Kritische Edition des vertonten Textes in deutscher Sprache (Partiturtext Deutsch)   Kritische Edition des deutschen Libretto-Drucks Augsburg [1780] (Libretto Deutsch)  
ERSTER AUFZUG
ERSTER AUFZUG
Ein angenehmer Garten im Schloss des Amtshauptmanns.
Ein angenehmer Garten im Schloss des Amtshauptmanns.
Erster Auftritt
Erster Auftritt
Der Amtshauptmann, der Ritter Ramiro und Serpetta; Sandrina und Nardo, welche letztere mit Arbeit beschäftiget sind.
Der Amtshauptmann, der Ritter Ramiro und Serpetta; Sandrina und Nardo, welche letztere mit Arbeit beschäftiget sind.
N° 1 Introduzione
Alle
Alle
    Welches Vergnügen,
    Welches Vergnügen,
welch froher TageDichterische Lizenz für "Tag",Variante in Quelle D:
Welches Vergnügen! O frohe Tage!
welch froher TageDichterische Lizenz für "Tag",
welch schöne Gegend,
welch schöne Gegend,
welch schöne Lage!Variante in Quelle D:
Reizende Gegend! Herrliche Lage!
welch schöne Lage!
Wonne und Liebe
Wonne und Liebe
verbreiten sich hier.
verbreiten sich hier.
Ramiro
Ramiro
    Verborgnes Leiden macht mich verzagen,
    Verborgnes Leiden macht mich verzagen,
mein Herz empfindet stets neue Plagen,
mein Herz empfindet stets neue Plagen,
Freud und Zufriedenheit fliehen von mir.
Freud und Zufriedenheit fliehen von mir.
Amtshauptmann
Amtshauptmann
    Wer kann dies Mädchen genugsam schätzen?
    Wer kann dies Mädchen genugsam schätzen?
Die schönste Zofe soll mich ergötzen:Variante in Quelle D (entspricht Libretto-Druck Augsburg [1780]):
An ihrem Reize sich satt ergötzen?
An ihrem Reize sich satt ergötzen?
Nur für Sandrinen mein Herz ist bewahrt.Variante in Quelle D (entspricht Libretto-Druck Augsburg [1780]):
Für sie allein ist mein Herz aufbewahrt.
Für sie allein sei mein Herz aufbewahrt.
Sandrina
Sandrina
    Ach welche Schwermut drückt meine Seele!
    Ach! welche Schwermut drückt meine Seele!
Davon die Ursach ich jetzt noch verhehle.Variante in Quelle D:
Davon die Ursach ich noch verhehle.
Ich noch die Ursach davon verhehle.
Verfolgt das Schicksal wohl jemand so hart?
Verfolgt das Schicksal wohl jemand so hart?
Nardo
Nardo
(auf Serpetta deutend)
(auf Serpetta deutend)
    Sie denkt nicht einmal, mich anzuschauen.
    Sie denkt nicht einmal, mich anzuschauen.
Auf Weibertreue ist nicht zu bauen;Variante in den Wiederholungen:
nein, ist nicht zu bauen;
Auf Weibertreue ist nicht zu bauen;
der falsche Wechselbalg hat mich zum Spott.Variante in Quelle D:
Die falsche Schlange die quält mich zu Tod.
der falsche Wechselbalg hat mich zum Spott.
Serpetta
Serpetta
(auf den Amtshauptmann deutend)
(auf den Amtshauptmann deutend)
    In dieses AffengesichtNMA:
Affeng'sicht
ist er vernarret:
    In dieses Affeng'sicht ist er vernarret:
steht unbeweglich und fast erstarret.
steht unbeweglich da und fast erstarret.
Sollt er betrügen mich, quäl ich ihn tot.Variante in Quelle D (entspricht Libretto-Druck Augsburg [1780]):
Betrügt der Falsche mich, quäl ich ihn tot.
Betrügt der Falsche mich, quäl ich ihn tot.
Ramiro
Ramiro
    Mein bittres Leiden muss ich verhehlen.
    Mein bittres Leiden muss ich verhehlen.
Amtshauptmann
Amtshauptmann
Gutes Sandrinchen! nichts soll dich quälen.
Gutes Sandrinchen! nichts soll dich quälen.
Sandrina
Sandrina
So vieler Gütigkeit bin ich nicht wert.
So vieler Gütigkeit bin ich nicht wert.
Ramiro
Ramiro
    Wird sich wohl enden mein herbes Leiden?
    Wann wird sich enden dies herbe Leiden?
Amtshauptmann
Amtshauptmann
Von dieser Schönheit kann ich nicht scheiden.
Von dieser Schönheit kann mich nichts scheiden.
Serpetta
Serpetta
Der Männer Falschheit ist ganz unerhört.
Der Männer Falschheit ist ganz unerhört.
Alle
Alle
    Welches Vergnügen, welch froher TageDichterische Lizenz für "Tag",Variante in Quelle D:
Welches Vergnügen! O frohe Tage!
    Welches Vergnügen, welch froher TageDichterische Lizenz für "Tag",
welch schöne Gegend, welch schöne Lage!Variante in Quelle D:
Reizende Gegend! Herrliche Lage!
welch schöne Gegend, welch schöne Lage!
Wonne und Liebe verbreiten sich hier.
Wonne und Liebe verbreiten sich hier.
Dialog
Amtshauptmann
Amtshauptmann
Ha! es lebe der gute Geschmack meiner artigen Gärtnerin! Wie hübsch sie meinen Garten herausgeputzt hat! Doch sie selbst ist wohl die schönste Blume darin? Flosculus Amoris. Nicht wahr, Ritter?
Ha! es lebe der gute Geschmack meiner artigen Gärtnerin! Wie hübsch sie meinen Garten herausgeputzt hat! Doch sie selbst ist wohl die schönste Blume darin? Flosculus Amoris. Nicht wahr, Ritter?
Ramiro
Ramiro
Sicher! doch so vortrefflich dieser Garten auch immer ist, so kann er mich doch nicht ganz von meiner Schwermut heilen.
Sicher! doch so vortrefflich dieser Garten auch immer ist, so kann er mich doch nicht ganz von meiner Schwermut heilen.
Amtshauptmann
Amtshauptmann
Eh! das ist Thorheit! Aber Sandrinchen! warum machst du denn so betrübte Gesichter?
Eh! das ist Thorheit! Aber Sandrinchen! warum machst du denn so betrübte Gesichter?
Serpetta
Serpetta
(auf Sandrina deutend)
(für sich)
Wenn sie nur beim Henker wäre! – Seitdem dies Fratzengesicht hier im Hause ist, (auf den Amtshauptmann deutend) sieht mich der Alte nicht einmal mehr an.
Wenn sie nur beim Henker wäre! – Seitdem dies Fratzengesicht hier im Hause ist, (auf den Amtshauptmann deutend) sieht mich der Alte nicht einmal mehr an.
Nardo
Nardo
(zu Serpetta)
(zu Serpetta)
Gibst du mir heute keinen Blick?
Gibst du mir heute keinen Blick?
Serpetta
Serpetta
Lass mich zufrieden.
Lass mich zufrieden.
Amtshauptmann
Amtshauptmann
(zu Sandrina)
(zu Sandrina)
Nun, wo fehlt's denn, mein Liebchen?
Nun, wo fehlt's denn, mein Liebchen?
Serpetta
Serpetta
(Mir scheint, sie hat Herzweh!)
(Mir scheint, sie hat Herzweh!)
Sandrina
Sandrina
Ich bin Ihrer Güte nicht wert: Es überfällt mich zuweilen eine gewisse Schwermut, die mich niederschlägt und mir alle Fröhlichkeit raubt.
Ich bin Ihrer Güte nicht wert: Es überfällt mich zuweilen eine gewisse Schwermut, die mich niederschlägt und mir alle Fröhlichkeit raubt.
Nardo
Nardo
(zu Serpetta)
(zu Serpetta)
Aber bedenke doch, mein Kind!
Aber bedenke doch, mein Kind!
Serpetta
Serpetta
(Mir vergeht alle Geduld.)
(Mir vergeht alle Geduld.)
Amtshauptmann
Amtshauptmann
Ritter, Sandrina! munter! aufgeräumt! Ich erwarte alle Augenblicke meine Nichte, die Braut des Grafen Belfior. Sie kann keine traurigen Gesichter leiden. Fort! was zum Henker soll dies melankolische Wesen zu einer Zeit, da alles tanzen, springen und lustig sein soll. Gaudeamus, laetemur!
Ritter, Sandrina! munter! aufgeräumt! Ich erwarte alle Augenblicke meine Nichte, die Braut des Grafen Belfior. Sie kann keine traurigen Gesichter leiden. Fort! was zum Henker soll dies melancholische Wesen zu einer Zeit, da alles tanzen, springen und lustig sein soll. Gaudeamus, laetemur!
Sandrina
Sandrina
(Dazu werd ich sehr wenig aufgelegt sein.)
(Dazu werd ich sehr wenig aufgelegt sein.)
Ramiro
Ramiro
(Mich kann nichts erheitern.)
(Mich kann nichts erheitern.)
Amtshauptmann
Amtshauptmann
Freund, ich fürchte immer, die Liebe hat Ihnen einen schlimmen Streich gespielt. Amor ludificus proditor.
Freund, ich fürchte immer, die Liebe hat Ihnen einen schlimmen Streich gespielt. Amor ludificus proditor.
Ramiro
Ramiro
Nur allzuwahr, Freund! Ich seufze um eine Ungetreue, eine Undankbare.
Nur allzuwahr, Freund! Ich seufze um eine Ungetreue, eine Undankbare.
Amtshauptmann
Amtshauptmann
Lächerlich! ha ha ha! – Wie lächerlich, sich um ein Frauenzimmer zu kränken! sich das Leben um sie verkürzen! Folgen Sie meinem Rat: Schenken Sie Ihr Herz einer andern. Vis vi repellatur! Die Liebe hat Sie verwundet, die Liebe soll Sie wieder heilen.
Lächerlich! ha ha ha! – Wie lächerlich, sich um ein Frauenzimmer zu kränken! sich das Leben um sie verkürzen! Folgen Sie meinem Rat: Schenken Sie Ihr Herz einer andern. Vis vi repellatur! Die Liebe hat Sie verwundet, die Liebe soll Sie wieder heilen.
Ramiro
Ramiro
Dafür bewahre mich der Himmel! Ich sollte mir neuerdings Fesslen anlegen? Nein nein! nie soll mir wieder ein solcher Gedanke kommen.Variante in Quelle C:
Dafür bewahre mich der Himmel! Ich sollte mir neuerdings Fesseln anlegen? Nie soll mir wieder so ein Gedanke kommen.
Dafür bewahre mich der Himmel! Ich sollte mir neuerdings Fesslen anlegen? Nein nein! nie soll mir wieder ein solcher Gedanke kommen.
N° 2 Aria
Ramiro
    Die Lerche, die von Maschen
    Die Lerche, die von Maschen
sich einmal freigewunden,
sich einmal losgedrungen,
lässt sich nicht zweimal haschen,
lässt sich nicht zweimal haschen,
sie nimmt sich wohl in acht.
sie nimmt sich wohl in acht.
