Kritische Edition des vertonten Textes KV 384       Diplomatische Übertragung der autographen Partitur 
Dritter Auftritt
 
Osmin, hernach Pedrillo.
 
Osmin
 
(allein)
 
Könnt ich mir doch noch so einen Schurken auf die Nase setzen wie den Pedrillo, so einen Gaudieb, der Tag und Nacht nichts tut, als nach meinen Weibern herumzuschleichen und zu schnobern, ob's nichts für seinen Schnabel setzt. Aber ich laure ihm sicher auf den Dienst, und wohl bekomm dir die Prügelsuppe, wenn ich dich einmal beim Kanthaken kriege! – Hätt er sich nur beim Bassa nicht so eingeschmeichelt, er sollte den Strick längst um den Hals haben.
 
Pedrillo
 
Nun, wie steht's, Osmin? Ist der Bassa noch nicht zurück?
 
Osmin
 
Sieh darnach, wenn du's wissen willst.
 
Pedrillo
 
Schon wieder Sturm im Kalender? – Hast du das Gericht Feigen für mich gepflückt?
 
Osmin
 
Gift für dich, verwünschter Schmarotzer!
 
Pedrillo
 
Was in aller Welt ich dir nun getan haben muss, dass du beständig mit mir zankst. Lass uns doch einmal Friede machen.
 
Osmin
 
Friede mit dir? mit so einem schleichenden, spitzbübischen Passauf, der nur spioniert, wie er mir eins versetzen kann? Erdrosseln möcht ich dich! –
 
Pedrillo
 
Aber sag nur, warum? warum?
 
Osmin
 
Warum? – Weil ich dich nicht leiden kann.
 
Warum? – weil ich dich nicht leiden kann.
N° 3 Aria
 
3
Osmin
 
Osmin
    Solche hergelaufne Laffen,
 
    Solche hergelaufne laffen
die nur nach den Weibern gaffen,
 
die nur nach den Weibern gaffen,
mag ich vor den Teufel nicht.
 
mag ich vor den teufel nicht
Denn ihr ganzes Tun und Lassen
 
denn ihr ganzes thun und lassen
ist, uns auf den Dienst zu passen,
 
ist, uns auf den dienst zu Passen,
doch mich trügt kein solch Gesicht!Schreibvariante in den Textwiederholungen:
doch mich trügt kein solch Gesicht.
 
doch mich trügt kein solch gesicht
    Eure Tücken, eure Ränke,
 
Eure tücken, Eure Ränke,
eure Finten, eure Schwänke
 
Eure finten, Eure schwänke,
sind mir ganz bekannt.
 
sind mir ganz bekannt.
Mich zu hintergehen,
 
mich zu hintergehen,
müsst ihr früh aufstehen;
 
müsst ihr früh aufstehen,
ich hab auch Verstand.
 
ich hab auch Verstand.
    Drum, beim Barte des Propheten!
 
drum beÿm barte des Propheten!
ich studiere Tag und Nacht,
 
ich studiere tag und Nacht,
ruh nicht, bis ich dich seh töten,
 
ruh nicht bis ich dich seh tödten,
nimm dich, wie du willst, in Acht.Schreibvariante in den Textwiederholungen:
nimm dich in Acht.
 
nimm dich wie du willst in acht.
Pedrillo
 
Pedrillo:
Was bist du vor ein grausamer Kerl – und ich hab dir nichts getan – –
 
Was bist du vor ein Grausamer kerl, – und ich hab dir nichts gethan – –
Osmin
 
Osmin:
Du hast ein Galgengesicht. Das ist genug.
 
du hast ein Galgengesicht. das ist genug
 
    Erst geköpft,
 
    Erst geköpft,
dann gehangen,
 
dann gehangen,
dann gespießt
 
dann gespiest
auf heißen Stangen,
 
auf heissen stangen,
dann verbrannt,
 
dann verbrannt,
dann gebunden
 
dann gebunden,
und getaucht,
 
und getaucht,
zuletzt geschunden.
 
zuletzt geschunden.
(geht ins Haus)
 
Vierter Auftritt
 
Pedrillo, hernach Belmonte.
 
