Kritische Edition des vertonten Textes der Wiener Fassung ohne Scena ultima (Partitur Wien 1)   Kritische Edition des vertonten Textes der Wiener Fassung mit gekürzter Scena ultima (Partitur Wien 2a)   Kritische Edition des vertonten Textes der Wiener Fassung mit vollständiger Scena ultima (Partitur Wien 2b)  
Im ursprünglichen Finale des Atto secondo hat Mozart in seiner autographen Partitur (Quelle A) zwei alternative Varianten für die Wiener Fassung notiert:

a. Streichung der Scena ultima (Takte 603–871)
Zu Takt 596 hat Mozart in Bl. 257v in hellerer Tinte den Auftritt der anderen Hauptpersonen (ohne Masetto, da auch in Wien ein einziger Sänger sowohl die Rolle des in der Szene anwesenden Commendatore als auch die des Masetto übernahm) eingetragen, die mit einem D-Dur-Akkord in Leporellos Aufschrei „Ah!“ einsetzen (Quelle A, Faszikel 7, folio 257v). Vgl. dazu Wolfgang Plath und Wolfgang Rehm, „Vorwort“ zu Don Giovanni, Neue Mozart Ausgabe, Serie II: Bühnenwerke 5/17), Kassel 1968, S. XIII, Punkt a. Die Änderung entspricht der abschließenden Szenenanweisung des Libretto-Drucks Wien 1788 (Quelle W2): Il foco cresce D. Gio. / si sprofonda: nel momento stesso es- / con tutti gli altri: guardano, met- / ton un alto grido. fuggono, e cala / il sipario. / Fine. Damit verweist Mozart in seiner autographen Partitur auf den Wegfall der gesamten Scena ultima (T. 603–871), wie dieser nicht nur im Libretto der Wiener Aufführung (Quelle W2), sondern auch in der Abschrift der Partitur dokumentiert ist, die in der Kopiaturwerkstatt von Laurent (Lorenz) Lausch wohl im gleichen Jahr in Wien angefertigt wurde (Quelle F1). Der Wegfall der gesamten Scena ultima ist ebenfalls in der Partiturabschrift Melk II, der Schwesterkopie der Quelle F1, belegt.
Den Nachtrag der anderen Hauptrollen hat Mozart selbst dann in seiner autographen Partitur (Quelle A) mit der gleichen hellen Tinte gestrichen, als ob er den Wegfall der Scena ultima wieder rückgängig machen wollte.

b. Kürzung der Scena ultima (Takte 689–749)
In der Scena ultima hat Mozart die ursprünglichen Takte 689–749 des Finales (vom Vers „Ah certo è l’ombra“ bis „con Proserpina e Pluton;“) gestrichen und in einem neuen Einzelblatt (Bl. 263, in der gleichen Papiersorte der Wiener Ersatznummer 10a und 21b) eine zehntaktige Kurzversion der Passage ohne die Verse „Or che tutti, o mio tesoro,“ bis „a trovar padron miglior“ neu komponiert (vgl. Wolfgang Plath und Wolfgang Rehm, „Vorwort“ zu Don Giovanni, Neue Mozart Ausgabe, Serie II: Bühnenwerke 5/17, Kassel 1968, S. XIII, Punkt b).