    Da es mir itzt gelungen,
    Da es mir jetzt gelungen,
mich aus dem Netz zu ziehen,
mich aus dem Netz zu ziehen,
will ich in Zukunft fliehen
will ich in Zukunft fliehen
Amors betrogne Macht.
Amors betrogne Macht.
(geht ab)
(geht ab)
Zweiter Auftritt
Zweiter Auftritt
Der Amtshauptmann, Sandrina, Serpetta, Nardo.
Der Amtshauptmann, Sandrina, Serpetta, Nardo.
Dialog
Amtshauptmann
Amtshauptmann
Serpetta! Nardo! geschwind, hurtig! Seht zu, dass bei der Ankunft der Brautleute alles prächtig und in guter Ordnung sei.
Serpetta! Nardo! geschwind, hurtig! Seht zu, dass bei der Ankunft der Brautleute alles prächtig und in guter Ordnung sei.
Serpetta
Serpetta
(Haha! wir sind ihm hier ungelegen! Er will mit seinem Gärtnermädchen allein sein.)
(Haha! wir sind ihm hier ungelegen! Er will mit seinem Gärtnermädchen allein sein.)
Nardo
Nardo
Gehen wir, Serpetta.
Gehen wir, Serpetta.
(geht ab)
(geht ab)
Serpetta
Serpetta
Geh, brich dir den Hals, Dummkopf.
Geh, brich dir den Hals, Dummkopf.
(Sie geht bis in Grund des Theaters, verbirgt sich und lauret auf.)
(Sie geht bis in Grund des Theaters, verbirgt sich und lauret auf.)
Amtshauptmann
Amtshauptmann
Endlich sind wir allein! Nun wollen wir näher miteinander sprechen. Sandrinchen! deine Schönheit, dein Reiz, dein artiges, einnehmendes Wesen hat mich völlig bezaubert. Der Blitz deiner schönen Augen hat mein Herz in Brand gesteckt. Comburor ab intus! Und wenn du nicht löschen hilfst, so wird der ganze Palast meines Körpers zu Asche verbrennen.
Endlich sind wir allein! Nun wollen wir näher miteinander sprechen. Sandrinchen! deine Schönheit, dein Reiz, dein artiges, einnehmendes Wesen hat mich völlig bezaubert. Der Blitz deiner schönen Augen hat mein Herz in Brand gesteckt. Comburor ab intus! Und wenn du nicht löschen hilfst, so wird der ganze Palast meines Körpers zu Asche verbrennen.
Sandrina
Sandrina
Was sagen Sie, mein Herr? Ein armes Baurenmädchen.
Was sagen Sie, mein Herr? Ein armes Baurenmädchen.
Serpetta
Serpetta
(hervor)
(hervor)
Soll Sandrina nicht auch helfen?
Soll Sandrina nicht auch helfen?
Amtshauptmann
Amtshauptmann
Was willst du? Apage! Sandrina soll hier bleiben. Heu impudentem!
Was willst du? Apage! Sandrina soll hier bleiben. Heu impudentem!
Serpetta
Serpetta
Wie Sie befehlen. (für sich) Die verdammte Hexe!
Wie Sie befehlen. (für sich) Die verdammte Hexe!
(geht ab)
(geht ab)
Amtshauptmann
Amtshauptmann
Nun, Sandrinchen! du balsamisches oleum popoleum meines Herzens! Was meinst du? Sprich!
Nun, Sandrinchen! du balsamisches oleum popoleum meines Herzens! Was meinst du? Sprich!
Sandrina
Sandrina
Aber erwägen Sie einmal! Ihr Stand und der meinige; welcher Unterschied!
Aber erwägen Sie einmal! Ihr Stand und der meinige; welcher Unterschied!
Amtshauptmann
Amtshauptmann
Ei was Unterschied! Die Liebe kennt keinen.
Ei was Unterschied! Die Liebe kennt keinen.
Sandrina
Sandrina
Aber kann ein ehrbares Mädchen zugeben, dass Ihr ansehnliches Haus durch sie entehrt werde?
Aber kann ein ehrbares Mädchen zugeben, dass Ihr ansehnliches Haus durch sie entehrt werde?
Serpetta
Serpetta
(kehrt zurück wie zuvor)
(kehrt zurück wie zuvor)
Verzeihen Sie, Herr Amtshauptmann, wenn ich Sie störe.
Verzeihen Sie, Herr Amtshauptmann, wenn ich Sie störe.
Amtshauptmann
Amtshauptmann
Was zum Teufel schon wieder?
Was zum Teufel schon wieder?
Serpetta
Serpetta
Wo soll ich der Braut ihren Putztisch hinstellen?
Wo soll ich der Braut ihren Putztisch hinstellen?
Amtshauptmann
Amtshauptmann
(zornig)
(zornig)
He! in die Stube, in den Keller, ins Kamin, auf den Heuboden – wohin du willst.
He! in die Stube, in den Keller, ins Kamin, auf den Heuboden – wohin du willst.
Serpetta
Serpetta
Ich bitte um Vergebung.  (für sich) Das Affengesicht!
Ich bitte um Vergebung.  (für sich) Das Affengesicht!
(geht zurück)
(geht zürück)
Amtshauptmann
Amtshauptmann
Heus molestam! – Genug, mein Schatz! Deine Schönheit entehrt keineswegs, sondern erhebt vielmehr den Glanz meines hochansehnlichen Hauses.
Heus molestam! – Genug, mein Schatz! Deine Schönheit entehrt keineswegs, sondern erhebt vielmehr den Glanz meines hochansehnlichen Hauses.
Sandrina
Sandrina
Was verlangen Sie denn also?
Was verlangen Sie denn also?
Amtshauptmann
Amtshauptmann
Dich zu meinem süßen Weibchen zu machen.
Dich zu meinem süßen Weibchen zu machen.
Serpetta
Serpetta
(wie zuvor)
(wie zuvor)
Was werden Sie wohl denken, wenn ich – –
Was werden Sie wohl denken, wenn ich – –
Amtshauptmann
Amtshauptmann
Dass du ein unverschämtes, boshaftes und nasenweises Ding bist, die – –
Dass du ein unverschämtes, boshaftes und nasenweises Ding bist, die – –
Serpetta
Serpetta
Erlauben Sie nur ein paar Worte –
Erlauben Sie nur ein paar Worte –
Amtshauptmann
Amtshauptmann
Geh zum Henker, du Überlästige.
Geh zum Henker, du Überlästige.
Serpetta
Serpetta
Geduld, Geduld! ich gehe schon (für sich) Warte, Mensch! du sollst es mir entgelten.
Geduld, Geduld! ich gehe schon (für sich) Warte, Mensch! du sollst es mir entgelten.
(geht ab)
(geht ab)
Sandrina
Sandrina
Mit Dero Erlaubnis, mein Herr!
Mit Dero Erlaubnis, mein Herr!
(will fort)
(will fort)
Amtshauptmann
Amtshauptmann
Wohin, mein Herzchen? Warte, höre mich! Ach! wenn du wüßtest – (Ich weiß nicht, wo mir der Kopf steht.) Alles geht bei mir drunter und drüber. Mein Herz schlägt mir, ich weiß nicht, ist's Freude, Furcht oder Hoffnung.Variante in Quelle C:
Wohin, wohin! Mein Herzchen, warte! Höre mich! Ach! wenn du wüßtest – (Ich weiß nicht, wo mir der Kopf steht.) Alles geht bei mir drunter und drüber. Mein Herz schlägt mir, ich weiß nicht ist's Freude, Furcht, oder Hoffnung.
Wohin, mein Herzchen? Warte, höre mich! Ach! wenn du wüßtest – (Ich weiß nicht, wo mir der Kopf steht.) Alles geht bei mir drunter und drüber. Mein Herz schlägt mir, ich weiß nicht, ist's Freude, Furcht oder Hoffnung.
N° 3 Aria
Amtshauptmann
    In meiner Brust erschallet
    In meiner Brust erhallet
ein liebliches ErtönenVariante in den Wiederholungen:
ein Ertönen
ein liebliches Ertönen
der Flaute und der Hoboe.
der Flauten und der Oboe.
    Die Lust mein Herz durchwallet.
    Die Lust mein Herz durchwallet.
Kann ich die Freud gewöhnen?
Kann ich die Freud gewöhnen?
Ich weiß nicht, wo ich steh!Variante in den Wiederholungen:
ich weiß nicht, wo ich steh, wo, wo, wo, wo?
Ich weiß nicht, wo ich steh!
    Doch wie! was muss ich hören?
    Doch wie! was muss ich hören?
Welch schwarze Harmonie,
Welch schwarze Harmonie,
die mich erzittern macht.
die mich erzittern macht.
    Es sind hier die Bratschisten,
    Es sind hier die Bratschisten,
mit düstrer Melodie,
mit düstrer Melodie,
die mich in Angst gebracht.
die mich in Angst gebracht.
    Itzt kömmt ein großes Lärmen
    Jetzt kömmt ein großes Lärmen
von Pauken und Trompeten,Variante in den Wiederholungen:
von Pauken, Trompeten,
von Pauken und Trompeten,
von Bässen und Fagotten,
von Bässen und Fagotten,
das mich fast närrisch macht.
das mich fast närrisch macht.
(geht ab)
(geht ab)
Dritter Auftritt
Dritter Auftritt
Sandrina, hernach Nardo.
Sandrina, hernach Nardo.
Dialog
Sandrina
Sandrina
Grausames Schicksal! wie lange wirst du mich noch verfolgen? Von dem einzigen Gegenstande, der mir so teuer ist, aus blinder Eifersucht verwundet und dann verlassen, muss ich meinen Stand verleugnen und unter erborgter Kleidung bei niedriger Arbeit meine Täge hinweinen. Und doch wollte ich alles vergessen, könnte ich den Undankbaren nur noch einmal sehen –
Grausames Schicksal! wie lange wirst du mich noch verfolgen? Von dem einzigen Gegenstande, der mir so teuer ist, aus blinder Eifersucht verwundet und dann verlassen, muss ich meinen Stand verleugnen und unter erborgter Kleidung bei niedriger Arbeit meine Täge hinweinen. Und doch wollte ich alles vergessen, könnte ich den Undankbaren nur noch einmal sehen –
Nardo
Nardo
Gnädige Frau! –
Gnädige Frau! –
Sandrina
Sandrina
Unvorsichtiger, schweige! Wenn dich jemand hörte –
Unvorsichtiger, schweige! Wenn dich jemand hörte –
Nardo
Nardo
Wer soll uns hören? Wir sind ja allein.
Wer soll uns hören? Wir sind ja allein.
Sandrina
Sandrina
Du weißt, dass heute die Jahrszeit jener traurigen Nacht ist, wo der unwürdige Graf Belfior, aus toller Eifersucht gereizt, auf mich den Degen zog, mir eine tödliche Wunde versetzte, und, als er mich tot glaubte, eilfertig die Flucht nahm?
Du weißt, dass heute die Jahrszeit jener traurigen Nacht ist, wo der unwürdige Graf Belfior, aus toller Eifersucht gereizt, auf mich den Degen zog, mir eine tödliche Wunde versetzte, und, als er mich tot glaubte, eilfertig die Flucht nahm?
