Zweiter Aufzug
 
 

Das Theater ist ein Palmwald; alle Bäume sind silberartig, die Blätter von Gold. 18 Sitze von Blättern; auf einem jeden Sitze steht eine Pyramide und ein großes schwarzes Horn mit Gold gefasst. In der Mitte ist die größte Pyramide, auch die größten Bäume. Sarastro nebst andern Priestern kommen in feierlichen Schritten, jeder mit einem Palmzweige in der Hand. Ein Marsch mit blasenden Instrumenten begleitet den Zug.
 
 
Erster Auftritt
 
 
Sarastro
 
 
(nach einer Pause)
 
 
Ihr in dem Weisheitstempel eingeweihten Diener der großen Göttin Osiris und Isis! – Mit reiner Seele erklär ich euch, dass unsre heutige Versammlung eine der wichtigsten unsrer Zeit ist. – Tamino, ein Königssohn, 20 Jahre seines Alters, wandelt an der nördlichen Pforte unsers Tempels und seufzt mit tugendvollem Herzen nach einem Gegenstande, den wir alle mit Mühe und Fleiß erringen müssen. – Kurz, dieser Jüngling will seinen nächtlichen Schleier von sich reißen und ins Heiligtum des größten Lichtes blicken. – Diesen Tugendhaften zu bewachen, ihm freundschaftlich die Hand zu bieten, sei heute eine unsrer wichtigsten Pflichten.
 
 
Erster Priester
 
 
(steht auf)
 
 
Er besitzt Tugend?
 
 
Sarastro
 
 
Tugend!
 
 
Zweiter Priester
 
 
Auch Verschwiegenheit?
 
 
Sarastro
 
 
Verschwiegenheit!
 
 
Dritter Priester
 
 
Ist wohltätig?
 
 
Sarastro
 
 
Wohltätig! – Haltet ihr ihn für würdig, so folgt meinem Beispiele. (Sie blasen dreimal in die Hörner.) Gerührt über die Einigkeit eurer Herzen, dankt Sarastro euch im Namen der Menschheit. – Mag immer das Vorurteil seinen Tadel über uns Eingeweihte auslassen! – Weisheit und Vernunft zerstückt es gleich dem Spinnengewebe. – Unsere Säulen erschüttern sie nie. Jedoch das böse Vorurteil soll schwinden; und es wird schwinden, sobald Tamino selbst die Größe unserer schweren Kunst besitzen wird. – Pamina, das sanfte, tugendhafte Mädchen, haben die Götter dem holden Jünglinge bestimmt; dies ist der Grundstein, warum ich sie der stolzen Mutter entriss. – Das Weib dünkt sich, groß zu sein; hofft, durch Blendwerk und Aberglauben das Volk zu berücken und unsern festen Tempelbau zu zerstören. Allein, das soll sie nicht; Tamino, der holde Jüngling selbst, soll ihn mit uns befestigen und als Eingeweihter der Tugend Lohn, dem Laster aber Strafe sein.
 
 
(Der dreimalige Akkord in den Hörnern wird von allen wiederholt.)
 
 
Sprecher
 
 
(steht auf)
 
 
Großer Sarastro, deine weisheitsvollen Reden erkennen und bewundern wir; allein, wird Tamino auch die harten Prüfungen, so seiner warten, bekämpfenIm Sinne von "bestehen" oder "auf sich nehmen"? – Verzeih, dass ich so frei bin, dir meinen Zweifel zu eröffnen! Mich bangt es um den Jüngling. Wenn nun im Schmerz dahingesunken sein Geist ihn verließe und er dem harten Kampfe unterläge… – Er ist Prinz! –
 
 
Sarastro
 
 
Noch mehr – – er ist Mensch!
 
 
Sprecher
 
 
Wenn er nun aber in seiner frühen Jugend leblos erblasste?
 
 
Sarastro
 
 
Dann ist er Osiris und Isis gegeben und wird der Götter Freuden früher fühlen als wir. (Der dreimalige Akkord wird wiederholt.) Man führe Tamino mit seinem Reisegefährten in Vorhof des Tempels ein. (zum Sprecher, der vor ihm niederkniet) Und du, Freund! den die Götter durch uns zum Verteidiger der Wahrheit bestimmten – vollziehe dein heiliges Amt und lehre durch deine Weisheit beide, was Pflicht der Menschheit sei; lehre sie die Macht der Götter erkennen.
 
 
(Der Sprecher geht mit einem Priester ab, alle Priester stellen sich mit ihren Palmzweigen zusammen.)
 
 
Chor
 
     
 
    O Isis und Osiris, schenket
 
 
der Weisheit Geist dem neuen Paar!
 
 
Die ihr der Wandrer Schritte lenket,
 
 
stärkt mit Geduld sie in Gefahr –
 
 
lasst sie der Prüfung Früchte sehen.
 
 
Doch sollten sie zu Grabe gehen,
 
 
so lohnt der Tugend kühnen Lauf,
 
 
nehmt sie in euern Wohnsitz auf.
 
 
(Sarastro geht voraus, dann alle ihm nach ab.)
 
 


Nacht, der Donner rollt von Weitem. Das Theater verwandelt sich in einen kurzen Vorhof des Tempels, wo man Rudera von eingefallenen Säulen und Pyramiden sieht nebst einigen Dornbüschen. An beiden Seiten stehen praktikable hohe altägyptische Türen, welche mehr Seitengebäude vorstellen.
 
 
Zweiter Auftritt
 
 
Tamino und Papageno werden vom Sprecher und dem andern Priester hereingeführt; sie lösen ihnen die Säcke ab. Die Priester gehen dann ab.
 
 
Tamino
 
 
Eine schreckliche Nacht! – Papageno, bist du noch bei mir?
 
 
Papageno
 
 
I freilich!
 
 
Tamino
 
 
Wo denkst du, dass wir uns nun befinden?
 
 
Papageno
 
 
Wo? Ja wenn's nicht finster wäre, wollt ich dir's schon sagen – aber so – (Donnerschlag) O weh! –
 
 
Tamino
 
 
Was ist's?
 
 
Papageno
 
 
Mir wird nicht wohl bei der Sache!
 
 
Tamino
 
 
Du hast Furcht, wie ich höre.
 
 
Papageno
 
 
Furcht eben nicht, nur eiskalt läuft's mir über den Rücken. (starker Donnerschlag) O weh!
 
 
Tamino
 
 
Was soll's?
 
 
Papageno
 
 
Ich glaube, ich bekomme ein kleines Fieber.
 
 
Tamino
 
 
Pfui, Papageno! Sei ein Mann!
 
 
Papageno
 
 
Ich wollt, ich wär ein Mädchen! (ein sehr starker Donnerschlag) Oh! oh! oh! Das ist mein letzter Augenblick.
 
 
Dritter Auftritt
 
 
Sprecher und der andere Priester mit Fackeln. Vorige.
 
 
Sprecher
 
 
Ihr Fremdlinge, was sucht oder fordert ihr von uns? Was treibt euch an, in unsre Mauern zu dringen?
 
 
Tamino
 
 
Freundschaft und Liebe.
 
 
Sprecher
 
 
Bist du bereit, es mit deinem Leben zu erkämpfen?
 
 
Tamino
 
 
Ja!
 
 
Sprecher
 
 
Auch wenn Tod dein Los wäre?
 
 
Tamino
 
 
Ja!
 
 
Sprecher
 
 
Prinz, noch ist's Zeit zu weichen – einen Schritt weiter und es ist zu spät. –
 
 
Tamino
 
 
Weisheitslehre sei mein Sieg; Pamina, das holde Mädchen, mein Lohn.
 
 
Sprecher
 
 
Du unterziehst jeder Prüfung dich?
 
 
Tamino
 
 
Jeder!
 
 
Sprecher
 
 
Reiche deine Hand mir! – (Sie reichen sich die Hände.) So!
 
 
Zweiter Priester
 
 
Ehe du weitersprichst, erlaube mir, ein paar Worte mit diesem Fremdlinge zu sprechen. – – Willst auch du dir Weisheitsliebe erkämpfen?
 
 
Papageno
 
 
Kämpfen ist meine Sache nicht. – Ich verlang auch im Grunde gar keine Weisheit. Ich bin so ein Natursmensch, der sich mit Schlaf, Speise und Trank begnügt – und wenn es ja sein könnte, dass ich mir einmal ein schönes Weibchen fange.
 
 
Zweiter Priester
 
 
Die wirst du nie erhalten, wenn du dich nicht unsern Prüfungen unterziehst.
 
 
Papageno
 
 
Worin besteht diese Prüfung? –
 
 
Zweiter Priester
 
 
Dich allen unsern Gesetzen unterwerfen, selbst den Tod nicht scheuen.
 
