Kritische Edition der deutschen Übersetzung des Librettos für J. C. Bach       Diplomatische Übertragung der deutschen Übesetzung des Librettos für J. C. Bach 
Fünfter Auftritt
 
Fünfter Auftritt.
Silla, Junia, Wache.
 
Silla, Junia, Wache.
Silla
 
Silla
Noch immer traurig, Junia! Nicht einmal lustig? Seufzer anstatt der Antwort! Nachdenkend, bestürzt? Ach, entdecke die Ursache davon. Warum fliehest du meine Blicke?
 
Noch immer traurig, Junia! Nicht einmahl lustig? Seufzer anstatt der Antwort! Nachdenkend, bestürzt? Ach entdecke die Ursache davon. Warum fliehest du meine Blicke?
Junia
 
Junia
Unmensch, weil du mir zuwider bist.
 
Unmensch? weil du mir zuwider bist.
Silla
 
Silla
Dir zuwider? Es ist unglaublich, dass das schönste Herz von solchem hässlichen Eigensinn beherrschet werden könne. Hass und Liebe haben ihre Grenzen.
 
Dir zuwider. Es ist unglaublich, daß das schönste Herz von solchem häßlichen Eigensinn beherrschet werden könne. Haß und Liebe haben ihre Gränzen.
Junia
 
Junia
Die meinigen aber nicht. Ich werde den Cecil ewig lieben und den Silla ewig hassen, ja ewig, wann's möglich ist, auch im andern Leben.
 
Die meinigen aber nicht. Ich werde den Cecil ewig lieben, und den Silla ewig hassen, ja ewig, wanns möglich ist, auch im andern Leben.
Silla
 
Silla
Wüsste ich nur die geringste dir zugefügte Beleidigung, welche diesen Hass verdienen könnte! Junia, nachdem der Tod dir deinen Vater entrissen, nehme ich dich in meinen Schutz und erfülle an dir die heiligsten Pflichten der von uns so hochgeschätzten Gastfreiheit. Ist Silla ein Barbar?
 
Wüßte ich nur die geringste dir zugefügte Beleidigung, welche diesen Haß verdienen könnte. Junia! nachdem der Tod dir deinen Vatter entrißen, nehme ich dich in meinen Schuz und erfülle an dir die heiligsten Pflichten der von uns so hochgeschäzten Gastfreiheit. Ist Silla ein Barbar?
Junia
 
Junia
Kann ich aber einem Todfeind von meinem Vater die eheliche Hand geben? Darf ich einen lieben, welcher meinen Cecil mit mehrern der würdigsten Römern im Elende sterben und verderben lassen? Nein. Ich muss vielmehr den teuern Schwur wiederholen, demselben auch im Tod getreu zu bleiben. In ihm verehre ich die Wahl meines Vaters. Hat das missgünstige Schicksal sein Leben verkürzet, um deine hässliche Liebe zu begünstigen, so wisse: Hier, hier in dieser Brust lebt er noch.
 
Kann ich aber einem Todfeind von meinem Vatter die eheliche Hand geben? Darf ich einen lieben, welcher meinen Cecil mit mehrern der würdigsten Römern im Elende sterben und verderben lassen? Nein. Ich muß vielmehr den theuern Schwur wiederholen, demselben auch im Tod getreu zu bleiben. In ihm verehre ich die Wahl meines Vatters. Hat das mißgünstige Schicksal sein Leben verkürzet, um deine häßliche Liebe zu begünstigen; so wiße: hier, hier in dieser Brust lebt er noch.
Silla
 
Silla
Liebe ihn nur, Übermütige! und verfluche mich als einen Tyrannen; aber vernimm auch, dass, wofern du deinen Eigensinn, deine alte Liebe und den Hass gegen mich nicht fallen lassen wirst, du dich nur gelassen bereiten könnest, deinem Vater und Bräutigam in das finstere Reich der Toden nachzufolgen. Ich lasse dir Zeit zu dieser Wahl.
 
Liebe ihn nur, Uebermüthige! und verfluche mich als einen Tyrannen; aber vernimm auch, daß, wofern du deinen Eigensinn, deine alte Liebe, und den Haß gegen mich nicht fallen lassen wirst, du dich nur gelaßen bereiten könnest, deinem Vatter und Bräutigam in das finstere Reich der Toden nachzufolgen. Ich lasse dir Zeit zu dieser Wahl.
Junia
 
Junia
Glaubst du durch dergleichen Drohungen die Tochter des großen Marius zu deinen niedern Absichten zu bewegen? Unmensch! so kennest du noch kein wahres römisches Herz: Gewiss so wird deine mich beleidigende Hoffnung am allerwenigsten erfüllet werden.
 
Glaubst du durch dergleichen Drohungen die Tochter des großen Marius zu deinen niedern Absichten zu bewegen? Unmensch! so kennest du noch kein wahres Römisches Herz: Gewiß so wird deine mich beleidigende Hofnung am allerwenigsten erfüllet werden.
Silla
 
Silla
Weg mit solchen Gedanken, Junia! Überlege besser, was dir nützlich sein könne.
 
