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                              Mailand 211 55
Theuerer Freund!

Eben stand ich im Begriffe Dir
zu schreiben, als mir Dein lieber
Brief vom 14t dς. zukam. Unser
Gütiger Hς v. Finetti hatte mir nehmlich
kund gegeben mit welcher zarten
Sorgfalt Du, und Deine werthe
Gemahlin, die gänzliche Verwü=
stung des Grabes meiner seligen
Mutter hintangehalten habet.
Ich finde keine Worte Dir
meine Dankbarkeit dafür auszu=
drücken, und wie sehr ich über diesen
neuerlichen Beweis Deiner Liebe=
vollen Anhänglichkeit für alle
Angehörigen meiner Familie ge=
rührt ward, als Glied derselben
ich Dich, Theuerer Freund! ohne=
hin schon betrachte; denn, wie
ein Sohn, ließest Du dir es ange=
legen seyn die letzten Tage
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meiner verstorbenen Mutter und
Tante zu erheitern; – wie ein
Leiblicher Sohn trachtest Du
unermüdet den Ruhm meines
Vaters bey gegenwärtiger Genera=
tion zu erhalten und auf die nach=
folgende fortzupflanzen; – und
mit wahrhaft Brüderlicher Liebe
bin auch ich Dir zugethan.
Die weitershin bei dem Grabe er=
forderlichen restaurationen, bitte
ich Dich im nächsten Frühjahre
zu verfügen, wo alsdann Hς v. Finetti,
auf mein Ansuchen, sich Gütigst
herbeilaßen wird die Auslage
vorzuschießen, die ich Demselben
ohne Aufschub zurückerstatten
werde. – Alles Erdenkliche Achtungs=
volle und Herzliche bitte ich Dich diesem
unserm verehrten Freunde und
deßen werthen Seinigen von mir
zu sagen, und füge dazu, daß
Sie über die nützlichen und daher
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ungemein Lobenswürdigen Reformen
sowohl, wie auch über die Prunkvolle
innere und äußere Ausstattung
welche im hiesigen Theater ausgeführt
worden sind, staunen würden. Orchester
und Chöre sind in’s dreyfache ver=
mehrt, und für Letztere eine eigene
Lehrschule errichtet worden. – Stiegen
und Logen Gänge mit dichten
Teppigen belegt, die Sitze im Parterre
renovirt und mit Wolle Sammet
bedeckt, – die Illumination durchgehends
mit Gaz und auf’s Splendidste –
in der Vorhalle ein Riesiger, reich
gallonirter Portier aufgestellt, --
die terrasse über dem Haupt Thor
in einen mit Glas bedeckten Garten
umgestaltet, in welchem man ein
Orchestre aufzustellen gedenkt, um
daß auch in den anstoßenden
Redoute Sälen getanzt werden;
könne – Kurz, – eine wahre féerie
– wie in Tausend und Eine Nacht
sie beschreiben.
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Das Theater ist jeden Abend voll
gepfropft, und der Luxus der
toiletten der Damen – Beispiellos.
Wie würden unsere modesten Salz=
burgerinnen nur die Augen auf=
spannen, bei diesem Anblick!
     Und nun lebe gesund und froh mit
allen den Deinigen, mein geliebter
Freund! – Empfehle mich dem fernern
Wohlwollen Deiner schätzbaren
und Liebenswürdigen Gemahlin. –
Der Himmel verleihe Euch, auf die
glücklichste Weise, Ersatz, für
den erlittenen, schmerzlichen
Verlust. –
Unwandelbar Dein dich schätzender
und liebender
                             Carl Mozart.
Ist man bestimmt entschloßen im
nächstkommenden Jahre eine Saecular
Feyerlichkeit zu veranstalten? – Da so=
wohl Geburts= wie auch Sterbetag in die
rauhe Jahrszeit fallen, wird man wahr=
scheinlich angemeßen finden diese Feyer
in die Sommer Monate zu übertragen,
in welchen Besuche von Fremden, und mittlest
diesen, Verherrlichung – und auch Nutzen zu hoffen.