Beide Varianten sind auch in der Wiener Abschrift der Partitur aus dem Jahre 1788 dokumentiert, die in der Kopiaturwerkstatt von Wenzel Sukowaty wohl auf Mozarts Anweisung für die Wiener Aufführungen angefertigt wurde (Quelle E1, vgl. Wolfgang Plath und Wolfgang Rehm, Kritischer Bericht, Neue Mozart-Ausgabe, Serie II: Bühnenwerke 5/17, Kassel 2003, S. 49). Die Wiener Abschrift zeigt im Finale auch Spuren einer Streichung der Takte 724–730 innerhalb des größeren Strichs der Takte 689–749 (Punkt b). Da diese kleine Streichung nur in der Violino-primo-Stimme übertragen wurde, aber in allen anderen Orchesterstimmen fehlt (Quelle E2, vgl. Wolfgang Plath und Wolfgang Rehm, Kritischer Bericht, Neue Mozart-Ausgabe, Serie II: Bühnenwerke 5/17, Kassel 2003, S. 50), stellt sie möglicherweise einen ersten Kürzungsversuch dar, der dann durch die größere Kürzung der Passage obsolet und daher nicht weiterverfolgt wurde. Eine Mitwirkung Mozarts an diesem kleineren Streichungsvorschlag lässt sich nicht ganz ausschließen. Vgl. dazu Ian Woodfield, The Vienna Don Giovanni, Woodbridge 2010, S. 105f., dagegen aber: Wolfgang Rehm, Kritischer Bericht, Neue Mozart-Ausgabe, Serie II: Bühnenwerke 5/17, Kassel 2003, S. 47. Da allerdings in Mozarts autographer Partitur nur die größere Streichung der Takte 689–749 belegt ist und die kleinere Streichung auch in den Orchesterstimmen der Wiener Abschrift (mit Ausnahme von Violino primo) nicht weiter notiert wurde, stellt dieser angedeutete Streichungsvorschlag, anders als die größere Kürzung der Passage, wohl keine definitive Variante zum Finale des Atto secondo dar.

Welche der beiden Alternativen für die Wiener Fassung (a. Streichung, b. Kürzung der Scena ultima) zuerst notiert wurde und ob bzw. bei welcher der Wiener Aufführungen der Oper 1788 sie jeweils erklangen, lässt sich nicht eindeutig eruieren. Die erste Variante ganz ohne Scena ultima (a) dürfte für die Wiener Erstaufführung am 7. Mai 1788 gedacht worden sein, da sie dem Libretto-Druck Wien 1788 (Quelle W2) entspricht, der am Abend der Premiere im Burgtheater für 20 Kreuz angeboten wurde (vgl. den Anschlagzettel der Wiener Erstaufführung, in: Wolfgang Plath und Wolfgang Rehm, „Vorwort“ zu Don Giovanni, Neue Mozart Ausgabe, Serie II: Bühnenwerke 5/17, Kassel 1968, S. XI; vgl. dazu auch ders., Kritischer Bericht, Neue Mozart-Ausgabe, Serie II: Bühnenwerke 5/17, Kassel 2003, S. 59, Punkt 4). Hätte die Scena ultima bei der Wiener Premiere gespielt werden sollen, hätte ihr Text im Libretto, das extra für diese Aufführung gedruckt und direkt an der Kasse verkauft wurde, wohl nicht gefehlt. Vor allem aber hätte der in Operntexten der Zeit ungewöhnliche explizite Hinweis auf das Fallen des Vorhangs am Ende des Wiener Libretto-Drucks („e cala il sipario. Fine.“ / „und der Vorhang fällt. Ende.“) überhaupt keinen Sinn gemacht, wenn die Scena ultima doch aufgeführt worden wäre (vgl. dazu Ian Woodfield, The Vienna Don Giovanni, Woodbridge 2010, S. 108).

Ob die Variante mit gekürzter Scena ultima (b) vor der Premiere als Zwischenlösung zur endgültigen Streichung der gesamten Szene vor der Wiener Erstaufführung entstanden ist oder ob die gekürzte Scena ultima erst bei einer der Wiener Aufführungen nach der Premiere wiederhergestellt wurde, bleibt offen. Für die erste Hypothese spricht, dass die Wiener Fassung in späteren Abschriften (außer der Quelle E1) ohne Scena ultima überliefert ist (vgl. Ian Woodfield, The Vienna Don Giovanni, Woodbridge 2010, S. 110). So fehlt wie erwähnt die Scena ultima in beiden Referenzpartituren F1 und Melk II. Darüber hinaus scheint eine prozessuale Entwicklung, bei der zunächst ein kleiner Strich vorgeschlagen (Quelle E1, Takte 724–730), dann eine größere Kürzung vorgenommen wurde (Quelle A und Quelle E1, Takte 689–749) und schließlich der Wegfall der gesamten Scena ultima vor der Premiere erfolgte, als konkreter Streichungsvorgang durchaus plausibel (vgl. Woodfield, ibidem). Andererseits hat Mozart wie erwähnt auf Blatt 257v seiner autographen Partitur den Nachtrag mit den Stimmen der anderen Rollen für die Wiener Fassung ohne Scena ultima mit der gleichen hellen Tinte wieder gestrichen (Quelle A, Faszikel 7, folio 257v). Es ist also nicht auszuschließen, dass Mozart den Wegfall der Scena ultima im Verlauf der folgenden 15 Reprisen der Oper im Jahr 1788 wieder rückgängig gemacht habe. Bei diesen Wiener Wiederaufführungen mit der wiederhergestellten Scena ultima könnte er dann die Variante mit der Kurzversion der Scena ultima (b) ausprobiert haben, vielleicht um die Länge des zweiten Aktes zu reduzieren, der durch die neuen Wiener Nummern (Scene IX–XV) deutlich umfangreicher geworden war als in der ursprünglichen Prager Fassung. Denkbar ist schließlich auch, dass in einer der Wiener Aufführungen nach der Premiere die Scena ultima ohne jegliche Kürzung in ihrer ursprünglichen Prager Gestalt erklungen ist, auch wenn diese Möglichkeit aufgrund der daraus resultierenden Länge des zweiten Aktes als eher unwahrscheinlich erscheint.