Pedrillo
 
(allein)
 
Geh nur, verwünschter Aufpasser; es ist noch nicht aller Tage Abend. Wer weiß, wer den andern überlistet; und dir misstrauischem, gehässigem Menschenfeinde eine Grube zu graben, sollte ein wahres Fest für mich sein.
 
Belmonte
 
Pedrillo, guter Pedrillo!
 
Pedrillo
 
Ach mein bester Herr! Ist's möglich? Sind Sie's wirklich? Bravo, Madam Fortuna, bravo! das heißt doch Wort gehalten! Schon verzweifelte ich, ob einer meiner Briefe Sie getroffen hätte.
 
Belmonte
 
Sag, guter Pedrillo, lebt meine Konstanze noch?
 
Pedrillo
 
Lebt, und noch, hoff ich, für Sie. Seit dem schrecklichen Tage, an welchem das Glück uns einen so hässlichen Streich spielte und unser Schiff von den Seeräubern erobern ließ, haben wir mancherlei Drangsal erfahren. Glücklicherweise traf sich's noch, dass der Bassa Selim uns alle drei kaufte: Ihre Konstanze nämlich, meine Blonde und mich. Er ließ uns sogleich hier auf sein Landhaus bringen. Donna Konstanze ward seine auserwählte Geliebte. –
 
Belmonte
 
Ah! was sagst du?
 
Pedrillo
 
Nu, nur nicht so hitzig! Sie ist noch nicht in die schlimmsten Hände gefallen. Der Bassa ist ein Renegat und hat noch so viel Delikatesse, keine seiner Weiber zu seiner Liebe zu zwingen; und soviel ich weiß, spielt er noch immer den unerhörten Liebhaber.
 
Belmonte
 
Wär es möglich? Wär Konstanze noch treu?
 
Pedrillo
 
Sicher noch, lieber Herr! Aber wie's mit meinem Blondchen steht, weiß der Himmel! Das arme Ding schmachtet bei einem alten, hässlichen Kerl, dem sie der Bassa geschenkt hat; und vielleicht – ach ich darf gar nicht dran denken! –
 
Belmonte
 
Doch nicht der alte Kerl, der soeben ins Haus ging?
 
Pedrillo
 
Eben der.
 
Belmonte
 
Und dies ist der Liebling des Bassa?
 
Pedrillo
 
Liebling, Spion und Ausbund aller Spitzbuben, der mich mit den Augen vergiften möchte, wenn's möglich wäre.
 
Belmonte
 
O guter Pedrillo! was sagst du?
 
Pedrillo
 
Nur nicht gleich verzagt! Unter uns gesagt: Ich hab auch einen Stein im Brette beim Bassa. Durch mein bisschen Geschick in der Gärtnerei hab ich seine Gunst weggekriegt, und dadurch hab ich so ziemlich Freiheit, die tausend andere nicht haben würden. Da sonst jede Mannsperson sich entfernen muss, wenn eine seiner Weiber in Garten kommt, kann ich bleiben; sie reden sogar mit mir, und er sagt nichts darüber. Freilich mault der alte Osmin, besonders wenn mein Blondchen ihrer Gebieterin folgen muss.
 
Belmonte
 
Ist's möglich? Du hast sie gesprochen? – O sag, sag! Liebt sie mich noch?
 
Pedrillo
 
Hm! dass Sie daran zweifeln! Ich dächte, Sie kennten die gute Konstanze mehr als zu gut, hätten Proben genug ihrer Liebe. – Doch damit dürfen wir uns gar nicht aufhalten. Hier ist bloß die Frage, wie's anzufangen ist, hier wegzukommen?
 
Belmonte
 
O da hab ich für alles gesorgt! Ich hab hier ein Schiff in einiger Entfernung vom Hafen, das uns auf den ersten Wink einnimmt, und –
 
Pedrillo
 
Ah, sachte, sachte! Erst müssen wir die Mädels haben, ehe wir zu Schiffe gehen; und das geht nicht so husch, husch! wie Sie meinen.
 
