Kritische Edition des vertonten Textes KV 389 (Partiturtext KV 389)   Kritische Edition der Libretto-Vorlage (Vorlage)  
Dritter Auftritt
Dritter Auftritt
Belmonte allein.
Belmonte allein.
O Konstanze, Konstanze! wie schlägt mir das Herz! Je näher der Augenblick kommt, desto ängstlicher zagt meine Seele; ich fürchte und wünsche, lebe und hoffe. O Liebe, sei du meine Leiterin!
N° 21 Arie und Duett
(Er singt und akkompagniert die Mandoline dazu.)
(Er singt und akkompagniert die Mandoline dazu.)
Belmonte
    Welch ängstliches Beben,
    Welch ängstliches Beben,
welch sehnliches Streben,
welch sehnliches Streben,
welch feurig Verlangen
welch feurig Verlangen
zittert durch mein ganzes Blut!
zittert durch mein ganzes Blut!
    Wie vom Sturm daher geschleudert,
    Wie vom Sturm daher geschleudert,
fürcht und hoff ich Tod und Leben;
fürcht und hoff ich Tod und Leben;
o! wer kann mir Ruhe geben;
o! wer kann mir Ruhe geben;
ach! wer lindert meinen Schmerz?
ach! wer lindert meinen Schmerz?
    Welch ängstliches Beben,
    Welch ängstliches Beben,
welch sehnliches Streben,
welch sehnliches Streben,
welch feurig Verlangen
welch feurig Verlangen
zittert durch mein ganzes Blut!
zittert durch mein ganzes Blut!
Vierter Auftritt
Vierter Auftritt
Pedrillo, Belmonte.
Pedrillo, Belmonte.
Pedrillo
Pedrillo
    Alles ruhig, alles stille;
    Alles ruhig, alles stille;
jeder liegt auf seinem Ohre,
jeder liegt auf seinem Ohre,
und die Wach' ist schon hinein.
und die Wach ist schon hinein.
Belmonte
Belmonte
Ha! so komm, sie zu erretten,
Ha! so komm, sie zu erretten,
denn geängstet wie in Ketten
denn geängstet wie in Ketten
schlägt mein krankes Herz für sie.
schlägt mein krankes Herz für sie.
    Komm – lass uns eilen!
    Komm, lass uns eilen!
Pedrillo
Pedrillo
Nicht so geschwinde!
Nicht so geschwinde!
Belmonte
Belmonte
Sie zu erretten.
Sie zu erretten.
Pedrillo
Pedrillo
Nur nicht so hitzig!
Nur nicht so hitzig!
Belmonte
Belmonte
Bester Pedrillo!
Bester Pedrillo!
Pedrillo
Pedrillo
Ah, nur gemach!
Ah, nur gemach!
    Erst sing ich mein Liedchen,
    Erst sing ich mein Liedchen,
hm, hm, hust ich darein;
hm! – hust ich darein;
dann hol ich die Leiter,
dann hol ich die Leiter,
husch! husch! sind wir hinein.
husch! sind wir hinein.
Belmonte
Belmonte
    Zaudre nicht länger!
    Zaudre nicht länger!
Pedrillo
Pedrillo
Ah, nur gemach!
Ah, nur gemach!
Belmonte
Belmonte
Zaudre nicht länger!
Gib mir die Leiter.
Pedrillo
Pedrillo
Ah, nur gemach!
Ah, nur gemach!
Belmonte
Belmonte
    Lass mich, lass mich sie befrein!
    Lass mich, lass mich sie befrein!
Pedrillo
Pedrillo
Lieber Herr, das kann nicht sein.
Lieber Herr, das kann nicht sein.
(sieht nach der Uhr)
(sieht nach der Uhr)
Ha! just ist es Mitternacht,
Ha! just ist es Mitternacht,
stellen Sie sich auf die Wacht
stellen Sie sich auf die Wacht
dort im Rosmaringesträuche,
dort im Rosmaringesträuche,
damit niemand uns beschleiche.
damit niemand uns beschleiche.
(Belmonte entfernt sich.)
(Belmonte entfernt sich.)
Nun, du liebe Mutter Nacht!