Um allen Alternativen des Wiener Finales gerecht zu werden, bietet unsere Edition – neben der Prager Fassung des vertonten Textes mit ungekürzter Scena ultima – drei getrennte Versionen des vertonten Textes der Wiener Fassung: ganz ohne Scena ultima (Wien 1), mit Scena ultima in der Kurzversion (Wien 2a) und mit ungekürzter Scena ultima (Wien 2b). Kleinere Varianten in den überlieferten Quellen der Wiener Fassung sind hingegen in jeder der drei Versionen gleichermaßen in Kommentaren ediert.
SCENA ULTIMAIm ursprünglichen Finale des Atto secondo hat Mozart in seiner autographen Partitur (Quelle A) zwei alternative Varianten für die Wiener Fassung notiert:

a. Streichung der Scena ultima (Takte 603–871)
Zu Takt 596 hat Mozart in Bl. 257v in hellerer Tinte den Auftritt der anderen Hauptpersonen (ohne Masetto, da auch in Wien ein einziger Sänger sowohl die Rolle des in der Szene anwesenden Commendatore als auch die des Masetto übernahm) eingetragen, die mit einem D-Dur-Akkord in Leporellos Aufschrei „Ah!“ einsetzen (Quelle A, Faszikel 7, folio 257v). Vgl. dazu Wolfgang Plath und Wolfgang Rehm, „Vorwort“ zu Don Giovanni, Neue Mozart Ausgabe, Serie II: Bühnenwerke 5/17), Kassel 1968, S. XIII, Punkt a. Die Änderung entspricht der abschließenden Szenenanweisung des Libretto-Drucks Wien 1788 (Quelle W2): Il foco cresce D. Gio. / si sprofonda: nel momento stesso es- / con tutti gli altri: guardano, met- / ton un alto grido. fuggono, e cala / il sipario. / Fine. Damit verweist Mozart in seiner autographen Partitur auf den Wegfall der gesamten Scena ultima (T. 603–871), wie dieser nicht nur im Libretto der Wiener Aufführung (Quelle W2), sondern auch in der Abschrift der Partitur dokumentiert ist, die in der Kopiaturwerkstatt von Laurent (Lorenz) Lausch wohl im gleichen Jahr in Wien angefertigt wurde (Quelle F1). Der Wegfall der gesamten Scena ultima ist ebenfalls in der Partiturabschrift Melk II, der Schwesterkopie der Quelle F1, belegt.
Den Nachtrag der anderen Hauptrollen hat Mozart selbst dann in seiner autographen Partitur (Quelle A) mit der gleichen hellen Tinte gestrichen, als ob er den Wegfall der Scena ultima wieder rückgängig machen wollte.

b. Kürzung der Scena ultima (Takte 689–749)
In der Scena ultima hat Mozart die ursprünglichen Takte 689–749 des Finales (vom Vers „Ah certo è l’ombra“ bis „con Proserpina e Pluton;“) gestrichen und in einem neuen Einzelblatt (Bl. 263, in der gleichen Papiersorte der Wiener Ersatznummer 10a und 21b) eine zehntaktige Kurzversion der Passage ohne die Verse „Or che tutti, o mio tesoro,“ bis „a trovar padron miglior“ neu komponiert (vgl. Wolfgang Plath und Wolfgang Rehm, „Vorwort“ zu Don Giovanni, Neue Mozart Ausgabe, Serie II: Bühnenwerke 5/17, Kassel 1968, S. XIII, Punkt b).