Belmonte
 
O lieber guter Pedrillo, mach nur, dass ich sie sehen, dass ich sie sprechen kann! Das Herz schlägt mir vor Angst und Freude! –
 
Pedrillo
 
Pfiffig müssen wir das Ding anfangen, und rasch müssen wir's ausführen, damit wir den alten Aufpasser übertölpeln. Bleiben Sie hier in der Nähe. Jetzt wird der Bassa bald von einer Lustfahrt auf dem Wasser zurückkommen. Ich will Sie ihm als einen geschickten Baumeister vorstellen: Denn Bauen und Gärtnerei sind seine Steckenpferde. Aber lieber, goldner Herr, halten Sie sich in Schranken; Konstanze ist bei ihm –
 
Belmonte
 
Konstanze bei ihm? Was sagst du? Ich soll sie sehen?
 
Pedrillo
 
Gemach, gemach ums Himmels willen, lieber Herr! Sonst stolpern wir – Ah, ich glaube, dort seh ich sie schon angefahren kommen. Gehn Sie nur auf die Seite, wenn er kommt; ich will ihm entgegengehen.
 
Ich will ihm entgegen gehen.
(geht ab)
 
Fünfter Auftritt
 
Belmonte allein.
 
N° 4 Recitativo ed Aria
 
4
Belmonte
 
Bellmont
Recitativo
 
Recitativo:
Konstanze! dich wiederzusehen! – dich! –
 
konstanze! dich wieder zu sehen! – dich! –
Aria
 
    O wie ängstlich, o wie feurigSchreibvariante in den Textwiederholungen:
O wie ängstlich, o wie feurig!
 
o wie ängstlich, o wie feurig,
klopft mein liebevolles Herz!Schreibvariante in den Textwiederholungen:
klopft mein liebevolles Herz.
 
klopft mein liebe volles herz!
Und des Wiedersehens Zähre
 
und des wiedersehens zähre,
lohnt der Trennung bangen Schmerz.
 
lohnt der trennung bangen schmerz.
Schon zittr' ich und wanke,
 
schon zittr' ich und wanke,
schon zag ich und schwanke,
 
schon zag ich und schwanke,
es hebt sich die schwellende Brust.
 
es hebt sich die schwellende Brust.
Ist das ihr Lispeln?
 
ist das ihr lispeln?
Es wird mir so bange;
 
es wird mir so bange
war das ihr Seufzen?
 
war das ihr seüfzen?
Es glüht mir die Wange;
 
es glüht mir die wange
täuscht mich die Liebe, war es ein Traum? –
 
täuscht mich die liebe, war es ein Traum?
Pedrillo
 
(kömmt hurtig gelaufen)
 
Geschwind, geschwind auf die Seite und versteckt! Der Bassa kömmt.
 
Der Bassa kömmt.
(Belmonte versteckt sich.)
 
Sechster Auftritt
 
Der Bassa Selim und Konstanze kommen in einem Lustschiffe angefahren, vor welchem ein anderes Schiff mit Janitscharenmusik voraus landet. Die Janitscharen stellen sich am Ufer in Ordnung, stimmen folgendes Chor an und entfernen sich dann.
 
N° 5a Marcia
 
N° 5b Chor der Janitscharen
 
5Chor der Janitscharen.
Tutti
 
Sop:/Alto:/Tenore/Basso
    Singt dem großen Bassa Lieder,
 
Singt dem grossen Bassa lieder
töne, feuriger Gesang;
 
töne feuriger gesang;
und vom Ufer halle wieder
 
und vom ufer halle wieder
unsrer Lieder Jubelklang.
 
unsrer lieder Jubelklang
Solo
 
Solo:
    Weht ihm entgegen,
 
Weht ihm entgegen
kühlende Winde;
 
kühlende winde
ebne dich sanfter,
 
ebne dich sanfter
wallende Flut!
 
wallende Flut.
 