Nardo
Nardo
O des abscheulichen Zufalls! Ich muss weinen, so oft ich daran denke.
O des abscheulichen Zufalls! Ich muss weinen, so oft ich daran denke.
Sandrina
Sandrina
Du weißt, mein treuer Robert, dass ich bloß in der Absicht, meinen Geliebten aufzusuchen, mich in diese Kleider gestecket, und mit dir, den man für meinen Vetter hält, mich unerkannt in die Welt gewagt habe. Nun bin ich kaum eine kurze Zeit hier und schon droht mir ein neues Ungewitter.
Du weißt, mein treuer Robert, dass ich bloß in der Absicht, meinen Geliebten aufzusuchen, mich in diese Kleider gestecket, und mit dir, den man für meinen Vetter hält, mich unerkannt in die Welt gewagt habe. Nun bin ich kaum eine kurze Zeit hier und schon droht mir ein neues Ungewitter.
Nardo
Nardo
Ungewitter? Wo soll das herkommen? Wir sind in guten Händen. Der Herr Amtshauptman liebt Sie ja, und er –
Ungewitter? Wo soll das herkommen? Wir sind in guten Händen. Der Herr Amtshauptman liebt Sie ja, und er –
Sandrina
Sandrina
Eben seine Liebe ist's, die mich zwingt, auf meine Abreise zu denken. Wie kann ich die ewigen Seufzer und die unaufhörlichen Zudringlichkeiten eines ungestümen, lächerlichen Liebhabers länger aushalten, ohne – –
Eben seine Liebe ist's, die mich zwingt, auf meine Abreise zu denken. Wie kann ich die ewigen Seufzer und die unaufhörlichen Zudringlichkeiten eines ungestümen, lächerlichen Liebhabers länger aushalten, ohne – –
Nardo
Nardo
Ei zum Henker! wer kann Sie denn zwingen, ihn zu lieben? Machen Sie es wie andere Frauenzimmer: Schmeichlen Sie ihm zum Scheine! verstellen Sie sich – bohren Sie ihm den Narren! wie es jetzt bei den Weibern Mode ist! –
Ei zum Henker! wer kann Sie denn zwingen, ihn zu lieben? Machen Sie es wie andere Frauenzimmer: Schmeichlen Sie ihm zum Scheine! verstellen Sie sich – bohren Sie ihm den Narren! wie es jetzt bei den Weibern Mode ist! –
Sandrina
Sandrina
Diese Mode ist nicht für mich! Und ich wollte auch selbst zum Zeitvertreib es nicht wagen, mich in eine neue Liebe einzulassen. Ich kenne zu sehr die Gefahr, die man bei Männern läuft! Ich will sie alle fliehen –
Diese Mode ist nicht für mich! Und ich wollte auch selbst zum Zeitvertreib es nicht wagen, mich in eine neue Liebe einzulassen. Ich kenne zu sehr die Gefahr, die man bei Männern läuft! Ich will sie alle fliehen –
(will gehen)
(will gehen)
Vierter Auftritt
Vierter Auftritt
Ramiro, Vorige.
Ramiro, Vorige.
Ramiro
Ramiro
(der die letzten Worte mit angehört und Sandrinen aufhält)
(der die letzten Worte mit angehört und Sandrinen aufhält)
Lieben müssen Sie die Männer, nicht fliehen.
Lieben müssen Sie die Männer, nicht fliehen.
Nardo
Nardo
Das war ein gescheides Wort.
Das war ein gescheides Wort.
Ramiro
Ramiro
Was für Grund haben Sie denn, die Männer zu hassen?
Was für Grund haben Sie denn, die Männer zu hassen?
Sandrina
Sandrina
Ihre Untreue, Eifersucht und Falschheit.
Ihre Untreue, Eifersucht und Falschheit.
Ramiro
Ramiro
Und doch gibt es Männer, die alle diese Fehler nicht haben. Ich selbst darf mich darunter zählen: Ich liebte eine junge, reizende Person von Stande, mit dem reinesten, aufrichtigsten Herzen. Die Zeit unsrer Verbindung war da; doch (unglückliche Erinnerung!) statt ihre Hand mir zu reichen, vergaß sie Ehre, Pflicht und Schwüre, verließ mich beschimpft, verraten, und – –
Und doch gibt es Männer, die alle diese Fehler nicht haben. Ich selbst darf mich darunter zählen: Ich liebte eine junge, reizende Person von Stande, mit dem reinesten, aufrichtigsten Herzen. Die Zeit unsrer Verbindung war da; doch (unglückliche Erinnerung!) statt ihre Hand mir zu reichen, vergaß sie Ehre, Pflicht und Schwüre, verließ mich beschimpft, verraten, und – –
Sandrina
Sandrina
Da haben wir es! Wir armen Mädchen müssen die Schuld tragen! Wir sind der Ursprung allen Übels. Armes Frauenzimmer! wie hart ist doch unser Schicksal! Weder Schönheit noch Verstand kann uns glücklich machen.Variante in Quelle C:
Da haben wir's, wir armen Mädchen müssen die Schuld tragen, wir sind der Ursprung allen Übels. Armes Frauenzimmer! wie hart ist doch unser Schicksal! Weder Schönheit noch Verstand kann uns glücklich machen.
Da haben wir es! Wir armen Mädchen müssen die Schuld tragen! Wir sind der Ursprung allen Übels. Armes Frauenzimmer! wie hart ist doch unser Schicksal! Weder Schönheit noch Verstand kann uns glücklich machen.
N° 4 Aria
Sandrina
    Wir armen, guten Mädchen,
    Wir arme, gute Mädchen,
wie sind wir nicht geschoren!
wie sind wir nicht geschoren!
Kaum da wir sind geboren,
Kaum da wir sind geboren,
fängt unser Leiden an.Variante in den Wiederholungen:
fängt, ach, unser Leiden an.
fängt unser Leiden an.
    Unwissend in der Kindheit,
    Unwissend in der Kindheit,
geplagt in unsrer Jugend,
geplagt in unsrer Jugend,
sind in der Jahre Blüte,
sind in der Jahre Blüte,
die Wilden und die Schönen,
die Wilde wie die Schöne,
von der verwünschten Liebe
von der verwünschten Liebe
zu Asche fast verbrannt.Variante in den Wiederholungen:
zu Asche verbrannt.
zu Asche fast verbrennt.
    Ach arme, gute Mädchen,
    Ach! arme, gute Mädchen,
wär es nicht besser für uns,
wär es für uns nicht besser,
wir wären nicht auf der Welt!
wir wären nicht auf der Welt!
(geht ab)
(geht ab)
Dialog
Ramiro
Ramiro
Hätte ich nie eine Arminda gekannt, so wäre ich ruhig und glücklich!
Hätte ich nie eine Arminda gekannt, so wäre ich ruhig und glücklich!
(geht ab)
(geht ab)
Fünfter Auftritt
Fünfter Auftritt
Nardo.
Nardo.
Dialog
Nardo
Zum Henker! meine Gräfin will schon wieder Reißaus nehmen? Der verdammte Streich! Ha, vielleicht! – ja, nichts vielleicht! – ich bin selbst verlegner als sie. Serpetta hat mir das rechte Gift gegeben! Ich möchte vor Liebe krepieren, und doch ist die Unbarmherzige so hart, so unempfindlich wie ein Klotz, immer weicht sie mir aus. Was soll ich doch tun, um sie in mich verliebt zu machen? – Ich will bitten, seufzen, weinen, dass es – Aber was wird es helfen? Heutzutage hat das Weibsvolke Herzen wie Marmor, Stahl und Eisen.Variante in Quelle C:
Ich will bitten, seufzen, weinen, dass es – Aber was wird's helfen! Heutzutage hat das Weibsvolk Herzen von Marmor.
Zum Henker! meine Gräfin will schon wieder Reißaus nehmen? Der verdammte Streich! Ha, vielleicht! – ja, nichts vielleicht! – ich bin selbst verlegner als sie. Serpetta hat mir das rechte Gift gegeben! Ich möchte vor Liebe krepieren, und doch ist die Unbarmherzige so hart, so unempfindlich wie ein Klotz, immer weicht sie mir aus. Was soll ich doch tun, um sie in mich verliebt zu machen? – Ich will bitten, seufzen, weinen, dass es – Aber was wird es helfen? Heutzutage hat das Weibsvolke Herzen wie Marmor, Stahl und Eisen.
N° 5 Aria
Nardo
    Der Hammer zwingt das Eisen,
    Der Hammer zwingt das Eisen,
erweicht durch Feuershitze.
erweicht durch Feuershitze.
Der Marmor lässt sich formen
Der Marmor lässt sich formen
durch scharfer Meißel Spitze.
durch scharfe Meißelspitze.
Doch wer kann mir erweisen,
Doch wer kann mir erweisen,
dass Hammer oder Eisen,
dass Hammer oder Eisen,
dass selbst das Liebesfeuer
wohl selbst der Liebe Feuer
hab jemals überwunden
hab jemals überwunden
der Weiber Eigensinn?Variante in den Wiederholungen:
den Eigensinn?
der Weiber Eigensinn?
    Sind wir nicht alle Narren,
    Sind wir nicht alle Narren,
recht blinde, dumme Narren,
recht blinde, dumme Narren,
betrogen von der Weiberlist?
betrogen durch der Weiber List?
Verachtet sie, verspottet sie,
Verlachet sie, verspottet sie,
verlachet sie und fliehet sie.
verachtet sie und fliehet sie.
Sie sind kein Teufel wert.Variante in Quelle D:
Sie sind kein Teufeldie Treu nicht wert.

Varianten in den Wiederholungen der Quelle D:
Sie sind kein Teufelunsere Treu nicht wert.
Sie sind kein Teufelkeine Treue wert.
Sie sind kein Teufel wert!
(geht ab)
(geht ab)


Saal im Schloss des Amtshauptmanns.


Saal im Schloss des Amtshauptmanns.
Sechster Auftritt
Sechster Auftritt
Der Amtshauptmann, Arminda, hernach Serpetta.
Der Amtshauptmann, Arminda, hernach Serpetta.
Dialog
Amtshauptmann
Amtshauptmann
Nun, liebe Nichte! ruhen Sie hier ein wenig aus. Ich hoffe, Ihr Bräutigam wird bald eintreffen.
Nun, liebe Nichte! ruhen Sie hier ein wenig aus. Ich hoffe, Ihr Bräutigam wird bald eintreffen.
Arminda
Arminda
Das ist in der Tat wider allen Wohlstand, dass er mich auf sich warten lässt.
Das ist in der Tat wider allen Wohlstand, dass er mich auf sich warten lässt.
Amtshauptmann
Amtshauptmann
Vielleicht weiß er noch nicht –
Vielleicht weiß er noch nicht –
Arminda
Arminda
Er weiß freilich noch nicht, dass ich sehr empfindlich bin und meine eigne Grillen habe.
Er weiß freilich noch nicht, dass ich sehr empfindlich bin und meine eigne Grillen habe.
