Kritische Edition der deutschen Übersetzung des Librettos für J. C. Bach       Diplomatische Übertragung der deutschen Übesetzung des Librettos für J. C. Bach 
Siebenter Auftritt
 
Siebenter Auftritt.
 
Tempel der Vesta. Im Grund der unzudringliche Ort mit prächtigem Altar, allwo die Vestalischen Jungfrauen das geheiligte Feuer bewahren, auf welches innere Zierrathen des durchscheinenden weitläuftigen Gebäudes anspielen.
Silla, Cinna, Celia, Senatoren, Volk, Wache.
 
Silla, Cinna, Celia, Senatoren, Volk, Wache.
Silla
 
Silla
Celia! Cinna! genug. Rom und der Senat sollen über mein Betragen und über das Verbrechen des Cecils das Urteil fällen.
 
Celia! Cinna! genug. Rom und der Senat sollen über mein Betragen und über das Verbrechen des Cecils das Urtheil fällen.
Cinna
 
Cinna
Das Leben des Cecils kann dir nötiger sein, als du vielleicht nicht glaubest.
 
Das Leben des Cecils kan dir nöthiger seyn als du vielleicht nicht glaubest.
Celia
 
Celia
Deine Sicherheit… Die in Verzweiflung gebrachte Junia… Ihr für tod gehaltener Bräutigam.
 
Deine Sicherheit… Die in Verzweiflung gebrachte Junia… Ihr für Tod gehaltener Bräutigam.
Silla
 
Silla
Ich weiß, dass ich Feinde habe. Allein ein beleidigter Diktator verlangt Rache und wird sie auch erfüllt sehen. Ich will nicht immer in Furcht und Ängsten leben: Das wäre unerträglicher als der Tod selbst.
 
Ich weiß, daß ich Feinde habe. Allein ein beleidigter Dictator verlangt Rache und wird sie auch erfüllt sehen. Ich will nicht immer in Furcht und Aengsten leben: das wäre unerträglicher als der Tod selbst.
Celia
 
Celia
Ach, vergebliche Hoffnung, wann du dir einbildest, Ruhe und Sicherheit mit Blut zu erkaufen.
 
Ach vergebliche Hoffnung, wann du dir einbildest, Ruhe und Sicherheit mit Blut zu erkaufen.
Cinna
 
Cinna
Die rasende Junia wird alle Straßen mit Mord- und Klaggeschrei anfüllen. Das kann großen Eindruck auf die Gemüter deiner Gegner machen.
 
Die rasende Junia wird alle Straßen mit Mord- und Klaggeschrey anfüllen. Das kann großen Eindruck auf die Gemüther deiner Gegner machen.
Silla
 
Silla
Ich sehe meine Gefahr besser, als du dir einbildest. Liebe, Ruhm, Rache, Zorn, Furcht streiten in mir. Die Liebe schmeichelt. Der Ruhm eifert. Der Zorn setzet mich in Glut, die Furcht in Schauer. Die Rache belebet mich und drohet mir. Bei so heftigen Anfällen muss Silla überwinden oder überwunden werden. Eine erhabene Handlung soll entscheiden, ob ich den glorreichen Lorbeerkranz, der meine Schläfe umwindet, verdiene. Rom, die ganze Welt seie hierüber mein Richter.
 
Ich sehe meine Gefahr beßer, als du dir einbildest. Liebe, Ruhm, Rache, Zorn, Furcht streiten in mir. Die Liebe schmeichelt. Der Ruhm eiffert. Der Zorn sezet mich in Glut. Die Furcht in Schauer. Die Rache belebet mich und drohet mir. Bei so heftigen Anfällen muß Silla überwinden, oder überwunden werden. Eine erhabene Handlung soll entscheiden, ob ich den glorreichen Lorberkranz, der meine Schläfe umwindet, verdiene. Rom, die ganze Welt seye hierüber mein Richter.
    Ich werde etwas wagen,
 
    Ich werde etwas wagen,
und stimmt der Himmel ein,
 
Und stimmt der Himmel ein;
so soll von meinen Tagen
 
So soll von meinen Tagen,
der heut der schönste sein.
 