Solo:
    Singt ihm entgegen,
 
Singt ihm entgegen
fliegende Chöre,
 
fliegende Chöre
singt ihm der Liebe
 
Singt ihm der liebe
Freuden ins Herz!
 
freuden ins herz!
Tutti
 
Tutti:
    Singt dem großen Bassa Lieder,
 
Singt dem grossen Bassa lieder
töne, feuriger Gesang;
 
töne feuriger gesang
und vom Ufer halle wieder
 
und vom ufer halle wieder
unsrer Lieder Jubelklang.
 
unsrer lieder Jubelklang.
(Janitscharen ab)
 
Siebenter Auftritt
 
Selim, Konstanze.
 
Selim
 
Immer noch traurig, geliebte Konstanze? immer in Tränen? – Sieh, dieser schöne Abend, diese reizende Gegend, diese bezaubernde Musik, meine zärtliche Liebe für dich – Sag, kann nichts von allem dich endlich beruhigen, endlich dein Herz rühren? – Sieh, ich könnte befehlen, könnte grausam mit dir verfahren, dich zwingen –
 
(Konstanze seufzt.)
 
Selim
 
Aber nein, Konstanze, dir selbst will ich dein Herz zu danken haben – dir selbst –
 
Konstanze
 
Großmütiger Mann! o dass ich es könnte! dass ich's erwidern könnte – aber –
 
Selim
 
Sag, Konstanze, sag, was hält dich zurück?
 
Konstanze
 
Du wirst mich hassen.
 
Selim
 
Nein, ich schwöre dir's. Du weißt, wie sehr ich dich liebe, wie viel Freiheit ich dir vor allen meinen Weibern gestatte; dich wie meine Einzige schätze –
 
Konstanze
 
O so verzeih!
 
O so verzeih!
N° 6 Aria
 
6
Konstanze
 
konstanze
    Ach, ich liebte,
 
    Ach ich liebte,
war so glücklich,Schreibvariante in den Textwiederholungen:
war so glücklich!
 
war so glücklich;
kannte nicht der Liebe Schmerz.
 
kannte nicht der liebe schmerz.
Schwur ihm Treue,
 
schwur ihm treue,
dem Geliebten;
 
dem geliebten.
gab dahin mein ganzes Herz.
 
gab dahin, mein ganzes herz.
    Doch wie schnellIn der Vorlage sowie in dem Auszug von Constanze Webers Hand steht noch „im Hui“ (BD 626: […]"doch im Hui schwand meine freude"). Mozart hat es in der autographen Partitur bewusst durch „wie schnell“ ersetzt, um eine nach seiner Meinung vulgäre Konnotation zu vermeiden (BD 629: „[…] das hui – habe ich in schnell verändert. also; doch wie schnell schwand meine freude p: ich weis nicht was sich unsere teutsche dichter denken; – wen sie schon das theater nicht verstehen, was die opern anbelangt – so sollen sie doch wenigstens die leute nicht reden lassen, als wen schweine vor ihnen stünden. – hui Sau; –“). schwand meine Freude,
 
doch wie schnell schwand meine freude,
Trennung war mein banges Los;
 
trennung war mein Banges loos;
und nun schwimmt mein Aug in Tränen,Schreibvarianten in den Textwiederholungen:
mein Aug schwimmt in Tränen,
es schwimmt in Tränen,
 
und nun schwimmt mein Aug in thränen
Kummer ruht in meinem Schoß.
 
kummer ruht in meinem schoos.
(Während des Gesanges geht der Bassa unwillig hin und her.)
 
Konstanze
 
Ach, ich sagt es wohl, du würdest mich hassen. Aber verzeih, verzeih dem liebekranken Mädchen! – Du bist ja so großmütig, so gut. – Ich will dir dienen, deine Sklavin sein, bis ans Ende meines Lebens: Nur verlange nicht ein Herz von mir, das auf ewig versagt ist –
 
Selim
 
Ha, Undankbare! was wagst du zu bitten?
 