Beide Varianten sind auch in der Wiener Abschrift der Partitur aus dem Jahre 1788 dokumentiert, die in der Kopiaturwerkstatt von Wenzel Sukowaty wohl auf Mozarts Anweisung für die Wiener Aufführungen angefertigt wurde (Quelle E1, vgl. Wolfgang Plath und Wolfgang Rehm, Kritischer Bericht, Neue Mozart-Ausgabe, Serie II: Bühnenwerke 5/17, Kassel 2003, S. 49). Die Wiener Abschrift zeigt im Finale auch Spuren einer Streichung der Takte 724–730 innerhalb des größeren Strichs der Takte 689–749 (Punkt b). Da diese kleine Streichung nur in der Violino-primo-Stimme übertragen wurde, aber in allen anderen Orchesterstimmen fehlt (Quelle E2, vgl. Wolfgang Plath und Wolfgang Rehm, Kritischer Bericht, Neue Mozart-Ausgabe, Serie II: Bühnenwerke 5/17, Kassel 2003, S. 50), stellt sie möglicherweise einen ersten Kürzungsversuch dar, der dann durch die größere Kürzung der Passage obsolet und daher nicht weiterverfolgt wurde. Eine Mitwirkung Mozarts an diesem kleineren Streichungsvorschlag lässt sich nicht ganz ausschließen. Vgl. dazu Ian Woodfield, The Vienna Don Giovanni, Woodbridge 2010, S. 105f., dagegen aber: Wolfgang Rehm, Kritischer Bericht, Neue Mozart-Ausgabe, Serie II: Bühnenwerke 5/17, Kassel 2003, S. 47. Da allerdings in Mozarts autographer Partitur nur die größere Streichung der Takte 689–749 belegt ist und die kleinere Streichung auch in den Orchesterstimmen der Wiener Abschrift (mit Ausnahme von Violino primo) nicht weiter notiert wurde, stellt dieser angedeutete Streichungsvorschlag, anders als die größere Kürzung der Passage, wohl keine definitive Variante zum Finale des Atto secondo dar.

Welche der beiden Alternativen für die Wiener Fassung (a. Streichung, b. Kürzung der Scena ultima) zuerst notiert wurde und ob bzw. bei welcher der Wiener Aufführungen der Oper 1788 sie jeweils erklangen, lässt sich nicht eindeutig eruieren. Die erste Variante ganz ohne Scena ultima (a) dürfte für die Wiener Erstaufführung am 7. Mai 1788 gedacht worden sein, da sie dem Libretto-Druck Wien 1788 (Quelle W2) entspricht, der am Abend der Premiere im Burgtheater für 20 Kreuz angeboten wurde (vgl. den Anschlagzettel der Wiener Erstaufführung, in: Wolfgang Plath und Wolfgang Rehm, „Vorwort“ zu Don Giovanni, Neue Mozart Ausgabe, Serie II: Bühnenwerke 5/17, Kassel 1968, S. XI; vgl. dazu auch ders., Kritischer Bericht, Neue Mozart-Ausgabe, Serie II: Bühnenwerke 5/17, Kassel 2003, S. 59, Punkt 4). Hätte die Scena ultima bei der Wiener Premiere gespielt werden sollen, hätte ihr Text im Libretto, das extra für diese Aufführung gedruckt und direkt an der Kasse verkauft wurde, wohl nicht gefehlt. Vor allem aber hätte der in Operntexten der Zeit ungewöhnliche explizite Hinweis auf das Fallen des Vorhangs am Ende des Wiener Libretto-Drucks („e cala il sipario. Fine.“ / „und der Vorhang fällt. Ende.“) überhaupt keinen Sinn gemacht, wenn die Scena ultima doch aufgeführt worden wäre (vgl. dazu Ian Woodfield, The Vienna Don Giovanni, Woodbridge 2010, S. 108).