Nun, du liebe Mutter Nacht!
nimm mich unter deinen Mantel,
nimm mich unter deinen Mantel,
geht es schief mit unserm Handel,
geht es schief mit unserm Handel,
husch ich wie ein Blitz davon.
husch ich wie ein Blitz davon.
Sollte man uns attrapieren,
Sollte man uns attrapieren,
ging es an ein Strangulieren,
ging es an ein Strangulieren,
hälf gar kein Kapitulieren.
hälf gar kein Kapitulieren.
(Er lauscht.)
(Er lauscht.)
    O weh! o weh!
    O weh! o weh!
was rührt sich da?
(Belmonte nähert sich.)
O mach geschwind!
Pedrillo
Dort rauschte was.
Belmonte
Es war der Wind.
Frisch zum Signale!
Pedrillo
Jetzt fang ich an.
Belmonte
Alles ist ruhig.
Pedrillo
Jetzt fang ich an.
Belmonte
    Quälest mein klopfendes Herze so sehr!
Pedrillo
Vorsicht ist nötig: Nun hör ich nichts mehr.
Romanze
(Er akkompagniert sich zugleich auf der Mandoline.)
1.
    In Mohrenland gefangen war
ein Mädel hübsch und fein;
sah rot und weiß, war schwarz von Haar,
seufzt' Tag und Nacht und weinte gar;
wollt gern erlöset sein.
2.
    Da kam aus fernem Land daher
ein junger Rittersmann,
dem jammerte das Mädchen sehr;
"Jach", rief er, "wag ich Kopf und Ehr,
wenn ich sie retten kann."
Noch rührt sich nichts, noch geht es gut.
Belmonte
Ende, ach ende!
Pedrillo
Nur auf der Hut!
(Belmonte entfernt sich wieder.)
3.
    "Ich komm zu dir in finstrer Nacht,
lass, Liebchen, husch mich ein!
Ich fürchte weder Schloss noch Wacht;
holla! horch auf! um Mitternacht
sollst du erlöset sein."
4.
    Gesagt, getan; Glock zwölfe stand
der tapfre Ritter da;
sanft reicht sie ihm die weiche Hand;
früh man die leere Zelle fand;
fort war sie, hopsasa!
(Pedrillo hustet einige Mal, Konstanze öffnet das Fenster.)
Pedrillo
    Sie öffnet, sie öffnet!
(winkt Belmonte)
Belmonte
Ich komme, ich komme!
Konstanze
(am Fenster)
Belmonte, Belmonte!
Belmonte
Konstanze, Konstanze!
(Pedrillo stellt die Leiter an Konstanzens Fenster, Belmonte steigt hinein; Pedrillo hält die Leiter.)
Pedrillo
    Welches Zittern, welches Zagen!
Kriegte man mich jetzt beim Kragen,
ging's dem Hehler
wie dem Stehler,
wär das bisschen Kopf dahin.
(Belmonte kommt mit Konstanzen unten zur Türe heraus.)
Belmonte
    Nun, holder Engel!
hab ich dich wieder.
Konstanze
Zagend und ängstlich
beben die Glieder.
Pedrillo
Frisch nach dem Strande!
Ich folge gleich.
(Belmonte und Konstanze ab)
Lieber Cupido,
halt mir die Leiter!
(Er steigt an Blondens Fenster.)
Blondgen, ach Blondgen!
öffne das Fenster,
hurtig mach auf!
(Das Fenster wird geöffnet, er steigt hinein.)
Fünfter Auftritt
Osmin und ein schwarzer Stummer öffnen die Türe von Osmins Hause, wo Pedrillo hineingestiegen ist. Osmin noch halb schlaftrunken hat eine Laterne. Der Stumme gibt Osmin durch Zeichen zu verstehen, dass es nicht richtig sei, dass er Leute gehört habe usw.
Osmin
    Du hörtest Lärmen? –
Vermutlich schwärmen
Dieb und Mörder um das Haus. –
Geh, marschiere,
spioniere
hurtig, hurtig sie mir aus!
(Der Stumme lauscht ein wenig herum; endlich wird er die Leiter an Osmins Fenster gewahr, erschrickt und zeigt sie Osmin, der wie im Taumel mit der Laterne in der Hand an seine Haustüre gelehnt steht und nickt.)