 
Papageno
 
 
Ich bleibe ledig!
 
 
Sprecher
 
 
Aber wenn du dir ein tugendhaftes, schönes Mädchen erwerben könntest?
 
 
Papageno
 
 
Ich bleibe ledig!
 
 
Zweiter Priester
 
 
Wenn nun aber Sarastro dir ein Mädchen aufbewahrt hätte, das an Farbe und Kleidung dir ganz gleich wäre? –
 
 
Papageno
 
 
Mir gleich! Ist sie jung?
 
 
Zweiter Priester
 
 
Jung und schön!
 
 
Papageno
 
 
Und heißt?
 
 
Zweiter Priester
 
 
Papagena.
 
 
Papageno
 
 
Wie? – Pa? –
 
 
Zweiter Priester
 
 
Papagena!
 
 
Papageno
 
 
Papagena? – Die möcht ich aus bloßer Neugierde sehen.
 
 
Zweiter Priester
 
 
Sehen kannst du sie! – –
 
 
Papageno
 
 
Aber wenn ich sie gesehen habe, hernach muss ich sterben?
 
 
Zweiter Priester
 
 
(macht eine zweideutige Pantomime)
 
 
Papageno
 
 
Ja? – Ich bleibe ledig!
 
 
Zweiter Priester
 
 
Sehen kannst du sie, aber bis zur verlaufenen Zeit kein Wort mit ihr sprechen. Wird dein Geist so viel Standhaftigkeit besitzen, deine Zunge in Schranken zu halten?
 
 
Papageno
 
 
O ja!
 
 
Zweiter Priester
 
 
Deine Hand! Du sollst sie sehen.
 
 
Sprecher
 
 
Auch dir, Prinz, legen die Götter ein heilsames Stillschweigen auf; ohne diesem seid ihr beide verloren. – Du wirst Pamina sehen – aber nie sie sprechen dürfen; dies ist der Anfang eurer Prüfungszeit. –
 
 
Duetto
 
 
Zweiter Priester, Sprecher
 
     
 
    Bewahret euch vor Weibertücken:
 
 
Dies ist des Bundes erste Pflicht!
 
 
Manch weiser Mann ließ sich berücken,
 
 
er fehlte und versah sich's nicht.
 
 
Verlassen sah er sich am Ende,
 
 
vergolten seine Treu mit Hohn!
 
 
Vergebens rang er seine Hände,
 
 
Tod und Verzweiflung war sein Lohn.
 
 
(beide Priester ab)
 
 
Vierter Auftritt
 
 
Tamino, Papageno.
 
 
Papageno
 
 
He, Lichter her! Lichter her! – Das ist doch wunderlich, sooft einen die Herrn verlassen, so sieht man mit offenen Augen nichts.
 
 
Tamino
 
 
Ertrag es mit Geduld und denke, es ist der Götter Wille.
 
 
Fünfter Auftritt
 
 
Die drei Damen, Vorige.
 
 
Quintetto
 
 
Die drei Damen
 
 
(aus der Versenkung)
 
     
 
    Wie? wie? wie?
 
 
Ihr an diesem Schreckensort?
 
 
Nie, nie, nie!
 
 
kommt ihr wieder glücklich fort!
 
 
Tamino, dir ist Tod geschworen.
 
 
Du, Papageno! bist verloren!
 
 
Papageno
 
 
Nein! Nein! Nein! das wär zu viel.
 
 
Tamino
 
 
Papageno, schweige still!
 
 
Willst du dein Gelübde brechen,
 
 
nichts mit Weibern hier zu sprechen?
 
 
Papageno
 
 
Ihr hört ja, wir sind beide hin.
 
 
Tamino
 
 
Stille, sag ich! – Schweige still!
 
 
Papageno
 
 
Immer still und immer still!
 
 
Die drei Damen
 
 
Ganz nah ist euch die Königin!
 
 
Sie drang in Tempel heimlich ein.
 
 
Papageno
 
 
Wie? Was? Sie soll im Tempel sein?
 
 
Tamino
 
 
Stille, sag ich! – Schweige still! –
 
 
Wirst du immer so vermessen
 
 
deiner Eidespflicht vergessen?
 
 
Die drei Damen
 
 
Tamino, hör! du bist verloren!
 
 
Gedenke an die Königin!
 
 
Man zischelt viel sich in die Ohren
 
 
von dieser Priester falschem Sinn.
 
 
Tamino
 
 
(für sich)
 
 
Ein Weiser prüft und achtet nicht,
 
 
was der verworfne Pöbel spricht.
 
 
Die drei Damen
 
 
Man sagt, wer ihrem Bunde schwört,
 
 
der ist verwünscht mit Haut und Haar.
 
 
Papageno
 
 
Das wär beim Teufel unerhört!
 
 
Sagt an, Tamino, ist das wahr?
 
 
Tamino
 
 
Geschwätz, von Weibern nachgesagt,
 
 
von Heuchlern aber ausgedacht.
 
 
Papageno
 
 
Doch sagt es auch die Königin.
 
 
Tamino
 
 
Sie ist ein Weib, hat Weibersinn.
 
 
Sei still, mein Wort sei dir genug,
 
 
denk deiner Pflicht und handle klug.
 
 
Die drei Damen
 
 
(zu Tamino)
 
 
Warum bist du mit uns so spröde?
 
 
(Tamino deutet bescheiden, dass er nicht sprechen darf.)
 
 
Die drei Damen
 
 
Auch Papageno schweigt. – So rede!
 
 
Papageno
 
 
Ich möchte gerne – woll...
 
 
Tamino
 
 
Still!
 
 
Papageno
 
 
(heimlich)
 
 
Ihr seht, dass ich nicht soll –
 
 
Tamino
 
 
Still!
 
 
Tamino, Papageno
 
 
Dass du nicht kannst|ich nicht kann das Plaudern lassen,
 
 
ist wahrlich eine Schand für dich|mich.
 
 
Alle Fünf
 
 
Wir|Sie müssen sie|uns mit Scham verlassen;
 
 
es plaudert keiner sicherlich!
 
 
Von festem Geiste ist ein Mann;
 
 
er denket, was er sprechen kann.
 
 
(Die Damen wollen gehen, die Eingeweihten schreien von innen.)
 
 
Priester
 
 
Entweiht ist die heilige Schwelle,
 
 
hinab mit den Weibern zur Hölle!
 
 
Die drei Damen
 
 
O weh! O weh! O weh!
 
 
(Ein schrecklicher Akkord mit allen Instrumenten, Donner, Blitz und Schlag; zugleich zwei starke Donner. Die Damen stürzen in die Versenkung.)
 
 
Papageno
 
 
(fällt vor Schrecken zu Boden; singt, da schon alle Musik stille ist)
 
 
O weh! O weh! O weh!
 
 
(Dann fängt der dreimalige Akkord an.)
 
 
Sechster Auftritt
 
 
Tamino, Papageno, Sprecher, Zweiter Priester (mit Fackeln).
 
 
Sprecher
 
 
Heil dir, Jüngling! Dein standhaft männliches Betragen hat gesiegt. Zwar hast du noch manch rauen und gefährlichen Weg zu wandern, den du aber durch Hülfe der Götter glücklich endigen wirst. – Wir wollen also mit reinem Herzen unsere Wanderschaft weiter fortsetzen. – (Er gibt ihm den Sack um.) So! nun komm.
 
 
(ab)
 
 
Zweiter Priester
 
 
Was seh ich! Freund, stehe auf! Wie ist dir?
 
 
Papageno
 
 
Ich lieg in einer Ohnmacht!
 
 
Zweiter Priester
 
 
Auf! Sammle dich und sei ein Mann!
 
 
Papageno
 
 
(steht auf)
 
 
Aber sagt mir nur, meine lieben Herren, warum muss ich denn alle die Qualen und Schrecken empfinden? – Wenn mir ja die Götter eine Papagena bestimmten, warum denn mit so vielen Gefahren sie erringen?
 
 
Zweiter Priester
 
 
Diese neugierige Frage mag deine Vernunft dir beantworten. Komm! Meine Pflicht heischt, dich weiterzuführen.
 
 
(Er gibt ihm den Sack um.)
 
 
Papageno
 
 
Bei so einer ewigen Wanderschaft möcht einem wohl die Liebe auf immer vergehen.
 
 
(ab)
 
 


Das Theater verwandelt sich in einen angenehmen Garten; Bäume, die nach Art eines Hufeisens gesetzt sind; in der Mitte steht eine Laube von Blumen und Rosen, worin Pamina schläft. Der Mond beleuchtet ihr Gesicht. Ganz vorn steht eine Rasenbank, Monostatos kommt, setzt sich nach einer Pause.
 