Ob die Variante mit gekürzter Scena ultima (b) vor der Premiere als Zwischenlösung zur endgültigen Streichung der gesamten Szene vor der Wiener Erstaufführung entstanden ist oder ob die gekürzte Scena ultima erst bei einer der Wiener Aufführungen nach der Premiere wiederhergestellt wurde, bleibt offen. Für die erste Hypothese spricht, dass die Wiener Fassung in späteren Abschriften (außer der Quelle E1) ohne Scena ultima überliefert ist (vgl. Ian Woodfield, The Vienna Don Giovanni, Woodbridge 2010, S. 110). So fehlt wie erwähnt die Scena ultima in beiden Referenzpartituren F1 und Melk II. Darüber hinaus scheint eine prozessuale Entwicklung, bei der zunächst ein kleiner Strich vorgeschlagen (Quelle E1, Takte 724–730), dann eine größere Kürzung vorgenommen wurde (Quelle A und Quelle E1, Takte 689–749) und schließlich der Wegfall der gesamten Scena ultima vor der Premiere erfolgte, als konkreter Streichungsvorgang durchaus plausibel (vgl. Woodfield, ibidem). Andererseits hat Mozart wie erwähnt auf Blatt 257v seiner autographen Partitur den Nachtrag mit den Stimmen der anderen Rollen für die Wiener Fassung ohne Scena ultima mit der gleichen hellen Tinte wieder gestrichen (Quelle A, Faszikel 7, folio 257v). Es ist also nicht auszuschließen, dass Mozart den Wegfall der Scena ultima im Verlauf der folgenden 15 Reprisen der Oper im Jahr 1788 wieder rückgängig gemacht habe. Bei diesen Wiener Wiederaufführungen mit der wiederhergestellten Scena ultima könnte er dann die Variante mit der Kurzversion der Scena ultima (b) ausprobiert haben, vielleicht um die Länge des zweiten Aktes zu reduzieren, der durch die neuen Wiener Nummern (Scene IX–XV) deutlich umfangreicher geworden war als in der ursprünglichen Prager Fassung. Denkbar ist schließlich auch, dass in einer der Wiener Aufführungen nach der Premiere die Scena ultima ohne jegliche Kürzung in ihrer ursprünglichen Prager Gestalt erklungen ist, auch wenn diese Möglichkeit aufgrund der daraus resultierenden Länge des zweiten Aktes als eher unwahrscheinlich erscheint.

Um allen Alternativen des Wiener Finales gerecht zu werden, bietet unsere Edition – neben der Prager Fassung des vertonten Textes mit ungekürzter Scena ultima – drei getrennte Versionen des vertonten Textes der Wiener Fassung: ganz ohne Scena ultima (Wien 1), mit Scena ultima in der Kurzversion (Wien 2a) und mit ungekürzter Scena ultima (Wien 2b). Kleinere Varianten in den überlieferten Quellen der Wiener Fassung sind hingegen in jeder der drei Versionen gleichermaßen in Kommentaren ediert.
SCENA ULTIMAIm ursprünglichen Finale des Atto secondo hat Mozart in seiner autographen Partitur (Quelle A) zwei alternative Varianten für die Wiener Fassung notiert:

a. Streichung der Scena ultima (Takte 603–871)
Zu Takt 596 hat Mozart in Bl. 257v in hellerer Tinte den Auftritt der anderen Hauptpersonen (ohne Masetto, da auch in Wien ein einziger Sänger sowohl die Rolle des in der Szene anwesenden Commendatore als auch die des Masetto übernahm) eingetragen, die mit einem D-Dur-Akkord in Leporellos Aufschrei „Ah!“ einsetzen (Quelle A, Faszikel 7, folio 257v). Vgl. dazu Wolfgang Plath und Wolfgang Rehm, „Vorwort“ zu Don Giovanni, Neue Mozart Ausgabe, Serie II: Bühnenwerke 5/17), Kassel 1968, S. XIII, Punkt a. Die Änderung entspricht der abschließenden Szenenanweisung des Libretto-Drucks Wien 1788 (Quelle W2): Il foco cresce D. Gio. / si sprofonda: nel momento stesso es- / con tutti gli altri: guardano, met- / ton un alto grido. fuggono, e cala / il sipario. / Fine. Damit verweist Mozart in seiner autographen Partitur auf den Wegfall der gesamten Scena ultima (T. 603–871), wie dieser nicht nur im Libretto der Wiener Aufführung (Quelle W2), sondern auch in der Abschrift der Partitur dokumentiert ist, die in der Kopiaturwerkstatt von Laurent (Lorenz) Lausch wohl im gleichen Jahr in Wien angefertigt wurde (Quelle F1). Der Wegfall der gesamten Scena ultima ist ebenfalls in der Partiturabschrift Melk II, der Schwesterkopie der Quelle F1, belegt.
Den Nachtrag der anderen Hauptrollen hat Mozart selbst dann in seiner autographen Partitur (Quelle A) mit der gleichen hellen Tinte gestrichen, als ob er den Wegfall der Scena ultima wieder rückgängig machen wollte.