Osmin
Gift und Dolch! ich bin verloren;
o man hat mir Tod geschworen:
Ach, man steigt mir gar ins Haus!
(Er tummelt sich herum; weil er aber noch halb schlaftrunken ist, stößt er sich hier und da etc.)
    O weh! o weh!
Hurtig die Wache!
Geh, geh, geh, geh!
Rühr dich und mache
alles darnieder:
Komm dann bald wieder,
schlag alles tot!
(Der Stumme ab.)
Osmin setzt sich auf die Leiter mit der Laterne in der Hand und nickt ein. Pedrillo kommt rückwärts wieder zum Fenster herausgestiegen und will die Leiter wieder herunter. Blonde oben am Fenster wird Osmin gewahr und ruft Pedrillo zu.)
Blonde
    Himmel, Pedrillo!
wir sind verloren.
Pedrillo
(sieht sich um, und so wie er Osmin gewahr wird, stutzt er, besieht ihn und steigt wieder zum Fenster hinein)
Ah! welcher Teufel
hat sich verschworen.
Osmin
(auf der Leiter dem Pedrillo nach, ruft)
Blonde! Blonde!
Pedrillo
(im Hineinsteigen zu Blonden)
Zurück, nur zurück!
Osmin
Räuber! Räuber!
Blonde
Verwünschtes Geschick!
Osmin
(steigt wieder zurück)
    Welch ein Getöse! –
Welch ein Geräusche! –
Hülfe, o Hülfe!
Das sind die Räuber,
hurtig, Soldaten,
kommt eilig herbei!
(Pedrillo kommt mit Blonden unten zur Haustüre heraus, sieht schüchtern nach der Leiter und schleicht sich dann mit Blonden darunter weg.)
Blonde, Pedrillo
(im Abgehen)
Himmel, o Himmel,
wären wir frei!
Osmin
(der sie bemerkt)
    Zu Hülfe! zu Hülfe!
Gewalt! Gewalt!
(Er will nach.)
Wache
(mit Fackeln, halten Osmin an)
Halt, halt!
Osmin
Dorthin, ihr Herren.
Wache
Willst du dich sperren?
Osmin
Gebt keinen Pardon!
Wache
Du sollst nicht davon.
(Sie wollen ihn fortführen.)
Osmin
    Ihr irrt euch,
Wache
Ei, nicht doch!
Osmin
Ich rief euch;
Wache
Ei, seht doch!
Osmin
(der sich immer loszumachen sucht)
Dorthin, ihr Herren!
Wache
Willst du dich sperren?
Osmin
Gebt keinen Pardon!
Wache
Du sollst nicht davon!
(Sie wollen wieder fort mit ihm.)
Osmin
Gewalt! Gewalt!
Wache
Halt! Halt!
(Der Stumme kommt zurück.)
Osmin
(zum Stummen)
    Ali, komm doch und bedeute,
diese unverschämten Leute
schleppen sonst mich selbst davon.
(Der Stumme sucht, sie zu bedeuten.)
Einer von der Wache
Ah! wenn das ist, lasst ihn gehen,
nachts kann Irrtum leicht geschehen:
Sieh, da bringen sie sie schon.
(Ein Teil der Wache bringt Pedrillo und Blonden.)
Osmin
    Ist es möglich!
Wach ich, träum ich?
Seid ihr's beide?
Hurtig, Leute,
gleich herunter mit dem Kopf!
Pedrillo
Ich armer Tropf!
Osmin
    Nun kann ich mein Mütgen kühlen;
sollst nun meine Rache fühlen;
seh dich künftig ohne Kopf.
Pedrillo
Ich armer Tropf!
(Ein andrer Teil der Wache, auch mit Fackeln, bringen Belmonte und Konstanze; Belmonte widersetzt sich noch.)
Belmonte
    Schändliche, lasst mich!
Wache
Gib dich, ergib dich!
Osmin
Haltet ihn fest!
Wache
Ha! wie verwegen.
Osmin
Schleppt ihn zum Bassa!
Wache
Zog er den Degen!
Osmin
Haltet ihn fest!
Belmonte
Schändliche, lasst mich!
Wache
Gib dich, ergib dich!
Osmin
Haltet ihn fest!
