hat er schon gewählt.
|
|||
Thamos
|
Thamos.
|
|||
(lebhaft)
|
(lebhaft)
|
|||
Von wem redest du?
|
Von wem redest Du?
|
|||
Myris
|
Myris.
|
|||
Herr! ich sagte zu viel. (die Mirza kommen sehend) Erlaube, dass ich der Sais folge.
|
Herr! ich sagte zu viel. (die Mirza
kommen sehend) Erlaube, daß ich der Sais folge. |
|||
Sechster Auftritt
|
Sechster Auftritt.
|
|||
Thamos. Mirza.
|
Thamos. Mirza.
|
|||
Mirza
|
Mirza.
|
|||
Diesen Augenblick höre ich, dass du hier seiest. – Aber wie! Thamos ohne den Pheron?
|
Diesen Augenblick höre ich, daß Du
hier seyest. – Aber wie! Thamos ohne den Pheron? |
|||
Thamos
|
FThamos.
|
|||
Weil ich dir etwas zu eröffnen habe, wovon dein Neffe noch nichts weiß.
|
Weil ich Dir etwas zu eröfnen
habe, wovon Dein Neffe noch nichts weiß. |
|||
Mirza
|
Mirza.
|
|||
Mirza erwartet ihres Königs Befehle.
|
Mirza erwartet ihres Königs Befehle.
|
|||
Thamos
|
Thamos.
|
|||
Du hast wahrgenommen, dass unter den edlen Jungfrauen, die deiner Aufsicht anvertrauet sind, Myris und Sais von mir ihren Gespielinnen vorgezogen werden.
|
Du hast wahrgenommen, daß un=
ter den edlen Jungfrauen, die deiner Aufsicht anvertrauet sind, Myris und Sais von mir ih= ren Gespielinnen vorgezogen werden. |
|||
Mirza
|
Mirza.
|
|||
Ja, Herr! und wenn Mirza Mutmaßungen wagen darf, so wird eine aus beiden Ägyptens Königin.
|
Ja, Herr! und wenn Mirza Muth=
massungen wagen darf, so wird eine aus beyden Egyptens Königin. |
|||
Thamos
|
Thamos.
|
|||
Und die andere die Gemahlin des Pherons.
|
Und die andere die Gemahlin des
Pherons. |
|||
Mirza
|
Mirza.
|
|||
(lebhaft)
|
(lebhaft)
|
|||
Welche? – Herr! verzeihe der Kühnheit.
|
Welche? – Herr! Ver=
zeihe der Kühnheit. |
|||
Thamos
|
Thamos.
|
|||
Erteile mir deinen Rat.
|
Ertheile mir deinen Rath.
|
|||
Mirza
|
Mirza.
|
|||
Wenn du vielleicht schon beschlossen hast?
|
Wenn Du vielleicht schon beschlos=
sen hast? |
|||
Thamos
|
Thamos.
|
|||
Setze voraus, es sei noch nicht geschehen. Niemand kennt beide genauer als du.
|
Setze voraus, es sey noch nicht
geschehen. Niemand kennt beyde genauer als Du. |
|||
Mirza
|
Mirza.
|
|||
Sais wurde mir von deinem Vater im zweiten Jahre ihres Alters übergeben. Der ihrige, ein eifriger Anhänger des Menes, war in dem Treffen geblieben, das den Ramesses auf Ägyptens Thron befestigte.
|
Sais wurde mir von Deinem Vater
im zweyten Jahre ihres Alters übergeben. Der ihrige, ein eifriger Anhänger des Menes, war in dem Treffen geblieben, das den Ramesses auf Egyptens Thron befestigte. |
|||
Thamos
|
Thamos.
|
|||
Ein Glück, dass sie die Abneigung gegen mein Haus nicht erbte!
|
Ein Glück, daß sie die Abnei=
gung gegen mein Haus nicht erbte! |
|||
Mirza
|
FMirza.
|
|||
Ich habe mir alle Mühe gegeben, das Vorurteil bei ihr auszurotten. Ob es mir ganz glückte –
|
Ich habe mir alle Mühe gegeben,
das Vorurtheil bey ihr auszurotten. Ob es mir ganz glückte – |
|||
Thamos
|
Thamos.
|
|||
Wie! Sais hasste mich?
|
Wie! Sais haßte mich?
|
|||
Mirza
|
Mirza.
|
|||
Nein, dessen beschuldige ich sie nicht. Begnügt sich aber Thamos damit, dass man ihn nicht hasst? Verlangt er nicht auch Gegenliebe?
|
Nein, dessen beschuldige ich sie nicht.
