Kritische Edition der Libretto-Vorlage       Diplomatische Übertragung der Libretto-Vorlage Leipzig 1781 
Erster Auftritt
 
Erster Auftritt.
Osmin, Blonde.
 
Osmin. Blonde.
Blonde
 
Blonde.
O des Zankens, Befehlens und Murrens wird auch kein Ende! Einmal für allemal: Das steht mir nicht an! Denkst du alter Murrkopf etwa eine türkische Sklavin vor dir zu haben, die bei deinen Befehlen zittert? O da irrst du dich sehr! Mit europäischen Mädchen springt man nicht so herum; denen begegnet man ganz anders.
 
O des Zankens, Befehlens und Mur=
rens wird auch kein Ende! Einmal für allemal: das
steht mir nicht an! Denkst du alter Murrkopf et=
wa eine türkische Sklavin vor dir zu haben, die bey
deinen Befehlen zittert? o da irrst du dich sehr! Mit
europäischen Mädchen springt man nicht so herum;
denen begegnet man ganz anders.
    Durch Zärtlichkeit und Schmeicheln,
 
    Durch Zärtlichkeit und Schmeicheln,
Gefälligkeit und Scherzen
 
Gefälligkeit und Scherzen,
erobert man die Herzen
 
Erobert man die Herzen
der guten Mädchen leicht:
 
Der guten Mädchen leicht:
Doch mürrisches Befehlen
 
Doch mürrisches Befehlen
und Poltern, Zanken, Plagen
 
Und Poltern, Zanken, Plagen
macht, dass in wenig Tagen
 
FMacht, daß in wenig Tagen
so Lieb als Treu entweicht.
 
So Lieb' als Treu entweicht.
Osmin
 
Osmin.
Ei seht doch mal, was das Mädchen vorschreiben kann! Zärtlichkeit! Schmeicheln! – Es ist mir wie pure Zärtlichkeit! – Wer, Teufel, hat dir das Zeug im Kopf gesetzt? – Hier sind wir in der Türkei, und da geht's aus einem andern Tone: Ich dein Herr; du meine Sklavin; ich befehle, du musst gehorchen!
 
Ey seht doch mal, was das Mädchen
vorschreiben kann! Zärtlichkeit! Schmeicheln! –
Es ist mir wie pure Zärtlichkeit! – Wer Teufel
hat dir das Zeug im Kopf gesetzt? – Hier sind
wir in der Türkey, und da gehts aus einem andern
Tone. Ich dein Herr; du meine Sklavin; ich be=
fehle, du mußt gehorchen!
Blonde
 
Blonde.
Deine Sklavin? ich deine Sklavin! – Ha! ein Mädchen eine Sklavin! Noch einmal sag mir das, noch einmal!
 
Deine Sklavin? ich deine Sklavin?
– Ha! ein Mädchen eine Sklavin! Noch ein=
mal sag mir das, noch einmal!
Osmin
 
Osmin
(für sich)
 
(für sich.)
Ich möchte toll werden, was das Mädchen für ein starrköpfiges Ding ist. (laut) Du hast doch wohl nicht vergessen, dass dich der Bassa mir zur Sklavin geschenkt hat?
 
Ich möchte toll werden,
was das Mädchen für ein starrköpfiges Ding ist.
(laut.) Du hast doch wohl nicht vergessen, daß dich
der Bassa mir zur Sklavin geschenkt hat?
Blonde
 
Blonde.
Bassa hin, Bassa her! Mädchen sind keine Ware zum Verschenken! Ich bin eine Engländerin, zur Freiheit geboren, und trotz jedem, der mich zu etwas zwingen will!
 
Bassa hin, Bassa her! Mädchen
sind keine Waare zum Verschenken! Ich bin eine
Engländerin, zur Freyheit geboren; und trotz je=
dem, der mich zu etwas zwingen will!
Osmin
 
Osmin
(beiseite)
 
(bey Seite.)
Gift und Dolch über das Mädchen! – Beim Mahomet! sie macht mich rasend. – Und doch lieb ich die Spitzbübin, trotz ihres tollen Kopfs! – (laut) Ich befehle dir augenblicklich, mich zu lieben.
 
Gift und Dolch über das
Mädchen! – Beym Mahomet! sie macht mich
rasend. – Und doch lieb' ich die Spitzbübin, trotz
ihres tollen Kopfs! – (laut) Ich befehle dir au=
genblicklich, mich zu lieben.
Blonde
 
FBlonde.
Hahaha! Komm mir nur ein wenig näher, ich will dir fühlbare Beweise davon geben.
 
Hahaha! Komm mir nur ein wenig
näher, ich will dir fühlbare Beweise davon geben.
Osmin
 
Osmin.
Tolles Ding! Weißt du, dass du mein bist und ich dich dafür züchtigen kann?
 
Tolles Ding! Weißt du, daß du mein
bist, und ich dich dafür züchtigen kann?
Blonde
 
Blonde.
Wag's nicht, mich anzurühren, wenn dir deine Augen lieb sind.
 
Wag's nicht, mich anzurühren, wenn
dir deine Augen lieb sind.
Osmin
 
Osmin.
Wie? du unterstehst dich –
 
Wie? du unterstehst dich –
Blonde
 
Blonde.
Da ist was zu unterstehen! Du bist der Unverschämte, der sich zu viel Freiheit herausnimmt. So ein altes, hässliches Gesicht untersteht sich, einem Mädchen wie ich, jung, schön, zur Freude geboren, wie einer Magd zu befehlen! Wahrhaftig, das stünde mir an! Uns! uns gehört das Regiment; ihr seid unsre Sklaven und glücklich, wenn ihr Verstand genung habt, euch die Ketten zu erleichtern.
 
Da ist was zu unterstehen! Du bist
der Unverschämte, der sich zu viel Freyheit heraus=
nimmt. So ein altes häßliches Gesicht untersteht
sich, einem Mädchen wie ich, jung, schön, zur Freu=
de geboren, wie einer Magd zu befehlen! Wahr=
haftig, das stünde mir an! Uns! uns gehört das
Regiment; ihr seyd unsre Sklaven, und glücklich,
wenn ihr Verstand genung habt, euch die Ketten
zu erleichtern.
Osmin
 
Osmin.
Bei meinem Bart, sie ist toll! Hier, hier in der Türkei?
 