Amtshauptmann
Amtshauptmann
Sein Sie nicht böse, liebste Nichte! Es lässt sich alles mit guter Art richten. Patientia, moderatio!
Sein Sie nicht böse, liebste Nichte! Es lässt sich alles mit guter Art richten. Patientia, moderatio!
Arminda
Arminda
Setzen wir uns!
Setzen wir uns!
Amtshauptmann
Amtshauptmann
He! wo bleiben denn die Stühle, werden sie bald kommen?
He! wo bleiben denn die Stühle, werden sie bald kommen?
Serpetta
Serpetta
(bringt Sessel)
(bringt Sessel)
Hier sind sie, hier sind sie! Das ist ein Geschrei, als wenn man taub wär.
Hier sind sie, hier sind sie! Das ist ein Geschrei, als wenn man taub wär.
Arminda
Arminda
Wer ist sie?
Wer ist sie?
Serpetta
Serpetta
Kammerjungfer, Wirtschafterin, was Sie wollen.
Kammerjungfer, Wirtschafterin, was Sie wollen.
Amtshauptmann
Amtshauptmann
Iuris utriusque.
Iuris utriusque.
Arminda
Arminda
Und Ihr beobachtet nicht Eure Schuldigkeit? Ihr kömmt nicht, mir die Hand zu küssen?
Und Ihr beobachtet nicht Eure Schuldigkeit? Ihr kömmt nicht, mir die Hand zu küssen?
Serpetta
Serpetta
(will ihr die Hand küssen)
(will ihr die Hand küssen)
Eben wollt ich es tun.
Eben wollt ich es tun.
Arminda
Arminda
Gut, gut!
Gut, gut!
Amtshauptmann
Amtshauptmann
Geh nur.
Geh nur.
Serpetta
Serpetta
Wie Sie befehlen.
Wie Sie befehlen.
Arminda
Arminda
He! Mädchen!
He! Mädchen!
Serpetta
Serpetta
(Hier wird es Geduld brauchen!) Was befehlen Euer Gnaden?
(Hier wird es Geduld brauchen!) Was befehlen Euer Gnaden?
Arminda
Arminda
Hast du noch nichts von meinem Bräutigam gesehen?
Hast du noch nichts von meinem Bräutigam gesehen?
Serpetta
Serpetta
Nein, Ihro Gnaden! aber ich glaube –
Nein, Ihro Gnaden! aber ich glaube –
Arminda
Arminda
Geh nur!
Geh nur!
Amtshauptmann
Amtshauptmann
Ja, geh nur!
Ja, geh nur!
Serpetta
Serpetta
(Wir zwei werden nicht gut miteinander auskommen.)
(Wir zwei werden nicht gut miteinander auskommen.)
(geht ab)
(geht ab)
Arminda
Arminda
Sagen Sie mir, Herr Oheim! ist mein Bräutigam schön, artig, wohlerzogen?
Sagen Sie mir, Herr Oheim! ist mein Bräutigam schön, artig, wohlerzogen?
Amtshauptmann
Amtshauptmann
O was das betrifft – –
O was das betrifft – –
Serpetta
Serpetta
(zurücklaufend)
(zurücklaufend)
Geschwind! Euer Gnaden! Eben ist ein Wagen angekommen.
Geschwind! Euer Gnaden! Eben ist ein Wagen angekommen.
Arminda
Arminda
Das wird wohl der Graf sein!
Das wird wohl der Graf sein!
Amtshauptmann
Amtshauptmann
Ich will ihm entgegen gehen. Holla! he! wo sind meine Leute, dass jeder seine Schuldigkeit beobachte – (zu Arminda) Hören Sie, Nichte! – (zu Serpetta) Rufe Kammerdiener, Laquaien und alle –Variante in Quelle C:
Ich will ihm entgegen gehen! Holla he! wo sind meine Leute, dass jeder seine Schuldigkeit beobachte. Hören Sie, Nichte! Rufe Kammerdiener, Laquaien und alle.
Ich will ihm entgegen gehen. Holla! he! wo sind meine Leute, dass jeder seine Schuldigkeit beobachte – (zu Arminda) Hören Sie, Nichte! – (zu Serpetta) Rufe Kammerdiener, Laquaien und alle –
Serpetta
Serpetta
Hier kömmt schon der Herr Bräutigam.
Hier kömmt schon der Herr Bräutigam.
Amtshauptmann
Amtshauptmann
Zum Teufel! meine Leute! – Nun muss ich mir ein Ansehen geben.
Zum Teufel! meine Leute! – Nun muss ich mir ein Ansehen geben.
Siebenter Auftritt
Siebenter Auftritt
Graf Belfior, Vorige.
Graf Belfior, Vorige.
N° 6 Cavatina
Belfiore
Belfiore
    Welche Pracht, welch seltne Schönheit!
    Welche Pracht, welch seltne Schönheit!
Welcher Glanz, ihr großen Götter!
Welcher Glanz! ihr große Götter!
Selbst die Sonne muss ihr weichen,
Selbst die Sonne muss ihr weichen,
kann ihr Feuer nicht erreichen,
kann ihr Feuer nicht erreichen,
das mein Herz zu Asche brennt.
das mein Herz zu Asche brennt.
Dialog
Belfiore
Arminda! meine englische Braut! der Graf Belfior wirft sich der aufgehenden Sonne seiner künftig glücklichen Tage in Ehrfurcht zu Füßen.
Arminda! meine englische Braut! der Graf Belfior wirft sich der aufgehenden Sonne seiner künftig glücklichen Tage in Ehrfurcht zu Füßen.
Arminda
Arminda
Englischer Graf! stehen Sie auf! Sie sollen einen Platz in meinem Herzen finden. (Ein artiges Närrchen: Er gefällt mir nicht übel.)
Englischer Graf! stehen Sie auf! Sie sollen einen Platz in meinem Herzen finden. (Ein artiges Närrchen: Er gefällt mir nicht übel.)
Amtshauptmann
Amtshauptmann
(ganz gravitätisch)
(ganz gravitätisch)
Illustrissime nec non venerandissime comes ac futurissime nepos. Empfangen Sie in dieser Umarmung die Versicherung meiner Hochachtung und Freundschaft.
Illustrissime nec non venerandissime comes ac futurissime nepos. Empfangen Sie in dieser Umarmung die Versicherung meiner Hochachtung und Freundschaft.
(Er will ihn umarmen, der Graf entschlüpft ihm.)
(Er will ihn umarmen, der Graf entschlüpft ihm.)
Belfiore
Belfiore
(zu Arminda)
(zu Arminda)
Erlauben Sie, schönste Braut, dass ich auf diese schneeweiße Alabasterhand – (zum Amtshauptmann) Ach verzeihen Sie, ich irrte mich, ich, ich – die Schuldigkeit erfordert, dass ich – (zu Serpetta) Artiges Mädchen! ich bin Ihr – (Er läuft hin und her.) Englisches Fräulein – mein Herr – hübsches Kind – ich bin – ganz – verwirrt –! Ich weiß nicht, was ich sagen soll!
Erlauben Sie, schönste Braut, dass ich auf diese schneeweiße Alabasterhand – (zum Amtshauptmann) Ach verzeihen Sie, ich irrte mich, ich, ich – die Schuldigkeit erfordert, dass ich – (zu Serpetta) Artiges Mädchen! ich bin Ihr – (Er läuft hin und her.) Englisches Fräulein – mein Herr – hübsches Kind – ich bin – ganz – verwirrt –! Ich weiß nicht, was ich sagen soll!
Serpetta
Serpetta
(Ich muss von Herzen über den Narren lachen.)
(Ich muss von Herzen über den Narren lachen.)
Amtshauptmann
Amtshauptmann
(zu Belfiore)
(zu Belfiore)
Nun, Herr Graf! wie gefällt Ihnen meine Nichte?
Nun, Herr Graf! wie gefällt Ihnen meine Nichte?
Belfiore
Belfiore
Unvergleichlich! ein Meisterstück der Natur! eine hohe Stirne, blitzende Augen, rosenfarbe Wangen, eine majestätische Nase! Ach sie beschämt Lilien und Rosen.
Unvergleichlich! ein Meisterstück der Natur! eine hohe Stirne, blitzende Augen, rosenfarbe Wangen, eine majestätische Nase! Ach sie beschämt Lilien und Rosen.
Arminda
Arminda
Und Sie sind eine Sonnenblum, ein Wetterhahne, der sich nach allen Winden dreht.
Und Sie sind eine Sonnenblum, ein Wetterhahne, der sich nach allen Winden dreht.
Belfiore
Belfiore
Wie meinen Sie das, meine Göttin?
Wie meinen Sie das, meine Göttin?
Arminda
Arminda
Ich meine, dass Sie leichtsinnig und flatterhaft sind. (zum Amtshauptmann) Was sagen Sie, Herr Oheim?
Ich meine, dass Sie leichtsinnig und flatterhaft sind. (zum Amtshauptmann) Was sagen Sie, Herr Oheim?
Amtshauptmann
Amtshauptmann
Erlauben Sie mir doch, ein wenig Ihr Gesicht zu sehen. Secundum lineamenta zu urteilen, halte ich ihn für einen Getreuen.
Erlauben Sie mir doch, ein wenig Ihr Gesicht zu sehen. Secundum lineamenta zu urteilen, halte ich ihn für einen Getreuen.
Belfiore
Belfiore
Sagen Sie: für den Getreuesten –
Sagen Sie: für den Getreuesten –
Amtshauptmann
Amtshauptmann
Beständigen und Standhaften –
Beständigen und Standhaften –
Belfiore
Belfiore
Standhaftesten Liebhaber! Gleich einem Felsen, welcher – oder vielmehr einem Schiffe, das vom heftigsten Sturm an eine Klippe geworfen, in Stücke zerschmettert – nein, nein, das aller Gefahr trotzet und den brausenden Wellen entwischt. Sie werden dieses schöne Gleichnis verstehen.
Standhaftesten Liebhaber! Gleich einem Felsen, welcher – oder vielmehr einem Schiffe, das vom heftigsten Sturm an eine Klippe geworfen, in Stücke zerschmettert – nein, nein, das aller Gefahr trotzet und den brausenden Wellen entwischt. Sie werden dieses schöne Gleichnis verstehen.
Amtshauptmann
Amtshauptmann
Wenn es auf Gleichnisse ankömmt, so könnte man dem Ihrigen andere entgegen setzen! Exempli gratia: Sie sind ein stürmender Nordwind – oder melius ein feuerspeiender Vesuvius – ein Wirbelwind – ein Orkan – nein, nein! ein sanft säuslender Zephir. Das ist das schönste Gleichnis.
Wenn es auf Gleichnisse ankömmt, so könnte man dem Ihrigen andere entgegen setzen! Exempli gratia: Sie sind ein stürmender Nordwind – oder melius ein feuerspeiender Vesuvius – ein Wirbelwind – ein Orkan – nein, nein! ein sanft säuslender Zephir. Das ist das schönste Gleichnis.
Arminda
Arminda
Gut, es wird sich zeigen. Nun, Graf! sagen Sie mir! lieben Sie mich?
