Kritische Edition der Libretto-Vorlage | Diplomatische Übertragung der Libretto-Vorlage Leipzig 1781 | |||
---|---|---|---|---|
Erster Auftritt
|
Erster Auftritt.
|
|||
Osmin, Blonde.
|
Osmin. Blonde.
|
|||
Blonde
|
Blonde.
|
|||
O des Zankens, Befehlens und Murrens wird auch kein Ende! Einmal für allemal: Das steht mir nicht an! Denkst du alter Murrkopf etwa eine türkische Sklavin vor dir zu haben, die bei deinen Befehlen zittert? O da irrst du dich sehr! Mit europäischen Mädchen springt man nicht so herum; denen begegnet man ganz anders.
|
O des Zankens, Befehlens und Mur=
rens wird auch kein Ende! Einmal für allemal: das steht mir nicht an! Denkst du alter Murrkopf et= wa eine türkische Sklavin vor dir zu haben, die bey deinen Befehlen zittert? o da irrst du dich sehr! Mit europäischen Mädchen springt man nicht so herum; denen begegnet man ganz anders. |
|||
Durch Zärtlichkeit und Schmeicheln,
|
Durch Zärtlichkeit und Schmeicheln,
|
|||
Gefälligkeit und Scherzen
|
Gefälligkeit und Scherzen,
|
|||
erobert man die Herzen
|
Erobert man die Herzen
|
|||
der guten Mädchen leicht:
|
Der guten Mädchen leicht:
|
|||
Doch mürrisches Befehlen
|
Doch mürrisches Befehlen
|
|||
und Poltern, Zanken, Plagen
|
Und Poltern, Zanken, Plagen
|
|||
macht, dass in wenig Tagen
|
FMacht, daß in wenig Tagen
|
|||
so Lieb als Treu entweicht.
|
So Lieb' als Treu entweicht.
|
|||
Osmin
|
Osmin.
|
|||
Ei seht doch mal, was das Mädchen vorschreiben kann! Zärtlichkeit! Schmeicheln! – Es ist mir wie pure Zärtlichkeit! – Wer, Teufel, hat dir das Zeug im Kopf gesetzt? – Hier sind wir in der Türkei, und da geht's aus einem andern Tone: Ich dein Herr; du meine Sklavin; ich befehle, du musst gehorchen!
|
Ey seht doch mal, was das Mädchen
vorschreiben kann! Zärtlichkeit! Schmeicheln! – Es ist mir wie pure Zärtlichkeit! – Wer Teufel hat dir das Zeug im Kopf gesetzt? – Hier sind wir in der Türkey, und da gehts aus einem andern Tone. Ich dein Herr; du meine Sklavin; ich be= fehle, du mußt gehorchen! |
|||
Blonde
|
Blonde.
|
|||
Deine Sklavin? ich deine Sklavin! – Ha! ein Mädchen eine Sklavin! Noch einmal sag mir das, noch einmal!
|
Deine Sklavin? ich deine Sklavin?
– Ha! ein Mädchen eine Sklavin! Noch ein= mal sag mir das, noch einmal! |
|||
Osmin
|
Osmin
|
|||
(für sich)
|
(für sich.)
|
|||
Ich möchte toll werden, was das Mädchen für ein starrköpfiges Ding ist. (laut) Du hast doch wohl nicht vergessen, dass dich der Bassa mir zur Sklavin geschenkt hat?
|
Ich möchte toll werden,
was das Mädchen für ein starrköpfiges Ding ist. (laut.) Du hast doch wohl nicht vergessen, daß dich der Bassa mir zur Sklavin geschenkt hat? |
|||
Blonde
|
Blonde.
|
|||
Bassa hin, Bassa her! Mädchen sind keine Ware zum Verschenken! Ich bin eine Engländerin, zur Freiheit geboren, und trotz jedem, der mich zu etwas zwingen will!
|
Bassa hin, Bassa her! Mädchen
sind keine Waare zum Verschenken! Ich bin eine Engländerin, zur Freyheit geboren; und trotz je= dem, der mich zu etwas zwingen will! |
|||
Osmin
|
Osmin
|
|||
(beiseite)
|
(bey Seite.)
|
|||
Gift und Dolch über das Mädchen! – Beim Mahomet! sie macht mich rasend. – Und doch lieb ich die Spitzbübin, trotz ihres tollen Kopfs! – (laut) Ich befehle dir augenblicklich, mich zu lieben.
|
Gift und Dolch über das
Mädchen! – Beym Mahomet! sie macht mich rasend. – Und doch lieb' ich die Spitzbübin, trotz ihres tollen Kopfs! – (laut) Ich befehle dir au= genblicklich, mich zu lieben. |
|||
Blonde
|
FBlonde.
|
|||
Hahaha! Komm mir nur ein wenig näher, ich will dir fühlbare Beweise davon geben.
|
Hahaha! Komm mir nur ein wenig
näher, ich will dir fühlbare Beweise davon geben. |
|||
Osmin
|
Osmin.
|
|||
Tolles Ding! Weißt du, dass du mein bist und ich dich dafür züchtigen kann?
|
Tolles Ding! Weißt du, daß du mein
bist, und ich dich dafür züchtigen kann? |
|||
Blonde
|
Blonde.
|
|||
Wag's nicht, mich anzurühren, wenn dir deine Augen lieb sind.
|
Wag's nicht, mich anzurühren, wenn
dir deine Augen lieb sind. |
|||
Osmin
|
Osmin.
|
|||
Wie? du unterstehst dich –
|
Wie? du unterstehst dich –
|
|||
Blonde
|
Blonde.
|
|||
Da ist was zu unterstehen! Du bist der Unverschämte, der sich zu viel Freiheit herausnimmt. So ein altes, hässliches Gesicht untersteht sich, einem Mädchen wie ich, jung, schön, zur Freude geboren, wie einer Magd zu befehlen! Wahrhaftig, das stünde mir an! Uns! uns gehört das Regiment; ihr seid unsre Sklaven und glücklich, wenn ihr Verstand genung habt, euch die Ketten zu erleichtern.
|
Da ist was zu unterstehen! Du bist
der Unverschämte, der sich zu viel Freyheit heraus= nimmt. So ein altes häßliches Gesicht untersteht sich, einem Mädchen wie ich, jung, schön, zur Freu= de geboren, wie einer Magd zu befehlen! Wahr= haftig, das stünde mir an! Uns! uns gehört das Regiment; ihr seyd unsre Sklaven, und glücklich, wenn ihr Verstand genung habt, euch die Ketten zu erleichtern. |
|||
Osmin
|
Osmin.