Bey meinem Bart, sie ist toll! Hier,
hier in der Türkey?
Blonde
 
Blonde.
Türkei hin, Türkei her! Weib ist Weib, sie sei, wo sie wolle! Sind eure Weiber solche Närrinnen, sich von euch unterjochen zu lassen, desto schlimmer für sie; in Europa verstehen sie das Ding besser. Lass mich nur einmal Fuß hier gefasst haben, sie sollen bald anders werden.
 
Türkey hin, Türkey her! Weib ist
Weib, sie sey wo sie wolle! Sind eure Weiber
solche Närrinnen, sich von euch unterjochen zu lassen,
desto schlimmer für sie; in Europa verstehen sie das
Ding besser. Laß mich nur einmal Fuß hier gefaßt
haben, sie sollen bald anders werden.
Osmin
 
Osmin.
Beim Allah! die wär imstande, uns allen die Weiber rebellisch zu machen – Aber –
 
Beym Alla! die wär' im Stande,
Funs allen die Weiber rebellisch zu machen –
Aber –
Blonde
 
Blonde.
Aufs Bitten müsst ihr euch legen, wenn ihr etwas von uns erhalten wollt; besonders Liebhaber deines Gelichters. –
 
Aufs Bitten müßt ihr euch legen,
wenn ihr etwas von uns erhalten wollt; besonders
Liebhaber deines Gelichters. –
Osmin
 
Osmin.
Freilich, wenn ich Pedrillo wär, so eine runde Figur wie er machte, da wär ich vermutlich willkommen: Denn euer Mienenspiel hab ich lange weg.
 
Freylich, wenn ich Pedrillo wär', so
eine runde Figur wie er machte, da wär' ich ver=
muthlich willkommen: denn euer Mienenspiel hab'
ich lange weg.
Blonde
 
Blonde.
Erraten, guter Alter, erraten! Das kannst du dir wohl einbilden, dass mir der hübsche fette Pedrillo lieber ist wie dein ausgehungertes Gesicht. Also, wenn du klug wärst –
 
Errathen, guter Alter, errathen!
Das kannst du dir wohl einbilden, daß mir der
hübsche fette Pedrillo lieber ist, wie dein ausgehun=
gertes Gesicht. Also, wenn du klug wärst –
Osmin
 
Osmin.
sollt ich dir die Freiheit geben, zu tun und zu machen, was du wolltest? He?
 
Sollt' ich dir die Freyheit geben, zu thun
und zu machen, was du wolltest? He?
Blonde
 
Blonde.
Besser würdest du immer dabei fahren: Denn so wirst du sicher betrogen.
 
Besser würdest du immer dabey fah=
ren: denn so wirst du sicher betrogen!
Osmin
 
Osmin.
Gift und Dolch! Nun reißt mir die Geduld! Den Augenblick hinein ins Haus! Und wo du's wagst –
 
Gift und Dolch! Nun reißt mir die
Geduld! Den Augenblick hinein ins Haus! Und
wo du's wagst –
Blonde
 
Blonde.
Mach mich nicht zu lachen.
 
Mach' mich nicht zu lachen.
Osmin
 
Osmin.
Ins Haus, sag ich!
 
Ins Haus, sag ich!
Blonde
 
Blonde.
Nicht von der Stelle!
 
Nicht von der Stelle!
Osmin
 
Osmin.
Mach nicht, dass ich Gewalt brauche –
 
Mach' nicht, daß ich Gewalt brau=
che –
Blonde
 
FBlonde.
Gewalt werd ich mit Gewalt vertreiben. Meine Gebieterin hat mich hier im Garten bestellt; sie ist die Geliebte des Bassa, sein Augapfel, sein Alles; und es kostet mir ein Wort, so hast du funfzig auf die Fußsohlen. Also geh –
 
Gewalt werd' ich mit Gewalt ver=
treiben. Meine Gebieterin hat mich hier im Gar=
ten bestellt; sie ist die Geliebte des Bassa, sein Aug=
apfel, sein Alles; und es kostet mir ein Wort, so
hast du funfzig auf die Fußsohlen. Also geh –
Osmin
 
Osmin
(für sich)
 
(für sich.)
Der Henker hole die Engländerinnen! Jetzt muss ich schon tanzen, wie sie pfeift: Aber alle Tritt und Schritte will ich beobachten. (laut) Ich gehe: Aber wo du eine Miene machst, den Pedrillo zu sprechen –
 
Der Henker hole die Eng=
länderinnen! Jetzt muß ich schon tanzen, wie sie
pfeift: aber alle Tritt' und Schritte will ich beobach=
ten. (Laut.) Ich gehe: aber wo du eine Miene
machst, den Pedrillo zu sprechen –
Blonde
 
Blonde.
Fort, fort, fort! da kommt Konstanze.
 
Fort, fort, fort! da kommt Kon=
stanze.
(Osmin geht unwillig ab.)
 
(Osmin geht unwillig ab.)
Zweiter Auftritt
 
Zweyter Auftritt.
Blonde, Konstanze.
 
Blonde. Konstanze.
Blonde
 
Blonde.
Wie traurig das gute Mädchen daherkommt! Freilich tut's weh, den Geliebten zu verlieren und Sklavin zu sein. Es geht mir wohl auch nicht viel besser; aber ich habe doch noch das Vergnügen, meinen Pedrillo manchmal zu sehen, ob's gleich auch mager und verstohlen genug geschehen muss. Doch wer kann wider den Strom schwimmen? –
 
Wie traurig das gute Mädchen da=
her kommt! Freylich thuts weh, den Geliebten zu
verlieren und Sklavin zu seyn. Es geht mir wohl
auch nicht viel besser; aber ich habe doch noch das
Vergnügen, meinen Pedrillo manchmal zu sehen,
obs gleich auch mager und verstohlen genug gesche=
hen muß: doch wer kann wider den Strom schwim=
men? –
Konstanze tritt, ohne Blonden zu bemerken, mit folgender Arie auf:
 
FConstanze tritt, ohne Blonden zu bemerken, mit
folgender Arie auf:
    Traurigkeit ward mir zum Lose,
 
    Traurigkeit ward mir zum Loose,
weil ich dir entrissen bin.
 
