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        Hamburg, den 7ten Mai 1877.

     Hochgeehrter Herr!

     Schon längere Zeit treib
ich mich in der Welt umher
und plage die Publikumen
verschiedener Städte mit
meinem Gesang; daher scheint
Ihr erstes Schreiben wahr-
scheinlich in München hängen
geblieben zu sein resp. in
meinem Briefkasten meiner
verschlossenen Wohnung in
München zu liegen. Meine
Bekannten wissen eben
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daß sie Briefe direkt an
das Hoftheater adressiren,
wo sie mir der Theaterdiener
zusendet oder nach Tutzing
senden, wo sich meine
Familie befindet. Bedaure
daß ich Ihnen keine Antwort
zukomen lassen konnte.
Unmöglich ist es Ihrer
Einladung Folge geben zu
können. Ich habe mir
heuer; durch angestrengteste
Arbeit in München, durch
Gastspiele in Mannheim,
Mainz, Frankfurt a. M. und
jetzt hier beinahe zu viel
aufgebürdet und bedarf
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im Juli, in welchen Monat
unsere Ferien fallen, stimlich
und körperlich der wohl-
verdienten Ruhe. Es thut
mir unendlich leid, bei
einem so schönen Feste nicht
als Mitwirkender dabei
sein zu können; aber so
eine Tenorstimme fordert
oft zarte Rücksichten und
ich habe für nächstes Jahr,
zur Ausführung großer
Reisen und kühner Pläne
meine volle Kraft nothig.
Rechnen Sie in andern
Fällen stets auf meine
Bereitwiligkeit.
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Indem ich mich Ihrer
Gewogenheit bestens
empfehle und ich wiederholt
bedauern muß Ihren Wünschen
keine Gewähr leisten zu
können verbleibe ich
mit aller Hochachtung

           Ihr

                   ergebenster
                   H. Vogl
                  K. Kamersänger