 
Siebenter Auftritt
 
 
Monostatos
 
 
Ha, da find ich ja die spröde Schöne! – – Und um so einer geringen Pflanze wegen wollte man meine Fußsohlen behämmern? – Also bloß dem heutigen Tage hab ich's zu verdanken, dass ich noch mit heiler Haut auf die Erde trete. – – Hm! – Was war denn eigentlich mein Verbrechen? – dass ich mich in eine Blume vergaffte, die auf fremden Boden versetzt war? – Und welcher Mensch, wenn er auch von gelinderm Himmelsstrich daherwanderte, würde bei so einem Anblick kalt und unempfindlich bleiben? – Bei allen Sternen! Das Mädchen wird noch um meinen Verstand mich bringen. – Das Feuer, das in mir glimmt, wird mich noch verzehren. (Er sieht sich allenthalben um.) Wenn ich wüsste – dass ich so ganz allein und unbelauscht wäre –, ich wagte es noch einmal. (Er macht sich Wind mit beiden Händen.) Es ist doch eine verdammte närrische Sache um die Liebe! – Ein Küsschen, dächte ich, ließe sich entschuldigen. –
 
 
Arie
 
 
(Alles wird so piano gesungen und gespielt, als wenn die Musik in weiter Entfernung wäre.)
 
 
Monostatos
 
     
 
    Alles fühlt der Liebe Freuden,
 
 
schnäbelt, tändelt, herzet, küsst;
 
 
und ich soll die Liebe meiden,
 
 
weil ein Schwarzer hässlich ist.
 
 
Ist mir denn kein Herz gegeben?
 
 
Ich bin auch den Mädchen gut!
 
 
Immer ohne Weibchen leben,
 
 
wäre wahrlich Höllenglut.
 
     
 
    Drum so will ich, weil ich lebe,
 
 
schnäbeln, küssen, zärtlich sein! –
 
 
Lieber, guter Mond – vergebe:
 
 
eine Weiße nahm mich ein! –
 
 
Weiß ist schön! – Ich muss sie küssen;
 
 
Mond! verstecke dich dazu! –
 
 
Sollt es dich zu sehn verdrießen,
 
 
o so mach die Augen zu.
 
 
(Er schleicht langsam und leise hin.)
 
 
Achter Auftritt
 
 
Die Königin kommt unter Donner aus der mittlern Versenkung, und so, dass sie gerade vor Pamina zu stehen kommt.
 
 
Königin
 
 
Zurücke!
 
 
Pamina
 
 
(erwacht)
 
 
Ihr Götter!
 
 
Monostatos
 
 
(prallt zurück)
 
 
O weh! – Das ist – wo ich nicht irre, die Göttin der Nacht.
 
 
(steht ganz still)
 
 
Pamina
 
 
Mutter! Mutter! Meine Mutter! –
 
 
(Sie fällt ihr in die Arme.)
 
 
Monostatos
 
 
Mutter? Hm! Das muss man von Weitem belauschen.
 
 
(schleicht ab)
 
 
Königin
 
 
Verdank es der Gewalt, mit der man dich mir entriss, dass ich noch deine Mutter mich nenne. – Wo ist der Jüngling, den ich an dich sandte?
 
 
Pamina
 
 
Ach Mutter, der ist der Welt und den Menschen auf ewig entzogen. – Er hat sich den Eingeweihten gewidmet.
 
 
Königin
 
 
Den Eingeweihten? – Unglückliche Tochter, nun bist du auf ewig mir entrissen. –
 
 
Pamina
 
 
Entrissen? – O fliehen wir, liebe Mutter! Unter deinem Schutz trotz ich jeder Gefahr.
 
 
Königin
 
 
Schutz? Liebes Kind, deine Mutter kann dich nicht mehr schützen. – Mit deines Vaters Tod ging meine Macht zu Grabe.
 
 
Pamina
 
 
Mein Vater –
 
 
Königin
 
 
übergab freiwillig den siebenfachen Sonnenkreis den Eingeweihten; diesen mächtigen Sonnenkreis trägt Sarastro auf seiner Brust. – Als ich ihn darüber beredete, so sprach er mit gefalteter Stirne: "Weib! meine letzte Stunde ist da – alle Schätze, so ich allein besaß, sind dein und deiner Tochter." – "Der alles verzehrende Sonnenkreis", fiel ich hastig ihm in die Rede; "ist den Geweihten bestimmt", antwortete er; "Sarastro wird ihn so männlich verwalten wie ich bisher. – Und nun kein Wort weiter; forsche nicht nach Wesen, die dem weiblichen Geiste unbegreiflich sind. – Deine Pflicht ist, dich und deine Tochter der Führung weiser Männer zu überlassen."
 
 
Pamina
 
 
Liebe Mutter, nach allem dem zu schließen, ist wohl auch der Jüngling auf immer für mich verloren.
 
 
Königin
 
 
Verloren, wenn du nicht, eh die Sonne die Erde färbt, ihn durch diese unterirdischen Gewölber zu fliehen beredest. – Der erste Schimmer des Tages entscheidet, ob er ganz dir oder den Eingeweihten gegeben sei.
 
 
Pamina
 
 
Liebe Mutter, dürft ich den Jüngling als Eingeweihten denn nicht auch ebenso zärtlich lieben, wie ich ihn jetzt liebe? – Mein Vater selbst war ja mit diesen weisen Männern verbunden; er sprach jederzeit mit Entzücken von ihnen, preiste ihre Güte – ihren Verstand – ihre Tugend. – Sarastro ist nicht weniger tugendhaft. – –
 
 
Königin
 
 
Was hör ich! – Du, meine Tochter, könntest die schändlichen Gründe dieser Barbaren verteidigen? – So einen Mann lieben, der mit meinem Todfeinde verbunden mit jedem Augenblick mir meinen Sturz bereiten würde? – Siehst du hier diesen Stahl? – Er ist für Sarastro geschliffen. – Du wirst ihn töten und den mächtigen Sonnenkreis mir überliefern.
 
 
Pamina
 
 
Aber liebste Mutter! –
 
 
Königin
 
 
Kein Wort!
 
 
Arie
 
 
Königin
 
     
 
    Der Hölle Rache kocht in meinem Herzen,
 
 
Tod und Verzweiflung flammet um mich her!
 
 
Fühlt nicht durch dich Sarastro Todesschmerzen,
 
 
so bist du meine Tochter nimmermehr.
 
     
 
    Verstoßen sei auf ewig und verlassen,
 
 
zertrümmert alle Bande der Natur,
 
 
wenn nicht durch dich Sarastro wird erblassen!
 
 
Hört Rache – Götter! – Hört der Mutter Schwur.
 
 
(Sie versinkt.)
 
 
Neunter Auftritt
 
 
Pamina (mit dem Dolch in der Hand).
 
 
Pamina
 
 
Morden soll ich? – Götter! das kann ich nicht. – Das kann ich nicht!
 
 
(steht in Gedanken)
 
 
Zehnter Auftritt
 
 
Vorige, Monostatos.
 
 
Monostatos
 
 
(kommt schnell, heimlich und sehr freudig)
 
 
Sarastros Sonnenkreis hat also auch seine Wirkung? – Und diesen zu erhalten, soll das schöne Mädchen ihn morden? – Das ist Salz in meine Suppe!
 
 
Pamina
 
 
Aber schwur sie nicht bei allen Göttern, mich zu verstoßen, wenn ich den Dolch nicht gegen Sarastro kehre? – Götter! – Was soll ich nun?
 
 
Monostatos
 
 
Dich mir anvertrauen!
 
 
(nimmt ihr den Dolch)
 
 
Pamina
 
 
(erschrickt und schreit)
 
 
Ha!
 
 
Monostatos
 
 
Warum zitterst du? vor meiner schwarzen Farbe oder vor dem ausgedachten Mord?
 
 
Pamina
 
 
(schüchtern)
 
 
Du weißt also? –
 
 
Monostatos
 
 
Alles. – Ich weiß sogar, dass nicht nur dein, sondern auch deiner Mutter Leben in meiner Hand steht. – Ein einziges Wort sprech ich zu Sarastro, und deine Mutter wird in diesem Gewölbe in eben dem Wasser, das die Eingeweihten reinigen soll, wie man sagt, ersäuft. – Aus diesem Gewölbe kommt sie nun sicher nicht mehr mit heiler Haut, wenn ich es will. – Du hast also nur einen Weg, dich und deine Mutter zu retten.
 
 
Pamina
 
 
Der wäre?
 
 
Monostatos
 
 
Mich zu lieben.
 
 
Pamina
 
 
(zitternd, für sich)
 
 
Götter!
 
 
Monostatos
 
 
(freudig)
 
 
Das junge Bäumchen jagt der Sturm auf meine Seite. – Nun, Mädchen! – Ja oder nein!
 