Der heut der schönste seyn.
    Dann wird ein neuer Glanz
 
    Dann wird ein neuer Glanz
aus meinen Taten strahlen,
 
Aus meinen Thaten strahlen,
ich werde solche ganz
 
Ich werde solche ganz,
mit Tugendlicht bemalen.
 
Mit Tugendlicht bemahlen.
Achter Auftritt
 
Achter Auftritt.
Junia, unter Wache, und die Vorigen.
 
Junia, unter Wache, und die Vorigen.
Junia
 
Junia
Niedere Seele, was verlangst du von mir? Rom, der Senat sind solche zu entschuldigen, dass sie einen so unwürdigen Bürger unter sich dulten? Ihr Väter, ihr Räte des Vaterlandes! erbarmet euch über eine unglückliche Braut und rächet den unschuldigen Tod meines Gemahls, dessen Blut noch rauchet.
 
Niedere Seele, was verlangst du von mir? Rom, der Senat sind solche zu entschuldigen, daß sie einen so unwürdigen Bürger unter sich dulten? Ihr Vätter, ihr Räthe des Vatterlandes! Erbarmet euch über eine unglückliche Braut, und rächet den unschuldigen Tod meines Gemahls, deßen Blut noch rauchet.
Silla
 
Silla
Besänftige deinen Zorn, hemme den Lauf deiner Tränen, welche du umsonst vergießest. Seie in dem Angesichte Roms eine Zuschauerin meiner Verbrechen und Grausamkeit. Hier wirst du das Herz des Silla in Kurzem erkennen.
 
Besänftige deinen Zorn, hemme den Lauff deiner Thränen, welche du umsonst vergiesest. Seye in dem Angesichte Roms eine Zuschauerin meiner Verbrechen und Grausamkeit. Hier wirst du das Herz des Silla in kurzem erkennen.
Letzter Auftritt
 
Lezter Auftritt.
Cecil, Aufid, Wache, die Vorigen.
 
Cecil, Aufid, Wache, die Vorigen.
Junia
 
Junia
(Mein Liebster!)
 
(Mein Liebster!)
Cinna
 
Cinna
(Wen sehe ich?)
 
(Wen sehe ich?)
Celia
 
Celia
(Was für ein Geheimnis!)
 
(Was für ein Geheimniß!)
Cecil
 
Cecil
(Wie nun?)
 
(Wie nun!)
Silla
 
Silla
Rom, der Senat, das Volk höre mich an. Hier erscheinet ein verwiesener Bürger, welcher die Gesetze übertreten und mit gewaffneter Hand in das Kapitol eingedrungen, um die grausamste Tat an mir auszuüben. Er verlangt keine Gnade. Er fürchtet sich nicht vor mir. Er lästert und verfluchet mich. Gegenwärtig ist der Augenblick, welcher sein Schicksal bestimmt. Silla bediene sich nun der Gewalt, welche Rom ihn anvertrauet. Junia schände und schmähe. Dieser unmenschliche Silla, dieser übermütige und so sehr verhasste Tyrann will, dass Cecil lebe und sich auf ewig mit dir vereinige.
 
Rom, der Senat, das Volk höre mich an. Hier erscheinet ein verwiesener Bürger, welcher die Geseze übertretten, und mit gewaffneter Hand in das Kapitol eingedrungen, um die grausamste That an mir auszuüben. Er verlangt keine Gnade. Er fürchtet sich nicht vor mir. Er lästert und verfluchet mich. Gegenwärtig ist der Augenblick, welcher sein Schicksal bestimmt. Silla bediene sich nun der Gewalt, welche Rom ihn anvertrauet. Junia schände und schmähe. Dieser unmenschliche Silla, dieser übermüthige und so sehr verhaßte Tyrann will, daß Cecil lebe, und sich auf ewig mit dir vereinige. (Er übergibt ihn der Junia.)
(Er übergibt ihn der Junia.)
 
Junia
 
Junia
Ist das wahr… Mein Leben…
 
Ist das wahr… Mein Leben…
Cecil
 
Cecil
Junia… Welch eine plötzliche Veränderung!
 
