Kritische Edition des vertonten Textes in deutscher Sprache       Diplomatische Übertragung der Abschrift E 
Fünfter Auftritt
 
Arminda, Ramiro.
 
Dialog
 
Arminda
 
Ramiro! was warten Sie? Was können Sie von einem Frauenzimmer hoffen, dass Sie nicht liebt, dass Sie verachtet?
 
Ramiro
 
Erinnern Sie sich doch meiner aufrichtigen Treue – Ihres Versprechens.
 
Arminda
 
Die Zeiten sind vorbei; mein Herz kann Sie nicht mehr lieben. Folgen Sie meinem Rat: entfernen Sie sich und lernen Sie mich vergessen.
 
(Sie geht ab.)
 
Sechster Auftritt
 
Ramiro.
 
Dialog
 
Ramiro
 
Nun wohl, Grausame! ich will mich bemühen, deinen Willen zu tun. Ich will dich vergessen. Deine Undankbarkeit verdient meine Verachtung. Unwillen, Verdruss und Wut bestürmen mein Herz.
 
N° 26 Aria
 
Ramiro
 
    Wenn du mich auch verlassest,
 
dennoch ich noch verwahre,
 
Grausame! Undankbare!
 
Neigung und Lieb für dich.
 
    Doch soll an meinem Leiden
 
dein Auge sich nicht weiden,
 
weit von dir sterbe ich.
 
(geht ab)
 


Garten.
 
Siebenter Auftritt
 
Sandrina und Belfiore, auf verschiednen Seiten schlafend, erwachen.
 
N° 27 Recitativo e Duetto
 
RecitativoDie vier Recitativi accompagnati zu Nr. 19, 21, 22 im zweiten Akt und zu Nr. 27 im dritten Akt hat Mozart für die deutsche Singspielfassung 1779/80 nachkomponiert, um sie den deklamatorischen und rhythmischen Gegebenheiten des deutschen Texts anzupassen (vgl. Rudolph Angermüller und Dietrich Berke, "Vorwort" zu La finta giardiniera (Neue Mozart-Ausgabe, Serie II: Bühnenwerke 5/8), Bd. 1, Kassel 1978, S. XIV und XX).
Von ihnen sind nur die zwei Rezitative zu Nr. 19 und 27 in der autographen Partitur enthalten, und zwar nicht in vollständiger Partitur, sondern nur als Singstimme mit instrumentalem Bass (vgl. Dietrich Berke, Kritischer Bericht (Neue Mozart-Ausgabe, Serie II: Bühnenwerke 5/8), Kassel 2004, S. 11-12 sowie 126 und 129). Beide Rezitative sind in den Abschriften C, D, E hingegen in vollständiger Partitur überliefert: Offensichtlich wurde Mozarts Singstimme mit instrumentalem Bass von den jeweiligen Kopisten in die volle Partitur der orchestrierten Rezitative an Ort und Stelle integriert.
Die nachkomponierten Rezitative zu Nr. 21 und 22 sind hingegen nur in den Abschriften D und E in vollständiger Partitur überliefert und fehlen in der autographen Partitur und in der Abschrift C. Möglicherweise hat Mozart auch für diese zwei Rezitative eine heute verschollene Fassung für Singstimme und instrumentalen Bass geschrieben, und die Stimmen sind dann von den Kopisten der Quellen D und E in die volle Partitur integriert worden (vgl. KB; S. 127).

Für die kritische Edition des vertonten Textes in den Rezitativen zu Nr. 19 und 27 diente Mozarts erhaltene autographe Fassung für Singstimme und instrumentalen Bass in Quelle A als Referenzquelle.
 
Sandrina
 
 
Wo bin ich doch wohl?
 
Belfiore
 
Wo mag ich wohl sein?
 
Sandrina
 
Es ist mir, als hätt ich hier geruhet.
 
Belfiore
 
Mir scheint, ich hab geschlafen.
 
Sandrina
 
Wie komm ich doch in diesen schönen angenehmen Garten?
 
Wie ist das möglich?
 
