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                                                Stuttgard am 22t Februar 1821

                     Mein lieber guter Freund!

Es ist nun eben ein Jahr, seit ich Sie verlassen note, und zu mei=
ner Schande muß ich beyfügen, seit ich gar nichts von mir hören
ließ. Von Entschuldigung kan hier gar nicht die Rede seyn, und ich
thue also wohl am besten, wen ich mich Ihnen auf Gnade und
Ungnade ergebe, und für die Zukunft Besserung gelobe. – Zu
meinem großen Vergnügen las ich vor kurzen in der musikal
Zeitung, Ihre liebe Tochter Jetti, an Freund Arnold ver=
heurathet ist note, und ich wollte damahls gleich, Ihnen meine Freude
darüber, in einem gar zierlich geschriebnen Briefe zu erkenen
geben, aber da kamen mir wieder meine Concert Angele=
genheiten note in die Quere, und es wäre vielleicht noch länger
bey diesem schönen Vorhaben geblieben, wen mich nicht Vor=
zeiger
dieses, um Empfehlungen nach Berlin gebeten hätte. Da
ich nun aus eigner Erfahrung weiß, ich Ihn nirgends besser, als an
Sie empfehlen kan, so ergriff ich mit Vergnügen diese Gelegenheit,
um einer Seits meinem neuen Freunde nützlich zu seyn, und ander
Seits, um mich in das Gedächtniß meines ältern bewährten Freundes
zurück zu rufen, und Ihm meine Nachlässigkeit abzu bitten.

Ein Viertelstündchen werden Sie wohl gebraucht haben, um sich durch das
Gekritzel in den vorhergehenden 19 12 Zeilen durch zu arbeiten, und ich
bemerke doch erst izt, Sie noch nicht wissen, wer eigendlich der Ueberbringer
dieses ist? Doch um das zu erfahren, müßen Sie erst dieses Blatt gütigst umwen=
den, weil ich Ihnen erst auf der andern Seite sagen will, was Sie noch nicht wissen, vor
Ihnen steht, der königl: Kamermusikus         Volti subito

DEUTSCHE
STAATS-
BIBLIOTHEK
BERLIN
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sage, königl Würtembergische Kamermusikus, Hς Adolph Wiele, ein
sehr ausgezeichneter Violinspieler, mein sehr guter Freund etc. etc. etc.
Unter diesen etceteras, könen Sie sich noch eine Menge liebenswür=
diger Eigenschaften denken, und ich versichre Sie, Sie in Ihren
Erwartungen nicht werden betrogen werden. Insbesondere empfehle
ich ihn Ihnen als einen sehr hoffnungsvollen Tobackraucher,
wovon Sie nach Belieben gleich die Probe machen könen. –

In ein paar Tagen gehe ich nach München, und hoffe, da ich mich
einige Wochen dort aufhalten will note, einige Worte von Ihnen
zu erhalten, die mir die angenehme Gewissheit geben sollen,
Sie meiner noch mit Liebe gedenken. Empfehlen Sie mich
Ihrer Familie, Arnold, und wer sonst noch sich meiner erinert,
und leben Sie so wohl, als es wünscht, Ihr
                                                    WA Mozart mp
Addς durch Hς A E von Eichthal in München.
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[vacat]
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Herrn
Herrn
Heinrich Kisting.
Friedrich-Strasse     in
No 134                        Berlin

Mozart dermalen
in Stuttgard
dς 22ten Febr 1821
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BERLIN