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No 59

     Werthester Freund!

     Es war wohl die höchste Zeit daß ich von Ihnen
einen Brief bekam, denn bald hätte ich
denken müssen daß Sie auf uns vergessen
haben. Den Empfang jedoch Ihrer für
mich imer sehr angenehmen Nachrichten
verdanke ich auch der Freundschaft unse-
res guten Taux, der Ihnen einige, im-
mer bescheidene, Vorstellungen über
Ihr allzulanges Stillschweigen gemacht zu
haben scheint, die Sie nicht unbeherzt ge-
lassen haben und welche mir das Vergnü-
gen Ihres Schreibens verschafft haben.
Als Entschuldigung Ihres Stillschweigens
will ich, einerseits gern, anderseits ungern,
(denn was Sie unangenehm berührt, bleibt
gewiß nicht mir gleichgültig) die mir an-
geführten Gründe annehmen, in der Hoffnung
imer daß es deren nie mehr bedürfen
werde.
     Es freut uns Alle daß Sie nun wieder wohl
sind und sich in Ihrer Villa gut befinden.
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     Wir bedauern aber auch den Verlust Ihres
theueren Moretto, der durch seine An-
hänglichkeit mit Recht Ihre Simpathie sich
erworben hatte.
     Wir befinden uns, Gott sei Dank, recht gut
und gehen in einigen Tagen wieder
in die Fusch, deren Luft und Wasser vo-
riges Jahr so vortrefflich meiner Familie
angeschlagen hat: und werden dort gegen
4 Wochen verbleiben und über Gastein
nach Salzburg zurückehren.
     Hς Taux wird Ihnen wohl schon die gewünschten
Auskünfte über die künftiges Jahr zur Ehre
des hundertjährigen Geburtstages Ihres
seeligen berühmten Vaters zu veran-
staltenden Festlichkeiten gegeben haben.
Wir zweifeln nicht daß Sie auch zu den-
selben erscheinen und zugleich auch Ihr
an uns gemachtes Versprechen eines Be-
suches halten werden, worauf wir uns
schon in Voraus herzlich freuen.
     Wir sind den guten Erinnerungen Ihres
Josefs und Peppa sehr dankbar und schicken
denselben unsere herzliche Grüsse. Was
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macht unsere einstige Theres?
Unsere Kanariefamilie vermehrt sich imer
mehr, denn wir besitzen deren mit Aus-
schluß der vielen verschenkten gegen zwei
Duzzent, und dazu werden bald mehrere an-
dere komen, indem wir wiederum einige
Eier haben.
     Neuigkeiten gibt es hier nicht und daher
schlüsse ich gegenwärtigen Brief mit der
Beifügung der herzlichsten Empfehlungen
an Sie und der Grüsse an Giuseppe und
Peppa von Seite meiner Angehörigen
und mit der erneuerten Ver-
sicherung meiner innigsten Achtun[g]
und Freundschaft womit ich
verharre
                    Ihr ergebenster
                    Joh. Finetti
Salzburg den 1.ten Juli 1855
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All Pregiatiso Signore
Il Sig.r Carlo Mozart
per Como a Caversaccio

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COMO
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