Gut, es wird sich zeigen. Nun, Graf! sagen Sie mir! lieben Sie mich?
Belfiore
Belfiore
Ob ich Sie liebe? Gleich beim ersten Anblicke hat mich das Feuer Ihrer Augen entzündet, bezaubert, be – be –
Ob ich Sie liebe? Gleich beim ersten Anblicke hat mich das Feuer Ihrer Augen entzündet, bezaubert, be – be –
Amtshauptmann
Amtshauptmann
Bene.
Bene.
Arminda
Arminda
Geduld! Kennen Sie schon mein Temperament?
Geduld! Kennen Sie schon mein Temperament?
Belfiore
Belfiore
O Sie sind die Allerliebste – –
O Sie sind die Allerliebste – –
Arminda
Arminda
Ich bin wunderlich, eigensinnig, empfindlich – –
Ich bin wunderlich, eigensinnig, empfindlich – –
Belfiore
Belfiore
Das ist mir lieb!
Das ist mir lieb!
Amtshauptmann
Amtshauptmann
Optime!
Optime!
Arminda
Arminda
Ich bin freundlich, gutherzig, habe aber auch gute Hände –
Ich bin freundlich, gutherzig, habe aber auch gute Hände –
Amtshauptmann
Amtshauptmann
Optimissime! (zu Belfiore)Gratulor ex animo!
Optimissime! (zu Belfiore)Gratulor ex animo!
Arminda
Arminda
Die Sie für jede Untreu züchtigen wird.
Die Sie für jede Untreu züchtigen wird.
Amtshauptmann
Amtshauptmann
Welch edle Offenherzigkeit! Da siehet man wohl, dass sie meine Nichte ist. Non procul a stipite pomum!
Welch edle Offenherzigkeit! Da siehet man wohl, dass sie meine Nichte ist. Non procul a stipite pomum!
Belfiore
Belfiore
Schön brav! Zum Entzücken! Welcher Geist! welche Grazie! Ich bin ganz hingerissen.
Schön brav! Zum Entzücken! Welcher Geist! welche Grazie! Ich bin ganz hingerissen.
Arminda
Arminda
Sie wissen jetzt, woran Sie sind. Ich werde Sie lieben! Aber weh Ihnen, wenn ich Sie auf einer Untreue ertappe! Sie bekommen es mit mir zu tun, und wenn es mitten auf der Straße wäre.Variante in Quelle C:
Sie wissen jetzt, woran Sie sind. Ich werde Sie lieben; aber wehe Ihnen, wenn ich Sie auf einer Untreue ertappe. Sie bekommen Schläge, und wenn es mitten auf der Straße wäre.
Sie wissen jetzt, woran Sie sind. Ich werde Sie lieben! Aber weh Ihnen, wenn ich Sie auf einer Untreue ertappe! Sie bekommen es mit mir zu tun, und wenn es mitten auf der Straße wäre.
N° 7 Aria
Arminda
    Wenn die Männer sich verlieben,
    Wenn die Männer sich verlieben,
schwören Sie ganz leicht die Treu;
schwören Sie ganz leicht die Treu;
und durch schmeichelndes Entzücken
und durch schmeichlendes Entzücken
läßt ein Mädchen sich berücken,
läßt ein Mädchen sich berücken,
glaubt geschwind, dass es so sei.
glaubt geschwind, dass es so sei.
    Doch bei mir geht es nicht so:
    Doch bei mir kann das nicht gehen:
Vor muss alles richtig stehen,Variante in Quelle D (entspricht Libretto-Druck Augsburg [1780]):
Erst muss alles richtig stehen,
Erst muss alles richtig stehen,
eh ich sag ja oder nein.
eh ich ja sag oder nein.
    Sie allein nur sind mein Leben,Variante in den Wiederholungen:
Sie sind mein Leben,
    Sie allein nur sind mein Leben,
Ihnen will ich mich ergeben.
Ihnen will ich mich ergeben.
Wenn Sie aber mich belügen,Variante in Quelle D:
Wenn Sie aber mich betrügen,
Wenn Sie aber mich belügen,
nach der Mode mich betrügen,Variante in Quelle D:
nach der Mode mich belügen,
nach der Mode mich betrügen,
räch ich mich mit eigner Hand.Varianten in den Wiederholungen:
räch ich mich mit eigner Hand, ja, ja!.
räch ich mich mit eigner Hand, ja, ja, gewiss!
räch ich mich mit eigner Hand.
(geht ab)
(geht ab)
Achter Auftritt
Achter Auftritt
Graf Belfior, der Amtshauptmann, hernach Serpetta.
Graf Belfior, der Amtshauptmann, hernach Serpetta.
Dialog
Amtshauptmann
Amtshauptmann
Nun, Herr Graf, was halten Sie von meiner Nichte?
Nun, Herr Graf, was halten Sie von meiner Nichte?
Belfiore
Belfiore
Ihr Feuer reißt mich hin! Welch Glück für mich, ein Frauenzimmer wie sie gefunden zu haben! Doch, was sage ich? sie ist eine Göttin, die an Witz, Verstand, Schönheit und Reiz von keiner Sterblichen übertroffen wird. Kurz, sie ist das achte Weltwunder.
Ihr Feuer reißt mich hin! Welch Glück für mich, ein Frauenzimmer wie sie gefunden zu haben! Doch, was sage ich? sie ist eine Göttin, die an Witz, Verstand, Schönheit und Reiz von keiner Sterblichen übertroffen wird. Kurz, sie ist das achte Weltwunder.
Amtshauptmann
Amtshauptmann
Ich sollte es zwar nicht sagen, weil ich ihr Oheim bin, doch hat sie in der Tat ganz was außerordentliches. Es ist eine Freude, sie zu hören. Ihre Reden sind Sentenzen und Machtsprüche! Sie ist ein zweiter Cicero.
Ich sollte es zwar nicht sagen, weil ich ihr Oheim bin, doch hat sie in der Tat ganz was außerordentliches. Es ist eine Freude, sie zu hören. Ihre Reden sind Sentenzen und Machtsprüche! Sie ist ein zweiter Cicero.
Belfiore
Belfiore
Ja, das ist die Wahrheit! Und damit Sie es nur wissen: Ich verliebte mich schon in ihren Verstand, ehe ich sie kannte. Glauben Sie gewiss: Ich habe mehr als hundert der schönsten Mädchen wegen ihr den Korb gegeben.
Ja, das ist die Wahrheit! Und damit Sie es nur wissen: Ich verliebte mich schon in ihren Verstand, ehe ich sie kannte. Glauben Sie gewiss: Ich habe mehr als hundert der schönsten Mädchen wegen ihr den Korb gegeben.
Amtshauptmann
Amtshauptmann
Haud minimum dubito.
Haud minimum dubito.
Belfiore
Belfiore
Seien Sie versichert: An allen Orten, wo ich immer war, sind mir die Frauenzimmer in Menge nachgeloffen, um die Schönheit und Majestät meines Gesichts zu bewundern. Denn Sie müssen wissen, ich bin wirklich ein schöner Mann.
Seien Sie versichert: An allen Orten, wo ich immer war, sind mir die Frauenzimmer in Menge nachgeloffen, um die Schönheit und Majestät meines Gesichts zu bewundern. Denn Sie müssen wissen, ich bin wirklich ein schöner Mann.
Amtshauptmann
Amtshauptmann
Certissime! Ich bewundere Sie ordentlich, Herr Graf. Ein zweiter Narzissus! profecto!
Certissime! Ich bewundere Sie ordentlich, Herr Graf. Ein zweiter Narzissus! profecto!
Belfiore
Belfiore
Ich bin ein Kavalier von großem Geist, reich und vornehm. Mein Blut fließt aus den Adern der ältesten Geschlechter griechisch- und römischer Helden. Ich bin mit den größten Monarchen der Welt versippschaftet. Hier, hier sehen Sie den unumstößlichen Beweis! meinen Stammbaum.
Ich bin ein Kavalier von großem Geist, reich und vornehm. Mein Blut fließt aus den Adern der ältesten Geschlechter griechisch- und römischer Helden. Ich bin mit den größten Monarchen der Welt versippschaftet. Hier, hier sehen Sie den unumstößlichen Beweis! meinen Stammbaum.
(Er zieht einen ziemlich großen Stammbaum hervor.)
(Er zieht einen ziemlich großen Stammbaum hervor.)
Amtshauptmann
Amtshauptmann
Mit Dero gütigster Erlaubnis – Heus obstupesco! – dürfte ich wohl meiner Nichte die unbeschreibliche Freude machen, ihr solchen sogleich ad inspiciendum zu übersenden?
Mit Dero gütigster Erlaubnis – Heus obstupesco! – dürfte ich wohl meiner Nichte die unbeschreibliche Freude machen, ihr solchen sogleich ad inspiciendum zu übersenden?
Belfiore
Belfiore
Ich will ihr die Gnad erweisen.
Ich will ihr die Gnad erweisen.
Amtshauptmann
Amtshauptmann
He, Serpetta! Serpetta!
He, Serpetta! Serpetta!
Serpetta
Serpetta
(Immer muss man laufen.) Was befehlen Sie?
(Immer muss man laufen.) Was befehlen Sie?
Amtshauptmann
Amtshauptmann
Hier, bringe meiner Nichte das glorreiche testimonium ihres zukünftigen großen Glückes, das preiswürdige Stammenregister ihres hochadelichen Herrn Bräutigams – (Serpetta will damit fort.) Doch warte! ich will dir die Sache erst ein bisschen erklären, damit du die wichtige Wichtigkeit dieser Legation einsiehst, mit der man dich als eine respektive Abgeordnete honoriert. (Er eröffnet den Stammbaum und haltet ihr denselben vor.) Verbeuge dich und neige dich. – Erige aures, Pamphile! – Öffne deine Augen, spitze die Ohren und erstaune.Variante in Quelle C:
ich will dir die Sache ein wenig erklären, damit du die Wichtigkeit des Auftrags einsiehest, mit dem man dich, als eine respektive Abgeordnete bezahlt. Verbeuge und neige dich. Öffne deine Augen, spitze deine Ohren und erstaune!
Hier, bringe meiner Nichte das glorreiche testimonium ihres zukünftigen großen Glückes, das preiswürdige Stammenregister ihres hochadelichen Herrn Bräutigams – (Serpetta will damit fort.) Doch warte! ich will dir die Sache erst ein bisschen erklären, damit du die wichtige Wichtigkeit dieser Legation einsiehst, mit der man dich als eine respektive Abgeordnete honoriert. (Er eröffnet den Stammbaum und haltet ihr denselben vor.) Verbeuge dich und neige dich. – Erige aures, Pamphile! – Öffne deine Augen, spitze die Ohren und erstaune.
N° 8 AriaIm Haupttext ist die Fassung für die Rolle des Grafen Belfiore nach Quelle C ediert. Die Arie fehlt in Quelle D.

Alternativfassung für die Rolle des Amtshauptmanns nach Quelle E (entspricht Libretto-Erstdruck Augsburg 1780):

AMTSHAUPTMANN
Hier von Osten bis nach Westen, [Variante in den Wiederholungen: Hier von Osten bis zu Westen,
dort von Süden bis zu Norden
ist schon längst bekannt geworden
sein hochadeliges Haus.