Begnügt sich aber Thamos damit, daß man ihn nicht haßt? Verlangt er nicht auch Gegenliebe? |
|||
Thamos
|
Thamos.
|
|||
Ja, Mirza! Diejenige, die an meiner Seite auf dem Throne sitzt, soll ihre Blicke nicht hinab, sondern neben sich, nicht auf den König, sondern auf den Thamos wenden; ebenso freudig mit ihm den Thron wieder verlassen, als sie dessen Staffeln besteigt.
|
Ja, Mirza! Diejenige, die an mei=
ner Seite auf dem Throne sitzt, soll ihre Blicke nicht hinab, sondern neben sich, nicht auf den König, sondern auf den Thamos wenden; eben so freudig mit ihm den Thron wieder verlassen, als sie dessen Staffeln besteigt. |
|||
Mirza
|
Mirza.
|
|||
Bei der Myris findest du diese Gesinnungen.
|
Bey der Myris findest Du diese Ge=
sinnungen. |
|||
Thamos
|
Thamos.
|
|||
(schnell)
|
(schnell)
|
|||
Nicht auch bei der Sais?
|
Nicht auch bey der Sais?
|
|||
Mirza
|
Mirza.
|
|||
Herr! ich hätte schweigen sollen. –
|
Herr! ich hätte schweigen sollen. –
|
|||
Thamos
|
Thamos.
|
|||
Wäre Sais für einen andern eingenommen! – Pheron allein begleitet mich hieher.
|
Wäre Sais für einen andern ein=
genommen! – Pheron allein begleitet mich hie= her. |
|||
Mirza
|
Mirza.
|
|||
Ich habe ihr Geheimnis noch nicht erforscht. Wenn aber mein Urteil mich nicht betrügt, so hat Pheron auf ihr junges Herz Eindruck gemacht. Sie und wir alle hielten Myris für die Glückliche, der Thamos seine Hand bestimme.
|
Ich habe ihr Geheimniß noch nicht
erforscht. Wenn aber mein Urtheil mich nicht betrügt, so hat Pheron auf ihr junges Herz Ein= druck gemacht. Sie, und wir alle, hielten Myris für die Glückliche, der Thamos seine Hand be= stimme. |
|||
Thamos
|
Thamos.
|
|||
Liebt Pheron die Sais?
|
Liebt Pheron die Sais?
|
|||
Mirza
|
FMirza.
|
|||
Er sprach nie mit mir davon. Wenn aber auch schon seine Augen scharfsichtig gewesen wären, wenn ihn selbst der Sais Reizungen gerühret hätten, so weiß er doch, was er seinem Könige schuldig ist.
|
Er sprach nie mit mir davon. Wenn
aber auch schon seine Augen scharfsichtig gewe= sen wären, wenn ihn selbst der Sais Reizungen gerühret hätten: so weiß er doch, was er seinem Könige schuldig ist. |
|||
Thamos
|
Thamos.
|
|||
Noch glaube ich, Mirza! dass du irrest; so, wie du wegen meiner Neigung zu der Myris dich betrogen hast. – Sais war es, die beim ersten Anblick mich fesselte. Ihre edle Gestalt, ihr hoher Geist, der aus ihrem ganzen Wesen hervorstrahlt, schienen sie für den Thron zu bestimmen. Von jener Stunde an war meine Wahl entschieden; ich wollte aber vorher der Sais Gesinnungen versichert sein. – Ich gestehe dir es, Mirza! Ich glaubte, in ihren Augen Gegenliebe zu lesen. So oft ich mit ihrer Gespielin sprach, nahm ich eine Unruhe bei ihr wahr. Um sie noch mehr auf die Probe zu stellen, verdoppelte ich meine Unterredungen mit der Myris. Ihr alle glaubtet, meine Wahl wäre auf diese gefallen. Heut wollte ich meine Neigung entdecken, und eben heut höre ich von dir, dass Sais den Pheron liebt. – Ist es so, liebt auch Pheron die Sais, so opfere ich meine Neigung auf, so knüpfe ich selbst das Band.