Weil ich dir entrissen bin.
Gleich der wurmzernagten Rose,
 
Gleich der wurmzernagten Rose,
gleich dem Gras im Wintermoose
 
Gleich dem Gras im Wintermoose,
welkt mein banges Leben hin.
 
Welkt mein banges Leben hin.
    Selbst der Luft darf ich nicht sagen
 
Selbst der Luft darf ich nicht sagen
meiner Seele bittern Schmerz:
 
Meiner Seele bittern Schmerz:
Denn unwillig ihn zu tragen,
 
Denn unwillig ihn zu tragen,
haucht sie alle meine Klagen
 
Haucht sie alle meine Klagen
wieder in mein armes Herz.
 
Wieder in mein armes Herz.
Blonde
 
Blonde.
Ach mein bestes Fräulein! noch immer so traurig?
 
Ach mein bestes Fräulein! noch im=
mer so traurig?
Konstanze
 
Konstanze.
Kannst du fragen, da du meinen Kummer weißt? – Wieder ein Abend und noch keine Nachricht, noch keine Hoffnung! – Und morgen – ach Gott! ich darf nicht daran denken.
 
Kannst du fragen, da du meinen
Kummer weißt? – Wieder ein Abend, und noch
keine Nachricht, noch keine Hofnung! – Und
morgen – ach Gott! ich darf nicht daran denken.
Blonde
 
Blonde.
Heitern Sie sich wenigstens ein bisschen auf. Sehn Sie, wie schön der Abend ist, wie blühend uns alles entgegenlacht, wie freudig uns die Vögel zu ihrem Gesang einladen! Verbannen Sie die Grillen, und fassen Sie Mut! – – Kommen Sie, lassen Sie uns unsern Rundgesang anstimmen; vielleicht ist die Hülfe nicht mehr weit.
 
Heitern Sie sich wenigstens ein Bis=
chen auf. Sehn Sie, wie schön der Abend ist,
wie blühend uns alles entgegen lacht, wie freu=
dig uns die Vögel zu ihrem Gesang einladen! Ver=
bannen Sie die Grillen, und fassen Sie Muth!
– – Kommen Sie, lassen Sie uns unsern Rund=
Fgesang anstimmen; vielleicht ist die Hülfe nicht
mehr weit.
Konstanze
 
Konstanze.
Wie glücklich bist du, Mädchen, bei deinem Schicksale so gelassen zu sein! O dass ich es auch könnte!
 
Wie glücklich bist du Mädchen,
bey deinem Schicksale so gelassen zu seyn! O daß
ich es auch könnte!
Blonde
 
Blonde.
Hoffen wir es wenigstens! Aber, bestes Fräulein, das Rondo! Sie wissen ja, mit welchem Zauber die Musik aufs Herz wirkt; und es ist ja Ihr Lieblingsstück, so schmelzend, so zärtlich! O ich fange an!
 
Hoffen wir es wenigstens! Aber
bestes Fräulein, das Rondo! Sie wissen ja, mit
welchem Zauber die Musik aufs Herz wirkt; und
es ist ja Ihr Lieblingsstück, so schmelzend, so zärt=
lich! O ich fange an!
Rondeau
 
Rondeau.
Konstanze, Blonde
 
Konstanze und Blonde zugleich.
(zugleich)
 
    Hoffnung, Trösterin im Leiden!
 
Hofnung, Trösterin im Leiden!
du versüßest allen Schmerz;
 
Du versüßest allen Schmerz;
lächelst uns nach langem Scheiden
 
Lächelst uns nach langem Scheiden
Freuden ins gebeugte Herz.
 
Freuden ins gebeugte Herz.
Konstanze
 
Konstanze.
    Oft im öden Hain verlassen,
 
Oft im öden Hain verlassen,
schreckt uns Finsternis und Grab,
 
Schreckt uns Finsterniß und Grab,
und der Wangen Rosen blassen
 
Und der Wangen Rosen blassen
von des Kummers Zähren ab.
 
Von des Kummers Zähren ab.
Blonde
 
Blonde.
    Doch wie schwinden alle Sorgen,
 
Doch wie schwinden alle Sorgen,
jede Träne wird verscheucht,
 
Jede Thräne wird verscheucht,
wenn sich der gewünschte Morgen
 
FWenn sich der gewünschte Morgen,
nur in ferner Dämmrung zeigt.
 
Nur in ferner Dämmrung zeigt.
Konstanze, Blonde
 
Konstanze und Blonde zugleich.
(zugleich)
 
    Hoffnung, Trösterin im Leiden!
 
Hofnung, Trösterin im Leiden!
du versüßest allen Schmerz;
 
Du versüßest allen Schmerz;
lächelst uns nach langem Scheiden
 
Lächelst uns nach langem Scheiden
Freuden ins gebeugte Herz.
 
Freuden ins gebeugte Herz.
Konstanze
 
Konstanze.
    Wenn von Sturm und Nacht umgeben,
 
Wenn von Sturm und Nacht umgeben
sinkend sich der Nachen beugt,
 
Sinkend sich der Nachen beugt,
Angst und Zagen uns umschweben
 
Angst und Zagen uns umschweben
und der grimme Tod sich zeigt:
 
Und der grimme Tod sich zeigt:
Blonde
 
Blonde.
    Schleudert uns im Todesschlummer
 
Schleudert uns, im Todesschlummer,
eine Well auf weiches Moos;
 
Eine Well' auf weiches Moos;
und wir ruhen frei vom Kummer,
 
Und wir ruhen frey vom Kummer,
süße Hoffnung, dir im Schoß.
 
Süße Hofnung, dir im Schooß.
Konstanze, Blonde
 
Konstanze und Blonde zugleich.
(zugleich)
 
    Hoffnung, Trösterin im Leiden!
 
Hofnung, Trösterin im Leiden!
du versüßest allen Schmerz;
 
Du versüßest allen Schmerz;
lächelst uns nach langem Scheiden
 
Lächelst uns nach langem Scheiden
Freuden ins gebeugte Herz.
 