Junia… Welch eine plözliche Veränderung!
Aufid
 
Aufid
(Was geschieht?)
 
(Was geschiecht?)
Celia
 
Celia
(Dem Himmel sei Dank!)
 
(Dem Himmel sey Dank!)
Cinna
 
Cinna
(Ich bin außer mir!)
 
(Ich bin außer mir!)
Silla
 
Silla
Väter des Vaterlands! unterschreibet dieses Blatt. Es enthält die Namen aller euerer verwiesenen Mitbürger. Es seie ihnen erlaubt, in ihr Vaterland wieder zurückzukehren.
 
Vätter des Vatterlands! unterschreibet dieses Blatt. Es enthält die Nahmen aller euerer verwiesenen Mitbürger. Es seye ihnen erlaubt, in ihr Vatterland wieder zurück zukehren.
Cecil
 
Celia
Wie würdig bist du nun des höchsten Glanzes, unter welchem du sitzest.
 
Wie würdig bist du nun des höchsten Glanzes, unter welchem du sitzest.
Junia
 
Junia
Ich bin gezwungen, dich jetzt zu bewundern.
 
Ich bin gezwungen, dich jezt zu bewundern.
Aufid
 
Aufid
(Ach! ich sehe meinen Sturz voraus!)
 
(Ach! ich sehe meinen Sturz voraus!)
Silla
 
Silla
Bei dem offentlichen Vergnügen, bei den Lobeserhebungen, die man mir erteilet, schweiget allein Cinna, hält sich von meiner Seite entfernt und seufzet? (will ihn umarmen) Treuer Freund…
 
Bei dem offentlichen Vergnügen, bei den Lobeserhebungen, die man mir ertheilet, schweiget allein Cinna, hält sich von meiner Seite entfernt und seufzet? Treuer Freund… will ihn umarmen.
Cinna
 
Cinna
Ach! nenne mich nicht so. Wisse, dass ich allzeit einen heimlichen Hass auf dich verbarg. Auf mein Geheiß kehrte Cecil nach Rom zurück. Ins Kapitol drang ich ein, um dich zu durchbohren, und außen hatte ich hundert Waghälse zu meiner Hilfe bereit. Ich allein habe das Feuer der Uneinigkeit zu deinem Schaden entzündet…
 
Ach! nenne mich nicht so. Wiße, daß ich allzeit einen heimlichen Haß auf dich verbarg. Auf mein Geheiß kehrte Cecil nach Rom zurück. Ins Kapitol drang ich ein, um dich zu durchboren, und außen hatte ich hundert Waghälse zu meiner Hilffe bereit. Ich allein habe das Feuer der Uneinigkeit zu deinem Schaden entzündet…
Silla
 
Silla
Du hast genug gesagt.
 
Du hast genug gesagt.
Celia
 
Celia
(Lebe wohl, süße Hoffnung!)
 
(Lebe wohl süße Hoffnung!)
Silla
 
Silla
Empfange das Urteil deines Verrats: Celia, meine Schwester, sei deine zukünftige Gemahlin.
 
Empfange das Urtheil deines Verraths: Celia, meine Schwester, sey deine zukünftige Gemahlin.
Junia
 
Junia
(Schöne Tugend!)
 
(Schöne Tugend!)
Cecil
 
Cecil
(Wahre Großmut!)
 
(Wahre Grosmuth!)
Cinna
 
Cinna
Himmel, ich erröte… Wie kann ich?…
 
Himmel, ich erröthe… Wie kann ich?
Silla
 
Silla
Deine Reue ist mir genug. Ich vergesse alles.
 
Deine Reue ist mir genug. Ich vergeße alles.
Celia
 
Celia
(Wie erfreuet!) Endlich ist meine beständige Liebe belohnet. Die Tugend dieses Großmütigen…
 
(Wie erfreuet!) Endlich ist meine beständige Liebe belohnet. Die Tugend dieses Grosmüthigen…
Cinna
 
Cinna
Nimm meine Hand.
 