|
Noch glaube ich, Mirza! daß Du
irrest; so wie Du, wegen meiner Neigung zu der Myris, dich betrogen hast. – Sais war es, die beym ersten Anblick mich fesselte. Ihre ed= le Gestalt, ihr hoher Geist, der aus ihrem gan= zen Wesen hervorstrahlt, schienen sie für den Thron zu bestimmen. Von jener Stunde an war meine Wahl entschieden: ich wollte aber vorher der Sais Gesinnungen versichert seyn. – Ich gestehe dir es, Mirza! ich glaubte in ihren Augen Gegenliebe zu lesen. So oft ich mit ihrer Gespielin sprach, nahm ich eine Unru= he bey ihr wahr. Um sie noch mehr auf die Probe zu stellen, verdoppelte ich meine Unter= redungen mit der Myris. Ihr alle glaubtet, meine Wahl wäre auf diese gefallen. Heut wollte ich meine Neigung entdecken, und eben heut höre ich von dir, daß Sais den Pheron liebt. – Ist es so, liebt auch Pheron die Sais; so opfere ich meine Neigung auf, so knüpfe ich selbst das Band. |
|||
Mirza
|
Mirza.
|
|||
Wie edel, Herr! wie deiner würdig!
|
Wie edel, Herr! wie Deiner würdig!
|
|||
Thamos
|
FThamos.
|
|||
Rede du mit der Sais. Verschweige aber, dass es auf mein Geheiß geschiehet. Ist ihr Herz für einen andern eingenommen, so soll sie aus meinem Munde nie das Wort „Liebe“ hören. Wählet es den Thamos – als Thamos, nicht als König –, so wird dieser selbst ihr Hand und Thron anbieten.
|
Rede du mit der Sais. Ver=
schweige aber, daß es auf mein Geheiß geschie= het. Ist ihr Herz für einen andern eingenom= men, so soll sie aus meinem Munde nie das Wort Liebe hören. Wählet es den Thamos, – als Thamos, nicht als König, so wird dieser selbst ihr Hand und Thron anbiethen. |
|||
Siebenter Auftritt
|
Siebenter Auftritt.
|
|||
Die Vorigen. Phanes.
|
Die Vorigen. Phanes.
|
|||
Phanes
|
Phanes.
|
|||
Du erlaubtest mir, dir hieher zu folgen.
|
Du erlaubtest mir, Dir hieher zu
folgen. |
|||
Thamos
|
Thamos.
|
|||
Geh, Mirza! und richte meinen Auftrag aus.
|
Geh, Mirza! und richte meinen
Auftrag aus. |
|||
(Mirza geht ab.)
|
(Mirza geht ab.)
|
|||
Achter Auftritt
|
Achter Auftritt.
|
|||
Thamos. Phanes.
|
Thamos. Phanes.
|
|||
Phanes
|
Phanes.
|
|||
(nachdem Mirza sich entfernet hat)
|
(nachdem Mirza sich entfernet hat.)
|
|||
In der Mirza Gegenwart durfte ich nicht reden. Die Sache betrifft ihren Neffen. – Herr! dieser Pheron, dem du heute die Stadt und deine Person anvertrauest, ist vielleicht selbst der Aufrührer oder weiß um den Verrat.
|
In der Mirza Gegenwart durfte ich nicht reden.
Die Sache betrifft ihren Neffen. – Herr! Dieser Pheron, dem du heute die Stadt und dei= ne Person anvertrauest, ist vielleicht selbst der Aufrührer, oder weiß um den Verrath. |
|||
Thamos
|
FThamos.
|
|||
Was sagst du? – Pheron, der mit mir aufwuchs! mein Freund! mein Vertrauter!
|
Was sagst Du? – Pheron, der
mit mir aufwuchs! mein Freund! mein Ver= trauter! |
|||
Phanes
|
Phanes.
|
|||
Noch will ich ihn nicht für schuldig erklären; aber verdächtig machen ihn seine Schritte.
|
Noch will ich ihn nicht für schuldig
erklären; aber verdächtig machen ihn seine Schritte. |
|||
Thamos
|
Thamos.