 
Pamina
 
 
(entschlossen)
 
 
Nein!
 
 
Monostatos
 
 
(voll Zorn)
 
 
Nein? Und warum? Weil ich die Farbe eines schwarzen Gespensts trage? – Nicht? – Ha, so stirb!
 
 
(Er ergreift sie bei der Hand.)
 
 
Pamina
 
 
Monostatos, sieh mich hier auf meinen Knien – schone meiner!
 
 
Monostatos
 
 
Liebe oder Tod! – Sprich! Dein Leben steht auf der Spitze.
 
 
Pamina
 
 
Mein Herz hab ich dem Jüngling geopfert.
 
 
Monostatos
 
 
Was kümmert mich dein Opfer. – Sprich! –
 
 
Pamina
 
 
(entschlossen)
 
 
Nie!
 
 
Elfter Auftritt
 
 
Vorige, Sarastro.
 
 
Monostatos
 
 
So fahr denn hin! (Sarastro hält ihn schnell ab.) Herr, mein Unternehmen ist nicht strafbar; man hat deinen Tod geschworen, darum wollt ich dich rächen.
 
 
Sarastro
 
 
Ich weiß nur allzu viel. – Weiß, dass deine Seele ebenso schwarz als dein Gesicht ist. – Auch würde ich dies schwarze Unternehmen mit höchster Strenge an dir bestrafen, wenn nicht ein böses Weib, das zwar eine sehr gute Tochter hat, den Dolch dazu geschmiedet hätte. – Verdank es der bösen Handlung des Weibes, dass du ungestraft davonziehst. – Geh! –
 
 
Monostatos
 
 
(im Abgehen)
 
 
Jetzt such ich die Mutter auf, weil die Tochter mir nicht beschieden ist.
 
 
(ab)
 
 
Zwölfter Auftritt
 
 
Vorige ohne Monostatos.
 
 
Pamina
 
 
Herr, strafe meine Mutter nicht, der Schmerz über meine Abwesenheit –
 
 
Sarastro
 
 
Ich weiß alles. – Weiß, dass sie in unterirdischen Gemächern des Tempels herumirrt und Rache über mich und die Menschheit kocht. – Allein, du sollst sehen, wie ich mich an deiner Mutter räche. – Der Himmel schenke nur dem holden Jüngling Mut und Standhaftigkeit in seinem frommen Vorsatz, dann bist du mit ihm glücklich, und deine Mutter soll beschämt nach ihrer Burg zurückekehren.
 
 
Arie
 
 
Sarastro
 
     
 
    In diesen heil'gen Hallen
 
 
kennt man die Rache nicht. –
 
 
Und ist ein Mensch gefallen,
 
 
führt Liebe ihn zur Pflicht.
 
 
Dann wandelt er an Freundeshand
 
 
vergnügt und froh ins bessre Land.
 
     
 
    In diesen heiligen Mauern,
 
 
wo Mensch den Menschen liebt,
 
 
kann kein Verräter lauern,
 
 
weil man dem Feind vergibt.
 
 
Wen solche Lehren nicht erfreun,
 
 
verdienet nicht, ein Mensch zu sein.
 
 
(gehen beide ab)
 
 


Das Theater verwandelt sich in eine Halle, wo das Flugwerkbühnenmechanische Vorrichtung zur Simulation von Flugbewegungen gehen kann. Das FlugwerkHier ist ein Gefährt gemeint, das mithilfe der gleichnamigen Vorrichtung bewegt wird. ist mit Rosen und Blumen umgeben, wo sich sodann eine Türe öffnet. Tamino und Papageno werden ohne Säcke von den zwei Priestern hereingeführt. Ganz vorne sind zwei Rasenbänke.
 
 
Dreizehnter Auftritt
 
 
Sprecher
 
 
Hier seid ihr euch beide allein überlassen. – Sobald die röchelnde Posaune tönt, dann nehmt ihr euren Weg dahin. – Prinz, lebt wohl! Wir sehen uns, eh ihr ganz am Ziele seid. – – Noch einmal, vergesst das Wort nicht: Schweigen. –
 
 
(ab)
 
 
Zweiter Priester
 
 
Papageno, wer an diesem Ort sein Stillschweigen bricht, den strafen die Götter durch Donner und Blitz. Leb wohl!
 
 
(ab)
 
 
Vierzehnter Auftritt
 
 
Tamino, Papageno.
 
 
(Tamino setzt sich auf eine Rasenbank.)
 
 
Papageno
 
 
(nach einer Pause)
 
 
Tamino!
 
 
Tamino
 
 
(verweisend)
 
 
St!
 
 
Papageno
 
 
Das ist ein lustiges Leben! – Wär ich lieber in meiner Strohhütte oder im Walde, so hört ich doch manchmal einen Vogel pfeifen.
 
 
Tamino
 
 
(verweisend)
 
 
St!
 
 
Papageno
 
 
Mit mir selbst werd ich wohl sprechen dürfen; und auch wir zwei können zusammen sprechen, wir sind ja Männer.
 
 
Tamino
 
 
(verweisend)
 
 
St!
 
 
Papageno
 
 
(singt)
 
 
La la la – la la la! – Nicht einmal einen Tropfen Wasser bekommt man bei diesen Leuten; viel weniger sonst was. –
 
 
Fünfzehnter Auftritt
 
 
Ein altes hässliches Weib kommt aus der Versenkung, hält auf einer Tasse einen großen Becher mit Wasser.
 
 
Papageno
 
 
(sieht sie lang an)
 
 
Ist das für mich?
 
 
Weib
 
 
Ja, mein Engel!
 
 
Papageno
 
 
(sieht sie wieder an, trinkt)
 
 
Nicht mehr und nicht weniger als Wasser. – Sag du mir, du unbekannte Schöne! werden alle fremde Gäste auf diese Art bewirtet?
 
 
Weib
 
 
Freilich, mein Engel!
 
 
Papageno
 
 
So, so! – Auf die Art werden die Fremden auch nicht gar zu häufig kommen. – –
 
 
Weib
 
 
Sehr wenig.
 
 
Papageno
 
 
Kann mir's denken. – GehBei "geh" handelt es sich um eine im bairischen Sprachraum immer noch verbreitete Partikel. Im vorliegenden Fall kann sie in etwa durch "Sei so gut!" paraphrasiert werden. Keinesfalls beabsichtigt Papageno, das Weib zum "Gehen" aufzufordern. Alte, setze dich her zu mir, mir ist die Zeit verdammt lange. – Sag du mir, wie alt bist du denn?
 
 
Weib
 
 
Wie alt?
 
 
Papageno
 
 
Ja!
 
 
Weib
 
 
18 Jahr und 2 Minuten.
 
 
Papageno
 
 
18 Jahr und 2 Minuten?
 
 
Weib
 
 
Ja!
 
 
Papageno
 
 
Ha ha ha! – Ei du junger Engel! Hast du auch einen Geliebten?
 
 
Weib
 
 
I freilich!
 
 
Papageno
 
 
Ist er auch so jung wie du?
 
 
Weib
 
 
Nicht gar, er ist um 10 Jahre älter. –
 
 
Papageno
 
 
Um 10 Jahr ist er älter als du? – Das muss eine Liebe sein! – – Wie nennt sich denn dein Liebhaber?
 
 
Weib
 
 
Papageno!
 
 
Papageno
 
 
(erschrickt; Pause)
 
 
Papageno? – Wo ist er denn, dieser Papageno?
 
 
Weib
 
 
Da sitzt er, mein Engel!
 
 
Papageno
 
 
Ich wär dein Geliebter?
 
 
Weib
 
 
Ja, mein Engel!
 
 
Papageno
 
 
(nimmt schnell das Wasser und spritzt sie ins Gesicht)
 
 
Sag du mir, wie heißt du denn?
 
 
Weib
 
 
Ich heiße –
 
 
(Starker Donner; die Alte hinkt schnell ab.)
 
 
Papageno
 
 
O weh!
 
 
(Tamino steht auf, droht ihm mit dem Finger.)
 
 
Papageno
 
 
Nun sprech ich kein Wort mehr!
 
 
Sechzehnter Auftritt
 
 
Die drei Knaben kommen in einem mit Rosen bedeckten FlugwerkHier ist ein Gefährt gemeint, das mithilfe der gleichnamigen Vorrichtung bewegt wird.. In der Mitte steht ein schöner gedeckter Tisch. Der eine hat die Flöte, der andere das Kästchen mit Glöckchen. Vorige.
 
 
Terzetto
 
 
Die drei Knaben
 
     
 
    Seid uns zum zweiten Mal willkommen,
 
 
ihr Männer, in Sarastros Reich!
 
 
Er schickt, was man euch abgenommen,
 
 
die Flöte und die Glöckchen euch.
 