|
|||
Bei meinem Bart, sie ist toll! Hier, hier in der Türkei?
|
Bey meinem Bart, sie ist toll! Hier,
hier in der Türkey? |
|||
Blonde
|
Blonde.
|
|||
Türkei hin, Türkei her! Weib ist Weib, sie sei, wo sie wolle! Sind eure Weiber solche Närrinnen, sich von euch unterjochen zu lassen, desto schlimmer für sie; in Europa verstehen sie das Ding besser. Lass mich nur einmal Fuß hier gefasst haben, sie sollen bald anders werden.
|
Türkey hin, Türkey her! Weib ist
Weib, sie sey wo sie wolle! Sind eure Weiber solche Närrinnen, sich von euch unterjochen zu lassen, desto schlimmer für sie; in Europa verstehen sie das Ding besser. Laß mich nur einmal Fuß hier gefaßt haben, sie sollen bald anders werden. |
|||
Osmin
|
Osmin.
|
|||
Beim Allah! die wär imstande, uns allen die Weiber rebellisch zu machen – Aber –
|
||||
Blonde
|
Blonde.
|
|||
Aufs Bitten müsst ihr euch legen, wenn ihr etwas von uns erhalten wollt; besonders Liebhaber deines Gelichters. –
|
Aufs Bitten müßt ihr euch legen,
wenn ihr etwas von uns erhalten wollt; besonders Liebhaber deines Gelichters. – |
|||
Osmin
|
Osmin.
|
|||
Freilich, wenn ich Pedrillo wär, so eine runde Figur wie er machte, da wär ich vermutlich willkommen: Denn euer Mienenspiel hab ich lange weg.
|
Freylich, wenn ich Pedrillo wär', so
eine runde Figur wie er machte, da wär' ich ver= muthlich willkommen: denn euer Mienenspiel hab' ich lange weg. |
|||
Blonde
|
Blonde.
|
|||
Erraten, guter Alter, erraten! Das kannst du dir wohl einbilden, dass mir der hübsche fette Pedrillo lieber ist wie dein ausgehungertes Gesicht. Also, wenn du klug wärst –
|
Errathen, guter Alter, errathen!
Das kannst du dir wohl einbilden, daß mir der hübsche fette Pedrillo lieber ist, wie dein ausgehun= gertes Gesicht. Also, wenn du klug wärst – |
|||
Osmin
|
Osmin.
|
|||
sollt ich dir die Freiheit geben, zu tun und zu machen, was du wolltest? He?
|
Sollt' ich dir die Freyheit geben, zu thun
und zu machen, was du wolltest? He? |
|||
Blonde
|
Blonde.
|
|||
Besser würdest du immer dabei fahren: Denn so wirst du sicher betrogen.
|
Besser würdest du immer dabey fah=
ren: denn so wirst du sicher betrogen! |
|||
Osmin
|
Osmin.
|
|||
Gift und Dolch! Nun reißt mir die Geduld! Den Augenblick hinein ins Haus! Und wo du's wagst –
|
Gift und Dolch! Nun reißt mir die
Geduld! Den Augenblick hinein ins Haus! Und wo du's wagst – |
|||
Blonde
|
Blonde.
|
|||
Mach mich nicht zu lachen.
|
Mach' mich nicht zu lachen.
|
|||
Osmin
|
Osmin.
|
|||
Ins Haus, sag ich!
|
Ins Haus, sag ich!
|
|||
Blonde
|
Blonde.
|
|||
Nicht von der Stelle!
|
Nicht von der Stelle!
|
|||
Osmin
|
Osmin.
|
|||
Mach nicht, dass ich Gewalt brauche –
|
Mach' nicht, daß ich Gewalt brau=
che – |
|||
Blonde
|
FBlonde.
|
|||
Gewalt werd ich mit Gewalt vertreiben. Meine Gebieterin hat mich hier im Garten bestellt; sie ist die Geliebte des Bassa, sein Augapfel, sein Alles; und es kostet mir ein Wort, so hast du funfzig auf die Fußsohlen. Also geh –
|
Gewalt werd' ich mit Gewalt ver=
treiben. Meine Gebieterin hat mich hier im Gar= ten bestellt; sie ist die Geliebte des Bassa, sein Aug= apfel, sein Alles; und es kostet mir ein Wort, so hast du funfzig auf die Fußsohlen. Also geh – |
|||
Osmin
|
Osmin
|
|||
(für sich)
|
(für sich.)
|
|||
Der Henker hole die Engländerinnen! Jetzt muss ich schon tanzen, wie sie pfeift: Aber alle Tritt und Schritte will ich beobachten. (laut) Ich gehe: Aber wo du eine Miene machst, den Pedrillo zu sprechen –
|
Der Henker hole die Eng=
länderinnen! Jetzt muß ich schon tanzen, wie sie pfeift: aber alle Tritt' und Schritte will ich beobach= ten. (Laut.) Ich gehe: aber wo du eine Miene machst, den Pedrillo zu sprechen – |
|||
Blonde
|
Blonde.
|
|||
|
Fort, fort, fort! da kommt Kon=
stanze. |
|||
(Osmin geht unwillig ab.)
|
(Osmin geht unwillig ab.)
|
|||
Zweiter Auftritt
|
Zweyter Auftritt.
|
|||
Blonde, Konstanze.
|
Blonde. Konstanze.
|
|||
Blonde
|
Blonde.
|
|||
Wie traurig das gute Mädchen daherkommt! Freilich tut's weh, den Geliebten zu verlieren und Sklavin zu sein. Es geht mir wohl auch nicht viel besser; aber ich habe doch noch das Vergnügen, meinen Pedrillo manchmal zu sehen, ob's gleich auch mager und verstohlen genug geschehen muss. Doch wer kann wider den Strom schwimmen? –
|
Wie traurig das gute Mädchen da=
her kommt! Freylich thuts weh, den Geliebten zu verlieren und Sklavin zu seyn. Es geht mir wohl auch nicht viel besser; aber ich habe doch noch das Vergnügen, meinen Pedrillo manchmal zu sehen, obs gleich auch mager und verstohlen genug gesche= hen muß: doch wer kann wider den Strom schwim= men? – |
|||
Konstanze tritt, ohne Blonden zu bemerken, mit folgender Arie auf:
|
FConstanze tritt, ohne Blonden zu bemerken, mit
folgender Arie auf: |
|||
Traurigkeit ward mir zum Lose,
|
Traurigkeit ward mir zum Loose,
|
|||
weil ich dir entrissen bin.
|
Weil ich dir entrissen bin.