|
|||
Wie, Phanes! ein bloßer Schein ist dir genug, um die Ruhe deines Königs, das Vertrauen, das er in einen Freund setzt, zu stören? – Wenn ich nun durch deine Übereilung mich hinreißen ließe, wenn ich zu schnell gegen den Pheron etwas beschlösse; und Pheron zeigte dann seine Unschuld: was hättest du getan! Wie könnte ich das Unrecht ersetzen!
|
Wie, Phanes! Ein bloßer Schein
ist dir genug, um die Ruhe deines Königs, das Vertrauen, das er in einen Freund setzt, zu stöh= ren? – Wenn ich nun durch deine Uebereilung mich hinreissen ließe, wenn ich zu schnell gegen den Pheron etwas beschlösse; und Pheron zeig= te dann seine Unschuld: was hättest Du gethan! wie könnte ich das Unrecht ersetzen! |
|||
Phanes
|
Phanes.
|
|||
Höre meine Gründe und tue alsdann, was du willst. Man hat Briefe des Pheron nach Memphis aufgefangen, mit unbekannten Charaktern geschrieben und an Missvergnügte gerichtet.
|
Höre meine Gründe, und thue
alsdann was Du willst. Man hat Briefe des Pheron nach Memphis aufgefangen, mit unbe= kannten Karaktern geschrieben, und an Misver= gnügte gerichtet. |
|||
Thamos
|
Thamos.
|
|||
Weiß man gewiss, dass sie von ihm kamen? Können nicht Boshafte sich seines Zeichens bedient haben?
|
Weiß man gewiß, daß sie von ihm
kamen? Können nicht Boshafte sich seines Zei= chens bedient haben? |
|||
Phanes
|
Phanes.
|
|||
Diese Nacht ist bei ihm eine geheime Versammlung gehalten worden.
|
Diese Nacht ist bey ihm eine gehei=
me Versammlung gehalten worden. |
|||
Thamos
|
Thamos.
|
|||
Wer war dabei?
|
Wer war dabey?
|
|||
Phanes
|
Phanes.
|
|||
Man hat nach Mitternacht vermummte Leute aus seinem Palaste herausgehen sehen.
|
||||
Thamos
|
Thamos.
|
|||
Man kennet also die Personen nicht? Pheron ist jung und liebt jugendliche Ergötzungen. – Willst du allen Handlungen deiner Mitbürger nachspähen? Da Verbrechen suchen, wo vielleicht nur unschuldige Freuden sind?
|
Man kennet also die Personen
nicht? Pheron ist jung, und liebt jugendliche Ergötzungen. – Willst Du allen Handlungen deiner Mitbürger nachspähen? Da Verbrechen suchen, wo vielleicht nur unschuldige Freuden sind? |
|||
|
|
|||
Phanes
|
Phanes.
|
|||
Herr! dein Zutrauen führt dich zu weit. Weil dein edles Herz auch nicht den Schatten der Arglist kennt, urteilst du nach dir von allen andern. Auch Phanes dachte einst so, aber schmerzliche Erfahrungen haben ihn argwöhnisch gemacht. Nur zu oft fand er Menschen, die gütigen Dämonen glichen und Herzen nubischer Tiger im Busen verbargen.
|
Herr! Dein Zutrauen führt Dich
zu weit. Weil dein edles Herz auch nicht den Schatten der Arglist kennt, urtheilst Du nach Dir von allen andern. Auch Phanes dachte einst so; aber schmerzliche Erfahrungen haben ihn argwöhnisch gemacht. Nur zu oft fand er Menschen, die gütigen Dämonen glichen, und Herzen Nubischer Tyger im Busen verbargen. |
|||
Thamos
|
Thamos.
|
|||
Möchten die Götter des Thamos Tage verkürzen, ehe seine Augen dergleichen Ungeheuer erblicken!
|
Möchten die Götter des Thamos
Tage verkürzen, ehe seine Augen dergleichen Un= geheuer erblicken! |
|||
Phanes
|
Phanes.
|
|||
Glaube mir, Herr! Pheron geht mit großen Absichten schwanger. Man hat aus seinem Munde gehört, dein Thron wanke. Die Worte entfuhren ihm. Er erschrak darüber, er suchte, ihnen eine unschuldige Auslegung zu geben, und eben dadurch machte er sich verdächtig.