Nimm meine Hand.
Silla
 
Silla
Was sind alle meine Siege gegen den heutigen? Ewige Götter!
 
Was sind alle meine Siege gegen den heutigen? Ewige Götter!
Aufid
 
Aufid
Erlaube, dass auch ich zu deinen Füßen dich um Gnade anflehe. Auch ich bereue, dich durch niedere Schmeicheleien, durch meine Ratschläge…
 
Erlaube, daß auch ich zu deinen Füßen dich um Gnade anflehe. Auch ich bereue, dich durch niedere Schmeicheleyen, durch meine Rathschläge…
Silla
 
Silla
Stehe auf. Auch dich begnadige ich. Ihr Römer! ihr Freunde! nehmet von meinem Haupt die glorreiche Krone. Ich bin kein Diktator mehr, euer Gleichen. Nun hat Rom seine Freiheit wieder. Nun werden die Tränen der Bürger gestillet. Hoheit ist nicht allzeit das beste Gut, sondern manchmal die Mutter der Furcht, des Verdrusses und der Verräterei. Aus Liebe zu ihr weichet der blinde Sterbliche oftmals von dem Pfade der Gerechtigkeit und Tugend. Nur diese mit Unschuld verknüpfet ist der Seele angenehmer als der verführerische Glanz hoher Würden. Dieses erfahre ich heut.
 
Stehe auf. Auch dich begnadige ich. Ihr Römer! ihr Freunde! nehmet von meinem Haupt die glorreiche Krone. Ich bin kein Dictator mehr; euer Gleichen. Nun hat Rom seine Freiheit wieder. Nun werden die Thränen der Bürger gestillet. Hoheit ist nicht allzeit das beste Guth; sondern manchmal die Mutter der Furcht, des Verdrußes und der Verrätherey. Aus Liebe zu ihr weichet der blinde Sterbliche oftmahls von dem Pfade der Gerechtigkeit und Tugend. Nur diese mit Unschuld verknüpffet ist der Seele angenehmer, als der verführerische Glanz hoher Würden. Dieses erfahre ich heut.
Chor
 
Chor
    Silla, welcher Rom vergnüget,
 
    Silla, welcher Rom vergnüget,
das nun lebt und sich erfreut,
 
Das nun lebt, und sich erfreut,
hat zum größten Ruhme heut
 
Hat zum grösten Ruhme heut
schön sein eigen Herz besieget.
 
Schön sein eigen Herz besieget.
Cecil, Junia
 
Cecil
    Ihm war stets das Glück zuwider,
 
    Ihm war stets das Glück zuwider
 
zu 2.
 
Junia
mir scheint jetzt ein Gnadenblick.
 
Mir scheint jezt ein Gnadenblick
Silla, Cinna
 
Silla
    Freud und Wonne kommen wieder
 
    Freud und Wonne kommen wieder
 
zu 2.
 
Cinna
mit der Freiheit nun zurück.
 
Mit der Freiheit nun zurück.
Chor
 
Chor
    Silla, welcher Rom vergnüget,
 
    Silla, welcher Rom vergnüget,
hat sein eigen Herz besieget.
 
Hat sein eigen Herz besieget.
zu sechst
 
Cecil, Junia, Cinna, Celia, Silla, Aufid
 
Cec. Jun. Cin.
    Niedrer Liebe Leidenschaft
 
    Niedrer Liebe Leidenschaft
wird durch Tugend überwunden.
 
Wird durch Tugend überwunden.
 
(zu 6.)
 
Cec. Sil. Auf.
Wahrlich! so ein Sieg hat Kraft:
 
    Wahrlich,! so ein Sieg hat Kraft:
Ihm wird keiner gleich gefunden.
 
Ihm wird keiner gleich gefunden.
 
Chor
 
Chor
    Silla, welcher Rom vergnüget,
 
    Silla, welcher Rom vergnüget,
das nun lebt und sich erfreut,
 
Das nun lebt und sich erfreut,
hat zum größten Ruhme heut
 
Hat zum grösten Ruhme heut
schön sein eigen Herz besieget.
 
Schön sein eigen Herz besieget.
Ende der Oper.