Kritische Edition des vertonten Textes in deutscher Sprache       Diplomatische Übertragung des deutschen Textes aus dem Autograph 
Dreizehnter Auftritt
 
Der Amtshauptmann, Vorige.
 
Amtshauptmann
 
    Welche Stille, welche Mienen!
 
Macht ihr etwa hier Kalender?
 
Hast du deine Sprach verloren?
 
Ist der Mund dir zugefroren?
 
Nun so sprecht! was geht hier vor?
 
Sandrina
 
 
    (Kann ich's sagen?)
 
Belfiore
 
 
(Welche Plagen!)
 
Ramiro
 
 
(Welche Frage!)
 
Arminda
 
 
(Ich verzage.)
 
Amtshauptmann
 
Alles ist mir unbegreiflich!
 
Hier ist etwas vorgegangen,
 
mit der Sprache nur heraus.
 
Belfiore, Ramiro
 
(zu Arminda)|(zu Sandrina)
 
    Bist du diese?
 
Sandrina, Arminda
 
(zu Ramiro)|(zu Belfiore)
 
Bist du jener?
 
Alle fünf
 
Mein Gehirn ist in Verwirrung,
 
es hüpft drin bald hin, bald her.
 
(Ramiro, Belfiore, Sandrina, Arminda gehen verschiedentlich ab.)
 
Vierzehnter Auftritt
 
Der Amtshauptman, gleich hernach Serpetta und Nardo.
 
Amtshauptmann
 
    Wo ist die Ehrfurcht, die mir gebühret?
 
Mich, den Hochweisen, der alles regieret,
 
lässt man hier stehen wie einen Narrn?
 
Gehet zum Teufel, macht mir nicht bange,
 
ich will nichts wissen von Eurem Range,
 
vom Nepotismus und Adelsstand.
 
 
Serpetta
 
    Lustig! ich bringe ein' hübsche Nachricht.
 
Das Gärtnermädchen mit ihrem Grafen
 
küssen und drücken unten im Garten
 
mit aller Freiheit, ruhig und still.
 
Amtshauptmann
 
    Teufel und Hölle! das sollt ich leiden?
 
 
Nardo
 
Glaubt nicht den Lügen des losen Mädchens,
 
sie will Euch schicken in den April.
 
Serpetta
 
    Hier diese Augen, hier diese Ohren
 
mussten es sehen, konnten es hören.
 
Nardo
 
Schreckliche Lügen! Sie zu betören.
 
Amtshauptmann
 
Gleich überzeuget mich.
 
Nardo, Serpetta
 
 
Kommt nur mit mir.
 
Serpetta
 
(gegen Nardo)
 
    Er kann nur lügen.
 
Nardo
 
(gegen Serpetta.)
 
Und sie betrügen.
 
Amtshauptmann
 
Quäle mich tot, widriges Schicksal!
 
Sehet verspottet, seht hintergangen
 
jenen berühmten Mann, den Podestà!
 
Alle drei
 
    Wir wollen gehen und nun gleich sehen!
 
Die Wahrheit zeiget sich dort oder da.
 
(gehen ab)
 


Ein anderer Teil des Garten.
 
Fünfzehnter Auftritt
 
Sandrina, Belfior, gleich darauf der Amtshauptmann mit Serpetta und Nardo, hernach Arminda und letztlich Ramiro.
 
Sandrina
 
(zu Belfiore)
 
    Was ist denn Ihr Verlangen?
 
Ich bin genug gequälet,
 
Sie haben schon gewählet
 
Armindens schöne Hand.
 
Belfiore
 
(zu Sandrina)
 
    Ach meine Liebe kennet
 
die Sprache und die Miene:
 
Sie sind ja Violantine,
 
der ich mein Herz verpfand.
 
Serpetta
 
(zum Amtshauptmann, auf Sandrina und den Grafen deutend)
 
    Sie sehn, mit welcher Zärtlichkeit
 
die Buhlerin ihm schmeichelt.
 
