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Ad No 233
Fasc: II
Hochzuverehrender
Freund!
Ich danke Ihnen sehr für Ihre gütige Bemühung in
Betreff des Baßisten

. Es hat sich auch aus Stuttgard
ein hierorts bekannter Baßist gemeldet, und sein
Gesuch eingegeben. Nur ist uns nicht bekannt, wann er
eintreten kann. Da wir aber sobald als möglich
einen tüchtigen Baßisten sowohl zum
Choral= als
Figural=Gesang benöthigen, so ersuche ich Sie, dem
Herrn Tomaschek zu sagen, und ihn zu vermö=
gen, daß er so bald als möglich sein Gesuch

um die
Verleihung der Baßistenstelle, womit listen=
mäßig dermal eine jährliche Besoldung von
250 f C. M. W. W. oder 625 f C. Sch. verbunden ist,
beÿ welcher jedoch beÿ guter
Conduite und
Brauchbarkeit auch das Vorrückungsrecht in
300 f. C. M. W. W. oder 750 f C. Sch. beÿ dem Tode
anderer Individuen verbunden ist, anlange, und
darin zugleich deutlich angebe, wann er
hierorts eintreffen könne oder wolle. Je
eher je beßer.
Das Gesuch bedarf keines Stempels, und dürfte
mit Sitten= und Verwendungszeugnißen versehen
seÿn. Jedoch hat er keine solchen beÿ Handen, so
genügt Ihre auf das Gesuch unmittelbar gesetzte
gefällige Empfehlung dieses Individuums gewiß.
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Wegen des
Festchores dürfen Sie ganz außer
Sorgen seÿn. Ich habe ihn einem ehrlichen
und verläßlichen Musiker zum copiren der Stimmen
gegeben, und habe sie samt Partitur nun schon
in meinen Händen, und laße ihn nun nicht
mehr aus bis er gemacht wird

. Ich hätte ihn
schon probiren laßen, allein am 1 d. M. ist das
erste Vereins=Conzert angekündet, und da
giebt es viel zu thun, so daß wir nebst den
Kirchensachen kaum fertig werden.
Mit dem Verein gehet es gut

, wir
haben schon
Mozart’s Meße aus C Dur,
Haÿdn’s
Nelsonmeße auf dem großen Chore gegeben

.
Am 7 Dezember werden wir zum Andenken
an unsern
Vater Mozart, und um recht
viele christliche Menschen aufzufordern, ihm
nach 50 Jahren seines Hinscheidens ein fro
mes
Gebeth zu weihen, in der Domkirche auf dem
großen Chore das
Mozartς Requiem absingen.
Wir beginnen nun schon mit der Lehr=
anstalt, und so viele Gegner als der Verein
Anfangs hatte, eben so viele, ja noch mehr
Freunde zählet er jetzt, nachdem die Produk=
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tionen wahrlich alle Erwartung über=
treffen, und alle vereinigten Kirchen jetzt
sehr mit der Anstalt zufrieden sind, und
selbst die Zweifler sich überzeugt haben,
daß die Sache gehet.
Ich kann Ihnen nicht beschreiben, welche
Freude ich deren habe, daß alles so ruhig
fortschreitet und gut gehet.
Sagen Sie mir, ist der
Tomaschek
ein Sohn des berühmten
Kirchen=Compo=
siteurs gleichen Namens

?
Leben Sie recht wohl und beehren Sie mich
bald mit einem Schreiben, und seÿen Sie
versichert, daß ich bin etc
geschrb
ς am 3 November
1841
D.r v. Hilleprandt
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[vacat]