Weg mit solchen Gedanken, Junia! überlege besser, was dir nüzlich seyn könne.
Junia
 
Junia
Mein Vorsatz ist unveränderlich, dem letzten Willen meines Vaters zu gehorchen. Er befahl mir, dich ewig zu verabscheuen, meinem Geliebten beständig getreu zu bleiben und dann getrost zu sterben.
 
Mein Vorsaz ist unveränderlich, dem lezten Willen meines Vatters zu gehorchen. Er befahl mir, dich ewig zu verabscheuen, meinem Geliebten beständig getreu zu bleiben, und dann getrost zu sterben.
    Aus dem finstern Todestal
 
    Aus dem finstern Todesthal
kommt alsdann im schnellem Flug,
 
Kommt alsdann im schnellem Flug,
liebster Vater und Gemahl!
 
Liebster Vatter und Gemahl!
nehmt den letzten Atemzug.
 
Nehmt den lezten Athemzug.
    Ha, Barbar! Du rasest, fluchest:
 
    Ha Barbar! Du rasest, fluchest:
Nur Gedult, noch größre Pein,
 
Nur Gedult noch größre Pein,
die, Tyrann! du selbsten suchest,
 
Die, Tyrann! du selbsten suchest,
wird stets deine Folter sein.
 
Wird stets deine Folter seyn.
    Mich von dir getrennt zu wissen
 
    Mich von dir getrennt zu wißen
ist hernach mein größtes Glück,
 
Ist hernach mein größtes Glück:
da du in Gewissensbissen
 
Da du in Gewißensbissen
bleibst indessen hier zurück.
 
Bleibst indeßen hier zurück.
(geht ab)
 
(geht ab.)
Sechster Auftritt
 
Sechster Auftritt.
Silla, Wache.
 
Silla
Silla
 
Silla
Wie konnte ich diese verwegene Reden so gedultig anhören? Welche Verachtung, welche Beleidigung von einem tollkühnen Frauenzimmer! Erröte, Silla, über deine Schwachheit. Aus dir sei nun alle Liebe verbannet. Die Strafbare soll meinen Zorn empfinden. An ihr will ich die erste Grausamkeit heut ausüben.
 
Wie konnte ich diese verwegene Reden so gedultig anhören? Welche Verachtung, welche Beleidigung von einem tollkühnen Frauenzimmer! Erröthe Silla über deine Schwachheit. Aus dir sey nun alle Liebe verbannet. Die strafbahre soll meinen Zorn empfinden. An ihr will ich die erste Grausamkeit heut ausüben.
Silla
 
Silla
    Ja, mich verlanget nun nach Tod und Rach,
 
    Ja mich verlanget nun nach Tod und Rach,
entflammt ist meine Brust von Zorn und Wut.
 
Entflammt ist meine Brust von Zorn und Wuth.
Die Seele, die vorhin so weich und schwach,
 
Die Seele, die vorhin so weich und schwach,
wie sehr, wie sehr dürst't solche nun nach Blut.
 
Wie sehr, wie sehr dürst solche nun nach Blut.
    Im letzten Augenblick,
 
    Im lezten Augenblick,
wann sich ihr Ende naht,
 
Wann sich ihr Ende naht,
geht sie in sich zurück,
 
Geht sie in sich zurück,
bitt't sie vielleicht um Gnad:
 
Bitt sie vielleicht um Gnad:
Dann will ich auch nicht hören,
 
Dann will ich auch nicht hören,
an Tränen mich nicht kehren.
 
An Thränen mich nicht kehren.
(geht ab)
 

Ein dunkler Begräbnisort mit Denkmalen römischer Helden.
 
Siebenter Auftritt
 
Siebenter Auftritt.
 
Ein dunkler Begräbnisort mit Denkmahlen Römischer Helden.
Cecil allein.
 
Cecil allein
Cecil
 
Cecil
Tod, schrecklicher Tod! Welch eine Menge Opfer deiner gräulichen Wut hier in diesen kühlen Gräbern! Helden, Regenten, denen der Erdkreis zu klein war, umschließet nun ein enger Marmor. Welch ein Lärmen, welch ein Getös ehdessen bei Bewunderung ihrer Taten; hier nun um sie herum eine schauervolle Stille. Mein Gott! Wer kommt… Junia… meine Geliebte… Ach, nicht allein… Wo verberg ich mich… Wie schlägt mein Herz… Welch ein Vergnügen… Soll ich gehen oder bleiben? Hier hinter diese Urne…
 
Tod, schrecklicher Tod! Welch eine Menge Opfer deiner gräulichen Wuth hier in diesen kühlen Gräbern! Helden, Regenten, denen der Erdkreiß zu klein war, umschlieset nun ein enger Marmor. Welch ein Lärmen, welch ein Getöß ehdessen bei Bewunderung ihrer Thaten; hier nun um sie herum eine schauervolle Stille. Mein Gott! Wer kommt - Junia - meine Geliebte - Ach nicht allein - wo verberg ich mich - wie schlägt mein Herz - welch ein Vergnügen - soll ich gehen oder bleiben? Hier hinter diese Urne… (Er stellt sich hinter die Urne des Marius.)
(Er stellt sich hinter die Urne des Marius.)
 
