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Mailand 21⁄1 55
Theuerer Freund!
Eben stand ich im Begriffe Dir
zu schreiben, als mir Dein lieber
Brief vom 14
t d
ς. zukam. Unser
Gütiger H
ς v.
Finetti hatte mir nehmlich
kund gegeben mit welcher zarten
Sorgfalt Du, und Deine werthe
Gemahlin, die gänzliche Verwü=
stung des Grabes meiner seligen
Mutter hintangehalten habet.
Ich finde keine Worte Dir
meine Dankbarkeit dafür auszu=
drücken, und wie sehr
ich über diesen
neuerlichen Beweis Deiner Liebe=
vollen Anhänglichkeit für alle
Angehörigen meiner Familie ge=
rührt ward, als
Glied derselben
ich Dich, Theuerer Freund! ohne=
hin schon betrachte; denn, wie
ein Sohn, ließest Du dir es ange=
legen seyn die letzten Tage
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meiner verstorbenen Mutter und
Tante zu erheitern; – wie ein
Leiblicher Sohn trachtest Du
unermüdet den Ruhm meines
Vaters bey gegenwärtiger Genera=
tion zu erhalten und auf die nach=
folgende fortzupflanzen; – und
mit wahrhaft Brüderlicher Liebe
bin auch ich Dir zugethan.
Die weitershin bei dem Grabe er=
forderlichen
restaurationen, bitte
ich Dich im nächsten Frühjahre
zu verfügen, wo alsdann H
ς v.
Finetti,
auf mein Ansuchen, sich Gütigst
herbeilaßen wird die Auslage
vorzuschießen, die ich Demselben
ohne Aufschub zurückerstatten
werde. – Alles Erdenkliche Achtungs=
volle und Herzliche bitte ich Dich diesem
unserm verehrten Freunde und
deßen werthen Seinigen von mir
zu sagen, und füge dazu, daß
Sie über die nützlichen und daher
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ungemein Lobenswürdigen Reformen
sowohl, wie auch über die Prunkvolle
innere und äußere Ausstattung
welche im hiesigen Theater ausgeführt
worden sind, staunen würden.
Orchester
und
Chöre sind in’s dreyfache ver=
mehrt, und für Letztere eine eigene
Lehrschule errichtet worden. – Stiegen
und
Logen Gänge mit dichten
Teppigen belegt, die Sitze im Parterre
renovirt und mit Wolle Sammet
bedeckt, – die
Illumination durchgehends
mit
Gaz und auf’s
Splendidste –
in der Vorhalle ein Riesiger, reich
gallonirter Portier aufgestellt, --
die
terrasse über dem Haupt Thor
in einen mit Glas bedeckten Garten
umgestaltet, in welchem man ein
Orchestre aufzustellen gedenkt, um
daß auch in den anstoßenden
Redoute Sälen getanzt werden;
könne – Kurz, – eine wahre
féerie
– wie in Tausend und Eine Nacht
sie beschreiben.
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Das Theater ist jeden Abend voll
gepfropft, und der
Luxus der
toiletten der Damen –
Beispiellos.
Wie würden unsere
modesten Salz=
burgerinnen nur die Augen auf=
spannen, bei diesem Anblick!
Und nun lebe gesund und froh mit
allen den Deinigen, mein geliebter
Freund! – Empfehle mich dem fernern
Wohlwollen Deiner schätzbaren
und Liebenswürdigen Gemahlin. –
Der Himmel verleihe Euch, auf die
glücklichste Weise, Ersatz, für
den erlittenen, schmerzlichen
Verlust. –
Unwandelbar Dein dich schätzender
und liebender
Carl Mozart.
Ist man bestimmt entschloßen im
nächstkommenden Jahre eine
Saecular
Feyerlichkeit zu veranstalten? – Da so=
wohl Geburts= wie auch Sterbetag in die
rauhe Jahrszeit fallen, wird man wahr=
scheinlich angemeßen finden diese Feyer
in die Sommer Monate zu übertragen,
in welchen Besuche von Fremden, und mittlest
diesen, Verherrlichung – und auch Nutzen zu hoffen.