Amtshauptmann
 
Ich seh es: dass sie krepiere!
 
Ich räche mich an ihr.
 
Nardo
 
 
(Der Graf! ach welcher Zufall!
 
Wie helf ich ihr heraus?)
 
Sandrina
 
    Sie sind in großer Irrung.
 
Belfiore
 
 
(Himmel, welch eine Verwirrung!)
 
Arminda
 
Ihr Hinterlist und Meineid
 
hat ihren Stand entehrt.
 
Ramiro
 
(zu Arminda)
 
Das Herz, das sie belebet,
 
nur schwarze Falschheit nährt.
 
Sandrina
 
(entschlossen zu Belfiore)
 
    Grausamer, ohne Schonen!
 
Kann man so schlecht belohnen
 
mein zärtlich treues Herz?
 
Nenne mir mein Verbrechen,
 
dann magst dich an mir rächen!
 
Fühlloser ohne Ehr!
 
Belfiore
 
 
    Alles ich itzt bereue;
 
Engel, ach, mir verzeihe,Variante in den Wiederholungen:
Ach! verzeihe,
 
himmlische Violante!
 
Sandrina
 
Ehemals man sie so nannte,
 
nun aber ist Violante,
 
das arme Kind, dahin.
 
O Himmel! sie ist tot.
 
 
Amtshauptmann
 
    Gebt mir Antwort!
 
Arminda
 
Sprecht nur weiter!
 
Ramiro
 
Graf, hübsch munter!
 
Serpetta
 
Nicht gezittert!
 
Nardo
 
 
(Wo will alles dies hinaus?)
 
Sandrina
 
 
    (Alles muss ich schweigend dulden.)
 
Belfiore
 
 
(Ach sie büßet mein Verschulden.)
 
Arminda, Ramiro, Amtshauptmann, Nardo, Serpetta
 
Alle schweigen, was geschieht?
 
Arminda
 
(zu Belfiore)
 
    Graf! die Lieb wird Sie verzehren!
 
Arminda
 
(zu Sandrina)
 
Solche Einfalt muss man ehren!
 
Ramiro
 
(zu Arminda)
 
Ich erfreue mich mit Ihnen!
 
Serpetta
 
(zu Sandrina)
 
Welche unschuldsvolle Mienen!
 
Arminda, Amtshauptmann, Serpetta
 
    Lebt vergnügt, verliebte Seelen,
 
 
niemals soll ein Zwist euch quälen.
 
Arminda, Ramiro, Amtshauptmann, Nardo, Serpetta
 
Steigt herab, ihr Liebesflammen,
 
und verbrennt zu Staub ihr Herz.
 
Sandrina, Belfiore
 
Über mich schlägt hier zusammen
 
 
 
alles Unglück und aller Schmerz.
 
Arminda
 
(zu Belfiore)
 
Unmensch! Verräter, könnt ich dein Herz in Stücke zerreißen.
 
Ramiro
 
(zu Arminda)
 
Den großen Eifer und Ihre Hitze begreif ich nicht.
 
Amtshauptmann
 
(zu Sandrina)
 
    Kannst meine Güte
 
so wenig schätzen?
 
Serpetta
 
(zu Sandrina)
 
Könnt ich Sie aus dem Haus
 
mit Hunden hetzen!
 
Nardo
 
 
(Bei diesem Handel
 
die Sprach mir gebricht!)
 
Sandrina
 
    Ach welches Herzeleid! Ach welches Unglück!
 
Was kann ich sagen, niedergeschlagen
 
von solchem Herzeleid und solchem Schmerz?
 
Belfiore
 
    Welch seltnes Abenteuer, welch seltne Szene!
 
Ich möchte diese, ich möchte jene,
 
da doch nur einer kann schenken mein Herz.
 
Alle
 
    Welche Verwirrung! Ohn alle Rettung,
 
der Zorn zernaget mir das Herz im Leibe,
 
nichts dämpfet diese Glut, nichts hemmt die Wut.
 
Ende des ersten Aufzuges.