Achter Auftritt
 
Achter Auftritt.
Junia mit ihrem Gefolg.
 
Junia mit ihrem Gefolg
Chor
 
Chor
    Hebt euch, großer Römer Seelen!
 
    Hebt euch großer Römer Seelen!
Hebet euch aus diesen Höhlen:
 
Hebet euch aus diesen Höhlen:
Rächt die Freiheit unsrer Stadt,
 
Rächt die Freiheit unsrer Stadt,
die man ihr geraubet hat.
 
Die man ihr geraubet hat.
Junia
 
Junia
    Schatten dessen, den ich liebte,
 
    Schatten deßen, den ich liebte,
stets verehrte, nie betrübte
 
Stets verehrte, nie betrübte
Vaters-Schatten! Hör mein Klagen,
 
Vatters-Schatten! Hör mein Klagen,
hör was diese Seufzer sagen.
 
Hör was diese Seufzer sagen.
Chor
 
Chor
    Den Tyrann, den Rom verflucht,
 
    Den Tyrann, den Rom verfluchet,
das er zu verderben suchet,
 
Das er zu verderben suchet,
diesen stürze man vom Thron;
 
Diesen stürze man vom Thron;
so empfängt er seinen Lohn.
 
So empfängt er seinen Lohn.
Junia
 
Junia
Ja, dieser grausame Silla, o Vater! war auch jederzeit dein Todfeind. Ich, deine Tochter, werde solches, so lange römisches Blut in meinen Adern wallet, nicht vergessen. Auch dich, geliebten Schatten meines erblassten Cecil! auch dich rufe ich um Hilfe an. Ach, was ist mir ein Leben ohne dich…
 
Ja dieser grausame Silla, o Vatter! war auch jederzeit dein Todfeind. Ich, deine Tochter, werde solches so lange Römisches Blut in meinen Adern wallet, nicht vergeßen. Auch dich, geliebten Schatten meines erblaßten Cecil! auch dich rufe ich um Hilfe an. Ach was ist mir ein Leben ohne dich…
Neunter Auftritt
 
Neunter Auftritt.
Cecil und Vorige.
 
Cecil und vorige.
Cecil
 
Cecil
Ohne mich, Geliebte!
 
Ohne mich, Geliebte!
Junia
 
Junia
Himmel! Wen sehe ich? Bist du es? Träume ich, oder täuschen mich meine Augen? Ach, soll ich trauen? Bist du würklich
 
Himmel! Wen sehe ich? Bist du es? Träume ich, oder täuschen mich meine Augen. Ach soll ich trauen? Bist du würklich…
Cecil
 
Cecil
…dein Getreuer.
 
Dein Getreuer.
Junia
 
Junia
    Willst du mich ins Elisäum holen,
 
    Willst du mich ins Elisäum holen,
angenehmer Schatten meines Lichts?
 
Angenehmer Schatten meines Lichts!
Schon hab ich dem Himmel mich empfohlen.
 
Schon hab ich dem Himmel mich empfohlen:
Will er – ohne ihn geschiehet nichts.
 
Will er: Ohne ihn geschiehet nichts.
Cecil
 
Cecil
    Liebstes Leben! Treuer Seelenschatz!
 
    Liebstes Leben! Treuer Seelenschaz!
Nur in deinem Angesicht allein,
 
Nur in deinem Angesicht allein,
find ich Elisäums schönen Platz,
 
Find ich Elisäums schönen Plaz,
wahre Treue, keinen leeren Schein.
 
Wahre Treue, keinen leeren Schein.
Junia
 
Junia
    So bist du dannwürklich am Leben?
 
    So bist du dann würcklich am Leben?
Cecil
 
Cecil
Ja, Liebste! ganz dir noch ergeben.
 
Ja, Liebste! ganz dir noch ergeben.
Beide
 
Beide
Nun mindern sich Trauren und Leid.
 
Nun mindern sich Trauren und Leid.
Nun fühl ich Vergnügen und Freud.
 
Nun fühl ich Vergnügen und Freud.
Junia
 
Junia
    Süße Hoffnung!
 
Süße Hofnung!
Cecil
 
Cecil
Meine Lust!
 
Meine Lust!
Beide
 
Beide
    Hier in dieser treuen Brust,
 
    Hier in dieser treuen Brust,
 
Cecil/Junia
ist dein Name eingeschrieben.|wird dich stets mein Herze lieben.
 
Ist dein Nahme eingeschrieben.|Wird dich stets mein Herze lieben.
 
zu Zweit
Wir weinen beide,
 
Wir weinen beyde,
das zeiget an,
 
Das zeiget an:
dass man für Freude
 
Daß man für Freude
auch weinen kann.
 
Auch weinen kann.
(Sie gehen ab.)
 
Ende der ersten Abhandlung.