 
Wollt ihr die Speisen nicht verschmähen,
 
 
so esset, trinket froh davon!
 
 
Wenn wir zum dritten Mal uns sehen,
 
 
ist Freude eures Mutes Lohn!
 
 
Tamino, Mut! Nah ist das Ziel!
 
 
Du, Papageno, schweige still.
 
 
(Unter dem Terzett setzen sie den Tisch in die Mitte und fliegen auf.)
 
 
Siebzehnter Auftritt
 
 
Tamino, Papageno.
 
 
Papageno
 
 
Tamino, wollen wir nicht speisen? – –
 
 
Tamino
 
 
(bläst auf seiner Flöte)
 
 
Blase du nur fort auf deiner Flöte, ich will meine Brocken blasen. – Herr Sarastro führt eine gute Küche. – Auf die Art, ja da will ich schon schweigen, wenn ich immer solche gute Bissen bekomme. (Er trinkt.) Nun will ich sehen, ob auch der Keller so gut bestellt ist. – Ha! – Das ist Götterwein! –
 
 
(Die Flöte schweigt.)
 
 
Achtzehnter Auftritt
 
 
Pamina, Vorige.
 
 
Pamina
 
 
(freudig)
 
 
Du hier? – Gütige Götter! Dank euch, dass ihr mich diesen Weg führtet. – Ich hörte deine Flöte – und so lief ich pfeilschnell dem Tone nach. – Aber du bist traurig? – Sprichst nicht eine Silbe mit deiner Pamina?
 
 
Tamino
 
 
(seufzt)
 
 
Ah!
 
 
(winkt ihr fortzugehen)
 
 
Pamina
 
 
Wie? ich soll dich meiden? Liebst du mich nicht mehr?
 
 
Tamino
 
 
(seufzt)
 
 
Ah!
 
 
(winkt wieder fort)
 
 
Pamina
 
 
Ich soll fliehen, ohne zu wissen, warum? – Tamino, holder Jüngling! hab ich dich beleidigt? – O kränke mein Herz nicht noch mehr. – Bei dir such ich Trost – Hülfe – und du kannst mein liebevolles Herz noch mehr kränken? – Liebst du mich nicht mehr?
 
 
(Tamino seufzt.)
 
 
Pamina
 
 
Papageno, sage du mir, sag, was ist meinem Freund?
 
 
(Papageno hat einen Brocken in dem Mund, hält mit beiden Händen die Speisen zubedeckt mit beiden Händen die Speisen, winkt fortzugehen.)
 
 
Pamina
 
 
Wie? auch du? – Erkläre mir wenigstens die Ursache eures Stillschweigens. – –
 
 
Papageno
 
 
St!
 
 
(Er deutet ihr fortzugehen.)
 
 
Pamina
 
 
O das ist mehr als Kränkung – mehr als Tod! (Pause) Liebster, einziger Tamino! –
 
 
Arie
 
 
Pamina
 
     
 
    Ach ich fühl's, es ist verschwunden –
 
 
ewig hin der Liebe Glück!
 
 
Nimmer kommt ihr, Wonnestunden,
 
 
meinem Herzen mehr zurück.
 
 
Sieh, Tamino, diese Tränen
 
 
fließen, Trauter, dir allein.
 
 
Fühlst du nicht der Liebe Sehnen,
 
 
so wird Ruh im Tode sein.
 
 
(ab)
 
 
Neunzehnter Auftritt
 
 
Tamino, Papageno.
 
 
Papageno
 
 
(isst hastig)
 
 
Nicht wahr, Tamino, ich kann auch schweigen, wenn's sein muss. – Ja, bei so einem Unternehmen da bin ich Mann. – (Er trinkt.) Der Herr Koch und der Herr Kellermeister sollen leben. –
 
 
(dreimaliger Posaunenton)
 
 
(Tamino winkt Papageno, dass er gehen soll.)
 
 
Papageno
 
 
Gehe du nur voraus, ich komm schon nach.
 
 
(Tamino will ihn mit Gewalt fortführen.)
 
 
Papageno
 
 
Der Stärkere bleibt da!
 
 
(Tamino droht ihm und geht rechts ab; ist aber links gekommen.)
 
 
Papageno
 
 
Jetzt will ich mir's erst recht wohl sein lassen. – Da ich in meinem besten Appetit bin, soll ich gehen. – Das lass ich wohl bleiben. – Ich ging' jetzt nicht fort, und wenn Herr Sarastro seine sechs Löwen an mich spannte. (Die Löwen kommen heraus, er erschrickt.) O Barmherzigkeit, ihr gütigen Götter! – Tamino, rette mich! Die Herrn Löwen machen eine Mahlzeit aus mir. – –
 
 
(Tamino bläst seine Flöte, kommt schnell zurück; die Löwen gehen hinein. Tamino winkt ihm.)
 
 
Papageno
 
 
Ich gehe schon! Heiß du mich einen Schelmen, wenn ich dir nicht in allem folge. (dreimaliger Posaunenton) Das geht uns an. – Wir kommen schon. – Aber hör einmal, Tamino, was wird denn noch alles mit uns werden?
 
 
(Tamino deutet gen Himmel.)
 
 
Papageno
 
 
Die Götter soll ich fragen?
 
 
(Tamino deutet ja.)
 
 
Papageno
 
 
Ja, die könnten uns freilich mehr sagen, als wir wissen!
 
 
(dreimaliger Posaunenton)
 
 
(Tamino reißt ihn mit Gewalt fort.)
 
 
Papageno
 
 
Eile nur nicht so, wir kommen noch immer zeitlich genug, um uns braten zu lassen.
 
 
(ab)
 
 


Das Theater verwandelt sich in das Gewölbe von Pyramiden.
 
 
Zwanzigster Auftritt
 
 
Sprecher und einige Priester. Zwei Priester tragen eine beleuchtete Pyramide auf Schultern; jeder Priester hat eine transparente Pyramide in der Größe einer Laterne in der Hand.
 
 
Chor
 
     
 
    O Isis und Osiris, welche Wonne!
 
 
Die düstre Nacht verscheucht der Glanz der Sonne.
 
 
Bald fühlt der edle Jüngling neues Leben;
 
 
bald ist er unserm Dienste ganz gegeben.
 
 
Sein Geist ist kühn, sein Herz ist rein,
 
 
bald wird er unsrer würdig sein.
 
 
Einundzwanzigster Auftritt
 
 
Sarastro, Tamino (der hereingeführt wird), Vorige, später Pamina.
 
 
Sarastro
 
 
Prinz, dein Betragen war bis hieher männlich und gelassen; nun hast du noch zwei gefährliche Wege zu wandern. – Schlägt dein Herz noch ebenso warm für Pamina – und wünschest du, einst als ein weiser Fürst zu regieren, so mögen die Götter dich ferner begleiten. – – Deine Hand! – Man bringe Paminen!
 
 
(Eine Stille herrscht bei allen Priestern. Pamina wird mit eben diesem Sack, welcher die Eingeweihten bedeckt, hereingeführt; Sarastro löst die Bande am Sacke auf.)
 
 
Pamina
 
 
Wo bin ich? – Welch eine fürchterliche Stille! – Saget, wo ist mein Jüngling? –
 
 
Sarastro
 
 
Er wartet deiner, um dir das letzte Lebewohl zu sagen.
 
 
Pamina
 
 
Das letzte Lebewohl! – Wo ist er? – Führe mich zu ihm! –
 
 
Sarastro
 
 
Hier! –
 
 
Pamina
 
 
Tamino!
 
 
Tamino
 
 
Zurück!
 
 
Terzett
 
 
Sarastro, Pamina, Tamino.
 
 
Pamina
 
     
 
    Soll ich dich, Teurer! nicht mehr sehn?
 
 
Sarastro
 
 
Ihr werdet froh euch wiedersehn! –
 
 
Pamina
 
 
Dein warten tödliche Gefahren! –
 
 
Sarastro, Tamino
 
 
Die Götter mögen ihn|mich bewahren! –
 
 
Pamina
 
 
Du wirst dem Tode nicht entgehen;
 
 
mir flüstert Ahndung dieses ein! –
 
 
Sarastro, Tamino
 
 
Der Götter Wille mag geschehen;
 
 
ihr Wink soll ihm|mir Gesetze sein! –
 
 
Pamina
 
 
O liebtest du, wie ich dich liebe,
 
 
du würdest nicht so ruhig sein! –
 
 
Sarastro, Tamino
 
 
Glaub mir, er fühlet|ich fühle gleiche Triebe,
 
 
wird|werd ewig dein Getreuer sein!
 
 
Sarastro
 
 
Die Stunde schlägt, nun müsst ihr scheiden;
 
 
Tamino muss nun wieder fort!
 
