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No 83

Verehrtester Freund.

     Durch die Vernunft etwas beruhigt über mein
erlittenes Unglück, wovon Sie durch den
Hς: Wagne die traurige Botschaft erhalten
haben werden, versuche ich ein Paar Zeilen
an Sie, schätzterster Freund, zu richten.
Gewiß wenige haben jenes mich betroffe-
nes Unglück so herzlich und aufrichtig em-
pfunden und getheilt als Sie, denn Ihre
Güte gegen meine nun verlorene und
beweinte Frau war vorzüglich. Die Ar-
me erwähnte Ihrer theueren Person
auch in ihrer Krankheit und freuete sich
herzlich über Ihren nächsten Besuch. Leider
sie sollte das ersehnte Wiedersehen nicht
erleben! O Gott wie traurig ist es auch
für mich und wie schwer und sorgenvoll
ist meine Lage mit zwei Mädchen in
einem Alter, wo sie am meisten einer
weiblichen liebvollen Aufsicht und Leitung
benöthigen. Was soll ich nun thun? —
     Würden Sie in meiner Nähe seyn, ich würde
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manchen süßen Trost, manchen guten Rath
haben. Möchte doch die Zeit schon da seyn Ihrer
zugesagten und zugesicherten Ankunft in Salzburg
und Ihres Aufenthaltes bei mir. Doch die Zeit
wird komen, und ich harre darauf mit der
größten und innigsten Sehnsucht. Es wird
mich sehr freuen auch Ihren guten Giuseppe
wieder zu sehen und bei mir zu haben.
Meine Mädchen, welche sich Ihnen bestens
empfehlen lassen, theilen mit gleicher Herz-
lichkeit meine Freude. Es ist auch nicht
nothwendig Ihnen zu sagen, wie sehr die
Salzburger in allgemein sich auf Ihre
Ankunft freuen.
Bei dem abgehaltenen Seelenamte wurde
das famose Requiem Ihres seeligen berühm-
ten Vaters vorgetragen welches den tiefsten
und erhebendsten Eindruck in allen Anwe-
senden machte. Ich muß sagen daß ich durch
das Innigstergreifende jener Musik bei
dem tiefen Schmerze über den Verlust
einer so theueren Person ganz vernichtet war.
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Uberwältigt, wie ich bin, von den traurigsten
und schmerzvollsten Gefühlen, vermag ich
nichts weiters zu schreiben und indem
ich Sie meiner vollkomsten Hochachtung
und Verehrung versichere verbleibe ich
der ich die Wonne habe zu seyn

                Ihr ergebenster Freund u Diener
                    Joh. Finetti
Salzburg den 6.ten Mai 1856
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Al Pregiatis.o Signore
Il Sig.r Carlo Mozart
Milano
Strada della Cavalchina

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MILANO
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