Konstanze
 
Töte mich, Selim, töte mich! Nur zwinge mich nicht, meineidig zu werden – Noch zuletzt, wie mich der Seeräuber aus den Armen meines Geliebten riss, schwur ich aufs Feierlichste –
 
Selim
 
Halt ein! Nicht ein Wort! Reize meinen Zorn nicht noch mehr. Bedenke, dass du in meiner Gewalt bist –
 
Konstanze
 
Ich bin es: Aber du wirst dich ihrer nicht bedienen, ich kenne dein gutes, dein mitleidvolles Herz. Hätte ich's sonst wagen können, dir das meinige zu entdecken? –
 
Selim
 
Wag es nicht, meine Güte zu missbrauchen –
 
Konstanze
 
Nur Aufschub gönne mir, Herr! nur Zeit, meinen Schmerz zu vergessen –
 
Selim
 
Wie oft schon gewährt ich dir diese Bitte –
 
Konstanze
 
Nur noch diesmal!
 
Selim
 
Es sei! zum letzten Male! – Geh, Konstanze, geh! Besinne dich eines Bessern, und morgen –
 
Konstanze
 
(im Abgehn)
 
Unglückliches Mädchen! O Belmonte, Belmonte!
 
Achter Auftritt
 
Selim, Pedrillo, Belmonte.
 
Selim
 
Ihr Schmerz, ihre Tränen, ihre Standhaftigkeit bezaubern mein Herz immer mehr, machen mir ihre Liebe nur noch wünschenswerter. Ha! wer wollte gegen ein solches Herz Gewalt brauchen? – Nein, Konstanze, nein, auch Selim hat ein Herz; auch Selim kennt Liebe –
 
Pedrillo
 
Herr! verzeih, dass ich es wage, dich in deinen Betrachtungen zu stören –
 
Selim
 
Was willst du, Pedrillo?
 
Pedrillo
 
Dieser junge Mann, der sich in Italien mit vielem Fleiß auf die Baukunst gelegt, hat von deiner Macht, von deinem Reichtum gehört und kommt her, dir als Baumeister seine Dienste anzubieten.
 
Belmonte
 
Herr! könnte ich so glücklich sein, durch meine geringen Fähigkeiten deinen Beifall zu verdienen.
 
Selim
 
Hm! Du gefällst mir. Ich will sehen, was du kannst. – (zum Pedrillo) Sorge für seinen Unterhalt. Morgen werde ich dich wieder rufen lassen.
 
(geht ab)
 
Neunter Auftritt
 
Belmonte, Pedrillo.
 
Pedrillo
 
Ha! Triumph, Triumph, Herr! der erste Schritt war getan.
 
Belmonte
 
Ach lass mich zu mir selbst kommen! – Ich habe sie gesehen, hab das gute, treue, beste Mädchen gesehen! – O Konstanze, Konstanze! Was könnt ich für dich tun, was für dich wagen?
 
Pedrillo
 
Ha! gemach, gemach, bester Herr! Stimmen Sie den Ton ein bisschen herab; Verstellung wird uns weit bessere Dienste leisten. Wir sind nicht in unserm Vaterlande. Hier fragen sie den Henker darnach, ob's einen Kopf mehr oder weniger in der Welt gibt. Bastonade und Strick um Hals sind hier wie ein Morgenbrot.
 
Belmonte
 
Ach, Pedrillo! wenn du die Liebe kenntest –
 
Pedrillo
 
Hm! Als wenn's mit unsereinem gar nichts wäre. Ich habe so gut meine zärtlichen Stunden als andere Leute. Und denken Sie denn, dass mir's nicht auch im Bauche grimmt, wenn ich mein Blondchen von so einem alten Spitzbuben, wie der Osmin ist, bewacht sehen muss?
 
Belmonte
 
O wenn es möglich wäre, sie zu sprechen –
 
Pedrillo
 
Wir wollen sehen, was zu tun ist. Kommen Sie nur mit mir in Garten: Aber, um alles in der Welt, vorsichtig und fein. Denn hier ist alles Aug und Ohr.
 
(Sie wollen in den Palast; Osmin kommt ihnen in der Tür entgegen und hält sie zurück.)
 
Zehnter Auftritt
 
Vorige, Osmin.
 
Osmin
 
Wohin?
 