Er hat Güter, Lehenträger,
Städte, Dörfer, große Schwäger,
Fürsten, Grafen, Generale,
Kaiser, König, Admirale. [Variante in den Wiederholugen: König, Kaiser, Admirale.]
Diktatoren, Bürgermeister,
Helden Roms und schöne Geister
zählt sein Stammbaum ohne Zahl.
Doch zum Teufel! warum lachst du?
Welcher Zweifel? willst du sie sehen?
Hier ist Numa, dort ist Scipio,
Marc Aurel und Marc Agrippa,
Mutio Scaevola und der Cato.
Auch der große Alexander
ist sein nächster Anverwandter.
Mit der größten Ehrfurcht bücke dich, [Varianten in den Wiederholugen: Tief bücke dich, / Tiefer bücke dich, / tief verbücke dich,]
verbeuge dich und neige dich [Varianten in den Wiederholungen: verneige dich, verbeuge dich / verneige dich und neige dich / tief verneige dich / tief verbeuge dich]
und küsse dieses Heiligtum!

Vgl. Rudolph Angermüller und Dietrich Berke, "Vorwort" zu La finta giardiniera (Neue Mozart-Ausgabe, Serie II: Bühnenwerke 5/8), Bd. 1, Kassel 1978, S. XXI; Dietrich Berke, Kritischer Bericht (Neue Mozart-Ausgabe, Serie II: Bühnenwerke 5/8), Kassel 2004, S. 43–45.
Amtshauptmann
    Hier von Osten bis zu Westen,
    Hier von Osten bis zu Westen,
dort von Süden bis zu Norden
dort von Süden bis zu Norden
ist schon längst bekannt geworden
ist schon längst bekannt geworden
mein hochadeliges Haus.
sein hochadeliches Haus.
Ich hab Güter, Lehenträger,
    Er hat Güter, Lehenträger,
Städte, Dörfer, große Schwäger,
Städte, Dörfer, große Schwäger,
Fürsten, Grafen, Generalen,
Fürsten, Grafen, Generalen,
Kaiser, König, Admiralen.Variante in den Wiederholungen:
König, Kaiser, Admiralen.
Kaiser, König, Admiralen.
Dikatatores, Bürgermeister,
Diktatoren, Bürgermeister,
Helden Roms und große Geister
Helden Roms und große Geister
zählt mein Stamme ohne Zahl.
zählt sein Stamme ohne Zahl.
    Doch zum Teufel! warum lacht Ihr?
    Doch zum Teufel! warum lachst du?
Welcher Zweifel? wollt Ihr sie sehen?
Welcher Zweifel? willst du sie sehen?
Hier ist Numa, dort ist Scipio,
Hier ist Numma, dort ist Scipio,
Marc Aurel und Marc Agrippa,
Marc Aurel und Marc Agrippa,
Mutio Scaevola und der Cato.
Mutio Scaevola und der Cato.
Auch der große Alexander
Auch der große Alexander
ist mein nächster Anverwandter.
ist sein nächster Anverwandter.
Mit der größten Ehrfurcht bücket Euch,Variante in den Wiederholungen:
Tief bücket Euch,
Mit der größten Ehrfurcht bücke dich!
verbeuget Euch und neiget EuchVariante in den Wiederholungen:
verbeuget Euch
Und neige dich!
nur geschwind bald hin, bald her!
Nur geschwind bald hin, bald her.
(Der Graf und der Amtshauptmann gehen ab.)
(Der Graf und der Amtshauptmann gehen ab.)
Neunter Auftritt
Neunter Auftritt
Serpetta, hernach Nardo.
Serpetta, hernach NardoIm Libretto-Druck Augsburg 1780 wurde der Auftritt Nardos zunächst separat als zehnter Auftritt gezählt. Die nachfolgende Szene (nach dem Libretto eigentlich "eilfter Auftritt") wurde in Anlehnung an die italienische Vorlage Rom 1774 wiederum als "zehnter Auftritt" gezählt..
Dialog
Serpetta
Serpetta
Wer zum Geier sollte nicht lachen? – Ha! es leben alle die Herrn Stukkatoren, Bürgermeister,Zipio und alle die großen Parücken des hochadelichen Stammenbaums! –Das ist ein wahrer Spaß mit solchen Narren. – Bei allem dem ist es, wenns so fortgeht, in diesem Haus nicht mehr auszuhalten. Seitdem diese Braut angekommen, ist weder Rast noch Ruhe. Alle Augenblicke ruft sie, schreit sie, klingelt, zanket, befiehlt! Wo bist du? warum kömmst du nicht? wo bleibst du? tu dies! mach das! geh fort! bleib hier! Alles in einem Atem. – Da müßt' ich meine Füße gestohlen haben und mich zu Tod laufen. Nein, das ist nicht für mich! Variante in Quelle C:
Ha! Hier kommt Nardo! Der wird mir wohl wieder sein Liebe vorseufzen. Ich will tun, als wenn ich ihn nicht sähe, und zum Spaße ein Liedchen singen, daraus er merken kann, dass er von mir nichts zu hoffen hat.
Wer zum Geier sollte nicht lachen? – Ha! es leben alle die Herrn Stukkatoren, Bürgermeister, Zipio und alle die großen Parucken des hochadelichen Stammenbaums! – Das ist ein wahrer Spaß mit solchen Narren. – – Bei allem dem ist es, wenn's so fortgeht, in diesem Haus nicht mehr auszuhalten. Seitdem diese Braut angekommen, ist weder Rast noch Ruhe. Alle Augenblicke ruft sie, schreit sie, klingelt, zanket, befiehlt! Wo bist du? warum kömmst du nicht? wo bleibst du? tu dies! mach das! geh fort! bleib hier! Alles in einem Atem. – Da müßt' ich meine Füße gestohlen haben und mich zu Tod laufen. Nein, das ist nicht für mich! Ha, hier kömmt Nardo. Der wird mir wohl seine Liebe wieder vorseufzen. Ich will tun, als wenn ich ihn nicht sähe, und zum Spaß ein Liedchen singen, daraus er merken kann, dass er von mir nichts zu hoffen hat.
N° 9a Cavatina
Serpetta
    Das Vergnügen in dem Ehstand
    Das Vergnügen in dem Ehestand
möcht ich gerne bald erfahren!
möcht ich gerne bald erfahren!
Doch ein Mann, der schon bei Jahren,
Doch ein Mann, der schon bei Jahren,
taugt in Wahrheit nicht für mich.
taugt in Wahrheit nicht für mich.
Dialog
Nardo
Nardo
(der die ganze Arie ruckwärts mit angehört hat, für sich)
(der die ganze Arie ruckwärts mit angehört hat, für sich)
Schau! schau! sie stichelt mit ihrem Liedchen auf mich. Aber Geduld! ich will ihr durch ein anders auch meine Meinung sagen.
Schau! schau! sie stichelt mit ihrem Liedchen auf mich. Aber Geduld! ich will ihr durch ein anders auch meine Meinung sagen.
N° 9b Cavatina
Nardo
    Das Vergnügen in dem Ehstand
    Das Vergnügen in dem Ehestand
wünschest du bald zu erfahren?
wünschest du bald zu erfahren?
Doch ein Mann, der jung von Jahren,
Doch ein Mann, der jung von Jahren,
taugt in Wahrheit nicht für dich.
taugt in Wahrheit nicht für dich.
Dialog
Serpetta
Serpetta
Vortrefflich, Herr Spaßmacher! Wer hat dir die Erlaubnis gegeben, mir so nahe zu kommen?
Vortrefflich, Herr Spaßmacher! Wer hat dir die Erlaubnis gegeben, mir so nahe zu kommen?
Nardo
Nardo
Liebstes Serpettchen! nimm mir es nicht übel! Ich fand die Türe offen und da ging ich herein.
Liebstes Serpettchen! nimm mir es nicht übel! Ich fand die Türe offen und da ging ich herein.
Serpetta
Serpetta
Wenn du den gnädigen Herrn suchst, so geh nur dort hinüber, dort wirst du ihn finden. Geh, geh fort!
Wenn du den gnädigen Herrn suchst, so geh nur dort hinüber, dort wirst du ihn finden. Geh, geh fort!
Nardo
Nardo
Jagst mich schon wieder fort, und bist mir doch so tief ins Herz gewachsen.
Jagst mich schon wieder fort, und bist mir doch so tief ins Herz gewachsen.
Serpetta
Serpetta
Ich habe dir schon oft gesagt, du bist nicht für mich. Soll ich es nochmal wiederholen?
Ich habe dir schon oft gesagt, du bist nicht für mich. Soll ich es nochmal wiederholen?
Nardo
Nardo
Nein, nein! ich verlang es nicht mehr zu hören. Serpettchen!
Nein, nein! ich verlang es nicht mehr zu hören. Serpettchen!
Serpetta
Serpetta
Nun?
Nun?
Nardo
Nardo
Sei doch nicht so grausam!
Sei doch nicht so grausam!
Serpetta
Serpetta
Und du nicht so überlästig! Ein für allemal! du bist kein Mann für mich.
Und du nicht so überlästig! Ein für allemal! du bist kein Mann für mich.
Nardo
Nardo
Aber bin ich denn nicht ebensowohl eine Mannsperson wie ein anderer?
Aber bin ich denn nicht ebensowohl eine Mannsperson wie ein anderer?
Serpetta
Serpetta
Du gefällst mir nicht.
Du gefällst mir nicht.
Nardo
Nardo
Ruh, nur Geduld! du wirst noch einmal froh sein, mich zu kriegen.
Ruh, nur Geduld! du wirst noch einmal froh sein, mich zu kriegen.
Serpetta
Serpetta
Ha! ha! ha!
Ha! ha! ha!
Nardo
Nardo
Du lachst?
Du lachst?
Serpetta
Serpetta
Ja, ich muss lachen, weil der Narr glaubt, dass man auf ihn anstehen wird. Dummkopf! Männer kann ich genug haben: Ich darf nur die Hand ausstrecken, so laufen sie zu ganzen Haufen, nur um sie zu küssen.
Ja, ich muss lachen, weil der Narr glaubt, dass man auf ihn anstehen wird. Dummkopf! Männer kann ich genug haben: Ich darf nur die Hand ausstrecken, so laufen sie zu ganzen Haufen, nur um sie zu küssen.
N° 10 Aria
Serpetta
    Sobald sie mich sehen,
so sind sie gefangen,
    Sobald sie mich sehen,
so sind sie gefangen,
sie rennen und laufen,
mein Herz zu erlangen.
sie rennen und flehen,
mein Herz zu erlangen.
Von Liebe erhitzet,
der schnaubet und schwitzet.
Von Liebe erhitzet,
der schnaubet und schwitzet.
Es ruft einer da und ein anderer dort:Variante in den Wiederholungen:
So rufen sie alle.
