Kritische Edition des Librettos Prag 1773       Diplomatische Übertragung des Librettos Prag 1773 

Thamos, König in Ägypten

Ein heroisches Drama in fünf Aufzügen


Prag und Dresden, 1773
In der Waltherischen Hofbuchhandlung.

 

F
Thamos,

König in Egypten.

Ein heroisches Drama

in fünf Aufzügen.


Prag und Dresden, 1773.
In der Waltherischen Hofbuchhandlung.


Vorrede


Die Namen Menes, Ramesses, Thetmos (wegen der bequemern Aussprache hier Thamos) folgen zwar in keiner Dynastie der ägyptischen Könige unmittelbar aufeinander. Man weiß aber, welche Ungewissheit und Dunkelheit überhaupt in der ältesten Geschichte dieses Reiches herrschet und wie verschiedentlich nach dem Julius Africanus, Eusebius, Josephus, Eratosthenes und andern Chronologisten die Folgenreihe der Regenten Ägyptens angegeben wird. Von den meisten derselben sind die bloßen Namen, und bei mehr als einer Dynastie auch diese nicht einmal, auf uns gekommen. Der Dichter hatte also ein offenes Feld, Namen und Zeitpunkt nach Belieben zu wählen. Er setzte diesen seinem Plane gemäß in das entfernteste Alter zurück: In jene Zeiten, wo der Aberglaube die Vernunft noch nicht so weit erniedriget hatte, dass Krokodille, Katzen, ja eine Meerzwiebel Gegenstände der Verehrung ganzer Völkerschaften geworden waren, sondern der Götzendienst, seinem ersten Ursprunge näher und gewissermaßen reiner, sich auf wohltätige Gestirne oder Helden beschränkte. Er konnte daher Priester ohne geschorne Häupter und Augenbraunen, die auf der Schaubühne eine sehr wunderliche Figur machen würden, aufführen. Er konnte heilige Gelübde und ganze Versammlungen geheiligter Jungfrauen erdichten; er konnte in den Tempeln Hymnen absingen lassen, ob er schon gelesen hatte, dass die ägyptischen Priester vermutlich erst in spätern Zeiten auf eine so außerordentliche Art sich getragen1Herodotus im zweiten Buche, Kap. 33, 34. und dass bei ihrem Gottesdienste keine Musik gewesen. Wenn hier der Ort dazu wäre, könnte er insonderheit gegen diesen letzten Punkt nicht ungegründete Zweifel aufwerfen. Doch es ist ihm genug, die Beschuldigung der Verletzung des Costume wenigstens einigermaßen abzulehnen. Wer hat auch noch bei theatralischen Vorstellungen dessen strengste Beobachtung gefordert? Eben so beruhiget er sich wegen des Orts der Handlung damit, dass von dem Syncellus einer Reihe Könige, die zu Heliopolis ihre Residenz gehabt, Meldung geschieht, obschon andere Schriftsteller bloß die Taniter, Memphiter, Dispoliter oder Thebäer und Saiter kennen.
     Möchte sonst der gegenwärtige Versuch, worin er verschiedenes Neues gewaget hat, von dem Publikum mit Nachsicht aufgenommen werden!

     Noch ein Wort insonderheit wegen der Chöre des ersten und fünften Akts. Vermisset man darinnen den hohen Schwung der Gedanken, die Richtigkeit und Schönheit des poetischen Ausdrucks, die der Gegenstand erfordert hätte, so mildere des Verfassers Absicht, Dichtern, die mit den Alten in genauer Bekanntschaft stehen, zu glücklichern Versuchen einen Wink zu geben, die Strenge der Kunstrichter.

 

F
Vorrede.

