Wien 30 Mai 1856 Freitag
          Werther Herr Mozart
     Zwar denken wir schon wieder auf die Abreise, nachdem wir seit
Frohnleichnamstag hier sind, aber ich will doch noch auf Ihren freundlichen
Bf v. 18 5.^t antworten, der mir leider schlechte Witterungsberichte u. ungenügende
über Ihre Gesundheit brachte, ich hoffe aber zuversichtlich daß Sie sich ganz
erholt haben, und ernstlich an Ihre Reise im Herbst nach Salzburg denken
können. Herr Hofrath Kleindl der Sie herzlich grüßt, will auch dahin
u. freut sich Sie zu treffen; sein Wunsch ist daß Consigl Vigoni auch
nach Salzburg kommen möge, ich werde ihm dazu zusprechen. Jener
hς Kleindl lebt wohl u. vergnügt u. ist imer der Alte. Wir warten
schon seit 8 Tagen auf den Don Giovanni, wo er uns begleiten will, aber
das Mißgeschik will daß die dicke Medori krank ist u. man nicht im
Voraus weis wann er gegeben wird; so bald er komt werden ihn nicht
versäumen. Wir waren noch nicht in der Oper, ein paarmal im
Burgtheater, u. sahen so viele piécen. Es geht uns recht gut das
Wetter ist auch ordentlich nur zu warm. Ausser der Stadt waren
auch schon mehreremal, noch nicht in Laxenburg noch im Prater.
An den entfernte Lichtensteinsche Gut denken nicht, denn man
kann nicht alles sehen, auch die hohe Veste liegt etwas aus dem
Wege. Mit meinem Befinden geht es gut, dem meiner
Frau, auch, sie hat sogar heute früh einen Spazierritt gemacht,
ihr gefälliger Bruder sorgt für Alles. Es sind viele Freunde
in Wien, die Stadt ist ausserordentlich belebt
     Uber das Mozart Fest im Januar hörte ich doch nicht so Klagen,
wie ich mir dachte, das Requiem seÿ vortrefflich gegangen, nur
bei dem Finale vom Don Juan gab es Fatalitäten.
     Was wir in der ital Oper, die gut besezt ist, sehen konnten
reizte nicht genug um uns um 7 Uhr hineinzupferchen.
     Bei meiner retour in Mailand in c^a. einer Woche,
hoffe ich Ihre guten Nachrichten zu empfangen, inzwischen grüße ich
mit meiner Frau Sie auf das Herzlichste
                                                           GMyllius.