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pr. 18⁄7 89/May
Euer Hochwohlgeboren!
Ich muß tausendmal um Entschul=
digung bitten, daß ich die geehrte Zuschrift
von
Euer Hochwohlgeboren so lange
unbeantwortet ließ; jedoch traff
dieselbe zu einer Zeit ein, wo ich
mehr als vollauf beschäftigt war,
nehmlich mit den Proben einer
neuen Oper u. mit den Proben für
die
Concert Aufführung „Faust”.
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Außer dieser Thätigkeit hatte ich
noch andere sorgenvolle Stunden,
da für das
Concert fast sä
mtliche
Solisten, namentlich in letzter
Stunde noch Fr.
Ehnn bezüglich
ihrer Mitwirkung in Frage stand.
Somit ist es verzeihlich, we
n man
in solchen Tagen der Ueberanstren-
gung nicht sofort an neue Projekte
gehen ka
n, u. bitte ich nochmals aus
diesen Gründen mein Säumniß
gütigst zu entschuldigen.
Für die für mich höchst ehrenvolle
Aufforderung, mich bei dem nächsten
Musikfest in Salzburg als Leiter
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des Singvereines zu betheiligen,
sage ich
Euer Hochwohlgeboren
meinen wärmsten Dank, u.
brauche ich nicht erst die Versicherung
zu geben, daß ich mit großem Ver-
gnügen dieser Aufforderung Folge
leisten werde.
Was den
Singverein betrifft,
so bin ich in all diesen Fragen
zu neu; ohne vorher mit dem Vor-
stand des
Vereines Dr v. Raindl
Rücksprache zu nehmen, wäre ich
nicht in der Lage geweßen nur
irgend welche Mittheilung zu
machen.
Dr Raindl wird heute
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eine Ausschußsitzung einberufen,
in welcher berathen werden soll,
ob, u. unter welchen Umständen
es möglich wäre die Mitglieder
des Singvereines für die Mitwirkung
bei dem nächsten Musikfest zu ge-
wi
nen. Sobald ich vom
Dr Raindl
Mittheilung erhalte, werde ich mir
erlauben
Euer Hochwohlgeboren
davon in Ke
ntniss zu setzen.
Mit vorzüglicher Hochachtung
u. Werthschätzung verbleibe ich
Euer Hochwohlgeboren
ergebenster
Wien d.
17.⁄3 881 Wilhelm Gericke