 
Tamino, Pamina
 
 
Wie bitter sind der Trennung Leiden!
 
 
Pamina, ich muss wirklich fort!|Tamino muss nun wirklich fort!
 
 
Sarastro
 
 
Nun muss er fort!
 
 
Tamino
 
 
Nun muss ich fort!
 
 
Pamina
 
 
So musst du fort! –
 
 
Tamino
 
 
Pamina, lebe wohl!
 
 
Pamina
 
 
Tamino, lebe wohl!
 
 
Sarastro
 
 
Nun eile fort!
 
 
Dich ruft dein Wort.
 
 
Sarastro, Tamino
 
 
Die Stunde schlägt; wir sehn uns wieder! –
 
 
Pamina
 
 
Ach goldne Ruhe, kehre wieder!
 
 
(entfernen sich)
 
 
Zweiundzwanzigster Auftritt
 
 
Papageno.
 
 
Papageno
 
 
(von außen)
 
 
Tamino! Tamino! willst du mich denn gänzlich verlassen? (Er sucht herein.) Wenn ich nur wenigstens wüsste, wo ich wäre – Tamino! – Tamino! – So lang ich lebe, bleib ich nicht mehr von dir – – nur diesmal verlass mich armen Reisgefährten nicht!
 
 
(Er kommt an die Türe, wo Tamino abgeführt worden ist.)
 
 
Eine Stimme
 
 
(ruft)
 
 
Zurück!
 
 
(dann ein Donnerschlag, das Feuer schlägt zur Türe heraus; starker Akkord)
 
 
Papageno
 
 
Barmherzige Götter! – Wo wend ich mich hin? – Wenn ich nur wüsste, wo ich hereinkam.
 
 
(Er kommt an die Türe, wo er hereinkam.)
 
 
Die Stimme
 
 
Zurück!
 
 
(Donner, Feuer und Akkord wie oben)
 
 
Papageno
 
 
Nun kann ich weder zurück noch vorwärts! – (weint) Muss vielleicht am Ende gar verhungern. – Schon recht! – Warum bin ich mitgereist.
 
 
Dreiundzwanzigster Auftritt
 
 
Sprecher (mit seiner Pyramide). Voriger.
 
 
Sprecher
 
 
Mensch! du hättest verdient, auf immer in finstern Klüften der Erde zu wandern – die gütigen Götter aber entlassen der Strafe dich. – Dafür aber wirst du das himmlische Vergnügen der Eingeweihten nie fühlen.
 
 
Papageno
 
 
Je nun, es gibt ja noch mehr Leute meinesgleichen. – Mir wäre jetzt ein gut Glas Wein das größte Vergnügen.
 
 
Sprecher
 
 
Sonst hast du keinen Wunsch in dieser Welt?
 
 
Papageno
 
 
Bis jetzt nicht.
 
 
Sprecher
 
 
Man wird dich damit bedienen! –
 
 
(ab)
 
 
(Sogleich kommt ein großer Becher mit rotem Wein angefüllt aus der Erde.)
 
 
Papageno
 
 
Juchhe! da ist er ja schon! (trinkt) Herrlich! – Himmlisch! – Göttlich! – Ha! ich bin jetzt so vergnügt, dass ich bis zur Sonne fliegen wollte, wenn ich Flügel hätte. – Ha! – mir wird ganz wunderlich ums Herz. – Ich möchte – ich wünschte – ja was denn?
 
 
Arie
 
 
Papageno
 
 
(Er schlägt dazu.)
 
     
 
    Ein Mädchen oder Weibchen
 
 
wünscht Papageno sich!
 
 
O so ein sanftes Täubchen
 
 
wär Seligkeit für mich! –
 
     
 
    Dann schmeckte mir Trinken und Essen,
 
 
dann könnt ich mit Fürsten mich messen,
 
 
des Lebens als Weiser mich freun
 
 
und wie im Elysium sein.
 
     
 
    Ein Mädchen oder Weibchen
 
 
wünscht Papageno sich!
 
 
O so ein sanftes Täubchen
 
 
wär Seligkeit für mich! –
 
     
 
    Ach kann ich denn keiner von allen
 
 
den reizenden Mädchen gefallen?
 
 
Helf eine mir nur aus der Not,
 
 
sonst gräm ich mich wahrlich zu Tod.
 
     
 
    Ein Mädchen oder Weibchen
 
 
wünscht Papageno sich!
 
 
O so ein sanftes Täubchen
 
 
wär Seligkeit für mich! –
 
     
 
    Wird keine mir Liebe gewähren,
 
 
so muss mich die Flamme verzehren!
 
 
Doch küsst mich ein weiblicher Mund,
 
 
so bin ich schon wieder gesund.
 
 
Vierundzwanzigster Auftritt
 
 
Die Alte (tanzend und auf ihren Stock dabei sich stützend). Voriger.
 
 
Weib
 
 
Da bin ich schon, mein Engel!
 
 
Papageno
 
 
Du hast dich meiner erbarmt?
 
 
Weib
 
 
Ja, mein Engel!
 
 
Papageno
 
 
Das ist ein Glück!
 
 
Weib
 
 
Und wenn du mir versprichst, mir ewig treu zu bleiben, dann sollst du sehen, wie zärtlich dein Weibchen dich lieben wird.
 
 
Papageno
 
 
Ei du zärtliches Närrchen!
 
 
Weib
 
 
O wie will ich dich umarmen, dich liebkosen, dich an mein Herz drücken!
 
 
Papageno
 
 
Auch ans Herz drücken?
 
 
Weib
 
 
Komm, reiche mir zum Pfand unsers Bundes deine Hand.
 
 
Papageno
 
 
Nur nicht so hastig, lieber Engel! – So ein Bündnis braucht doch auch seine Überlegung.
 
 
Weib
 
 
Papageno, ich rate dir, zaudre nicht. – Deine Hand, oder du bist auf immer hier eingekerkert.
 
 
Papageno
 
 
Eingekerkert?
 
 
Weib
 
 
Wasser und Brot wird deine tägliche Kost sein. – Ohne Freund, ohne Freundin musst du leben und der Welt auf immer entsagen. –
 
 
Papageno
 
 
Wasser trinken? – Der Welt entsagen? – Nein, da will ich doch lieber eine Alte nehmen als gar keine. – Nun, da hast du meine Hand, mit der Versicherung, dass ich dir immer getreu bleibe, (für sich) solang ich keine Schönere sehe.
 
 
Weib
 
 
Das schwörst du?
 
 
Papageno
 
 
Ja, das schwör ich!
 
 
(Das Weib verwandelt sich in ein junges Weib, welche ebenso gekleidet ist wie Papageno.)
 
 
Papageno
 
 
Pa – Pa – Papagena! –
 
 
(Er will sie umarmen.)
 
 
Fünfundzwanzigster Auftritt
 
 
Sprecher (nimmt sie hastig bei der Hand). Vorige.
 
 
Sprecher
 
 
Fort mit dir, junges Weib! Er ist deiner noch nicht würdig. (Er schleppt sie hinein, Papageno will nach.) Zurück, sag ich! oder zittre. –
 
 
Papageno
 
 
Eh ich mich zurückziehe, soll die Erde mich verschlingen. (Er sinkt hinab.) O ihr Götter!
 
 


Das Theater verwandelt sich in einen kurzen Garten.
 
 
Sechsundzwanzigster Auftritt
 
 
Die drei Knaben fahren herunter.
 
 
Finale
 
 
Die drei Knaben
 
     
 
    Bald prangt, den Morgen zu verkünden,
 
 
die Sonn auf goldner Bahn –
 
 
bald soll der finstre Irrwahn schwinden,
 
 
bald siegt der weise Mann. –
 
 
O holde Ruhe, steig hernieder,
 
 
kehr in der Menschen Herzen wieder;
 
 
dann ist die Erd ein Himmelreich
 
 
und Sterbliche den Göttern gleich. –
 
 
Erster Knabe
 
 
Doch seht, Verzweiflung quält Paminen!
 
 
Zweiter Knabe, Dritter Knabe
 
 
Wo ist sie denn?
 
 
Erster Knabe
 
 
Sie ist von Sinnen!
 
 
Zweiter Knabe, Dritter Knabe
 
 
Sie quält verschmähter Liebe Leiden.
 
 
Lasst uns der Armen Trost bereiten!
 
 
Fürwahr, ihr Schicksal geht mir nah!
 
 
O wäre nur ihr Jüngling da! –
 
 
Sie kommt, lasst uns beiseite gehn,
 
 
damit wir, was sie mache, sehn.
 
 
(gehen beiseite)
 
 
Siebenundzwanzigster Auftritt
 
 
Pamina (halb wahnwitzig mit einem Dolch in der Hand). Vorige.
 