Freuden ins gebeugte Herz.
Blonde
 
FBlonde.
Nicht wahr, es ist Ihnen nicht mehr so eng ums Herz? – Ach! dort seh ich den Bassa; vermutlich hat er Ihnen was zu sagen –
 
Nicht wahr, es ist Ihnen nicht mehr
so eng ums Herz? – Ach! dort seh ich den Bassa;
vermuthlich hat er Ihnen was zu sagen –
Konstanze
 
Konstanze.
Den Bassa? – Ach ich muss seinen Anblick vermeiden! – Einsame Schatten! seid ihr meine Tröster!
 
Den Bassa? – Ach ich muß
seinen Anblick vermeiden! – Einsame Schatten!
Seyd ihr meine Tröster!
(geht ab)
 
(Geht ab.)
Dritter Auftritt
 
Dritter Auftritt.
Blonde, hernach Pedrillo.
 
Blonde. Hernach Pedrillo.
Blonde
 
Blonde.
Die gute Donna! sie dauert mich herzlich! – Aber ist das nicht Pedrillo, der mir so geheimnisvoll winkt? – Was muss der mir zu sagen haben?
 
Die gute Donna! sie dauert mich
herzlich! – Aber ist das nicht Pedrillo, der mir
so geheimnißvoll winkt? – Was muß der mir zu
sagen haben?
Pedrillo
 
Pedrillo.
Bst, bst! Blondchen, Blondchen! Ist der Weg rein?
 
Bst, Bst! Blondchen, Blondchen!
Ist der Weg rein?
Blonde
 
Blonde.
Komm nur, komm! Der Bassa ist wieder zurück. Ich habe eben meinem Alten den Kopf ein bisschen gewaschen. Was hast du denn?
 
Komm nur, komm! Der Bassa ist
wieder zurück. Ich habe eben meinem Alten den
Kopf ein Bischen gewaschen. Was hast du denn?
Pedrillo
 
Pedrillo.
O Neuigkeiten, Neuigkeiten, die dich entzücken werden.
 
O Neuigkeiten, Neuigkeiten, die
dich entzücken werden.
Blonde
 
Blonde.
Nun? hurtig heraus damit!
 
Nun? hurtig heraus damit!
Pedrillo
 
Pedrillo.
Erst, liebes Herzensblondchen, lass dir vor allen Dingen einen recht herzlichen Kuss geben: Du weißt ja, wie gestohlnes Gut schmeckt.
 
Erst, liebes Herzensblondchen, laß
Fdir vor allen Dingen einen recht herzlichen Kuß ge=
ben: du weißt ja, wie gestohlnes Gut schmeckt.
Blonde
 
Blonde.
Pfui, pfui! Wenn das deine Neuigkeiten alle sind –
 
Pfuy, pfuy! Wenn das deine Neuig=
keiten alle sind –
Pedrillo
 
Pedrillo.
Närrchen, mach darum keinen Lärm; der alte spitzbübische Osmin lauert uns sicher auf den Dienst.
 
Närrchen, mach darum keinen Lärm:
der alte spitzbübische Osmin lauert uns sicher auf
den Dienst.
Blonde
 
Blonde.
Nun? und die Neuigkeiten? –
 
Nun? und die Neuigkeiten? –
Pedrillo
 
Pedrillo.
sind, dass das Ende unsrer Sklaverei vor der Türe ist. – (Er sieht sich sorgfältig um.) Belmonte, Konstanzens Geliebter, ist angekommen; und ich hab ihn unter dem Namen eines Baumeisters hier im Palast eingeführt.
 
Sind, daß das Ende unsrer Skla=
verey vor der Thüre ist. – (Er sieht sich sorgfäl=
tig um.)
Belmonte, Konstanzens Geliebter, ist an=
gekommen; und ich hab' ihn unter dem Namen ei=
nes Baumeisters hier im Palast eingeführt.
Blonde
 
Blonde.
Ah, was sagst du? Belmonte da?
 
Ah was sagst du? Belmonte da?
Pedrillo
 
Pedrillo.
Mit Leib und Seele!
 
Mit Leib und Seele!
Blonde
 
Blonde.
Ha! das muss Konstanze wissen!
 
Ha! das muß Konstanze wissen!
(will fort)
 
(will fort.)
Pedrillo
 
Pedrillo.
Hör nur, Blondchen, hör nur erst: Er hat ein Schiff hier in der Nähe in Bereitschaft, und wir haben beschlossen, euch diese Nacht zu entführen.
 
Hör nur Blondchen, hör nur erst:
Er hat ein Schiff hier in der Nähe in Bereitschaft,
und wir haben beschlossen, euch diese Nacht zu ent=
führen.
Blonde
 
Blonde.
O allerliebst, allerliebst! Herzens-Pedrillo! Das verdient einen Kuss. Geschwind, geschwind zu Konstanzen!
 
O allerliebst, allerliebst! Herzens=Pe=
drillo! Das verdient einen Kuß. Geschwind, ge=
schwind zu Konstanzen!
(will wieder fort)
 
(will wieder fort.)
Pedrillo
 
Pedrillo.
Halt nur, halt, und lass erst mit dir reden. Um Mitternacht kommt Belmonte mit einer Leiter zu Konstanzens Fenster und ich zu dem deinigen; und dann geht's heidi davon!
 
Halt nur halt, und laß erst mit dir
Freden. Um Mitternacht kommt Belmonte mit ei=
ner Leiter zu Konstanzens Fenster, und ich zu dem
deinigen; und dann gehts Heidi davon!
Blonde
 
Blonde.
O vortrefflich! Aber Osmin?
 
O vortreflich! Aber Osmin?
Pedrillo
 
Pedrillo.
Hier ist ein Schlaftrunk für den alten Schlaukopf, den misch ihm fein manierlich ins Getränke, verstehst du? Ich habe dort auch schon ein Fläschchen angefüllt. Geht's hier nicht, wird's dort wohl gehen.
 
Hier ist ein Schlaftrunk für den alten
Schlaukopf, den misch ihm fein manierlich ins Ge=
tränke; verstehst du? Ich habe dort auch schon ein
Fläschchen angefüllt. Geht's hier nicht, wird's
dort wohl gehen.
Blonde
 
Blonde.
Sorg nicht für mich! – Aber kann Konstanze ihren Geliebten nicht sprechen?
 