Konstanze, Belmonte
    Seht den Beutel voll Zechinen.
Osmin, Wache
Wie? Ihr wolltet euch erkühnen?
Konstanze, Blonde, Pedrillo, Belmonte
Ei, so lasst mich|ihn doch nur reden!
Osmin, Wache
Nicht ein Wort! nicht ein Wort!
Konstanze, Blonde, Pedrillo, Belmonte
Kann euch unser Unglück dienen?
Osmin, Wache
Wie? Ihr wolltet euch erkühnen?
Konstanze, Blonde, Pedrillo, Belmonte
Nehmt den Beutel voll Zechinen.
Osmin, Wache
Schleppt sie fort! schleppt sie fort!
Konstanze, Belmonte
    Habet Mitleid!
Osmin, Wache
Nicht ein Wort!
Blonde, Pedrillo
Habt Erbarmen!
Osmin, Wache
Schleppt sie fort!
Konstanze, Blonde, Belmonte, Pedrillo
    Kann euch unser Unglück dienen?
Osmin, Wache
Ah, Verräter! so verwegen,
Konstanze, Blonde, Belmonte, Pedrillo
Nehmt den Beutel voll Zechinen.
Osmin, Wache
uns zu drohen mit dem Degen!
Konstanze, Blonde, Belmonte, Pedrillo
Habt Erbarmen!
Osmin, Wache
Marsch zum Bassa!
Konstanze, Blonde, Belmonte, Pedrillo
Halt, Barbaren! nur ein Wort!
Osmin, Wache
Kein Erbarmen; schleppt sie fort!
Konstanze, Belmonte
    Lasst so vielen Schmerz euch rühren!
Blonde, Pedrillo
Lasst euch unser Unglück rühren!
Osmin
O wie will ich triumphieren!
Pedrillo
Ich will gern kapitulieren.
Ach, man wird mich strangulieren!
Osmin, Wache
Hier hilft kein Expostulieren;
wirst gar niedlich figurieren.
Wache
    Marsch! marsch! marsch!
Belmonte, Konstanze, Pedrillo, Blonde
Halt! halt! halt!
Lasst auch erweichen!
Osmin, Wache
Marsch! fort zum Bassa!
(zugleich)
Konstanze, Blonde, Belmonte, Pedrillo
O haltet ein!
Osmin, Wache
Nein, nein, nein, nein!


Zimmer des Bassa.
Sechster Auftritt
Selim mit Gefolge, hernach Osmin, Belmonte, Konstanze, Pedrillo, Blonde und Wache.
Selim
(zu einem seiner Offiziere)
Geht, unterrichtet euch, was der Lärm im Palast bedeutet; er hat uns im Schlaf aufgeschreckt, und lasst mir Osmin kommen.
(Der Offizier will abgehen, indem kommt Osmin zwar hastig, doch noch ein wenig schläfrig.)
Osmin
Herr! – Verzeih, dass ich es so früh wage – deine Ruhe zu stören.
Selim
Was gibt's, Osmin, was gibt's? Was bedeutet der Aufruhr?
Osmin
Herr, es ist die schändlichste Verräterei in deinem Palast –
Selim
Verräterei?
Osmin
Die niederträchtigen Christensklaven entführen uns – die Weiber. Der große Baumeister, den du gestern auf Zureden des Verräters Pedrillo aufnahmst, hat deine – schöne Konstanze entführt.
Selim
Konstanze? entführt? Ah, setzt ihnen nach!
Osmin
O 's ist schon dafür gesorgt! Meiner Wachsamkeit – hast du es zu danken, dass ich sie wieder beim Schopfe gekriegt habe. Auch mir selbst hatte der – spitzbübische Pedrillo eine gleiche Ehre zugedacht, und er hatte mein Blondgen schon beim Kopfe, um mit ihr – in alle Welt zu reisen – Aber, Gift und Dolch! er soll mir's entgelten! – Sieh, da bringen sie sie!
(Belmonte und Konstanze werden von der Wache hereingeführt.)
Selim
Ah, Verräter! Wagt ihr's, vor meine Augen zu kommen? – Ha, du heuchlerische Sirene? War das der Aufschub, den du begehrtest? Missbrauchtest du so die Nachsicht, die ich dir gab, um mich zu hintergehen?