|
Glaube mir, Herr! Pheron geht
mit großen Absichten schwanger. Man hat aus seinem Munde gehört: Dein Thron wanke. Die Worte entfuhren ihm. Er erschrack darüber, er suchte ihnen eine unschuldige Auslegung zu geben, und eben dadurch machte er sich ver= dächtig. |
|||
Thamos
|
Thamos.
|
|||
Können sie nicht auch einen unschuldigen Verstand gehabt haben? Der Same des Aufruhrs keimt an vielen Orten des Reichs.
|
Können sie nicht auch einen un=
schuldigen Verstand gehabt haben? Der Saa= Fme des Aufruhrs keimt an vielen Orten des Reichs. |
|||
Phanes
|
Phanes.
|
|||
Achtest du deine eigene Sicherheit wenig, so denke daran, was du Ägypten schuldig bist. Soll ein neuer Bürgerkrieg entstehen? – Herr! einen Thamos darf man frei an Zeiten erinnern, die bei andern Fürsten der Schmeichler in Dunkelheit verhüllen würde. Hätte Menes dem Ramesses weniger getrauet, so wäre er auf dem Throne geblieben.
|
Achtest Du deine eigene Sicher=
heit wenig, so denke daran, was Du Egypten schuldig bist. Soll ein neuer Bürgerkrieg ent= stehen? – Herr! einen Thamos darf man frey an Zeiten erinnern, die bey andern Fürsten der Schmeichler in Dunkelheit verhüllen würde. Hätte Menes dem Ramesses weniger getrauet, so wäre er auf dem Throne geblieben. |
|||
|
|
|||
Thamos
|
Thamos.
|
|||
Was soll ich also tun?
|
Was soll ich also thun?
|
|||
Phanes
|
Phanes.
|
|||
Wenn du dich der Person des Pherons nicht gleich jetzt versichern willst – dies wäre mein Rat –, ihn unvermerkt von Personen umgeben zu lassen, die seine Tritte beobachten.
|
Wenn Du dich der Person des
Pherons nicht gleich jetzt versichern willst – Dies wäre mein Rath –, ihn unvermerkt von Personen umgeben zu lassen, die seine Tritte beobachten. |
|||
Thamos
|
Thamos.
|
|||
Werden nicht diese Personen allem, was sie sehen, eine schwarze Ausdeutung geben und eben dadurch ihre Pflicht zu erfüllen glauben? – Nein! ich selbst will dem Pheron die Anzeige eröffnen. Ich will ihm dabei sagen, dass ich keinen Argwohn schöpfe; ich will von ihm weder Rechtfertigung fordern, noch annehmen. – Ist Pheron, wie ich hoffe, unschuldig, so wird ihn mein Zutrauen rühren. Hegt er in seiner Brust, ihr Götter verhütet es! treulose Anschläge, so wird ihn die Nachricht, dass er entdeckt ist, schrecken, von der Ausführung abhalten.
|
Werden nicht diese Personen al=
lem, was sie sehen, eine schwarze Ausdeutung geben, und eben dadurch ihre Pflicht zu erfül= len glauben? – Nein! ich selbst will dem Phe= ron die Anzeige eröfnen. Ich will ihm dabey sagen, daß ich keinen Argwohn schöpfe; ich will von ihm weder Rechtfertigung fordern, noch an= nehmen. – Ist Pheron, wie ich hoffe, unschul= dig, so wird ihn mein Zutrauen rühren. Hegt er in seiner Brust, Ihr Götter verhütet es! treulose Anschläge, so wird ihn die Nachricht, Fdaß er entdeckt ist, schrecken, von der Ausfüh= rung abhalten. |
|||
Phanes
|
Phanes.
|
|||
Herr! dein Plan ist gefährlich.
|
Herr! Dein Plan ist gefährlich.
|
|||
Thamos
|
Thamos.
|
|||
Sei er es! Um einen Freund zu retten, wagt Thamos alles.
|
Sey er es! Um einen Freund zu
retten, wagt Thamos alles. |
|||
(geht mit dem Phanes ab)
|
(geht mit dem Phanes ab.)
|
|||
Ende des zweiten Aufzugs
|
Ende des zweyten Aufzugs.
|
|||
|
|