Sorg' nicht für mich! – Aber kann
Konstanze ihren Geliebten nicht sprechen?
Pedrillo
 
Pedrillo.
Sobald es vollends finster ist, kommt er hier in Garten. Nun geh und bereite Konstanzen vor; ich will hier Belmonten erwarten. Leb wohl, Herzchen, leb wohl!
 
Sobald es vollends finster ist, kommt
er hier in Garten. Nun geh' und bereite Kon=
stanzen vor; ich will hier Belmonten erwarten.
Leb wohl, Herzchen; leb wohl!
Blonde
 
Blonde.
Leb wohl, guter Pedrillo! Ach, was werd ich für Freude anrichten!
 
Leb wohl, guter Pedrillo! Ach, was
werd ich für Freude anrichten!
(Blonde ab)
 
(Blonde ab.)
Vierter Auftritt
 
Vierter Auftritt.
Pedrillo allein.
 
Pedrillo (allein.)
Ah, dass es schon vorbei wäre! dass wir schon auf offner See wären, unsre Mädels im Arm und dies verwünschte Land im Rücken hätten! Doch sei's gewagt; entweder itzt oder niemals. Wer zagt, verliert!
 
Ah, daß es schon vorbey wäre! daß wir schon
auf offner See wären, unsre Mädels im Arm, und
dieß verwünschte Land im Rücken hätten! Doch
Fsey's gewagt; entweder itzt oder niemals. Wer
zagt, verliert!
    Frisch zum Kampfe!
 
    Frisch zum Kampfe!
Frisch zum Streite!
 
Frisch zum Streite!
Nur ein feiger Tropf verzagt.
 
Nur ein feiger Tropf verzagt.
Sollt ich zittern?
 
Sollt' ich zittern?
Sollt ich zagen?
 
Sollt' ich zagen?
Nicht mein Leben
 
Nicht mein Leben
mutig wagen?
 
Muthig wagen?
Nein, ach nein, es sei gewagt!
 
Nein, ach nein, es sey gewagt!
Frisch zum Kampfe!
 
Frisch zum Kampfe!
Frisch zum Streite!
 
Frisch zum Streite!
Nur ein feiger Tropf verzagt.
 
Nur ein feiger Tropf verzagt.
Fünfter Auftritt
 
Fünfter Auftritt.
Pedrillo, Osmin.
 
Pedrillo. Osmin.
Osmin
 
Osmin.
Ha! Geht's hier so lustig zu? Es muss dir verteufelt wohl gehen.
 
Ha! Geht's hier so lustig zu? Es
muß dir verteufelt wohl gehen.
Pedrillo
 
Pedrillo.
Ei, wer wird so ein Kopfhänger sein; es kommt beim Henker da nichts bei heraus: Das haben die Pedrillos von jeher in ihrer Familie gehabt. Fröhlichkeit und Wein versüßt die härteste Sklaverei. Freilich könnt ihr armen Schlucker das nicht begreifen, dass es so ein herrlich Ding um ein Gläschen guten, alten Lustigmacher ist. Wahrhaftig, da hat euer Vater Mahomet einen verzweifelten Bock geschossen, dass er euch den Wein verboten hat. Wenn das verwünschte Gesetz nicht wäre, du müsstest ein Gläschen mit mir trinken, du möchtest wollen oder nicht. (für sich) Vielleicht beißt er an: Er trinkt ihn gar zu gerne.
 
Ey, wer wird so ein Kopfhänger
seyn; es kommt beym Henker da nichts bey heraus:
das haben die Pedrillos von jeher in ihrer Familie
gehabt. Fröhlichkeit und Wein versüßt die härteste
Sklaverey. Freylich könnt ihr armen Schlucker
das nicht begreifen, daß es so ein herrlich Ding um
ein Gläschen guten alten Lustigmacher ist. Wahr=
haftig, da hat euer Vater Mahomet einen verzwei=
Ffelten Bock geschossen, daß er euch den Wein ver=
boten hat. Wenn das verwünschte Gesetz nicht
wäre, du müßtest ein Gläschen mit mir trinken,
du möchtest wollen oder nicht. (Für sich.) Viel=
leicht beißt er an: er trinkt ihn gar zu gerne.
Osmin
 
Osmin.
Wein mit dir? Ja Gift –
 
Wein mit dir? Ja Gift –
Pedrillo
 
Pedrillo.
Immer Gift und Dolch und Dolch und Gift! Lass doch den alten Groll einmal fahren und sei vernünftig. Sieh einmal, ein Paar Flaschen Zyperwein! – Ah – (Er zeigt ihm zwei Flaschen, wovon die eine größer als die andere ist.) die sollen mir trefflich schmecken!
 
Immer Gift und Dolch, und Dolch
und Gift! Laß doch den alten Groll einmal fahren
und sey vernünftig. Sieh einmal, ein Paar Flaschen
Cyperwein! – Ah – (Er zeigt ihm zwey Fla=
schen, wovon die eine größer als die andere ist.)

Die sollen mir treflich schmecken!
Osmin
 
Osmin
(für sich)
 
(für sich.)
Wenn ich trauen dürfte?
 
Wenn ich trauen dürfte?
Pedrillo
 
Pedrillo.
Das ist ein Wein! das ist ein Wein!
 
Das ist ein Wein! das ist ein Wein!
(Er setzt sich nach türkischer Art auf die Erde, und
trinkt aus der kleinen Flasche.)
(Er setzt sich nach türkischer Art auf die Erde und trinkt aus der kleinen Flasche.)
 
Osmin
 
Osmin.
Kost einmal die große Flasche auch.
 
Kost einmal die große Flasche auch.
Pedrillo
 
Pedrillo.
Denkst wohl gar, ich habe Gift hineingetan? Ha! lass dir keine graue Haare wachsen. Es verlohnte sich der Mühe, dass ich deinetwegen zum Teufel führe. Da sieh, ob ich trinke. (Er trinkt aus der großen Flasche ein wenig.) Nun, hast du noch Bedenken? Traust mir noch nicht? Pfui, Osmin! sollt'st dich schämen – Da nimm! (Er gibt ihm die große Flasche.) Oder willst du die kleine?
 
