Kritische Edition des vertonten Textes KV 384 (Partiturtext KV 384)   Kritische Edition der Libretto-Vorlage (Vorlage)  
Neunter Auftritt
Sechster Auftritt
Pedrillo, hernach Belmonte, Konstanze, Blonde.
Pedrillo, hernach Belmonte, Konstanze, Blonde.
Pedrillo
Pedrillo
(macht's Osmin nach)
(macht's Osmin nach)
Gute Nacht – Brüderchen – gute Nacht! Hahahaha, alter Eisenfresser! erwischt man dich so? Gift und Dolch! – Du hast deine Ladung! Nur fürcht ich, ist's noch zu zeitig am Tage; bis Mitternacht sind noch drei Stunden, und da könnt er leicht wieder ausgeschlafen haben. – – Ach! kommen Sie, kommen Sie, liebster Herr! Unser Argus ist blind; ich hab ihn tüchtig zugedeckt.
Gute Nacht – Brüderchen – gute Nacht! Hahahaha, alter Eisenfresser! erwischt man dich so? Gift und Dolch! – Du hast deine Ladung! Nur fürcht ich, ist's noch zu zeitig am Tage; bis Mitternacht sind noch drei Stunden, und da könnt er leicht wieder ausgeschlafen haben. – – Ach! kommen Sie, kommen Sie, liebster Herr! Unser Argus ist blind; ich hab ihn tüchtig zugedeckt.
Belmonte
Belmonte
O dass wir glücklich wären! – Aber sag: Ist Konstanze noch nicht hier?
O dass wir glücklich wären! – Aber sag: Ist Konstanze noch nicht hier?
Pedrillo
Pedrillo
Eben kommt sie da den Gang herauf. Reden Sie alles mit ihr ab; aber fassen Sie sich kurz, denn der Verräter schläft nicht immer.
Eben kommt sie da den Gang herauf. Reden Sie alles mit ihr ab; aber fassen Sie sich kurz, denn der Verräter schläft nicht immer.
(Während der Unterredung des Belmonte mit Konstanzen unterhält sich Pedrillo mit Blonden, der er durch Pantomime den ganzen Auftritt mit dem Osmin vormacht und jenen nachahmt; zuletzt unterrichtet er sie ebenfalls, dass er um Mitternacht mit einer Leiter unter ihr Fenster kommen wolle, um sie zu entführen.)
(Während der Unterredung des Belmonte mit Konstanzen unterhält sich Pedrillo mit Blonden, der er durch Pantomime den ganzen Auftritt mit dem Osmin vormacht und jenen nachahmt; zuletzt unterrichtet er sie ebenfalls, dass er um Mitternacht mit einer Leiter unter ihr Fenster kommen wolle, um sie zu entführen.)
Konstanze, Belmonte (einander im Arme).
Konstanze, Belmonte (einander im Arm).
Konstanze
Konstanze
O mein Belmonte!
O mein Belmonte!
Belmonte
Belmonte
O Konstanze!
O Konstanze!
Konstanze
Konstanze
Ist's möglich? – Nach so viel Tagen der Angst, nach so viel ausgestandnen Leiden dich wieder in meinen Armen –
Ist's möglich? – Nach so viel Tagen der Angst, nach so viel ausgestandenen Leiden dich wieder in meinen Armen –
Belmonte
Belmonte
Oh, dieser Augenblick versüßt allen Kummer, macht mich all meinen Schmerz vergessen –
Oh, dieser Augenblick versüßt allen Kummer, macht mich all meinen Schmerz vergessen –
Konstanze
Konstanze
Hier will ich an deinem Busen liegen und weinen! – Ach, jetzt fühl ich's – die Freude hat auch ihre Tränen!
Hier will ich an deinem Busen liegen und weinen! – Ach, jetzt fühl ich's: Die Freude hat auch ihre Tränen!
N° 15 Aria
Belmonte
Belmonte
    Wenn der Freude Tränen fließen,
Lass mich sie hinwegküssen, diese Tränen; o dass es die letzten wären! – Aber, Konstanze, ist's wahr? Du bist die Geliebte des Bassa? –
lächelt Liebe dem Geliebten hold!
Von den Wangen sie zu küssen,
ist der Liebe schönster, größter Sold.
Ach Konstanze! dich zu sehen,
dich voll Wonne, voll Entzücken
an mein treues Herz zu drücken,
lohnt fürwahr nicht Krösus' Pracht!