b. Kürzung der Scena ultima (Takte 689–749)
In der Scena ultima hat Mozart die ursprünglichen Takte 689–749 des Finales (vom Vers „Ah certo è l’ombra“ bis „con Proserpina e Pluton;“) gestrichen und in einem neuen Einzelblatt (Bl. 263, in der gleichen Papiersorte der Wiener Ersatznummer 10a und 21b) eine zehntaktige Kurzversion der Passage ohne die Verse „Or che tutti, o mio tesoro,“ bis „a trovar padron miglior“ neu komponiert (vgl. Wolfgang Plath und Wolfgang Rehm, „Vorwort“ zu Don Giovanni, Neue Mozart Ausgabe, Serie II: Bühnenwerke 5/17, Kassel 1968, S. XIII, Punkt b).

Beide Varianten sind auch in der Wiener Abschrift der Partitur aus dem Jahre 1788 dokumentiert, die in der Kopiaturwerkstatt von Wenzel Sukowaty wohl auf Mozarts Anweisung für die Wiener Aufführungen angefertigt wurde (Quelle E1, vgl. Wolfgang Plath und Wolfgang Rehm, Kritischer Bericht, Neue Mozart-Ausgabe, Serie II: Bühnenwerke 5/17, Kassel 2003, S. 49). Die Wiener Abschrift zeigt im Finale auch Spuren einer Streichung der Takte 724–730 innerhalb des größeren Strichs der Takte 689–749 (Punkt b). Da diese kleine Streichung nur in der Violino-primo-Stimme übertragen wurde, aber in allen anderen Orchesterstimmen fehlt (Quelle E2, vgl. Wolfgang Plath und Wolfgang Rehm, Kritischer Bericht, Neue Mozart-Ausgabe, Serie II: Bühnenwerke 5/17, Kassel 2003, S. 50), stellt sie möglicherweise einen ersten Kürzungsversuch dar, der dann durch die größere Kürzung der Passage obsolet und daher nicht weiterverfolgt wurde. Eine Mitwirkung Mozarts an diesem kleineren Streichungsvorschlag lässt sich nicht ganz ausschließen. Vgl. dazu Ian Woodfield, The Vienna Don Giovanni, Woodbridge 2010, S. 105f., dagegen aber: Wolfgang Rehm, Kritischer Bericht, Neue Mozart-Ausgabe, Serie II: Bühnenwerke 5/17, Kassel 2003, S. 47. Da allerdings in Mozarts autographer Partitur nur die größere Streichung der Takte 689–749 belegt ist und die kleinere Streichung auch in den Orchesterstimmen der Wiener Abschrift (mit Ausnahme von Violino primo) nicht weiter notiert wurde, stellt dieser angedeutete Streichungsvorschlag, anders als die größere Kürzung der Passage, wohl keine definitive Variante zum Finale des Atto secondo dar.