|
|||
Gleich der wurmzernagten Rose,
|
Gleich der wurmzernagten Rose,
|
|||
gleich dem Gras im Wintermoose
|
Gleich dem Gras im Wintermoose,
|
|||
welkt mein banges Leben hin.
|
Welkt mein banges Leben hin.
|
|||
Selbst der Luft darf ich nicht sagen
|
Selbst der Luft darf ich nicht sagen
|
|||
meiner Seele bittern Schmerz:
|
Meiner Seele bittern Schmerz:
|
|||
Denn unwillig ihn zu tragen,
|
Denn unwillig ihn zu tragen,
|
|||
haucht sie alle meine Klagen
|
Haucht sie alle meine Klagen
|
|||
wieder in mein armes Herz.
|
Wieder in mein armes Herz.
|
|||
Blonde
|
Blonde.
|
|||
Ach mein bestes Fräulein! noch immer so traurig?
|
Ach mein bestes Fräulein! noch im=
mer so traurig? |
|||
Konstanze
|
Konstanze.
|
|||
Kannst du fragen, da du meinen Kummer weißt? – Wieder ein Abend und noch keine Nachricht, noch keine Hoffnung! – Und morgen – ach Gott! ich darf nicht daran denken.
|
Kannst du fragen, da du meinen
Kummer weißt? – Wieder ein Abend, und noch keine Nachricht, noch keine Hofnung! – Und morgen – ach Gott! ich darf nicht daran denken. |
|||
Blonde
|
Blonde.
|
|||
Heitern Sie sich wenigstens ein bisschen auf. Sehn Sie, wie schön der Abend ist, wie blühend uns alles entgegenlacht, wie freudig uns die Vögel zu ihrem Gesang einladen! Verbannen Sie die Grillen, und fassen Sie Mut! – – Kommen Sie, lassen Sie uns unsern Rundgesang anstimmen; vielleicht ist die Hülfe nicht mehr weit.
|
Heitern Sie sich wenigstens ein Bis=
chen auf. Sehn Sie, wie schön der Abend ist, wie blühend uns alles entgegen lacht, wie freu= dig uns die Vögel zu ihrem Gesang einladen! Ver= bannen Sie die Grillen, und fassen Sie Muth! – – Kommen Sie, lassen Sie uns unsern Rund= Fgesang anstimmen; vielleicht ist die Hülfe nicht mehr weit. |
|||
Konstanze
|
Konstanze.
|
|||
Wie glücklich bist du, Mädchen, bei deinem Schicksale so gelassen zu sein! O dass ich es auch könnte!
|
Wie glücklich bist du Mädchen,
bey deinem Schicksale so gelassen zu seyn! O daß ich es auch könnte! |
|||
Blonde
|
Blonde.
|
|||
Hoffen wir es wenigstens! Aber, bestes Fräulein, das Rondo! Sie wissen ja, mit welchem Zauber die Musik aufs Herz wirkt; und es ist ja Ihr Lieblingsstück, so schmelzend, so zärtlich! O ich fange an!
|
Hoffen wir es wenigstens! Aber
bestes Fräulein, das Rondo! Sie wissen ja, mit welchem Zauber die Musik aufs Herz wirkt; und es ist ja Ihr Lieblingsstück, so schmelzend, so zärt= lich! O ich fange an! |
|||
Rondeau
|
Rondeau.
|
|||
Konstanze, Blonde
|
Konstanze und Blonde zugleich.
|
|||
(zugleich)
|
||||
Hoffnung, Trösterin im Leiden!
|
Hofnung, Trösterin im Leiden!
|
|||
du versüßest allen Schmerz;
|
Du versüßest allen Schmerz;
|
|||
lächelst uns nach langem Scheiden
|
Lächelst uns nach langem Scheiden
|
|||
Freuden ins gebeugte Herz.
|
Freuden ins gebeugte Herz.
|
|||
Konstanze
|
Konstanze.
|
|||
Oft im öden Hain verlassen,
|
Oft im öden Hain verlassen,
|
|||
schreckt uns Finsternis und Grab,
|
Schreckt uns Finsterniß und Grab,
|
|||
und der Wangen Rosen blassen
|
Und der Wangen Rosen blassen
|
|||
von des Kummers Zähren ab.
|
Von des Kummers Zähren ab.
|
|||
Blonde
|
Blonde.
|
|||
Doch wie schwinden alle Sorgen,
|
Doch wie schwinden alle Sorgen,
|
|||
jede Träne wird verscheucht,
|
Jede Thräne wird verscheucht,
|
|||
wenn sich der gewünschte Morgen
|
FWenn sich der gewünschte Morgen,
|
|||
nur in ferner Dämmrung zeigt.
|
Nur in ferner Dämmrung zeigt.
|
|||
Konstanze, Blonde
|
Konstanze und Blonde zugleich.
|
|||
(zugleich)
|
||||
Hoffnung, Trösterin im Leiden!
|
Hofnung, Trösterin im Leiden!
|
|||
du versüßest allen Schmerz;
|
Du versüßest allen Schmerz;
|
|||
lächelst uns nach langem Scheiden
|
Lächelst uns nach langem Scheiden
|
|||
Freuden ins gebeugte Herz.
|
Freuden ins gebeugte Herz.
|
|||
Konstanze
|
Konstanze.
|
|||
Wenn von Sturm und Nacht umgeben,
|
Wenn von Sturm und Nacht umgeben
|
|||
sinkend sich der Nachen beugt,
|
Sinkend sich der Nachen beugt,
|
|||
Angst und Zagen uns umschweben
|
Angst und Zagen uns umschweben
|
|||
und der grimme Tod sich zeigt:
|
Und der grimme Tod sich zeigt:
|
|||
Blonde
|
Blonde.
|
|||
Schleudert uns im Todesschlummer
|
Schleudert uns, im Todesschlummer,
|
|||
eine Well auf weiches Moos;
|
Eine Well' auf weiches Moos;
|
|||
und wir ruhen frei vom Kummer,
|
Und wir ruhen frey vom Kummer,
|
|||
süße Hoffnung, dir im Schoß.
|
Süße Hofnung, dir im Schooß.
|
|||
Konstanze, Blonde
|
Konstanze und Blonde zugleich.
|
|||
(zugleich)
|
||||
Hoffnung, Trösterin im Leiden!
|
Hofnung, Trösterin im Leiden!
|
|||
du versüßest allen Schmerz;
|
Du versüßest allen Schmerz;
|
|||
lächelst uns nach langem Scheiden
|
Lächelst uns nach langem Scheiden
|
|||
Freuden ins gebeugte Herz.
|
Freuden ins gebeugte Herz.
|
|||
Blonde
|
FBlonde.