Konstanze
Ich bin strafbar in deinen Augen, Herr, es ist wahr. Aber es ist mein Geliebter, mein einziger Geliebter, dem lang schon dieses Herz gehört. O nur für ihn, nur um seinetwillen fleht ich Aufschub. – O lass mich sterben! Gern, gern will ich den Tod erdulden: Aber schone nur sein Leben –
Selim
Und du wagst's, Unverschämte, für ihn zu bitten?
Konstanze
Noch mehr: für ihn zu sterben!
Belmonte
Ha, Bassa! Noch nie erniedrigte ich mich zum Bitten, noch nie hat dieses Knie sich vor einem Menschen gebeugt: Aber sieh, hier lieg ich zu deinen Füßen; und gerne will ich sterben, nur schone Konstanzen!
Konstanze
Nein, hör ihn nicht, Bassa, hör ihn nicht: Die Liebe macht ihn blind; er weiß nicht, was er spricht. Mich allein lass deinen Zorn empfinden, mich allein sterben.
Belmonte
Nein, Konstanze, nein! Nur ich habe den Tod verdient; nur ich sterbe –
Selim
Schweigt, Unglückliche, schweigt! ihr sollt beide sterben.
Konstanze
O wie glücklich! – O mein Geliebter! man will uns nicht trennen. Ach, in deinen Armen zu sterben, welche Wonne!
Duett
Konstanze, Belmonte
    Ach, von deinem Arm umschlungen,
Todesengel, sei willkommen!
Lächelnd sink ich in das Grab.
Konstanze
O wie selig!
Belmonte
O wie glücklich!
Konstanze
    Am elysischen Gestade,
Belmonte
auf dem nie betretnen Pfade
Beide
mich mit dir vereint zu sehn!
Konstanze
Welche Freude!
Belmonte
Welche Wonne!
Konstanze
    An dem ruhevollen Strande,
Belmonte
in dem unbekannten Lande
Beide
mich an deiner Hand zu sehn!
(zugleich)
Konstanze
O wie selig!
Belmonte
O wie glücklich!
Konstanze
Mein Geliebter!
Belmonte
Ach, Geliebte!
Beide
Lächelnd sink ich in das Grab!
Selim
(beiseite)
Fast rührt mich so viel Liebe, so viel Beständigkeit.
Osmin
Ach, Herr! kannst du das sehen? zugeben, dass sie da vor deinen Augen – Ha, Gift und Dolch! Die Wut lässt mich nicht reden. – Ah! da kommt auch das zärtliche Pärchen, das auch mir so einen Streich gespielt hat. – Ach, könnt ich dich mit den Augen töten, heimtückscher Verräter!
(Die Wache bringt Pedrillo und Blonden ebenfalls gefesselt.)
Pedrillo
(dem Bassa zu Füßen)
Großer Bassa! Vergib, wenn's möglich ist, dass wir's wagten, ohne Abschied davonzugehen. Die Liebe ist an der ganzen Affäre schuld. Das liebe Mädchen hier ist eine alte Bekanntschaft aus Spanien: Unsere Ehe war so gut als richtig; und wenn wir glücklich dazumal nach Cadix gekommen wären, wir wären längst Mann und Frau. Das Heimweh kam ihr und mir in Kopf; der alte Griesgram quälte sie Tag und Nacht –
Selim
Schweig, Verräter, und reize meinen Zorn nicht noch mehr! – Osmin! Man erdrossle sie zugleich!
Osmin
O mit tausend Freuden!
(Einige Türken mit seidenen Stricken nähern sich ihnen.)
Pedrillo
Ach liebes Mädchen! wer hätte das gedacht!
Blonde
Unglücklicher Tag! unglückliches Mädchen!
(einander im Arm)
Belmonte
Ach, meine Konstanze!
Konstanze
O mein Belmonte!
Selim
Belmonte sagst du? – Ist das dein Name?
Belmonte
O dass er's nicht wäre!
Selim
Belmonte! Belmonte?
Belmonte
Der unglückliche Belmonte! Ein Ball des Unglücks von Jugend auf. – Ohne Vater, ohne Freund –
Selim
(für sich)
Gott! wär es möglich? (laut) Sag, sag, junger Mann, wie heißt deine Vaterstadt?