Welche der beiden Alternativen für die Wiener Fassung (a. Streichung, b. Kürzung der Scena ultima) zuerst notiert wurde und ob bzw. bei welcher der Wiener Aufführungen der Oper 1788 sie jeweils erklangen, lässt sich nicht eindeutig eruieren. Die erste Variante ganz ohne Scena ultima (a) dürfte für die Wiener Erstaufführung am 7. Mai 1788 gedacht worden sein, da sie dem Libretto-Druck Wien 1788 (Quelle W2) entspricht, der am Abend der Premiere im Burgtheater für 20 Kreuz angeboten wurde (vgl. den Anschlagzettel der Wiener Erstaufführung, in: Wolfgang Plath und Wolfgang Rehm, „Vorwort“ zu Don Giovanni, Neue Mozart Ausgabe, Serie II: Bühnenwerke 5/17, Kassel 1968, S. XI; vgl. dazu auch ders., Kritischer Bericht, Neue Mozart-Ausgabe, Serie II: Bühnenwerke 5/17, Kassel 2003, S. 59, Punkt 4). Hätte die Scena ultima bei der Wiener Premiere gespielt werden sollen, hätte ihr Text im Libretto, das extra für diese Aufführung gedruckt und direkt an der Kasse verkauft wurde, wohl nicht gefehlt. Vor allem aber hätte der in Operntexten der Zeit ungewöhnliche explizite Hinweis auf das Fallen des Vorhangs am Ende des Wiener Libretto-Drucks („e cala il sipario. Fine.“ / „und der Vorhang fällt. Ende.“) überhaupt keinen Sinn gemacht, wenn die Scena ultima doch aufgeführt worden wäre (vgl. dazu Ian Woodfield, The Vienna Don Giovanni, Woodbridge 2010, S. 108).

Ob die Variante mit gekürzter Scena ultima (b) vor der Premiere als Zwischenlösung zur endgültigen Streichung der gesamten Szene vor der Wiener Erstaufführung entstanden ist oder ob die gekürzte Scena ultima erst bei einer der Wiener Aufführungen nach der Premiere wiederhergestellt wurde, bleibt offen. Für die erste Hypothese spricht, dass die Wiener Fassung in späteren Abschriften (außer der Quelle E1) ohne Scena ultima überliefert ist (vgl. Ian Woodfield, The Vienna Don Giovanni, Woodbridge 2010, S. 110). So fehlt wie erwähnt die Scena ultima in beiden Referenzpartituren F1 und Melk II. Darüber hinaus scheint eine prozessuale Entwicklung, bei der zunächst ein kleiner Strich vorgeschlagen (Quelle E1, Takte 724–730), dann eine größere Kürzung vorgenommen wurde (Quelle A und Quelle E1, Takte 689–749) und schließlich der Wegfall der gesamten Scena ultima vor der Premiere erfolgte, als konkreter Streichungsvorgang durchaus plausibel (vgl. Woodfield, ibidem). Andererseits hat Mozart wie erwähnt auf Blatt 257v seiner autographen Partitur den Nachtrag mit den Stimmen der anderen Rollen für die Wiener Fassung ohne Scena ultima mit der gleichen hellen Tinte wieder gestrichen (Quelle A, Faszikel 7, folio 257v). Es ist also nicht auszuschließen, dass Mozart den Wegfall der Scena ultima im Verlauf der folgenden 15 Reprisen der Oper im Jahr 1788 wieder rückgängig gemacht habe. Bei diesen Wiener Wiederaufführungen mit der wiederhergestellten Scena ultima könnte er dann die Variante mit der Kurzversion der Scena ultima (b) ausprobiert haben, vielleicht um die Länge des zweiten Aktes zu reduzieren, der durch die neuen Wiener Nummern (Scene IX–XV) deutlich umfangreicher geworden war als in der ursprünglichen Prager Fassung. Denkbar ist schließlich auch, dass in einer der Wiener Aufführungen nach der Premiere die Scena ultima ohne jegliche Kürzung in ihrer ursprünglichen Prager Gestalt erklungen ist, auch wenn diese Möglichkeit aufgrund der daraus resultierenden Länge des zweiten Aktes als eher unwahrscheinlich erscheint.