|
|||
Nicht wahr, es ist Ihnen nicht mehr so eng ums Herz? – Ach! dort seh ich den Bassa; vermutlich hat er Ihnen was zu sagen –
|
Nicht wahr, es ist Ihnen nicht mehr
so eng ums Herz? – Ach! dort seh ich den Bassa; vermuthlich hat er Ihnen was zu sagen – |
|||
Konstanze
|
Konstanze.
|
|||
Den Bassa? – Ach ich muss seinen Anblick vermeiden! – Einsame Schatten! seid ihr meine Tröster!
|
Den Bassa? – Ach ich muß
seinen Anblick vermeiden! – Einsame Schatten! Seyd ihr meine Tröster! |
|||
(geht ab)
|
(Geht ab.)
|
|||
Dritter Auftritt
|
Dritter Auftritt.
|
|||
Blonde, hernach Pedrillo.
|
Blonde. Hernach Pedrillo.
|
|||
Blonde
|
Blonde.
|
|||
Die gute Donna! sie dauert mich herzlich! – Aber ist das nicht Pedrillo, der mir so geheimnisvoll winkt? – Was muss der mir zu sagen haben?
|
Die gute Donna! sie dauert mich
herzlich! – Aber ist das nicht Pedrillo, der mir so geheimnißvoll winkt? – Was muß der mir zu sagen haben? |
|||
Pedrillo
|
Pedrillo.
|
|||
Bst, bst! Blondchen, Blondchen! Ist der Weg rein?
|
Bst, Bst! Blondchen, Blondchen!
Ist der Weg rein? |
|||
Blonde
|
Blonde.
|
|||
Komm nur, komm! Der Bassa ist wieder zurück. Ich habe eben meinem Alten den Kopf ein bisschen gewaschen. Was hast du denn?
|
Komm nur, komm! Der Bassa ist
wieder zurück. Ich habe eben meinem Alten den Kopf ein Bischen gewaschen. Was hast du denn? |
|||
Pedrillo
|
Pedrillo.
|
|||
O Neuigkeiten, Neuigkeiten, die dich entzücken werden.
|
O Neuigkeiten, Neuigkeiten, die
dich entzücken werden. |
|||
Blonde
|
Blonde.
|
|||
Nun? hurtig heraus damit!
|
Nun? hurtig heraus damit!
|
|||
Pedrillo
|
Pedrillo.
|
|||
Erst, liebes Herzensblondchen, lass dir vor allen Dingen einen recht herzlichen Kuss geben: Du weißt ja, wie gestohlnes Gut schmeckt.
|
Erst, liebes Herzensblondchen, laß
Fdir vor allen Dingen einen recht herzlichen Kuß ge= ben: du weißt ja, wie gestohlnes Gut schmeckt. |
|||
Blonde
|
Blonde.
|
|||
Pfui, pfui! Wenn das deine Neuigkeiten alle sind –
|
Pfuy, pfuy! Wenn das deine Neuig=
keiten alle sind – |
|||
Pedrillo
|
Pedrillo.
|
|||
Närrchen, mach darum keinen Lärm; der alte spitzbübische Osmin lauert uns sicher auf den Dienst.
|
Närrchen, mach darum keinen Lärm:
der alte spitzbübische Osmin lauert uns sicher auf den Dienst. |
|||
Blonde
|
Blonde.
|
|||
Nun? und die Neuigkeiten? –
|
Nun? und die Neuigkeiten? –
|
|||
Pedrillo
|
Pedrillo.
|
|||
sind, dass das Ende unsrer Sklaverei vor der Türe ist. – (Er sieht sich sorgfältig um.) Belmonte, Konstanzens Geliebter, ist angekommen; und ich hab ihn unter dem Namen eines Baumeisters hier im Palast eingeführt.
|
Sind, daß das Ende unsrer Skla=
verey vor der Thüre ist. – (Er sieht sich sorgfäl= tig um.) Belmonte, Konstanzens Geliebter, ist an= gekommen; und ich hab' ihn unter dem Namen ei= nes Baumeisters hier im Palast eingeführt. |
|||
Blonde
|
Blonde.
|
|||
Ah, was sagst du? Belmonte da?
|
Ah was sagst du? Belmonte da?
|
|||
Pedrillo
|
Pedrillo.
|
|||
Mit Leib und Seele!
|
Mit Leib und Seele!
|
|||
Blonde
|
Blonde.
|
|||
Ha! das muss Konstanze wissen!
|
Ha! das muß Konstanze wissen!
|
|||
(will fort)
|
(will fort.)
|
|||
Pedrillo
|
Pedrillo.
|
|||
Hör nur, Blondchen, hör nur erst: Er hat ein Schiff hier in der Nähe in Bereitschaft, und wir haben beschlossen, euch diese Nacht zu entführen.
|
Hör nur Blondchen, hör nur erst:
Er hat ein Schiff hier in der Nähe in Bereitschaft, und wir haben beschlossen, euch diese Nacht zu ent= führen. |
|||
Blonde
|
Blonde.
|
|||
O allerliebst, allerliebst! Herzens-Pedrillo! Das verdient einen Kuss. Geschwind, geschwind zu Konstanzen!
|
O allerliebst, allerliebst! Herzens=Pe=
drillo! Das verdient einen Kuß. Geschwind, ge= schwind zu Konstanzen! |
|||
(will wieder fort)
|
(will wieder fort.)
|
|||
Pedrillo
|
Pedrillo.
|
|||
Halt nur, halt, und lass erst mit dir reden. Um Mitternacht kommt Belmonte mit einer Leiter zu Konstanzens Fenster und ich zu dem deinigen; und dann geht's heidi davon!
|
Halt nur halt, und laß erst mit dir
Freden. Um Mitternacht kommt Belmonte mit ei= ner Leiter zu Konstanzens Fenster, und ich zu dem deinigen; und dann gehts Heidi davon! |
|||
Blonde
|
Blonde.
|
|||
O vortrefflich! Aber Osmin?
|
O vortreflich! Aber Osmin?
|
|||
Pedrillo
|
Pedrillo.
|
|||
Hier ist ein Schlaftrunk für den alten Schlaukopf, den misch ihm fein manierlich ins Getränke, verstehst du? Ich habe dort auch schon ein Fläschchen angefüllt. Geht's hier nicht, wird's dort wohl gehen.
|
Hier ist ein Schlaftrunk für den alten
Schlaukopf, den misch ihm fein manierlich ins Ge= tränke; verstehst du? Ich habe dort auch schon ein Fläschchen angefüllt. Geht's hier nicht, wird's dort wohl gehen. |
|||
Blonde
|
Blonde.
