Sechster Auftritt
 
 
Pedrillo, hernach Belmonte, Konstanze, Blonde.
 
 
Pedrillo
 
 
(macht's Osmin nach)
 
 
Gute Nacht – Brüderchen – gute Nacht! Hahahaha, alter Eisenfresser! erwischt man dich so? Gift und Dolch! – Du hast deine Ladung! Nur fürcht ich, ist's noch zu zeitig am Tage; bis Mitternacht sind noch drei Stunden, und da könnt er leicht wieder ausgeschlafen haben. – – Ach! kommen Sie, kommen Sie, liebster Herr! Unser Argus ist blind; ich hab ihn tüchtig zugedeckt.
 
 
Belmonte
 
 
O dass wir glücklich wären! – Aber sag: Ist Konstanze noch nicht hier?
 
 
Pedrillo
 
 
Eben kommt sie da den Gang herauf. Reden Sie alles mit ihr ab; aber fassen Sie sich kurz, denn der Verräter schläft nicht immer.
 
 
(Während der Unterredung des Belmonte mit Konstanzen unterhält sich Pedrillo mit Blonden, der er durch Pantomime den ganzen Auftritt mit dem Osmin vormacht und jenen nachahmt; zuletzt unterrichtet er sie ebenfalls, dass er um Mitternacht mit einer Leiter unter ihr Fenster kommen wolle, um sie zu entführen.)
 
 
Konstanze, Belmonte (einander im Arm).
 
 
 
 
Konstanze
 
 
O mein Belmonte!
 
 
Belmonte
 
 
O Konstanze!
 
 
 
 
Konstanze
 
 
Ist's möglich? – Nach so viel Tagen der Angst, nach so viel ausgestandenen Leiden dich wieder in meinen Armen –
 
 
Belmonte
 
 
Oh, dieser Augenblick versüßt allen Kummer, macht mich all meinen Schmerz vergessen –
 
 
Konstanze
 
 
Hier will ich an deinem Busen liegen und weinen! – Ach, jetzt fühl ich's: Die Freude hat auch ihre Tränen!
 
 
Belmonte
 
 
Lass mich sie hinwegküssen, diese Tränen; o dass es die letzten wären! – Aber, Konstanze, ist's wahr? Du bist die Geliebte des Bassa? –
 
 
Konstanze
 
 
Wie, Belmonte? Konntest du glauben, dass deine Konstanze jemals untreu werden könnte? Traust du einem Mädchen nicht mehr Treue und Standhaftigkeit zu? – Wie viel Nächte hab ich schlaflos auf meinem Lager durchwacht, wie viel Seufzer für dich zum Himmel geschickt – Ha! rief ich aus: Gütiger Himmel! erhalte nur meinen Belmonte; und ich will gern alles erdulden, ihm dies Herz so treu wiederzubringen, als es bei unserer Trennung war.
 
 
Belmonte
 
 
O verzeih, Konstanze, verzeih dem misstrauischen Liebhaber. Du weißt ja: Unglück macht misstrauisch. Mit diesem Kuss empfange meine Gelübde aufs Neue, ewig, ewig der Deinige zu sein! – – Und nun zu unserm Vorhaben: Ich hab hier ein Schiff in Bereitschaft; um Mitternacht, wenn alles schläft, komm ich an dein Fenster; und dann sei die Liebe unser Schutzengel!
 
 
Konstanze
 
 
Mit tausend Freuden! Was wollt ich nicht mit dir wagen? Ich erwarte dich –
 
 
Pedrillo
 
 
Also, liebes Blondchen, pass ja hübsch auf, hörst du's?
 
 
Blonde
 
 
Sorge für mich nicht. Das wär das erste Abenteuer, das ein Mädchen verschlafen hätte.
 
 
Pedrillo
 
 
Du wirst's schon merken, wenn du so was Gesungenes hörst, wie's so meine Art des Abends immer ist; dann pass auf, und dann mit einem Sprung ins Schiff! – Nur hübsch Mut gefasst und nicht verzagt: Wer alles zu verlieren hat, muss alles wagen!
 
     
 
    Mit Pauken und Trompeten
 
 
und Tapferkeit und Stärke
 
 
gehn Helden rasch zu Werke
 
 
und tragen Sieg davon.
 
 
Blonde
 
     
 
    Auch schwacher Mädchen Herzen
 
 
kann Heldenmut beleben;
 
 
trotz Zagen, Angst und Beben
 
 
ist endlich Sieg ihr Lohn.
 
 
Belmonte
 
     
 
    Für dich, mein teures Leben,
 
 
sollt ich nicht alles wagen?
 
 
Selbst Fesseln für dich tragen,
 
 
wär schon ein süßer Lohn.
 
 
Konstanze
 
     
 
    Was acht ich die Gefahren!
 
 
In dir nur find ich Freuden.
 
 
Den Tod für dich zu leiden,
 
 
wär für mich süßer Lohn.
 
 
Alle zugleich
 
     
 
    Wie bebt das Herz vor Freuden!
 
 
Ha! mit der Liebe Flügeln
 
 
eil ich durch Meer und Fluten,
 
 
Geliebte|Geliebter schon davon.