 
Pamina
 
 
(zum Dolch)
 
 
Du also bist mein Bräutigam?
 
 
Durch dich vollend ich meinen Gram. –
 
 
Die drei Knaben
 
 
(beiseite)
 
 
Welch dunkle Worte sprach sie da?
 
 
Die Arme ist dem Wahnsinn nah.
 
 
Pamina
 
 
Geduld, mein Trauter! ich bin dein;
 
 
bald werden wir vermählet sein.
 
 
Die drei Knaben
 
 
(beiseite)
 
 
Wahnsinn tobt ihr im Gehirne;
 
 
Selbstmord steht auf ihrer Stirne.
 
 
(zu Paminen)
 
 
Holdes Mädchen, sieh uns an!
 
 
Pamina
 
 
Sterben will ich, weil der Mann,
 
 
den ich nimmermehr kann hassen,
 
 
seine Traute kann verlassen.
 
 
(auf den Dolch zeigend)
 
 
Dies gab meine Mutter mir.
 
 
Die drei Knaben
 
 
Selbstmord strafet Gott an dir.
 
 
Pamina
 
 
Lieber durch dies Eisen sterben,
 
 
als durch Liebesgram verderben.
 
 
Mutter, durch dich leide ich,
 
 
und dein Fluch verfolget mich.
 
 
Die drei Knaben
 
 
Mädchen, willst du mit uns gehen?
 
 
Pamina
 
 
Ja, des Jammers Maß ist voll!
 
 
Falscher Jüngling, lebe wohl!
 
 
Sieh, Pamina stirbt durch dich;
 
 
dieses Eisen töte mich.
 
 
(Sie holt mit der Hand aus.)
 
 
Die drei Knaben
 
 
(halten ihr den Arm)
 
     
 
    Ha, Unglückliche! halt ein;
 
 
sollte dies dein Jüngling sehen,
 
 
würde er für Gram vergehen;
 
 
denn er liebet dich allein.
 
 
Pamina
 
 
(erholt sich)
 
 
Was? Er fühlte Gegenliebe
 
 
und verbarg mir seine Triebe,
 
 
wandte sein Gesicht von mir?
 
 
Warum sprach er nicht mit mir? –
 
 
Die drei Knaben
 
 
Dieses müssen wir verschweigen!
 
 
Doch wir wollen dir ihn zeigen,
 
 
und du wirst mit Staunen sehn,
 
 
dass er dir sein Herz geweiht
 
 
und den Tod für dich nicht scheut.
 
 
Pamina und Die drei Knaben
 
 
Führt mich hin, ich möcht ihn sehn.|Komm, wir wollen zu ihm gehn.
 
 
Alle Vier
 
 
Zwei Herzen, die von Liebe brennen,
 
 
kann Menschenohnmacht niemals trennen.
 
 
Verloren ist der Feinde Müh;
 
 
die Götter selbsten schützen sie.
 
 
(gehen ab)
 
 


Das Theater verwandelt sich in zwei große Berge; in dem einen ist ein Wasserfall, worin man Sausen und Brausen hört; der andre speit Feuer aus; jeder Berg hat ein durchbrochenes Gegitter, worin man Feuer und Wasser sieht. Da, wo das Feuer brennt, muss der Horizont hellrot sein, und wo das Wasser ist, liegt schwarzer Nebel. Die Szenen sind Felsen, jede Szene schließt sich mit einer eisernen Türe.
 
 
Achtundzwanzigster Auftritt
 
 
Tamino ist leicht angezogen ohne Sandalien. Zwei schwarz geharnischte Männer führen Tamino herein. Auf ihren Helmen brennt Feuer, sie lesen ihm die transparente Schrift vor, welche auf einer Pyramide geschrieben steht. Diese Pyramide steht in der Mitte ganz in der Höhe, nahe am Gegitter.
 
 
Geharnischte
 
     
 
    Der, welcher wandert diese Straße voll Beschwerden,
 
 
wird rein durch Feuer, Wasser, Luft und Erden;
 
 
wenn er des Todes Schrecken überwinden kann,
 
 
schwingt er sich aus der Erde himmelan. –
 
 
Erleuchtet wird er dann im Stande sein,
 
 
sich den Mysterien der Isis ganz zu weihn.
 
 
Tamino
 
 
Mich schreckt kein Tod, als Mann zu handeln,
 
 
den Weg der Tugend fortzuwandeln.
 
 
Schließt mir des Schreckens Pforten auf!
 
 
ich wage froh den kühnen Lauf. –Da der Vers im Rahmen des Reimschemas aus Paarreimen metrisch erforderlich ist, dürfte sein Fehlen im Libretto-Erstdruck Wien 1791 durch einen Druckfehler entstanden sein.
Vgl. dazu Gernot Gruber, „Vorwort“ zu Die Zauberflöte (Neue Mozart-Ausgabe, Serie II: Bühnenwerke 5/19), Kassel 1970, S. XIV.
 
 
Pamina
 
 
(von innen)
 
 
Tamino, halt, ich muss dich sehn.
 
 
Tamino, Geharnischte
 
     
 
    Was höre ich, Paminens Stimme?
 
 
Ja, ja, das ist Paminens Stimme!
 
 
Wohl mir|dir, nun kann sie mit mir|dir gehn.
 
 
Nun trennet uns|euch kein Schicksal mehr,
 
 
wenn auch der Tod beschieden wär.
 
 
Tamino
 
 
Ist mir erlaubt, mit ihr zu sprechen?
 
 
Geharnischte
 
 
Dir sei erlaubt, mit ihr zu sprechen.
 
 
Tamino, Geharnischte
 
 
Welch Glück, wenn wir uns|euch wiedersehn,
 
 
froh Hand in Hand in Tempel gehn.
 
 
Ein Weib, das Nacht und Tod nicht scheut,
 
 
ist würdig und wird eingeweiht.
 
 
(Die Türe wird aufgemacht; Tamino, Pamina umarmen sich.)
 
 
(Pause)
 
 
 
 
Pamina
 
     
 
    Tamino mein! o welch ein Glück!
 
 
Tamino
 
 
Pamina mein! o welch ein Glück!
 
 
 
 
Tamino
 
 
Hier sind die Schreckenspforten,
 
 
die Not und Tod mir dräun.
 
 
Pamina
 
 
Ich werde allerorten
 
 
an deiner Seite sein.
 
 
Ich selbsten führe dich;
 
 
die Liebe leite mich!
 
 
(nimmt ihn bei der Hand)
 
 
Sie mag den Weg mit Rosen streun,
 
 
weil Rosen stets bei Dornen sei'n.
 
 
Spiel du die Zauberflöte an,
 
 
sie schütze uns auf unsrer Bahn:
 
 
Es schnitt in einer Zauberstunde
 
 
mein Vater sie aus tiefstem Grunde
 
 
der tausendjähr'gen Eiche aus
 
 
bei Blitz und Donner, Sturm und Braus.
 
 
Tamino, Pamina
 
 
Nun komm, ich|und spiel die Flöte an.
 
 
Tamino, Pamina, Die Geharnischten
 
 
Sie leitet uns|euch auf grauser Bahn.
 
 
Wir wandeln|Ihr wandelt durch des Tones Macht
 
 
froh durch des Todes düstre Nacht.
 
 
(Die Türen werden nach ihnen zugeschlagen. Man sieht Tamino und Pamina wandern. Man hört Feuergeprassel und Windegeheul, manchmal den Ton eines dumpfen Donners und Wassergeräusch. Tamino bläst seine Flöte; gedämpfte Pauken akkompagnieren manchmal darunter. Sobald sie vom Feuer herauskommen, umarmen sie sich und bleiben in der Mitte.)
 
 
Pamina
 
     
 
    Wir wandelten durch Feuergluten,
 
 
bekämpften mutig die Gefahr.
 
 
(zu Tamino)
 
 
Dein Ton sei Schutz in Wasserfluten,
 
 
so wie er es im Feuer war.
 
 
(Tamino bläst; man sieht sie hinuntersteigen und nach einiger Zeit wieder heraufkommen. Sogleich öffnet sich eine Türe; man sieht einen Eingang in einen Tempel, welcher hell beleuchtet ist. Eine feierliche Stille. Dieser Anblick muss den vollkommensten Glanz darstellen.)
 
 
Tamino, Pamina
 
 
Ihr Götter, welch ein Augenblick!
 
 
Gewähret ist uns Isis' Glück.
 
 
(Sogleich fällt der Chor unter Trompeten und Pauken ein.)
 
 
Chor
 
     
 
    Triumph, Triumph! du edles Paar!
 
 
Besieget hast du die Gefahr!
 
 
Der Isis Weihe ist nun dein!
 
 
Kommt, tretet in den Tempel ein!
 