|
|||
Sorg nicht für mich! – Aber kann Konstanze ihren Geliebten nicht sprechen?
|
Sorg' nicht für mich! – Aber kann
Konstanze ihren Geliebten nicht sprechen? |
|||
Pedrillo
|
Pedrillo.
|
|||
Sobald es vollends finster ist, kommt er hier in Garten. Nun geh und bereite Konstanzen vor; ich will hier Belmonten erwarten. Leb wohl, Herzchen, leb wohl!
|
Sobald es vollends finster ist, kommt
er hier in Garten. Nun geh' und bereite Kon= stanzen vor; ich will hier Belmonten erwarten. Leb wohl, Herzchen; leb wohl! |
|||
Blonde
|
Blonde.
|
|||
Leb wohl, guter Pedrillo! Ach, was werd ich für Freude anrichten!
|
Leb wohl, guter Pedrillo! Ach, was
werd ich für Freude anrichten! |
|||
(Blonde ab)
|
(Blonde ab.)
|
|||
Vierter Auftritt
|
Vierter Auftritt.
|
|||
Pedrillo allein.
|
Pedrillo (allein.)
|
|||
Ah, dass es schon vorbei wäre! dass wir schon auf offner See wären, unsre Mädels im Arm und dies verwünschte Land im Rücken hätten! Doch sei's gewagt; entweder itzt oder niemals. Wer zagt, verliert!
|
Ah, daß es schon vorbey wäre! daß wir schon
auf offner See wären, unsre Mädels im Arm, und dieß verwünschte Land im Rücken hätten! Doch Fsey's gewagt; entweder itzt oder niemals. Wer zagt, verliert! |
|||
Frisch zum Kampfe!
|
Frisch zum Kampfe!
|
|||
Frisch zum Streite!
|
Frisch zum Streite!
|
|||
Nur ein feiger Tropf verzagt.
|
Nur ein feiger Tropf verzagt.
|
|||
Sollt ich zittern?
|
Sollt' ich zittern?
|
|||
Sollt ich zagen?
|
Sollt' ich zagen?
|
|||
Nicht mein Leben
|
Nicht mein Leben
|
|||
mutig wagen?
|
Muthig wagen?
|
|||
Nein, ach nein, es sei gewagt!
|
Nein, ach nein, es sey gewagt!
|
|||
Frisch zum Kampfe!
|
Frisch zum Kampfe!
|
|||
Frisch zum Streite!
|
Frisch zum Streite!
|
|||
Nur ein feiger Tropf verzagt.
|
Nur ein feiger Tropf verzagt.
|
|||
Fünfter Auftritt
|
Fünfter Auftritt.
|
|||
Pedrillo, Osmin.
|
Pedrillo. Osmin.
|
|||
Osmin
|
Osmin.
|
|||
Ha! Geht's hier so lustig zu? Es muss dir verteufelt wohl gehen.
|
Ha! Geht's hier so lustig zu? Es
muß dir verteufelt wohl gehen. |
|||
Pedrillo
|
Pedrillo.
|
|||
Ei, wer wird so ein Kopfhänger sein; es kommt beim Henker da nichts bei heraus: Das haben die Pedrillos von jeher in ihrer Familie gehabt. Fröhlichkeit und Wein versüßt die härteste Sklaverei. Freilich könnt ihr armen Schlucker das nicht begreifen, dass es so ein herrlich Ding um ein Gläschen guten, alten Lustigmacher ist. Wahrhaftig, da hat euer Vater Mahomet einen verzweifelten Bock geschossen, dass er euch den Wein verboten hat. Wenn das verwünschte Gesetz nicht wäre, du müsstest ein Gläschen mit mir trinken, du möchtest wollen oder nicht. (für sich) Vielleicht beißt er an: Er trinkt ihn gar zu gerne.
|
Ey, wer wird so ein Kopfhänger
seyn; es kommt beym Henker da nichts bey heraus: das haben die Pedrillos von jeher in ihrer Familie gehabt. Fröhlichkeit und Wein versüßt die härteste Sklaverey. Freylich könnt ihr armen Schlucker das nicht begreifen, daß es so ein herrlich Ding um ein Gläschen guten alten Lustigmacher ist. Wahr= haftig, da hat euer Vater Mahomet einen verzwei= Ffelten Bock geschossen, daß er euch den Wein ver= boten hat. Wenn das verwünschte Gesetz nicht wäre, du müßtest ein Gläschen mit mir trinken, du möchtest wollen oder nicht. (Für sich.) Viel= leicht beißt er an: er trinkt ihn gar zu gerne. |
|||
Osmin
|
Osmin.
|
|||
Wein mit dir? Ja Gift –
|
Wein mit dir? Ja Gift –
|
|||
Pedrillo
|
Pedrillo.
|
|||
Immer Gift und Dolch und Dolch und Gift! Lass doch den alten Groll einmal fahren und sei vernünftig. Sieh einmal, ein Paar Flaschen Zyperwein! – Ah – (Er zeigt ihm zwei Flaschen, wovon die eine größer als die andere ist.) die sollen mir trefflich schmecken!
|
Immer Gift und Dolch, und Dolch
und Gift! Laß doch den alten Groll einmal fahren und sey vernünftig. Sieh einmal, ein Paar Flaschen Cyperwein! – Ah – (Er zeigt ihm zwey Fla= schen, wovon die eine größer als die andere ist.) Die sollen mir treflich schmecken! |
|||
Osmin
|
Osmin
|
|||
(für sich)
|
(für sich.)
|
|||
Wenn ich trauen dürfte?
|
Wenn ich trauen dürfte?
|
|||
Pedrillo
|
Pedrillo.
|
|||
Das ist ein Wein! das ist ein Wein!
|
Das ist ein Wein! das ist ein Wein!