Es ruft einer da und ein anderer dort:
    Bewundert die Augen des englischen Kindes,
    Bewundert die Augen des englischen Kindes,
wie artig, wie lebhaft
ihr Anstand und Farbe;Variante in den Wiederholungen:
wie artig! wie lebhaft!
wie artig, wie lebhaft,
ihr Anstand und Farbe;
mich rühret die Schöne, wenn ich sie betracht.
mich rühret die Schöne, wenn ich sie betracht.
    Ich schlage die Lider
der Augen dann nieder
    Ich schlage die Lider
der Augen dann nieder
und schweige ganz züchtig mit allem Bedacht.
und schweige ganz züchtig mit allem Bedacht.
(gehen ab)
(gehen ab)


Garten.


Garten.
Zehnter Auftritt
Zehnter Auftritt
Sandrina, hernach Arminda.
Sandrina, hernach Arminda.
N° 11 Cavatina
Sandrina
Sandrina
    Seufzend beklagt das Täubchen,
    Seufzend beklagt das Täubchen,
ferne von seinem Männchen,
ferne von seinem Männchen,
sein trauriges Verhängnis
sein trauriges Verhängnis
und sucht nach seiner Sprache
und sucht nach seiner Sprache
Mitleid in seinem Schmerz.
Mitleid in seinem Schmerz.
Dialog
Arminda
Arminda
(Das wird wohl das Gärtnermädchen sein, von der man so viel Wesens macht.) He! Mädchen, geh her!
(Das wird wohl das Gärtnermädchen sein, von der man so viel Wesens macht.) He! Mädchen, geh her!
Sandrina
Sandrina
Was befehlen Sie?
Was befehlen Sie?
Arminda
Arminda
Sage mir! was fehlt dir, dass ich dich so traurig sehe?
Sage mir! was fehlt dir, dass ich dich so traurig sehe?
Sandrina
Sandrina
Mein unglückliches Schicksal –
Mein unglückliches Schicksal –
Arminda
Arminda
Ha! ich verstehe dich; du bist verliebt, und deine Seufzer gehen nach dem Amtshauptmann – –
Ha! ich verstehe dich; du bist verliebt, und deine Seufzer gehen nach dem Amtshauptmann – –
Sandrina
Sandrina
O ich bitte! verschonen Sie mich – ich bin ein ehrbares Mädchen und weiß den Unterschied.
O ich bitte! verschonen Sie mich – ich bin ein ehrbares Mädchen und weiß den Unterschied.
Arminda
Arminda
Halts Maul, du Zofe! Bedenke, dass du mit Fräulein Arminda sprichst, die – –
Halts Maul, du Zofe! Bedenke, dass du mit Fräulein Arminda sprichst, die – –
Sandrina
Sandrina
Ihro Gnaden verzeihen! Ich wusste nicht – –
Ihro Gnaden verzeihen! Ich wusste nicht – –
Arminda
Arminda
Nun gut, so wisse es jetzt, dass ich die Nichte vom Hause und die Braut des Grafen Belfiore bin –
Nun gut, so wisse es jetzt, dass ich die Nichte vom Hause und die Braut des Grafen Belfiore bin –
Sandrina
Sandrina
(Weh mir!) Was sagen Sie? Belfiore Ihr Bräutigam?
(Weh mir!) Was sagen Sie? Belfiore Ihr Bräutigam?
Arminda
Arminda
Ja, ja! Belfiore mein Bräutigam, und noch heute wird unsere Vermählung vollzogen.
Ja, ja! Belfiore mein Bräutigam, und noch heute wird unsere Vermählung vollzogen.
Sandrina
Sandrina
(O Himmel, ich vergehe! Ich – fühle – den – Tod.)
(O Himmel, ich vergehe! Ich – fühle – den – Tod.)
Arminda
Arminda
Was ist dir? Du entfärbst dich?
Was ist dir? Du entfärbst dich?
Sandrina
Sandrina
Ich weiß nicht. Ein heftiger Schmerz überfällt mich auf einmal – Er drückt mir das Herz ab – Ich werde – schwach – Der Angstschweiß – Ach ich bin – des – Todes! –
Ich weiß nicht. Ein heftiger Schmerz überfällt mich auf einmal – Er drückt mir das Herz ab – Ich werde – schwach – Der Angstschweiß – Ach ich bin – des – Todes! –
(Sie wird ohnmächtig.)
(Sie wird ohnmächtig.)
Arminda
Arminda
Das arme Mädchen! He! zu Hülfe! Ist niemand da?
Das arme Mädchen! He! zu Hülfe! Ist niemand da?
Eilfter Auftritt
Eilfter Auftritt
Belfiore, Vorige.
Belfiore, Vorige.
Belfiore
Belfiore
Was gibt's? Hier bin ich.
Was gibt's? Hier bin ich.
Arminda
Arminda
Hier, liebster Graf, stehen Sie diesem armen Mädchen bei! Ich laufe nach Lebensbalsam, um sie wieder zurecht zu bringen. Ich bin gleich wieder da.Variante in Quelle C:
Hier, liebster Graf, stehen Sie diesem armen Mädchen bei. Ich laufe nach Lebensbalsam, um sie wieder zu sich zu bringen. Ich bin gleich wieder da.
Hier, liebster Graf, stehen Sie diesem armen Mädchen bei! Ich laufe nach Lebensbalsam, um sie wieder zurecht zu bringen. Ich bin gleich wieder da.
(Sie läuft geschwind ab.)
(Sie läuft geschwind ab.)
N° 12 Finale
Belfiore
Belfiore
    Himmel, welch seltner Zufall!
    Himmel, welch seltsamer Zufall!
Violante! Sie lebt noch? Weh mir!
Violante! Sie lebt noch? Weh mir!
Ängstlich erbebt mein Herz,
Zitternd schlägt mein Herz,
Ach welche Pein und Schmerz!
ich fühle Lust und Schmerz.
Sandrina
Sandrina
    Ach Undankbarer, komme!
    Ach Undankbarer, komme,
Sehe mich aus Liebe sterben.
sieh mich aus Liebe sterben.
Belfiore
Belfiore
Ihre Stimm und ihre Züge,
Ihre Stimm und ihre Züge,
wenn ich mich nicht betrüge.
wenn ich mich nicht betrüge.
 
    Doch was soll diese Kleidung?
    Doch was soll diese Kleidung?
Ich könnte mich noch irren,
Ich könnte mich wohl irren,
ich muss sie näher schauen.
ich muss sie näher sehen.
Sandrina
Sandrina
    Ach, dass über mich Arme
    Ach, dass über mich Arme
der Himmel sich erbarme!
der Himmel sich erbarme!
Belfiore
Belfiore
Sie ist es wirklich,
Sie ist es wirklich,
mir sinket Herz und Mut.
mir sinket Herz und Mut.
Sandrina
Sandrina
Was seh ich? der Graf! o Himmel!
Was seh ich? der Graf! o Himmel!
Zwölfter Auftritt
Zwölfter Auftritt
Arminda, Ramiro, Vorige.
Arminda, Ramiro, Vorige.
Arminda
Arminda
    Nehmt hier Balsam Sulphuris –
    Nehmet hier Balsam Sulphuris –
Belfiore
Belfiore
Herr Graf, mit Ihrer Erlaubnis –
Herr Graf, mit Ihrer Erlaubnis –
Arminda, Ramiro
Arminda, Ramiro
Ramiro!|Arminda! was werd ich tun?
Ramiro!|Arminda! was soll ich tun?
Belfiore
Belfiore
(zu Sandrina)
(zu Sandrina)
Sag mir, wer bist du?
Sag, wer bist du?
Sandrina
Sandrina
(Was sag ich?)
(Was sag ich?)
Ramiro
Ramiro
(zu Arminda)
(zu Arminda)
Grausame!
Grausame!
Arminda
Arminda
(Was ist zu tun?)
(Was soll ich tun?)
Alle vier
Alle vier
    O unerhörtes Schicksal,
    O unerhörtes Schicksal,
dieser verdammte Zufall
dieser verdammte Zufall
quälet mich fast zu Tod.
quälet mich fast zu Tod.
Belfiore
Belfiore
(für sich)
(für sich)
    Steh ich, geh ich oder lieg ich,
    Steh ich, geh ich oder bleib ich,
schlaf ich, träum ich oder wach ich?
schlaf ich, träum ich oder wach ich?
Mein Gehirn ist ganz verrückt.
Mein Gehirn ist ganz verrückt.
Sandrina
Sandrina
(für sich)
(für sich)
    Ich empfind in meinem Herzen,
    Ich empfind in meinem Herzen,
ohnermesslich bittren Schmerz,
unermesslich bittren Schmerzen,
der mich weinend seufzen macht.Variante in den Wiederholungen:
der mich weinen und seufzen macht.
der mich weinen und seufzen macht.
Ramiro
Ramiro
(für sich)
(für sich)
    Meine Sinne sind verrücket,
    Meine Sinne sind verrücket,
von dem Zufall unterdrücket,
von dem Zufall unterdrücket,
ich verliere den Verstand.
ich verliere den Verstand.
Arminda
Arminda
(für sich)
(für sich)
    Ich weiß nicht, was vorgegangen,
    Ich weiß nicht, was vorgegangen,
noch was ich itzt soll anfangen;
noch was ich soll jetzt anfangen;
zitternd, bebend, steh ich da.
zitternd, bebend, steh ich da.
Alle vier
Alle vier
(für sich)
(für sich)
    Meine Seele ist ganz entkräftet!
    Meine Seel ist ganz entkräftet!
Mir stockt jedes Wort im Mund.
Mir starrt jedes Wort im Mund.
Dreizehnter Auftritt
Dreizehnter Auftritt
Der Amtshauptmann, Vorige.
Der Amtshauptmann, Vorige.
Amtshauptmann
Amtshauptmann
    Welche Stille, welche Mienen!
    Welche Stille, welche Mienen!
Macht ihr etwa hier Kalender?
Macht ihr etwa hier Kalender?
Hast du deine Sprach verloren?
Habt ihr etwa die Sprach verloren?
Ist der Mund dir zugefroren?
Ist der Mund euch zugefroren?
Nun so sprecht! was geht hier vor?
Nun so sprecht! was geht hier vor?
Sandrina
Sandrina
    (Kann ich's sagen?)
    (Kann ich es sagen?)
Belfiore
Belfiore
(Welche Plagen!)
(Welche Plagen!)
Ramiro
Ramiro
(Welche Frage!)
(Welche Frage!)
Arminda
Arminda
(Ich verzage.)
(Ich verzage.)
Amtshauptmann
Amtshauptmann
Alles ist mir unbegreiflich!
Alles ist mir unbegreiflich!
Hier ist etwas vorgegangen,
Hier ist etwas vorgegangen,
mit der Sprache nur heraus.
mit der Sprache nur heraus.
Belfiore, Ramiro
Belfiore
(zu Arminda)|(zu Sandrina)
(zu Arminda)
    Bist du diese?
    Bist du diese?
Ramiro
(zu Sandrina)
    Bist du diese?
Sandrina, Arminda
Arminda
(zu Ramiro)|(zu Belfiore)
(zu Ramiro)
Bist du jener?
Bist du jener?
Sandrina
(zu Belfiore)
Bist du jener?