Denkst wohl gar, ich habe Gift
hinein gethan? Ha! laß dir keine graue Haare wach=
sen. Es verlohnte sich der Muhe, daß ich deinet=
wegen zum Teufel führe. Da sieh, ob ich trinke.
(Er trinkt aus der großen Flasche ein Wenig.) Nun
hast du noch Bedenken? trau'st mir noch nicht?
Pfuy, Osmin! sollt'st dich schämen – Da nimm!
(Er giebt ihm die große Flasche.) Oder willst du die
kleine?
Osmin
 
FOsmin.
Nein, lass nur, lass nur! Aber wenn du mich verrätst –
 
Nein laß nur, laß nur! Aber wenn
du mich verräthst. –
(sieht sich sorgfältig um)
 
(Sieht sich sorgfältig um.)
Pedrillo
 
Pedrillo.
Als wenn wir einander nicht weiter brauchten. Immer frisch! Mahomet liegt längst auf'm Ohr und hat nötiger zu tun, als sich um deine Flasche Wein zu bekümmern.
 
Als wenn wir einander nicht weiter
brauchten. Immer frisch! Mahomet liegt längst
aufm Ohr, und hat nöthiger zu thun, als sich um
deine Flasche Wein zu bekümmern.
Duett
 
Duett.
Pedrillo
 
Pedrillo.
    Vivat Bacchus!
 
    Vivat Bachus!
Bacchus lebe!
 
Bachus lebe!
Bacchus war ein braver Mann!
 
Bachus war ein braver Mann!
Osmin
 
Osmin.
    Ob ich's wage?
 
Ob ichs wage?
Ob ich trinke?
 
Ob ich trinke?
Ob's wohl Allah sehen kann?
 
Ob's wohl Alla sehen kann?
Pedrillo
 
Pedrillo.
    Was hilft das Zaudern?
 
Was hilft das Zaudern?
Hinunter, hinunter!
 
Hinunter, hinunter!
Nicht lange, nicht lange gefragt!
 
Nicht lange, nicht lange gefragt!
Osmin
 
 
Osmin.
    Nun war's geschehen,
 
Nun war's geschehen,
nun war's hinunter;
 
Nun war's hinunter;
das heiß ich, das heiß ich gewagt!
 
Das heiß ich, das heiß ich gewagt!
 
FBeide.
Beide
 
Beide.
    Es leben die Mädchen,
 
Es leben die Mädchen,
die Blonden, die Braunen,
 
Die Blonden, die Braunen,
sie leben hoch!
 
Sie leben hoch!
Pedrillo
 
Pedrillo.
    Das schmeckt trefflich!
 
Das schmeckt treflich!
Osmin
 
Osmin.
Das schmeckt herrlich!
 
Das schmeckt herrlich!
Beide
 
Beide.
Ah! das heiß ich Göttertrank!
 
Ah! das heiß ich Göttertrank!
    Vivat Bacchus,
 
Vivat Bachus,
Bacchus lebe,
 
Bachus lebe,
Bacchus, der den Wein erfand!
 
Bachus, der den Wein erfand!
Pedrillo
 
Pedrillo.
Wahrhaftig, das muss ich gestehen, es geht doch nichts über den Wein! Wein ist mir lieber als Geld und Mädchen. Bin ich verdrüßlich, mürrisch, launisch: Hurtig nehm ich meine Zuflucht zur Flasche; und kaum seh ich den ersten Boden, weg ist all mein Verdruss! – Meine Flasche macht mir kein schiefes Gesicht wie mein Mädchen, wenn ihr der Kopf nicht auf dem rechten Flecke steht. Und schwatzt mir von Süßigkeit der Liebe und des Ehestands, was ihr wollt: Wein auf der Zunge geht über alles!
 
Wahrhaftig, das muß ich gestehen,
es geht doch nichts über den Wein! Wein ist mir
lieber, als Geld und Mädchen. Bin ich verdrüß=
lich, mürrisch, launisch: hurtig nehm' ich meine
Zuflucht zur Flasche; und kaum seh' ich den ersten
Boden: weg ist alle mein Verdruß! – Meine
Flasche macht mir kein schiefes Gesicht, wie mein
Mädchen, wenn ihr der Kopf nicht auf dem rechten
Flecke steht; und schwatzt mir von Süßigkeit der
FLiebe und des Ehestands, was ihr wollt: Wein
auf der Zunge geht über alles!
(Osmin fängt bereits an, die Wirkung des Weins und des Schlaftrunks zu spüren, und wird bis zu Ende des Auftritts immer schläfriger und träger; doch darf's der Schauspieler nicht übertreiben und muss nur immer halb träumend und schlaftrunken bleiben.)
 
(Osmin fängt bereits an die Wir=
kung des Weins und des Schlaf=
trunks zu spüren, und wird bis
zu Ende des Auftritts immer
schläfriger und träger, doch darfs
der Schauspieler nicht übertrei=
ben, und muß nur immer halb
träumend und schlaftrunken
bleiben.)
Osmin
 
Osmin.
Das ist wahr – Wein – Wein – ist ein schönes Getränke; und unser großer – Prophet mag mir's nicht übel nehmen – – Gift und Dolch! es ist doch eine hübsche Sache um den Wein! – Nicht – – Bruder Pedrillo?
 
Das ist wahr – Wein – Wein –
ist ein schönes Getränke; und unser großer –
Prophet mag mirs nicht übel nehmen – – Gift
und Dolch! es ist doch eine hübsche Sache um den
Wein! – Nicht – – Bruder Pedrillo?
Pedrillo
 
Pedrillo.
Richtig, Bruder Osmin, richtig!
 
Richtig, Bruder Osmin, richtig!
Osmin
 
Osmin.
Man wird gleich so – munter (Er nickt zuweilen.) so vergnügt – so aufgeräumt – – Hast du nichts mehr, Bruder?
 
Man wird gleich so – munter (er
nickt zuweilen)
so vergnügt – so aufgeräumt – –
Hast du nichts mehr, Bruder?
(Er langt auf eine lächerliche Art nach einer zwoten Flasche, die Pedrillo ihm reicht.)
 
(Er langt auf eine lächerliche Art nach
einer zwoten Flasche, die Pedrillo
ihm reicht.)
Pedrillo
 
Pedrillo.
Hör du, Alter: Trink mir nicht zu viel; es kommt einem im Kopf.
 