Belmonte
Toledo.
Selim
Und wer war dein Vater?
Belmonte
Don Carlos Belmonte, der mich als ein Kind von vier Jahren in das Kloster St. Sebastian überbrachte –
Selim
Ach Gott, er ist's! Mein Sohn, mein Sohn! Du bist mein Sohn; ich! bin dein Vater.
Belmonte
Mein Vater? mein Vater?
Selim
Dein unglücklicher Vater! Komm in meine Arme! Wie viele vergebliche Nachforschungen hab ich deinetwegen angestellt, wie viele Tränen um dich vergossen! – O dass mich ein unbesonnener Augenblick zu dem Schritte verleitete – Doch jetzt nichts hiervon; jetzt bin ich bloß der glückliche Vater.
Belmonte
O mein Vater, mein Vater! Wie soll ich's der Vorsehung danken – In dem schrecklichsten Augenblick meines Lebens, am Rande des Todes – und nun so glücklich! O Konstanze, Konstanze! lass uns seine Knie umfassen –
(Sie werfen sich nieder.)
Konstanze
Darf ich's wagen? Wollen Sie auch mein Vater sein?
Selim
Steh auf! steh auf, gutes Mädchen, er ist dein! Seid meine Kinder!
Konstanze, Belmonte
(ihm die Hände küssend)
O wie glücklich!
Konstanze
Ich kann mich kaum fassen! Ist's ein Traum, oder ist's Wahrheit? – – O das Herz wallt mir vor Freude, vor Entzücken!
    Ah, mit freudigem Entzücken
strömt mein feuriger Gesang;
und hinauf zu jenen Höhen
steigt des Herzens Wonnedank.
Schon umgab mich Todesschrecken;
ach! ich fühlte mich nicht mehr,
und in höhern Regionen
flatterte mein Geist umher.
V. A.Von Anfang
Pedrillo
(mit Blonden dem Bassa zu Füßen)
Herr, dürfen wir beide Unglückliche es auch wagen, um Gnade zu flehen? – Ein alter getreuer Diener deines Sohnes –
Belmonte
Auch ich bitte für ihn! Ohne ihn wär ich nicht hier –
Osmin
Ah, Herr, lass dich ja nicht von dem verwünschten Schmarotzer hintergehen! Keine Gnade! keine Gnade! Er hat den Tod hundertmal verdient.
Selim
Schweig! – Steht auf und seid frei! Wer könnte an so einem glücklichen Tage Unglückliche um sich sehen?
Pedrillo
O tausend Dank, großer Bassa! Juchhe! Nun spring ich mit gleichen Füßen wieder ins Leben hinein!
Osmin
Gift und Dolch! Ich möchte bersten! – Aber, Herr! meine Sklavin Blonde muss er wieder herausgeben?
Pedrillo
(bittend)
Meine alte verlobte Braut, mein liebes Blondchen! –
Selim
Ist dein, und ist frei!
Blonde
Wie glücklich!
Pedrillo
Es lebe der große Bassa Selim!
Osmin
Ha! das ist zum rasend werden!
Pedrillo
Komm, guter Alter, lass uns Freunde sein. Hier biet ich dir die Hand. –
Osmin
Freund mit dir? – Ah! mit dem Teufel lieber Freundschaft als mit dir, Verräter.
(geht drohend ab)
Blonde
Lass ihn laufen, Pedrillo, lass ihn laufen. Dem Himmel sei Dank, dass ich aus seinen Klauen erlöset bin!
Pedrillo
Jawohl, liebes Blondchen; jetzt mag er schlafen oder wachen, ich lache dazu.
Belmonte
Ach, meine Konstanze! Endlich sind wir vereint.
Konstanze
Mein Einziger, mein verlorner Geliebter!
Blonde
Nun, mein Fräulein? Sagt ich nicht immer: Hoffnung lässt nicht zu Schanden werden?
Chor
    Oft wölkt stürmisch sich der Himmel,
Nacht und grausendes Getümmel
zeigt sich schrecklich unserm Blick:
Doch ein Strahl der milden Sonne
kehrt den Jammer schnell in Wonne,
bringt die Freuden bald zurück.
Ende.