Die Namen Menes, Ramesses, Thet=
mos
, (wegen der bequemern Ausspra=
che hier Thamos) folgen zwar in keiner Dy=
nastie
der Egyptischen Könige unmittelbar auf
einander. Man weiß aber, welche Unge=
wißheit und Dunkelheit überhaupt in der äl=
testen Geschichte dieses Reiches herrschet, und
wie verschiedentlich, nach dem Julius Afri=
canus
, Eusebius, Josephus, Eratosthe=
nes
, und andern Chronologisten, die Folgen=
reihe der Regenten Egyptens angegeben wird.
Von den meisten derselben sind die bloßen
Namen, und bey mehr als einer Dynastie,
auch diese nicht einmal, auf uns gekommen.
Der Dichter hatte also ein offenes Feld, Na=
men und Zeitpunct nach Belieben zu wählen.
Er setzte diesen, seinem Plane gemäß, in das
entfernteste Alter zurück. In jene Zeiten,
wo der Aberglaube die Vernunft noch nicht
Fso weit erniedriget hatte, daß Krokodille, Ka=
tzen, ja eine Meerzwiebel, Gegenstände der
Verehrung ganzer Völkerschaften geworden
waren, sondern der Götzendienst, seinem er=
sten Ursprunge näher, und gewissermaßen rei=
ner, sich auf wohlthätige Gestirne oder Hel=
den beschränkte. Er konnte daher Priester
ohne geschorne Häupter und Augenbraunen,
die auf der Schaubühne eine sehr wunderli=
che Figur machen würden, aufführen. Er
konnte heilige Gelübde und ganze Versamm=
lungen geheiligter Jungfrauen erdichten; er
konnte in den Tempeln Hymnen absingen las=
sen: ob er schon gelesen hatte, daß die Egypti=
schen Priester, vermuthlich erst in spätern Zei=
ten, auf eine so außerordentliche Art sich ge=
tragen, (*)Herodotus im zweyten Buche, Kap. 33, 34. und daß bey ihrem Gottesdienste
keine Musick gewesen. Wenn hier der Ort
dazu wäre, könnte er, insonderheit gegen die=
sen letzten Punct, nicht ungegründete Zweifel
aufwerfen. Doch es ist ihm genug, die Be=
schuldigung der Verletzung des Costume we=
nigstens einigermaßen abzulehnen. Wer hat
auch noch bey theatralischen Vorstellungen
dessen strengste Beobachtung gefordert?
Eben so beruhiget er sich wegen des Orts der
FHandlung damit, daß von dem Syncellus
einer Reihe Könige, die zu Heliopolis ihre
Residenz gehabt, Meldung geschieht: obschon
andere Schriftsteller blos die Taniter, Mem=
phiter
, Dispoliter oder Thebäer und Sai=
ter
kennen.
     Möchte sonst der gegenwärtige Versuch,
worinn er verschiedenes Neues gewaget hat,
von dem Publikum mit Nachsicht aufgenom=
men werden!

     Noch ein Wort insonderheit wegen der
Chöre des ersten und fünften Acts. Ver=
misset man darinnen den hohen Schwung
der Gedanken, die Richtigkeit und Schön=
heit des poetischen Ausdrucks, die der Gegen=
stand erfordert hätte, so mildere des Verfas=
sers Absicht, Dichtern, die mit den Alten in
genauer Bekanntschaft stehen, zu glücklichern
Versuchen einen Wink zu geben, die Stren=
ge der Kunstrichter.


Personen

Thamos, König in Ägypten.
Pheron, ein Fürst des königlichen Hauses.
Mirza, Vorsteherin der Sonnenjungfrauen.
Sethos, Oberpriester des Sonnentempels.
Sais, Myris, edle Ägyptierinnen, die bei den Sonnenjungfrauen erzogen werden.
Phanes, Feldherr.
Hammon, ein Sonnenpriester.
 

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Personen.

Thamos, König in Egypten.
Pheron, ein Fürst des königlichen Hauses.
Mirza, Vorsteherin der Sonnenjungfrauen.
Sethos, Oberpriester des Sonnentempels.
Sais, ) Edle Egyptierinnen, die bey den Son=
Myris, ) nenjungfrauen erzogen werden.
Phanes, Feldherr.
Hammon, ein Sonnenpriester.
Chor der Priester.
Chor der Sonnenjungfrauen.
Große des Reichs und andere Ägyptier.
Kriegsleute.

     Der Ort der Handlung ist die Sonnenstadt (Heliopolis). Die Schaubühne stellt im ersten, dritten, vierten und fünften Aufzug den Sonnentempel und im zweiten eine Galerie des Hauses der Sonnenjungfrauen vor. Der Dichter setzt den Sonnentempel in die Mitte, hinter denselben die Wohnungen der Priester; auf der einen Seite das Haus der Sonnenjungfrauen und auf der andern die königliche Burg, welche zwei Gebäude mit dem Sonnentempel zusammenhängen. Die Handlung dauert vom Morgen bis auf den Abend.

 
Chor der Priester.
Chor der Sonnenjungfrauen.
Große des Reichs und andere Egyptier.
Kriegsleute.

Der Ort der Handlung ist die Sonnenstadt.
(Heliopolis.) Die Schaubühne stellt im ersten,
dritten, vierten und fünften Aufzug den Son=
nentempel, und im zweyten eine Gallerie des
Hauses der Sonnenjungfrauen vor. Der
Dichter setzt den Sonnentempel in die Mitte,
hinter denselben die Wohnungen der Prie=
ster; auf der einen Seite das Haus der Son=
nenjungfrauen, und auf der andern die Kö=
nigliche Burg: welche zwey Gebäude mit
dem Sonnentempel zusammenhängen. Die
Handlung dauert vom Morgen bis auf den
Abend.