(Er setzt sich nach türkischer Art auf die Erde, und trinkt aus der kleinen Flasche.) |
|||
(Er setzt sich nach türkischer Art auf die Erde und trinkt aus der kleinen Flasche.)
|
||||
Osmin
|
Osmin.
|
|||
Kost einmal die große Flasche auch.
|
Kost einmal die große Flasche auch.
|
|||
Pedrillo
|
Pedrillo.
|
|||
Denkst wohl gar, ich habe Gift hineingetan? Ha! lass dir keine graue Haare wachsen. Es verlohnte sich der Mühe, dass ich deinetwegen zum Teufel führe. Da sieh, ob ich trinke. (Er trinkt aus der großen Flasche ein wenig.) Nun, hast du noch Bedenken? Traust mir noch nicht? Pfui, Osmin! sollt'st dich schämen – Da nimm! (Er gibt ihm die große Flasche.) Oder willst du die kleine?
|
Denkst wohl gar, ich habe Gift
hinein gethan? Ha! laß dir keine graue Haare wach= sen. Es verlohnte sich der Muhe, daß ich deinet= wegen zum Teufel führe. Da sieh, ob ich trinke. (Er trinkt aus der großen Flasche ein Wenig.) Nun hast du noch Bedenken? trau'st mir noch nicht? Pfuy, Osmin! sollt'st dich schämen – Da nimm! (Er giebt ihm die große Flasche.) Oder willst du die kleine? |
|||
Osmin
|
FOsmin.
|
|||
Nein, lass nur, lass nur! Aber wenn du mich verrätst –
|
Nein laß nur, laß nur! Aber wenn
du mich verräthst. – |
|||
(sieht sich sorgfältig um)
|
(Sieht sich sorgfältig um.)
|
|||
Pedrillo
|
Pedrillo.
|
|||
Als wenn wir einander nicht weiter brauchten. Immer frisch! Mahomet liegt längst auf'm Ohr und hat nötiger zu tun, als sich um deine Flasche Wein zu bekümmern.
|
Als wenn wir einander nicht weiter
brauchten. Immer frisch! Mahomet liegt längst aufm Ohr, und hat nöthiger zu thun, als sich um deine Flasche Wein zu bekümmern. |
|||
Duett
|
Duett.
|
|||
Pedrillo
|
Pedrillo.
|
|||
Vivat Bacchus!
|
Vivat Bachus!
|
|||
Bacchus lebe!
|
Bachus lebe!
|
|||
Bacchus war ein braver Mann!
|
Bachus war ein braver Mann!
|
|||
Osmin
|
Osmin.
|
|||
Ob ich's wage?
|
Ob ichs wage?
|
|||
Ob ich trinke?
|
Ob ich trinke?
|
|||
Ob's wohl Allah sehen kann?
|
Ob's wohl Alla sehen kann?
|
|||
Pedrillo
|
Pedrillo.
|
|||
Was hilft das Zaudern?
|
Was hilft das Zaudern?
|
|||
Hinunter, hinunter!
|
Hinunter, hinunter!
|
|||
Nicht lange, nicht lange gefragt!
|
Nicht lange, nicht lange gefragt!
|
|||
Osmin
|
||||
|
Osmin.
|
|||
Nun war's geschehen,
|
Nun war's geschehen,
|
|||
nun war's hinunter;
|
Nun war's hinunter;
|
|||
das heiß ich, das heiß ich gewagt!
|
Das heiß ich, das heiß ich gewagt!
|
|||
|
FBeide.
|
|||
Beide
|
Beide.
|
|||
Es leben die Mädchen,
|
Es leben die Mädchen,
|
|||
die Blonden, die Braunen,
|
Die Blonden, die Braunen,
|
|||
sie leben hoch!
|
Sie leben hoch!
|
|||
Pedrillo
|
Pedrillo.
|
|||
Das schmeckt trefflich!
|
Das schmeckt treflich!
|
|||
Osmin
|
Osmin.
|
|||
Das schmeckt herrlich!
|
Das schmeckt herrlich!
|
|||
Beide
|
Beide.
|
|||
Ah! das heiß ich Göttertrank!
|
Ah! das heiß ich Göttertrank!
|
|||
Vivat Bacchus,
|
Vivat Bachus,
|
|||
Bacchus lebe,
|
Bachus lebe,
|
|||
Bacchus, der den Wein erfand!
|
Bachus, der den Wein erfand!
|
|||
Pedrillo
|
Pedrillo.
|
|||
Wahrhaftig, das muss ich gestehen, es geht doch nichts über den Wein! Wein ist mir lieber als Geld und Mädchen. Bin ich verdrüßlich, mürrisch, launisch: Hurtig nehm ich meine Zuflucht zur Flasche; und kaum seh ich den ersten Boden, weg ist all mein Verdruss! – Meine Flasche macht mir kein schiefes Gesicht wie mein Mädchen, wenn ihr der Kopf nicht auf dem rechten Flecke steht. Und schwatzt mir von Süßigkeit der Liebe und des Ehestands, was ihr wollt: Wein auf der Zunge geht über alles!
|
Wahrhaftig, das muß ich gestehen,
es geht doch nichts über den Wein! Wein ist mir lieber, als Geld und Mädchen. Bin ich verdrüß= lich, mürrisch, launisch: hurtig nehm' ich meine Zuflucht zur Flasche; und kaum seh' ich den ersten Boden: weg ist alle mein Verdruß! – Meine Flasche macht mir kein schiefes Gesicht, wie mein Mädchen, wenn ihr der Kopf nicht auf dem rechten Flecke steht; und schwatzt mir von Süßigkeit der FLiebe und des Ehestands, was ihr wollt: Wein auf der Zunge geht über alles! |
|||
(Osmin fängt bereits an, die Wirkung des Weins und des Schlaftrunks zu spüren, und wird bis zu Ende des Auftritts immer schläfriger und träger; doch darf's der Schauspieler nicht übertreiben und muss nur immer halb träumend und schlaftrunken bleiben.)
|
(Osmin fängt bereits an die Wir=
kung des Weins und des Schlaf= trunks zu spüren, und wird bis zu Ende des Auftritts immer schläfriger und träger, doch darfs der Schauspieler nicht übertrei= ben, und muß nur immer halb träumend und schlaftrunken bleiben.) |
|||
Osmin
|
Osmin.
|
|||
Das ist wahr – Wein – Wein – ist ein schönes Getränke; und unser großer – Prophet mag mir's nicht übel nehmen – – Gift und Dolch! es ist doch eine hübsche Sache um den Wein! – Nicht – – Bruder Pedrillo?
|
Das ist wahr – Wein – Wein –
ist ein schönes Getränke; und unser großer – Prophet mag mirs nicht übel nehmen – – Gift und Dolch! es ist doch eine hübsche Sache um den Wein! – Nicht – – Bruder Pedrillo? |
|||
Pedrillo
|
Pedrillo.
|
|||
Richtig, Bruder Osmin, richtig!
|
Richtig, Bruder Osmin, richtig!
|
|||
Osmin
|
Osmin.
|
|||
Man wird gleich so – munter (Er nickt zuweilen.) so vergnügt – so aufgeräumt – – Hast du nichts mehr, Bruder?
|
Man wird gleich so – munter (er
nickt zuweilen) so vergnügt – so aufgeräumt – – Hast du nichts mehr, Bruder? |
|||
(Er langt auf eine lächerliche Art nach einer zwoten Flasche, die Pedrillo ihm reicht.)