Pedrillo
 
Hinein!
 
Osmin
 
(zu Belmonte)
 
Was will das Gesicht? – Zurück mit dir, zurück!
 
Pedrillo
 
Ha, gemach, Meister Grobian, gemach! er ist in des Bassa Diensten.
 
Osmin
 
In des Henkers Diensten mag er sein! Er soll nicht herein!
 
Pedrillo
 
Er soll aber herein!
 
Osmin
 
Kommt mir nur einen Schritt über die Schwelle –
 
Belmonte
 
Unverschämter! Hast du nicht mehr Achtung für einen Mann meines Standes?
 
Osmin
 
Ei, Ihr mögt mir vom Stande sein! – Fort, fort, oder ich will Euch Beine machen.
 
Pedrillo
 
Alter Dummkopf! Es ist ja der Baumeister, den der Bassa angenommen hat.
 
Osmin
 
Meinethalben sei er Stockmeister: Nur komm er mir hier nicht zu nahe. Ich müsste nicht sehen, dass es so ein Kumpan deines Gelichters ist und dass das so eine abgeredte Karte ist, uns zu überlisten. Der Bassa ist weich wie Butter, mit dem könnt ihr machen, was ihr wollt; aber ich habe eine feine Nase. Gaunerei ist's um den ganzen Kram mit euch fremden Gesindel; und ihr abgefeimten Betrüger habt lange euer Plänchen angelegt, eure Pfiffe auszuführen: Aber wart ein bisschen! Osmin schläft nicht. Wär ich Bassa, ihr wärt längst gespießt. – Ja! schneid't nur Gesichter, lacht nur höhnisch in Bart hinein!
 
Pedrillo
 
Ereifere dich nicht so, Alter; es hilft dir doch nichts. Sieh, soeben werden wir hineinspazieren.
 
Osmin
 
Ha! das will ich sehen!
 
(stellt sich vor die Türe)
 
Pedrillo
 
Mach keine Umstände. –
 
Belmonte
 
Weg, Niederträchtiger!
 
Weg, Niederträchtiger!
N° 7 Terzett
 
7 //Terzett//
Osmin
 
Osmin
    Marsch, marsch, marsch, trollt euch fort;
 
    Marsch, marsch, marsch, trollt euch fort;
sonst soll die Bastonade
 
sonst soll die Bastonade
euch gleich zu Diensten stehn.
 
euch gleich zu diensten stehn,
Belmonte, Pedrillo
 
Belmont/Pedrillo
Ei, ei, ei! das wär ja schade,Schreibvariante in den Textwiederholungen:
Ei, ei, ei, das wär ja schade,
Ei, ei, ei, das wär ja schade!
 
Eÿ Eÿ Eÿ! das wär Ja schade;
mit uns so umzugehn.
 
mit uns so umzugehn,
Osmin
 
Osmin
Kommt nur nicht näher.
 
weg von der ThüreKommt nur nicht näher
Belmonte, Pedrillo
 
Belmont/Pedrillo
Weg von der Türe.
 
weg von der Thüre.
Osmin
 
Osmin
Sonst schlag ich drein.
 
sonst schlag ich drein
Belmonte, Pedrillo
 
Belmont/Pedrillo
Wir gehn hinein.
 
sonst schlag ichwir gehn hinein
(Sie drängen ihn von der Türe weg.)
 
Osmin
 
Osmin
Marsch, fort!Schreibvariante in den Textwiederholungen:
Marsch, marsch!
 
Platz fort!Marsch fort!
Belmonte, Pedrillo
 
Belmont/Pedrillo
Platz, fort!Schreibvariante in den Textwiederholungen:
Platz, Platz!
 
Platz fort!
(zugleich)
 
 
Osmin
 
Osmin.
Ich schlage drein.
 
ich schlage drein
Belmonte, Pedrillo
 
Belmont/Pedrillo
Wir gehn hinein.
 
wir gehn hinein
 
(Sie stoßen ihn weg und gehn hinein.)
 
Ende des ersten Akts.
 
Ende des Ersten Ackts.