Um allen Alternativen des Wiener Finales gerecht zu werden, bietet unsere Edition – neben der Prager Fassung des vertonten Textes mit ungekürzter Scena ultima – drei getrennte Versionen des vertonten Textes der Wiener Fassung: ganz ohne Scena ultima (Wien 1), mit Scena ultima in der Kurzversion (Wien 2a) und mit ungekürzter Scena ultima (Wien 2b). Kleinere Varianten in den überlieferten Quellen der Wiener Fassung sind hingegen in jeder der drei Versionen gleichermaßen in Kommentaren ediert.
Leporello, Donn'Anna, Donna Elvira, Don Ottavio, Masetto, Zerlinacon ministri di giustizia.
Leporello, Donn'Anna, Donna Elvira, Don Ottavio, Masetto, Zerlinacon ministri di giustizia.
Donn'Anna, Don Ottavio, Donna Elvira, Masetto, Zerlina
Donn'Anna, Don Ottavio, Donna Elvira, Masetto, Zerlina
    Ah dove è il perfido,
    Ah dove è il perfido,
1505
dov'è l'indegno?
dov'è l'indegno?
Tutto il mio sdegno
Tutto il mio sdegno
sfogar io vo'.
sfogar io vo'.
Donn'Anna
Donn'Anna
    Solo mirandolo
    Solo mirandolo
stretto in catene,
stretto in catene,
1510
alle mie pene
alle mie pene
calma darò.
calma darò.
Leporello
Leporello
    Più non sperate…
    Più non sperate…
di ritrovarlo…
di ritrovarlo…
più non cercate:
più non cercate:
1515
lontano andò.
lontano andò.
Donn'Anna, Don Ottavio, Donna Elvira, Masetto, Zerlina
Donn'Anna, Don Ottavio, Donna Elvira, Masetto, Zerlina
    Cos'è? Favella…
    Cos'è? Favella…
Leporello
Leporello
Venne un colosso…
Venne un colosso…
Donn'Anna, Don Ottavio, Donna Elvira, Masetto, Zerlina
Donn'Anna, Don Ottavio, Donna Elvira, Masetto, Zerlina
Via, presto, sbrigati…Variante in den Wiederholungen:
Presto, favella, sbrigati…
Via, presto, sbrigati…Variante in den Wiederholungen:
Presto, favella, sbrigati…
Leporello
Leporello
Ma se non posso…
Ma se non posso…
1520
Tra fumo e foco…
Tra fumo e foco…
badate un poco…
badate un poco…
l'uomo di sasso…
l'uomo di sasso…
fermate il passo…
fermate il passo…
giusto là sotto…
giusto là sotto…
1525
diede il gran botto…
diede il gran botto…
giusto là il diavolo
giusto là il diavolo
sel trangugiò.
sel trangugiò.
Donn'Anna, Don Ottavio, Donna Elvira, Masetto, Zerlina
Donn'Anna, Don Ottavio, Donna Elvira, Masetto, Zerlina
    Stelle! che sento!
    Stelle! che sento!
Leporello
Leporello
Vero è l'evento.
Vero è l'evento.
Donn'Anna, Don Ottavio, Donna Elvira, Masetto, Zerlina
Donn'Anna, Don Ottavio, Donna Elvira, Masetto, Zerlina
1530
Ah certo è l'ombra
Ah certo è l'ombra
che m|l'incontrò!
che m|l'incontrò!
Don Ottavio
    Or che tutti, o mio tesoro,
vendicati siam dal cielo,
porgi, porgi a me un ristoro,
non mi far languire ancor.
Donn'Anna
    Lascia, o caro, un anno ancora
allo sfogo del mio cor.
Donn'Anna, Don Ottavio
Al desio di chi t|m'adora
ceder deve un fido amor.
Donna Elvira
    Io men vado in un ritiro
a finir la vita mia.
Masetto, Zerlina
Noi, Masetto|Zerlina, a casa andiamo
a cenar in compagnia.
Leporello
Ed io vado all'osteria
a trovar padron miglior.
Donn'Anna, Don Ottavio, Donna Elvira, Leporello, Masetto, Zerlina
Donn'Anna, Don Ottavio, Donna Elvira, Leporello, Masetto, Zerlina
    Resti dunque quel birbon
    Resti dunque quel birbon
con Proserpina e Pluton;
con Proserpina e Pluton;
e noi tutti, o buona gente,
e noi tutti, o buona gente,
1535
ripetiam allegramente
ripetiam allegramente
l'antichissima canzon.
l'antichissima canzon.
Donn'Anna, Don Ottavio, Donna Elvira, Leporello, Masetto, Zerlina
Donn'Anna, Don Ottavio, Donna Elvira, Leporello, Masetto, Zerlina
    Questo è il fin di chi fa mal:Variante in den Wiederholungen:
Questo è il fin:
    Questo è il fin di chi fa mal:Variante in den Wiederholungen:
Questo è il fin:
e de' perfidi la morte
e de' perfidi la morte
alla vita è sempre ugual.
alla vita è sempre ugual.
Fine dell'opera.
Fine dell'opera.
Fine dell'opera.