|
(Er langt auf eine lächerliche Art nach
einer zwoten Flasche, die Pedrillo ihm reicht.) |
|||
Pedrillo
|
Pedrillo.
|
|||
Hör du, Alter: Trink mir nicht zu viel; es kommt einem im Kopf.
|
Hör du, Alter: trink mir nicht zu
viel; es kommt einem im Kopf. |
|||
Osmin
|
Osmin.
|
|||
Trag doch keine – Sorge, ich bin ja – so – nüchtern wie möglich – Aber das ist wahr – (Er fängt an, auf die Erde hin und her zu wanken.) es schmeckt – – vortrefflich! –
|
Trag doch keine – Sorge, ich bin
Fja – so – nüchtern wie möglich – Aber das ist wahr – (er fängt an, auf die Erde hin und her zu wanken) es schmeckt – – vortreflich! – |
|||
Pedrillo
|
Pedrillo
|
|||
(für sich)
|
(für sich.)
|
|||
Es wirkt, Alter; es wirkt!
|
Es wirkt, Alter; es wirkt!
|
|||
Osmin
|
Osmin.
|
|||
Aber verraten musst du mich nicht – Brüderchen – verraten – denn – wenn's Mahomet – – nein, nein – der Bassa wüsste – – denn siehst du – – – liebes Blondchen – – ja oder nein! – –
|
Aber verrathen mußt du mich nicht
– Brüderchen – verrathen – denn – wenns Mahomet – – nein, nein – der Bassa wüßte – – denn siehst du – – – liebes Blondchen – – ja oder nein! – – |
|||
Pedrillo
|
Pedrillo
|
|||
(für sich)
|
(für sich.)
|
|||
Nun wird's Zeit, ihn fortzuschaffen! (laut) Nun komm, Alter, komm, wir wollen schlafen gehn!
|
Nun wirds Zeit, ihn fort=
zuschaffen! (laut.) Nun komm, Alter, komm, wir wollen schlafen gehn! |
|||
(Er hebt ihn auf.)
|
(Er hebt ihn auf.)
|
|||
Osmin
|
Osmin.
|
|||
Schlafen? – Schämst du dich nicht? – – Gift und Dolch! Wer wird denn so schläfrig sein – es ist ja kaum Morgen –
|
Schlafen? – Schämst du dich nicht?
– – Gift und Dolch! Wer wird denn so schläf= rig seyn – es ist ja kaum Morgen – |
|||
Pedrillo
|
Pedrillo.
|
|||
Hoho, die Sonne ist schon hinunter! – Komm, komm, dass uns der Bassa nicht überrascht!
|
Ho ho, die Sonne ist schon hin=
unter! – Komm, komm, daß uns der Bassa nicht überrascht! |
|||
Osmin
|
Osmin.
|
|||
(im Abführen)
|
(im Abführen.)
|
|||
Ja, ja – – eine Flasche – guter – Bassa – geht über – – alles! – Gute Nacht – – Brüderchen – gute Nacht. –
|
Ja, ja, – – eine
Flasche – guter – Bassa – geht über – – alles! – Gute Nacht – – Brüderchen – gute Nacht. – |
|||
(Pedrillo führt ihn hinein, kommt aber gleich wieder zurück.)
|
(Pedrillo führt ihn hinein, kommt aber
gleich wieder zurück.) |
|||
Sechster Auftritt
|
FSechster Auftritt.
|
|||
Pedrillo, hernach Belmonte, Konstanze, Blonde.
|
Pedrillo. Hernach Belmonte. Konstanze.
Blonde. |
|||
Pedrillo
|
Pedrillo
|
|||
(macht's Osmin nach)
|
(machts Osmin nach.)
|
|||
Gute Nacht – Brüderchen – gute Nacht! Hahahaha, alter Eisenfresser! erwischt man dich so? Gift und Dolch! – Du hast deine Ladung! Nur fürcht ich, ist's noch zu zeitig am Tage; bis Mitternacht sind noch drei Stunden, und da könnt er leicht wieder ausgeschlafen haben. – – Ach! kommen Sie, kommen Sie, liebster Herr! Unser Argus ist blind; ich hab ihn tüchtig zugedeckt.
|
Gute Nacht
– Brüderchen – gute Nacht! Hahahaha, alter Eisenfresser! erwischt man dich so? Gift und Dolch! – Du hast deine Ladung! Nur fürcht' ich, ists noch zu zeitig am Tage; bis Mitternacht sind noch drey Stunden, und da könnt er leicht wieder aus= geschlafen haben. – – Ach! kommen Sie, kom= men Sie, liebster Herr! Unser Argus ist blind; ich hab ihn tüchtig zugedeckt. |
|||
Belmonte
|
Belmonte.
|
|||
O dass wir glücklich wären! – Aber sag: Ist Konstanze noch nicht hier?
|
O daß wir glücklich wären! –
Aber sag: ist Konstanze noch nicht hier? |
|||
Pedrillo
|
Pedrillo.
|
|||
Eben kommt sie da den Gang herauf. Reden Sie alles mit ihr ab; aber fassen Sie sich kurz, denn der Verräter schläft nicht immer.
|
Eben kommt sie da den Gang herauf.
Reden Sie alles mit ihr ab: aber fassen Sie sich kurz; denn der Verräther schläft nicht immer. |
|||
(Während der Unterredung des Belmonte mit Konstanzen unterhält sich Pedrillo mit Blonden, der er durch Pantomime den ganzen Auftritt mit dem Osmin vormacht und jenen nachahmt; zuletzt unterrichtet er sie ebenfalls, dass er um Mitternacht mit einer Leiter unter ihr Fenster kommen wolle, um sie zu entführen.)
|
(Währender Unterredung des Belmon=
de mit Konstanzen, unterhält sich Pedrillo mit Blonden, der er durch Pantomime den ganzen Auftritt mit dem Osmin vormacht, und je= nen nachahmt; zuletzt unterrichtet er sie ebenfalls, daß er um Mitter= Fnacht mit einer Leiter unter ihr Fen= ster kommen wolle, um sie zu ent= führen.) |
|||
Konstanze, Belmonte (einander im Arm).
|
(einander im Arm.)
|
|||
|
|
|||
Konstanze
|
Konstanze.
|
|||
O mein Belmonte!
|
O mein Belmonte!
|
|||
Belmonte
|
Belmonte.
|
|||
O Konstanze!
|
O Konstanze!
|
|||
|
|
|||
Konstanze
|
Konstanze.
|
|||
Ist's möglich? – Nach so viel Tagen der Angst, nach so viel ausgestandenen Leiden dich wieder in meinen Armen –
|
Ists möglich? – Nach so viel
Tagen der Angst, nach so viel ausgestandenen Lei= den, dich wieder in meinen Armen – |
|||
Belmonte
|
Belmonte.