Alle fünf
Alle fünf
Mein Gehirn ist in Verwirrung,
Mein Gehirn ist in Verwirrung,
es hüpft drin bald hin, bald her.
es hüpft drin bald hin und her.
(Ramiro, Belfiore, Sandrina, Arminda gehen verschiedentlich ab.)
(Ramiro, Belfiore, Sandrina, Arminda gehen verschiedentlich ab.)
Vierzehnter Auftritt
Vierzehnter Auftritt
Der Amtshauptman, gleich hernach Serpetta und Nardo.
Der Amtshauptman, gleich hernach Serpetta und Nardo.
Amtshauptmann
Amtshauptmann
    Wo ist die Ehrfurcht, die mir gebühret?
    Wo ist die Ehrfurcht, die mir gebühret?
Mich, den Hochweisen, der alles regieret,
Mich, den Hochweisen, der alles regieret,
lässt man hier stehen wie einen Narrn?
lässt man hier stehen wie einen Narren?
Gehet zum Teufel, macht mir nicht bange,
Gehet zum Teufel, macht mir nicht bange,
ich will nichts wissen von Eurem Range,
ich will nichts wissen von Eurem Range,
vom Nepotismus und Adelsstand.
vom Nepotismus und Adelsstand.
Serpetta
Serpetta
    Lustig! ich bringe ein' hübsche Nachricht.
    Lustig! ich bringe recht hübsche Nachricht.
Das Gärtnermädchen mit ihrem Grafen
Das Gärtnermädchen mit ihrem Grafen
küssen und drücken unten im Garten
küssen und drücken unten im Garten
mit aller Freiheit, ruhig und still.
mit aller Freiheit, ruhig und still.
Amtshauptmann
Amtshauptmann
    Teufel und Hölle! das sollt ich leiden?
    Teufel und Hölle! das sollt ich leiden?
Nardo
Nardo
Glaubt nicht den Lügen des losen Mädchens,
Glaubt nicht den Lügen des losen Mädchens,
sie will Euch schicken in den April.
sie will Euch schicken in den April.
Serpetta
Serpetta
    Hier diese Augen, hier diese Ohren
    Hier diese Augen, hier diese Ohren
mussten es sehen, konnten es hören.
mussten es sehen, konnten es hören.
Nardo
Nardo
Schreckliche Lügen! Sie zu betören.
Schröckliche Lügen! Sie zu betören.
Amtshauptmann
Amtshauptmann
Gleich überzeuget mich.
Gleich überzeiget mich.
Nardo, Serpetta
Nardo
Kommt nur mit mir.
Kommt nur mit mir.
Serpetta
Serpetta
(gegen Nardo)
(gegen Nardo)
    Er kann nur lügen.
    Er kann nur lügen.
Nardo
Nardo
(gegen Serpetta.)
(gegen Serpetta.)
Und sie betrügen.
Und sie betrügen.
Amtshauptmann
Amtshauptmann
Quäle mich tot, widriges Schicksal!
Quäle mich tot, widriges Schicksal!
Sehet verspottet, seht hintergangen
Sehet verspottet, seht hintergangen
jenen berühmten Mann, den Podestà!
jenen berühmten Mann, den Podestà!
Alle drei
Alle drei
    Wir wollen gehen und nun gleich sehen!
    Wir wollen gehen und nun gleich sehen!
Die Wahrheit zeiget sich dort oder da.
Die Wahrheit zeiget sich dort oder da.
(gehen ab)
(gehen ab)


Ein anderer Teil des Garten.


Ein anderer Teil des Garten.
Fünfzehnter Auftritt
Fünfzehnter Auftritt
Sandrina, Belfior, gleich darauf der Amtshauptmann mit Serpetta und Nardo, hernach Arminda und letztlich Ramiro.
Sandrina, Belfior, gleich darauf der Amtshauptmann mit Serpetta und Nardo, hernach Arminda und letztlich Ramiro.
Sandrina
Sandrina
(zu Belfiore)
(zu Belfiore)
    Was ist denn Ihr Verlangen?
    Was ist denn Ihr Verlangen?
Ich bin genug gequälet,
Ich bin genug gequälet,
Sie haben schon gewählet
Sie haben schon gewählet
Armindens schöne Hand.
Armindens schöne Hand.
Belfiore
Belfiore
(zu Sandrina)
(zu Sandrina)
    Ach meine Liebe kennet
    Ach meine Liebe kennet
die Sprache und die Miene:
die Sprache und die Miene:
Sie sind ja Violantine,
Sie sind Violantine,
der ich mein Herz verpfand.
der ich mein Herz verpfand.
Serpetta
Serpetta
(zum Amtshauptmann, auf Sandrina und den Grafen deutend)
(zum Amtshauptmann, auf Sandrina und den Grafen deutend)
    Sie sehn, mit welcher Zärtlichkeit
    Sie sehen, mit welcher Zärtlichkeit
die Buhlerin ihm schmeichelt.
die Buhlerin ihm schmeichlet.
Amtshauptmann
Amtshauptmann
Ich seh es: dass sie krepiere!
Ich seh es: dass sie krepiere!
Ich räche mich an ihr.
Ich räche mich an ihr.
Nardo
Nardo
(Der Graf! ach welcher Zufall!
(Der Graf! ach welcher Zufall!
Wie helf ich ihr heraus?)
Wie helf ich ihr heraus?)
Sandrina
Sandrina
    Sie sind in großer Irrung.
    Sie sind in großer Irrung.
Belfiore
Belfiore
(Himmel, welch eine Verwirrung!)
(Himmel, welche Verwirrung!)
Arminda
Arminda
Ihr Hinterlist und Meineid
Ihr Hinterlist und Meineid
hat ihren Stand entehrt.
hat ihren Stand entehrt.
Ramiro
Ramiro
(zu Arminda)
(zu Arminda)
Das Herz, das sie belebet,
Das Herz, das sie belebet,
nur schwarze Falschheit nährt.
nur schwarze Falschheit nährt.
Sandrina
Sandrina
(entschlossen zu Belfiore)
(entschlossen zu Belfiore)
    Grausamer, ohne Schonen!
    Grausamer, ohn Verschonen!
Kann man so schlecht belohnen
Kann man so schlecht belohnen
mein zärtlich treues Herz?
mein zärtlich treues Herz?
Nenne mir mein Verbrechen,
Nenne mir mein Verbrechen,
dann magst dich an mir rächen!
dann magst dich an mir rächen!
Fühlloser ohne Ehr!
Fühlloser ohne Ehr!
Belfiore
Belfiore
    Alles ich itzt bereue;
    Sieh itzt nur meine Reue;
Engel, ach, mir verzeihe,Variante in den Wiederholungen:
Ach! verzeihe,
mein Engel, mir verzeihe,
himmlische Violante!
o himmlische Violante!
Sandrina
Sandrina
Ehemals man sie so nannte,
Bedaure ihr hart Geschicke,
nun aber ist Violante,
denn nun ist Violante,
das arme Kind, dahin.
das arme Kind, dahin.
O Himmel! sie ist tot.
O Himmel! sie ist tot.
Amtshauptmann
Amtshauptmann
    Gebt mir Antwort!
    Gebt mir Antwort!
Arminda
Arminda
Sprecht nur weiter!
Sprecht nur weiter!
Ramiro
Ramiro
Graf, hübsch munter!
Graf, hübsch munter!
Serpetta
Serpetta
Nicht gezittert!
Nicht gezittert!
Nardo
Nardo
(Wo will alles dies hinaus?)
(Wo will alles dies hinaus?)
Sandrina
Sandrina
    (Alles muss ich schweigend dulden.)
    (Alles muss ich schweigend dulden.)
Belfiore
Belfiore
(Ach sie büßet mein Verschulden.)
(Ach sie büßet mein Verschulden.)
Arminda, Ramiro, Amtshauptmann, Nardo, Serpetta
Arminda, Ramiro, Amtshauptmann, Nardo, Serpetta
Alle schweigen, was geschieht?
Alle schweigen, was geschieht?
Arminda
Arminda
(zu Belfiore)
(zu Belfiore)
    Graf! die Lieb wird Sie verzehren!
    Graf! die Lieb wird Sie verzehren!
Arminda
Arminda
(zu Sandrina)
(zu Sandrina)
Solche Einfalt muss man ehren!
Solche Einfalt muss man ehren!
Ramiro
Ramiro
(zu Arminda)
(zu Arminda)
Ich erfreue mich mit Ihnen!
Ich erfreue mich mit Ihnen!
Serpetta
Serpetta
(zu Sandrina)
(zu Sandrina)
Welche unschuldsvolle Mienen!
Welche unschuldsvolle Mienen!
Arminda, Amtshauptmann, Serpetta
Arminda, Ramiro, Amtshauptmann, Serpetta, Nardo
    Lebt vergnügt, verliebte Seelen,
    Lebt vergnügt, verliebte Seelen,
niemals soll ein Zwist euch quälen.
niemals soll ein Zwist euch quälen.
Arminda, Ramiro, Amtshauptmann, Nardo, Serpetta
Steigt herab, ihr Liebesflammen,
Steigt herab, ihr Liebesflammen,
und verbrennt zu Staub ihr Herz.
und verbrennt zu Staub ihr Herz.
Sandrina, Belfiore
Sandrina, Belfiore
Über mich schlägt hier zusammen
Über mich schlägt hier zusammen
 
alles Unglück und aller Schmerz.
alles Unglück und aller Schmerz.
Arminda
Arminda
(zu Belfiore)
(zu Belfiore)
Unmensch! Verräter, könnt ich dein Herz in Stücke zerreißen.
Unmensch! Verräter, könnt ich dein Herz in Stücke zerreißen.
Ramiro
Ramiro
(zu Arminda)
(zu Arminda)
Den großen Eifer und Ihre Hitze begreif ich nicht.
Den großen Eifer und diese Hitze begreif ich nicht.
Amtshauptmann
Amtshauptmann
(zu Sandrina)
(zu Sandrina)
    Kannst meine Güte
    Kannst du meine Güte
so wenig schätzen?
so wenig schätzen?
Serpetta
Serpetta
(zu Sandrina)
(zu Sandrina)
Könnt ich Sie aus dem Haus
Könnt ich Sie aus dem Haus
mit Hunden hetzen!
mit Hunden hetzen!
Nardo
Nardo
(Bei diesem Handel
(Bei diesem Handel
die Sprach mir gebricht!)
gebricht mir die Sprach.)
Sandrina
    Ach welches Herzeleid! Ach welches Unglück!
Was kann ich sagen, niedergeschlagen
von solchem Herzeleid und solchem Schmerz?
Belfiore
    Welch seltnes Abenteuer, welch seltne Szene!
Ich möchte diese, ich möchte jene,
da doch nur einer kann schenken mein Herz.
Alle
Alle
    Welche Verwirrung! Ohn alle Rettung,
    Welche Verwirrung! Ohn alle Rettung,
der Zorn zernaget mir das Herz im Leibe,
der Zorn zernagt mir das Herz im Leibe,
nichts dämpfet diese Glut, nichts hemmt die Wut.
nichts dämpfet diese Glut, nichts hemmt die Wut.
Ende des ersten Aufzuges.
Ende des ersten Aufzuges.