Belfiore
 
Welch angenehme Gegend!
 
Wer hat mich doch hieher gesetzt in diesen schönen Hain?
Träum ich oder wach ich?
 
Sandrina
 
Ich bin ganz betäubt! Welch seltsame Täuschung!
 
 
Belfiore
 
Doch was erblick ich?
 
Sandrina
 
Was seh ich?
 
Belfiore
 
 
O meine beste, meine Liebste!
 
Sandrina
 
 
Zurücke!
 
Belfiore
 
O weh!
 
 
Sandrina
 
Wen suchst du?
 
Belfiore
 
 
(Ach was sagt sie?)
 
Bist denn du nicht Violante?
 
Sandrina
 
Ja! ich bin Violante, doch
 
suchst du deine Schöne,
 
deine reizende Braut! Ich bin dieselbe nicht.
 
Belfiore
 
Ich beteure, beschwöre dich –
 
Sandrina
 
O es sei ferne, dass ich es wagte,
 
mit solcher würdigen Dame
 
um so ein treues Herz zu streiten. In kurzer Zeit bin ich des Amtmanns Frau.
 
Gehab dich wohl!
 
(will fort)
 
Belfiore
 
Höre mich – wo willst du hin?
 
Soll ich in dem süßen Augenblick,
 
in der seligen Stunde, da ich dich finde,
 
dich schon wieder verlieren? Nein, das geb ich nicht zu,
 
du sollst mich nicht verlassen,
 
sonst muss ich vor Schmerz und Verzweiflung erblassen.
 
Duetto
 
Belfiore
 
    Du mich fliehen?
 
 
(Hartes Geschicke!)
 
Du, der Abgott meiner Liebe,
 
kennst du nicht die zarten Triebe?
 
Dieses Herz schlägt nur für dich.
 
Sandrina
 
    Ja, ich fliehe deine Blicke!
 
Du verdienst nicht meine Liebe,
 
denn dein Herz nährt fremde Triebe,
 
ich muss ewig fliehen dich.
 
Belfiore
 
    Also geh ich.
 
Sandrina
 
Und ich eben.
 
Beide
 
Doch was hemmet meine Schritte,
 
warum wanket jeder Tritt?
 
Belfiore
 
    Die Ehrfurcht zu beweisen,
 
lass mich das Glück genüßen,
 
die schöne Hand zu küssen.
 
Sandrina
 
Ach gehn Sie, Sie verschwenden
 
umsonst die Komplimenten.
 
Nichts will ich weiter wissen.
 
Belfiore
 
    Geduld! doch wer weiß,
 
ob wir uns wiedersehen.
 
Sandrina
 
Denken Sie nicht daran!
 
Dieses kann noch geschehen.
 
Beide
 
Nur herzhaft, nur entschlossen!
 
Nur fort! nur fort von hier!
 
(Sie gehen beide zu verschiednen Seiten bis an die Szene, dann bleiben sie stehen.)
 
Belfiore
 
(kömmt zurück)
 
    Wie, du rufst mich?
 
Sandrina
 
Nein, mein Herr!
 
Sie gehn zurücke?
 
Belfiore
 
(bleibt stehen)
 
Ich glaube nein!
 
Sandrina
 
(kömmt zurück)
 
Er wird es schon näher geben.
 
Belfiore
 
Sie kann nicht mehr widerstehen.
 
Beide
 
Kaum ich mich noch halten kann.
 
 
Belfiore
 
    Geh ich näher?
 
Sandrina
 
Ist es Anstand?
 
Belfiore
 
Soll ich's wagen?
 
Sandrina
 
Doch der Wohlstand –
 
Belfiore
 
Geh ich?
 
Sandrina
 
Bleib ich?
 
Beide
 
Was soll ich tun?
 
    O nicht wahr, ihr holden Seelen!
 
wer der Liebe Macht empfunden,
 
kann ihr nicht mehr widerstehn.
 
    Welche Freude, welch Entzücken!
 