|
|||
Oh, dieser Augenblick versüßt allen Kummer, macht mich all meinen Schmerz vergessen –
|
O, dieser Augenblick versüßt allen
Kummer, macht mich all meinen Schmerz ver= gessen – |
|||
Konstanze
|
Konstanze.
|
|||
Hier will ich an deinem Busen liegen und weinen! – Ach, jetzt fühl ich's: Die Freude hat auch ihre Tränen!
|
Hier will ich an deinem Busen
liegen und weinen! – Ach, jetzt fühl ichs: die Freude hat auch ihre Thränen! |
|||
Belmonte
|
Belmonte.
|
|||
|
Laß mich sie hinweg küssen diese
Thränen; o daß es die letzten wären! – Aber, Konstanze, ists wahr? Du bist die Geliebte des Bassa? – |
|||
Konstanze
|
Konstanze.
|
|||
Wie, Belmonte? Konntest du glauben, dass deine Konstanze jemals untreu werden könnte? Traust du einem Mädchen nicht mehr Treue und Standhaftigkeit zu? – Wie viel Nächte hab ich schlaflos auf meinem Lager durchwacht, wie viel Seufzer für dich zum Himmel geschickt – Ha! rief ich aus: Gütiger Himmel! erhalte nur meinen Belmonte; und ich will gern alles erdulden, ihm dies Herz so treu wiederzubringen, als es bei unserer Trennung war.
|
Wie, Belmonte? Konntest du
glauben, daß deine Konstanze jemals untreu wer= den könnte? Traust du einem Mädchen nicht mehr Treue und Standhaftigkeit zu? – Wie viel Nächte hab' ich schlaflos auf meinem Lager durchwacht, wie viel Seufzer für dich zum Himmel geschickt – Ha! rief ich aus: Gütiger Himmel! erhalte nur meinen FBelmonte; und ich will gern alles erdulden, ihm dieß Herz so treu wieder zu bringen, als es bey un= serer Trennung war. |
|||
Belmonte
|
Belmonte.
|
|||
O verzeih, Konstanze, verzeih dem misstrauischen Liebhaber. Du weißt ja: Unglück macht misstrauisch. Mit diesem Kuss empfange meine Gelübde aufs Neue, ewig, ewig der Deinige zu sein! – – Und nun zu unserm Vorhaben: Ich hab hier ein Schiff in Bereitschaft; um Mitternacht, wenn alles schläft, komm ich an dein Fenster; und dann sei die Liebe unser Schutzengel!
|
O verzeih, Konstanze, verzeih
dem mißtrauischen Liebhaber. Du weißt ja: Un= glück macht mißtrauisch. Mit diesem Kuß empfan= ge meine Gelübde aufs Neue, ewig, ewig der Dei= nige zu seyn! – – Und nun zu unserm Vorha= ben: Ich hab hier ein Schiff in Bereitschaft; um Mitternacht, wenn alles schläft, komm ich an dein Fenster; und dann sey die Liebe unser Schutzengel! |
|||
Konstanze
|
Konstanze.
|
|||
Mit tausend Freuden! Was wollt ich nicht mit dir wagen? Ich erwarte dich –
|
Mit tausend Freuden! Was wollt
ich nicht mit dir wagen? Ich erwarte dich – |
|||
Pedrillo
|
Pedrillo.
|
|||
Also, liebes Blondchen, pass ja hübsch auf, hörst du's?
|
Also, liebes Blondchen, paß ja hübsch
auf, hörst du's? |
|||
Blonde
|
Blonde
|
|||
Sorge für mich nicht. Das wär das erste Abenteuer, das ein Mädchen verschlafen hätte.
|
Sorge für mich nicht. Das wär
das erste Abentheuer, das ein Mädchen verschlafen hätte. |
|||
Pedrillo
|
Pedrillo.
|
|||
Du wirst's schon merken, wenn du so was Gesungenes hörst, wie's so meine Art des Abends immer ist; dann pass auf, und dann mit einem Sprung ins Schiff! – Nur hübsch Mut gefasst und nicht verzagt: Wer alles zu verlieren hat, muss alles wagen!
|
Du wirst's schon merken, wenn du
so was Gesungenes hörst, wie's so meine Art des Abends immer ist; dann paß auf, und dann mit einem Sprung ins Schiff! – Nur hübsch Muth gefaßt, und nicht verzagt: Wer alles zu verlieren hat, muß alles wagen! |
|||
Mit Pauken und Trompeten
|
FMit Pauken und Trompeten,
|
|||
und Tapferkeit und Stärke
|
Und Tapferkeit und Stärke
|
|||
gehn Helden rasch zu Werke
|
Gehn Helden rasch zu Werke,
|
|||
und tragen Sieg davon.
|
Und tragen Sieg davon.
|
|||
Blonde
|
Blonde.
|
|||
Auch schwacher Mädchen Herzen
|
Auch schwacher Mädchen Herzen
|
|||
kann Heldenmut beleben;
|
Kann Heldenmuth beleben;
|
|||
trotz Zagen, Angst und Beben
|
Trotz Zagen, Angst und Beben,
|
|||
ist endlich Sieg ihr Lohn.
|
Ist endlich Sieg ihr Lohn.
|
|||
Belmonte
|
Belmonte.
|
|||
Für dich, mein teures Leben,
|
Für dich, mein theures Leben,
|
|||
sollt ich nicht alles wagen?
|
Sollt' ich nicht alles wagen?
|
|||
Selbst Fesseln für dich tragen,
|
Selbst Fesseln für dich tragen,
|
|||
wär schon ein süßer Lohn.
|
Wär' schon ein süßer Lohn.
|
|||
Konstanze
|
Konstanze.
|
|||
Was acht ich die Gefahren!
|
Was acht ich die Gefahren!
|
|||
In dir nur find ich Freuden.
|
In dir nur find' ich Freuden.
|
|||
Den Tod für dich zu leiden,
|
Den Tod für dich zu leiden,
|
|||
wär für mich süßer Lohn.
|
Wär' für mich süßer Lohn.
|
|||
Alle zugleich
|
Alle zugleich.
|
|||
Wie bebt das Herz vor Freuden!
|
Wie bebt das Herz vor Freuden!
|
|||
Ha! mit der Liebe Flügeln
|
Ha! mit der Liebe Flügeln
|
|||
eil ich durch Meer und Fluten,
|
Eil ich durch Meer und Fluthen,
|
|||
Geliebte|Geliebter schon davon.
|
Geliebte, (Geliebter) schon davon.
|
|||
|