 
(alle ab)
 
 


Das Theater verwandelt sich wieder in vorigen Garten.
 
 
Neunundzwanzigster Auftritt
 
 
Papageno, später die drei Knaben und das Weib.
 
 
Papageno
 
 
(ruft mit seinem Pfeifchen)
 
     
 
    Papagena! Papagena! Papagena!
 
 
Weibchen! Täubchen! meine Schöne!
 
 
Vergebens! ach, sie ist verloren!
 
 
Ich bin zum Unglück schon geboren.
 
 
Ich plauderte – und das war schlecht,
 
 
darum geschieht es mir schon recht.
 
 
Seit ich gekostet diesen Wein –
 
 
seit ich das schöne Weibchen sah –
 
 
so brennt's im Herzenskämmerlein,
 
 
so zwickt es hier, so zwickt es da.
 
 
Papagena! Herzenstäubchen!
 
 
Papagena! liebes Weibchen!
 
 
's ist umsonst! Es ist vergebens!
 
 
Müde bin ich meines Lebens!
 
 
Sterben macht der Lieb ein End,
 
 
wenn's im Herzen noch so brennt.
 
 
(nimmt einen Strick von seiner Mitte)
 
 
Diesen Baum da will ich zieren,
 
 
mir an ihm den Hals zuschnüren,
 
 
weil das Leben mir missfällt.
 
 
Gute Nacht, du schwarze Welt!
 
 
Weil du böse an mir handelst,
 
 
mir kein schönes Kind zubandelst,
 
 
so ist's aus, so sterbe ich:
 
 
Schöne Mädchen, denkt an mich.
 
 
Will sich eine um mich Armen,
 
 
eh ich hänge, noch erbarmen,
 
 
wohl, so lass ich's diesmal sein!
 
 
Rufet nur – Ja oder Nein! –
 
 
Keine hört mich; alles stille!
 
 
(sieht sich um)
 
 
Also ist es euer Wille?
 
 
Papageno, frisch hinauf!
 
 
Ende deinen Lebenslauf.
 
 
(sieht sich um)
 
 
Nun, ich warte noch; es sei!
 
 
bis man zählet: Eins, zwei, drei!
 
 
(pfeift)
 
 
Eins!
 
 
(sieht sich um)
 
 
(pfeift)
 
 
Zwei!
 
 
(sieht sich um)
 
 
Zwei ist schon vorbei!
 
 
(pfeift)
 
 
Drei!
 
 
(sieht sich um)
 
 
Nun wohlan, es bleibt dabei,
 
 
weil mich nichts zurückehält!
 
 
Gute Nacht, du falsche Welt!
 
 
(will sich hängen)
 
 
Die drei Knaben
 
 
(fahren herunter)
 
     
 
    Halt ein, o Papageno! und sei klug.
 
 
Man lebt nur einmal, dies sei dir genug.
 
 
Papageno
 
 
Ihr habt gut reden, habt gut scherzen;
 
 
doch brennt' es euch wie mich im Herzen,
 
 
ihr würdet auch nach Mädchen gehn.
 
 
Die drei Knaben
 
 
So lasse deine Glöckchen klingen;
 
 
dies wird dein Weibchen zu dir bringen.
 
 
Papageno
 
 
Ich Narr vergaß der Zauberdinge.
 
 
Erklinge, Glockenspiel, erklinge!
 
 
Ich muss mein liebes Mädchen sehn.
 
     
 
    Klinget, Glöckchen, klinget!
 
 
Schafft mein Mädchen her!
 
 
Klinget, Glöckchen, klinget!
 
 
Bringt mein Weibchen her!
 
 
(Unter diesem Schlagen laufen die drei Knaben zu ihrem FlugwerkHier ist ein Gefährt gemeint, das mithilfe der gleichnamigen Vorrichtung bewegt wird. und bringen das Weib heraus.)
 
 
Die drei Knaben
 
 
Komm her, du holdes, liebes Weibchen!Zu den folgenden, von Mozart nicht vertonten fünf Versen vgl. Gernot Gruber, „Vorwort“ zu Die Zauberflöte (Neue Mozart-Ausgabe, Serie II: Bühnenwerke 5/19), Kassel 1970, S. XIV.
 
 
Dem Mann sollst du dein Herzchen weihn!
 
 
Er wird dich lieben, süßes Weibchen,
 
 
dein Vater, Freund und Bruder sein!
 
 
Sei dieses Mannes Eigentum!
 
 
(im Auffahren)
 
 
Nun, Papageno, sieh dich um!
 
 
(Papageno sieht sich um; beidePapageno und das Weib haben unter dem Ritornell komisches Spiel.)
 
 
Duetto
 
 
Papageno
 
     
 
    Pa-Pa-Pa-Pa-Pa-Pa-Papagena!
 
 
Weib
 
 
Pa-Pa-Pa-Pa-Pa-Pa-Papageno.
 
 
Beide
 
 
Pa-Pa-Pa-Pa-Pa-Pa-Papagena!|Papageno!
 
 
Papageno
 
 
Bist du mir nun ganz gegeben?
 
 
Weib
 
 
Nun bin ich dir ganz gegeben.
 
 
Papageno
 
 
Nun so sei mein liebes Weibchen!
 
 
Weib
 
 
Nun so sei mein Herzenstäubchen!
 
 
Beide
 
 
Welche Freude wird das sein,
 
 
wenn die Götter uns bedenken,
 
 
unsrer Liebe Kinder schenken,
 
 
so liebe kleine Kinderlein.
 
 
Papageno
 
 
Erst einen kleinen Papageno.
 
 
Weib
 
 
Dann eine kleine Papagena.
 
 
Papageno
 
 
Dann wieder einen Papageno.
 
 
Weib
 
 
Dann wieder eine Papagena.
 
 
Beide
 
 
Es ist das höchste der Gefühle,
 
 
wenn viele, viele, viele, viele
 
 
Pa-Pa-Pa-Pa-Papageno|
 
 
Pa-Pa-Pa-Pa-Papagena
 
 
der Segen froher Eltern sein;
 
 
wenn dann die Kleinen um sie spielen,
 
 
die Eltern gleiche Freude fühlen,
 
 
sich ihres Ebenbildes freun.
 
 
O welch ein Glück kann größer sein?
 
 
(beide ab)
 
 
Dreißigster Auftritt
 
 
Der Mohr, die Königin mit allen ihren Damen kommen von beiden Versenkungen; sie tragen schwarze Fackeln in der Hand.
 
 
Mohr
 
     
 
    Nur stille! stille! stille! stille!
 
 
Bald dringen wir in Tempel ein.
 
 
Königin, Die drei Damen
 
 
Nur stille! stille! stille! stille!
 
 
Bald dringen wir in Tempel ein.
 
 
Mohr
 
 
Doch Fürstin, halte Wort! – erfülle –
 
 
Dein Kind muss meine Gattin sein.
 
 
Königin
 
 
Ich halte Wort; es ist mein Wille.
 
 
Königin, Die drei Damen
 
 
Mein|Ihr Kind soll deine Gattin sein.
 
 
(Man hört dumpfen Donner, Geräusch von Wasser.)
 
 
Mohr
 
 
Doch still, ich höre schrecklich Rauschen
 
 
wie Donnerton und Wasserfall.
 
 
Königin, Die drei Damen
 
 
Ja, fürchterlich ist dieses Rauschen
 
 
wie fernen Donners Wiederhall!
 
 
Mohr
 
 
Nun sind sie in des Tempels Hallen.
 
 
Alle
 
 
Dort wollen wir sie überfallen, –
 
 
die Frömmler tilgen von der Erd
 
 
mit Feuersglut und mächt'gem Schwert.
 
 
Dir, große Königin der Nacht,
 
 
sei unsrer Rache Opfer gebracht.
 
 
(Man hört den stärksten Akkord, Donner, Blitz, Sturm. Sogleich verwandelt sich das ganze Theater in eine Sonne. Sarastro steht erhöht; Tamino, Pamina, beide in priesterlicher Kleidung. Neben ihnen die ägyptischen Priester auf beiden Seiten. Die drei Knaben halten Blumen.)
 
 
Königin, Mohr
 
 
Zerschmettert, zernichtet ist unsere Macht,
 
 
wir alle gestürzet in ewige Nacht.
 
 
(Sie versinken.)
 
 
Sarastro
 
     
 
    Die Strahlen der Sonne vertreiben die Nacht,
 
 
zernichten der Heuchler
 
 
erschlichene Macht.
 
 
Chor
 
 
Heil sei euch Geweihten! Ihr drangt durch die Nacht;
 
 
Dank sei dir, Osiris und Isis, gebracht!
 
 
Es siegte die Stärke und krönet zum Lohn
 
 
die Schönheit und Weisheit mit ewiger Kron.
 
 
Ende.