Deine Hand wird mich beglücken,
 
alle Qualen sind verschwunden,
 
stets soll man mich fröhlich sehn.
 
(gehen ab)
 
Letzter Auftritt
 
Der Amtshauptmann, Arminda, Ramiro, hernach Nardo, Serpetta, und bald darauf Sandrina und Belfiore.
 
Dialog
 
Amtshauptmann
 
Liebste Nichte! plagen Sie mich nicht länger. Was wollen Sie denn, dass ich bei solchen Umständen anfange?
 
Arminda
 
Sie sollen mir Gerechtigkeit verschaffen.
 
Amtshauptmann
 
Aber wollen Sie denn einen Narren zum Manne nehmen?
 
Arminda
 
Narr oder gescheid, wenn er nur mein Mann wird.
 
Nardo
 
O Glücke über Glücke! unsere Närrchen sind wieder zu Verstand kommen und haben sich aufs Neue miteinander verlobt.
 
Amtshauptmann
 
Was sagst du?
 
Arminda
 
Der Verräter!
 
Serpetta
 
Nun ist mir ein Stein vom Herzen.
 
Ramiro
 
Und mir scheint wieder ein Strahl von Hoffnung –
 
Belfiore
 
Hier sehen Sie allerseits meine Braut! die Gräfin Violante Onesti –
 
Amtshauptmann
 
So sind Sie es wirklich?
 
Sandrina
 
Ganz gewiss! Sowohl der Graf als mein Diener hier, mit dem ich Namen und Stand verändert hatte, werden es bezeugen. Ich hätte mich schon eher entdeckt, aber ich wollte mich an einem vermeintlichen Treulosen ein wenig rächen.
 
Arminda
 
Gräfin! vergeben Sie mir, ich strebte nach Ihrem Leben.
 
Sandrina
 
Schenken Sie mir Ihre Freundschaft! und empfangen Sie mit diesem Kuss die Versicherung meiner Liebe.
 
Arminda
 
Herr Oheim! wenn es Ihnen gefällig wäre, so wollte ich nun Ihrem Rat folgen und meinen getreuen Ramiro –
 
Serpetta
 
Auch ich, Herr Amtshauptmann, will den mich so sehr liebenden Nardo – den ich bishero nur auf die Probe gestellt –
 
Amtshauptmann
 
Gut, gut! ich verstehe euch. (zu Arminda) Heiraten Sie, Ritter, (zu Serpetta) und du nimm deinen getreuen Waffenträger – ich aber will dermalen, bis auf weitere Verordnung des Herrn Cupido, in statu quo verbleiben.
 
Belfiore
 
So ist es recht!
 
Ramiro
 
(dem Arminda die Hand reicht)
 
Nun bin ich zufrieden, und alle meine Wünsche sind erfüllt.
 
Nardo
 
Trumpf aus! jetzt ist's gewonnen.
 
Amtshauptmann
 
Genießet nun alle des Glückes, das euch die Liebe gewährt. Seid treu, beständig und einig. Wenn ich einst wieder einmal eine Sandrina finde, so werde auch ich mich dem Joche des Ehestandes gern unterwerfen.
 
Sandrina
 
Sandrina wird Sie stets schätzen und verehren! und auch als Gräfin Onesti Ihrer Wohltaten und Ihres guten Herzens stets ingedenkt sein! so wie sie bittet, die aus Liebe verstellte Gärtnerin nicht zu vergessen.Variante in Quelle A (Eintrag fremder Hand):
Sandrina wird Sie stets schätzen und verehren. Und auch als Gräfin Onesti Ihrer Wohltaten und Ihres guten Herzens stets eingedenk sein. So wie Sie bittet, die aus Liebe verstellte Gärtnerin nicht zu vergessen.
 
N° 28 Finale
 
Coro
 
Alle
 
    Lieb und Treue hat gesieget.Variante in den Wiederholungen:
Liebe, Treue hat gesieget.
 
Lasst uns nun in Wonne leben!
 
Wir sind glücklich und vergnüget,
 
lasst uns alle fröhlich sein.
 
Ende des Singspiels.