Hör du, Alter: trink mir nicht zu
viel; es kommt einem im Kopf.
Osmin
 
Osmin.
Trag doch keine – Sorge, ich bin ja – so – nüchtern wie möglich – Aber das ist wahr – (Er fängt an, auf die Erde hin und her zu wanken.) es schmeckt – – vortrefflich! –
 
Trag doch keine – Sorge, ich bin
Fja – so – nüchtern wie möglich – Aber das ist
wahr – (er fängt an, auf die Erde hin und her zu
wanken)
es schmeckt – – vortreflich! –
Pedrillo
 
Pedrillo
(für sich)
 
(für sich.)
Es wirkt, Alter; es wirkt!
 
Es wirkt, Alter; es wirkt!
Osmin
 
Osmin.
Aber verraten musst du mich nicht – Brüderchen – verraten – denn – wenn's Mahomet – – nein, nein – der Bassa wüsste – – denn siehst du – – – liebes Blondchen – – ja oder nein! – –
 
Aber verrathen mußt du mich nicht
– Brüderchen – verrathen – denn – wenns
Mahomet – – nein, nein – der Bassa wüßte
– – denn siehst du – – – liebes Blondchen
– – ja oder nein! – –
Pedrillo
 
Pedrillo
(für sich)
 
(für sich.)
Nun wird's Zeit, ihn fortzuschaffen! (laut) Nun komm, Alter, komm, wir wollen schlafen gehn!
 
Nun wirds Zeit, ihn fort=
zuschaffen! (laut.) Nun komm, Alter, komm, wir
wollen schlafen gehn!
(Er hebt ihn auf.)
 
(Er hebt ihn auf.)
Osmin
 
Osmin.
Schlafen? – Schämst du dich nicht? – – Gift und Dolch! Wer wird denn so schläfrig sein – es ist ja kaum Morgen –
 
Schlafen? – Schämst du dich nicht?
– – Gift und Dolch! Wer wird denn so schläf=
rig seyn – es ist ja kaum Morgen –
Pedrillo
 
Pedrillo.
Hoho, die Sonne ist schon hinunter! – Komm, komm, dass uns der Bassa nicht überrascht!
 
Ho ho, die Sonne ist schon hin=
unter! – Komm, komm, daß uns der Bassa
nicht überrascht!
Osmin
 
Osmin.
(im Abführen)
 
(im Abführen.)
Ja, ja – – eine Flasche – guter – Bassa – geht über – – alles! – Gute Nacht – – Brüderchen – gute Nacht. –
 
Ja, ja, – – eine
Flasche – guter – Bassa – geht über – –
alles! – Gute Nacht – – Brüderchen – gute
Nacht. –
(Pedrillo führt ihn hinein, kommt aber gleich wieder zurück.)
 
(Pedrillo führt ihn hinein, kommt aber
gleich wieder zurück.)
Sechster Auftritt
 
FSechster Auftritt.
Pedrillo, hernach Belmonte, Konstanze, Blonde.
 
Pedrillo. Hernach Belmonte. Konstanze.
Blonde.
Pedrillo
 
Pedrillo
(macht's Osmin nach)
 
(machts Osmin nach.)
Gute Nacht – Brüderchen – gute Nacht! Hahahaha, alter Eisenfresser! erwischt man dich so? Gift und Dolch! – Du hast deine Ladung! Nur fürcht ich, ist's noch zu zeitig am Tage; bis Mitternacht sind noch drei Stunden, und da könnt er leicht wieder ausgeschlafen haben. – – Ach! kommen Sie, kommen Sie, liebster Herr! Unser Argus ist blind; ich hab ihn tüchtig zugedeckt.
 
Gute Nacht
– Brüderchen – gute Nacht! Hahahaha, alter
Eisenfresser! erwischt man dich so? Gift und Dolch!
– Du hast deine Ladung! Nur fürcht' ich, ists
noch zu zeitig am Tage; bis Mitternacht sind noch
drey Stunden, und da könnt er leicht wieder aus=
geschlafen haben. – – Ach! kommen Sie, kom=
men Sie, liebster Herr! Unser Argus ist blind; ich
hab ihn tüchtig zugedeckt.
Belmonte
 
Belmonte.
O dass wir glücklich wären! – Aber sag: Ist Konstanze noch nicht hier?
 
O daß wir glücklich wären! –
Aber sag: ist Konstanze noch nicht hier?
Pedrillo
 
Pedrillo.
Eben kommt sie da den Gang herauf. Reden Sie alles mit ihr ab; aber fassen Sie sich kurz, denn der Verräter schläft nicht immer.
 
Eben kommt sie da den Gang herauf.
Reden Sie alles mit ihr ab: aber fassen Sie sich
kurz; denn der Verräther schläft nicht immer.
(Während der Unterredung des Belmonte mit Konstanzen unterhält sich Pedrillo mit Blonden, der er durch Pantomime den ganzen Auftritt mit dem Osmin vormacht und jenen nachahmt; zuletzt unterrichtet er sie ebenfalls, dass er um Mitternacht mit einer Leiter unter ihr Fenster kommen wolle, um sie zu entführen.)
 
(Währender Unterredung des Belmon=
de mit Konstanzen, unterhält sich
Pedrillo mit Blonden, der er durch
Pantomime den ganzen Auftritt
mit dem Osmin vormacht, und je=
nen nachahmt; zuletzt unterrichtet
er sie ebenfalls, daß er um Mitter=
Fnacht mit einer Leiter unter ihr Fen=
ster kommen wolle, um sie zu ent=
führen.)
Konstanze, Belmonte (einander im Arm).
 
(einander im Arm.)
 
Konstanze
 
Konstanze.
O mein Belmonte!
 
O mein Belmonte!
Belmonte
 
Belmonte.
O Konstanze!
 
O Konstanze!
 
Konstanze
 
Konstanze.
Ist's möglich? – Nach so viel Tagen der Angst, nach so viel ausgestandenen Leiden dich wieder in meinen Armen –
 
Ists möglich? – Nach so viel
Tagen der Angst, nach so viel ausgestandenen Lei=
den, dich wieder in meinen Armen –
Belmonte
 
Belmonte.
Oh, dieser Augenblick versüßt allen Kummer, macht mich all meinen Schmerz vergessen –
 
O, dieser Augenblick versüßt allen
Kummer, macht mich all meinen Schmerz ver=
gessen –
Konstanze
 
Konstanze.
Hier will ich an deinem Busen liegen und weinen! – Ach, jetzt fühl ich's: Die Freude hat auch ihre Tränen!
 