Dass wir uns niemals wiederfinden!
So dürfen wir nicht erst empfinden,
welchen Schmerz die Trennung macht.
Konstanze
Wie, Belmonte? Konntest du glauben, dass deine Konstanze jemals untreu werden könnte? Traust du einem Mädchen nicht mehr Treue und Standhaftigkeit zu? – Wie viel Nächte hab ich schlaflos auf meinem Lager durchwacht, wie viel Seufzer für dich zum Himmel geschickt – Ha! rief ich aus: Gütiger Himmel! erhalte nur meinen Belmonte; und ich will gern alles erdulden, ihm dies Herz so treu wiederzubringen, als es bei unserer Trennung war.
Belmonte
Belmonte
Ich hab hier ein Schiff in Bereitschaft; um Mitternacht, wenn alles schläft, komm ich an dein Fenster; und dann sei die Liebe unser Schutzengel!
O verzeih, Konstanze, verzeih dem misstrauischen Liebhaber. Du weißt ja: Unglück macht misstrauisch. Mit diesem Kuss empfange meine Gelübde aufs Neue, ewig, ewig der Deinige zu sein! – – Und nun zu unserm Vorhaben: Ich hab hier ein Schiff in Bereitschaft; um Mitternacht, wenn alles schläft, komm ich an dein Fenster; und dann sei die Liebe unser Schutzengel!
Konstanze
Konstanze
Mit tausend Freuden! Was wollt ich nicht mit dir wagen? Ich erwarte dich –
Mit tausend Freuden! Was wollt ich nicht mit dir wagen? Ich erwarte dich –
Pedrillo
Pedrillo
Also, liebes Blondchen, pass ja hübsch auf, hörst du's?
Also, liebes Blondchen, pass ja hübsch auf, hörst du's?
Blonde
Blonde
Sorge für mich nicht. Das wär das erste Abenteuer, das ein Mädchen verschlafen hätte.
Sorge für mich nicht. Das wär das erste Abenteuer, das ein Mädchen verschlafen hätte.
Pedrillo
Pedrillo
Du wirst's schon merken, wenn du so was Gesungenes hörst, wie's so meine Art des Abends immer ist; dann pass auf, und dann mit einem Sprung ins Schiff! – Nur hübsch Mut gefasst und nicht verzagt: Wer alles zu verlieren hat, muss alles wagen!
Du wirst's schon merken, wenn du so was Gesungenes hörst, wie's so meine Art des Abends immer ist; dann pass auf, und dann mit einem Sprung ins Schiff! – Nur hübsch Mut gefasst und nicht verzagt: Wer alles zu verlieren hat, muss alles wagen!
Konstanze
Wenn es aber nur glücklich abläuft!
Belmonte
Wir wollen's hoffen; die Liebe wird unsre Geleiterin sein.
N° 16 Quartetto
    Mit Pauken und Trompeten
und Tapferkeit und Stärke
gehn Helden rasch zu Werke
und tragen Sieg davon.
Blonde
    Auch schwacher Mädchen Herzen
kann Heldenmut beleben;
trotz Zagen, Angst und Beben
ist endlich Sieg ihr Lohn.
Belmonte
    Für dich, mein teures Leben,
sollt ich nicht alles wagen?
Selbst Fesseln für dich tragen,
wär schon ein süßer Lohn.
Konstanze
    Was acht ich die Gefahren!
In dir nur find ich Freuden.
Den Tod für dich zu leiden,
wär für mich süßer Lohn.
Alle zugleich
    Wie bebt das Herz vor Freuden!
Ha! mit der Liebe Flügeln
eil ich durch Meer und Fluten,
Geliebte|Geliebter schon davon.
Konstanze
    Ach Belmonte! ach mein Leben!
Belmonte
Ach Konstanze! ach mein Leben!
Konstanze
Ist es möglich? Welch Entzücken!
dich an meine Brust zu drücken
nach so vieler Tage Leid.
Belmonte
Welche Wonne, dich zu finden!
Nun muss aller Kummer schwinden!
O wie ist mein Herz erfreut!
Konstanze
Sieh die Freudenträne fließen.
Belmonte
Holde! lass hinweg sie küssen!
Konstanze
Dass es doch die letzte sei!
Belmonte
Ja, noch heute wirst du frei.
Pedrillo
    Also, Blondchen, hast's verstanden?
Alles ist zur Flucht vorhanden,
um Schlag zwölfe sind wir da.
Blonde
Unbesorgt! es wird nichts fehlen,
die Minuten werd ich zählen,
wär der Augenblick schon da!
Alle Vier
    Endlich scheint die Hoffnungssonne
hell durchs trübe Firmament.
Voll Entzücken, Freud und Wonne
sehn wir unsrer Leiden End.
Belmonte
    Doch ach! bei aller Lust
empfindet meine Brust
noch manch geheime Sorgen!
Konstanze
Was ist es, Liebster, sprich,
geschwind, erkläre dich,
o halt mir nichts verborgen!
Belmonte
    Man sagt – du seist – –
(sieht Konstanze stillschweigend furchtsam an)
Konstanze
Nun weiter?Schreibvariante in den Textwiederholungen:
Nun weiter –
(sieht den Belmonte stillschweigend furchtsam an)
Pedrillo
(zeigt, dass er wage, gehenkt zu werden)
Doch Blondchen, ach! die Leiter!
bist du wohl so viel wert?
Blonde
Hansnarr! schnappt's bei dir über?
Ei! hättest du mir lieber
die Frage umgekehrt.
Pedrillo
    Doch Herr Osmin – –
Blonde
Lass hören –
Konstanze
Willst du dich nicht erklären? –
(zugleich)
Belmonte
Ich will. Doch zörne nicht,
wenn ich nach dem Gericht,
so ich gehört, es wage,
dich zitternd, bebend frage,
ob du den Bassa liebst? –
Konstanze
(Sie weint.)
O! wie du mich betrübst!
Pedrillo
    Hat nicht Osmin etwan,
wie man fast glauben kann,
sein Recht als Herr probieret
und bei dir exerzieret?Schreibvariante in den Textwiederholungen:
bei dir probieret und exerzieret?
Dann wär's ein schlechter Kauf!
Blonde
(gibt dem Pedrillo eine Ohrfeige)
Da nimm die Antwort drauf.
Pedrillo
(hält sich das Wang)
    Nun bin ich aufgeklärt!
Belmonte
(kniend)
Konstanze! ach vergib!
Blonde
(geht zornig von Pedrillo)
Du bist mich gar nicht wert.
Konstanze
(seufzend sich von Belmonte wegwendend)
Ob ich dir treu verblieb! –
(anfangs allein, dann alle viere)
Blonde
(zu Konstanze)
    Der Schlingel fragt sich an,
ob ich ihm treu geblieben?
Konstanze
(zu Blonde)
Dem Belmont sagte man,
ich soll den Bassa lieben!
Pedrillo
(hält sich das Wang)
Dass Blonde ehrlich sei,
schwör ich bei allen Teufeln!
Belmonte
(zu Pedrillo)
Konstanze ist mir treu,
daran ist nicht zu zweifeln.
(zugleich)
Konstanze, Blonde
    Wenn unsrer Ehre wegen
die Männer Argwohn hegen,
verdächtig auf uns sehn,
das ist nicht auszustehn.
Belmonte, Pedrillo
Sobald sich Weiber kränken,
dass wir sie untreu denken,
dann sind sie wahrhaft treu,
von allem Vorwurf frei.
(zugleich)
Pedrillo
    Liebstes Blondchen! ach! verzeihe,Schreibvariante in den Textwiederholungen:
Liebstes Blondchen! ach verzeihe!
sieh, ich bau auf deine Treue
mehr itzt als auf meinen Kopf!
Blonde
Nein, das kann ich dir nicht schenken,
mich mit so was zu verdenken,
mit dem alten dummen Tropf!
Belmonte
    Ach Konstanze! ach mein Leben,Schreibvariante in den Textwiederholungen:
Ach Konstanze! ach mein leben!
könntest du mir doch vergeben,
dass ich diese Frage tat?
Konstanze
Belmont! wie du konntest glauben,
dass man dir dies Herz könnt rauben?
das nur dir geschlagen hat.
Belmonte, Pedrillo
    Ach verzeihe!
Ich bereue!
Konstanze, Blonde
Ich verzeihe
deiner Reue!
Alle Vier
Wohl, es sei nun abgetan!
    Es lebe die Liebe!
Nur sie sei uns teuer,
nichts fache das Feuer
der Eifersucht an.
(alle ab)
Ende des zweiten Akts.