Hier will ich an deinem Busen
liegen und weinen! – Ach, jetzt fühl ichs: die
Freude hat auch ihre Thränen!
Belmonte
 
Belmonte.
Lass mich sie hinwegküssen, diese Tränen; o dass es die letzten wären! – Aber, Konstanze, ist's wahr? Du bist die Geliebte des Bassa? –
 
Laß mich sie hinweg küssen diese
Thränen; o daß es die letzten wären! – Aber,
Konstanze, ists wahr? Du bist die Geliebte des
Bassa? –
Konstanze
 
Konstanze.
Wie, Belmonte? Konntest du glauben, dass deine Konstanze jemals untreu werden könnte? Traust du einem Mädchen nicht mehr Treue und Standhaftigkeit zu? – Wie viel Nächte hab ich schlaflos auf meinem Lager durchwacht, wie viel Seufzer für dich zum Himmel geschickt – Ha! rief ich aus: Gütiger Himmel! erhalte nur meinen Belmonte; und ich will gern alles erdulden, ihm dies Herz so treu wiederzubringen, als es bei unserer Trennung war.
 
Wie, Belmonte? Konntest du
glauben, daß deine Konstanze jemals untreu wer=
den könnte? Traust du einem Mädchen nicht mehr
Treue und Standhaftigkeit zu? – Wie viel Nächte
hab' ich schlaflos auf meinem Lager durchwacht, wie
viel Seufzer für dich zum Himmel geschickt – Ha!
rief ich aus: Gütiger Himmel! erhalte nur meinen
FBelmonte; und ich will gern alles erdulden, ihm
dieß Herz so treu wieder zu bringen, als es bey un=
serer Trennung war.
Belmonte
 
Belmonte.
O verzeih, Konstanze, verzeih dem misstrauischen Liebhaber. Du weißt ja: Unglück macht misstrauisch. Mit diesem Kuss empfange meine Gelübde aufs Neue, ewig, ewig der Deinige zu sein! – – Und nun zu unserm Vorhaben: Ich hab hier ein Schiff in Bereitschaft; um Mitternacht, wenn alles schläft, komm ich an dein Fenster; und dann sei die Liebe unser Schutzengel!
 
O verzeih, Konstanze, verzeih
dem mißtrauischen Liebhaber. Du weißt ja: Un=
glück macht mißtrauisch. Mit diesem Kuß empfan=
ge meine Gelübde aufs Neue, ewig, ewig der Dei=
nige zu seyn! – – Und nun zu unserm Vorha=
ben: Ich hab hier ein Schiff in Bereitschaft; um
Mitternacht, wenn alles schläft, komm ich an dein
Fenster; und dann sey die Liebe unser Schutzengel!
Konstanze
 
Konstanze.
Mit tausend Freuden! Was wollt ich nicht mit dir wagen? Ich erwarte dich –
 
Mit tausend Freuden! Was wollt
ich nicht mit dir wagen? Ich erwarte dich –
Pedrillo
 
Pedrillo.
Also, liebes Blondchen, pass ja hübsch auf, hörst du's?
 
Also, liebes Blondchen, paß ja hübsch
auf, hörst du's?
Blonde
 
Blonde
Sorge für mich nicht. Das wär das erste Abenteuer, das ein Mädchen verschlafen hätte.
 
Sorge für mich nicht. Das wär
das erste Abentheuer, das ein Mädchen verschlafen
hätte.
Pedrillo
 
Pedrillo.
Du wirst's schon merken, wenn du so was Gesungenes hörst, wie's so meine Art des Abends immer ist; dann pass auf, und dann mit einem Sprung ins Schiff! – Nur hübsch Mut gefasst und nicht verzagt: Wer alles zu verlieren hat, muss alles wagen!
 
Du wirst's schon merken, wenn du
so was Gesungenes hörst, wie's so meine Art des
Abends immer ist; dann paß auf, und dann mit
einem Sprung ins Schiff! – Nur hübsch Muth
gefaßt, und nicht verzagt: Wer alles zu verlieren
hat, muß alles wagen!
    Mit Pauken und Trompeten
 
FMit Pauken und Trompeten,
und Tapferkeit und Stärke
 
Und Tapferkeit und Stärke
gehn Helden rasch zu Werke
 
Gehn Helden rasch zu Werke,
und tragen Sieg davon.
 
Und tragen Sieg davon.
Blonde
 
Blonde.
    Auch schwacher Mädchen Herzen
 
Auch schwacher Mädchen Herzen
kann Heldenmut beleben;
 
Kann Heldenmuth beleben;
trotz Zagen, Angst und Beben
 
Trotz Zagen, Angst und Beben,
ist endlich Sieg ihr Lohn.
 
Ist endlich Sieg ihr Lohn.
Belmonte
 
Belmonte.
    Für dich, mein teures Leben,
 
Für dich, mein theures Leben,
sollt ich nicht alles wagen?
 
Sollt' ich nicht alles wagen?
Selbst Fesseln für dich tragen,
 
Selbst Fesseln für dich tragen,
wär schon ein süßer Lohn.
 
Wär' schon ein süßer Lohn.
Konstanze
 
Konstanze.
    Was acht ich die Gefahren!
 
Was acht ich die Gefahren!
In dir nur find ich Freuden.
 
In dir nur find' ich Freuden.
Den Tod für dich zu leiden,
 
Den Tod für dich zu leiden,
wär für mich süßer Lohn.
 
Wär' für mich süßer Lohn.
Alle zugleich
 
Alle zugleich.
    Wie bebt das Herz vor Freuden!
 
Wie bebt das Herz vor Freuden!
Ha! mit der Liebe Flügeln
 
Ha! mit der Liebe Flügeln
eil ich durch Meer und Fluten,
 
Eil ich durch Meer und Fluthen,
Geliebte|Geliebter schon davon.
 
Geliebte, (Geliebter) schon davon.