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No 70

     Verehrtester Freund!

Sie werden wohl sagen daß ich dieses
Mal zu lange auf ein Schreiben
von mir habe warten lassen. Eine
solche Klage wäre wohl gegründet,
nicht so aber die Befürchtung, welche
in Ihnen entstanden seyn könnte,
einer Erkältigung meiner Freund-
schaft gegen Sie. Ein fast monatlicher
Besuch meines Bruders und einer
Schwester, meine vielseitigen und
mitunter sehr lästigen Beschäftigun-
gen mit der Inordnungbringung
meiner hiesigen angekauften Reali-
täten und meine Reise nach Wien,
woher ich erst seit einem Paar Tage
zurückgekehrt bin, waren die einzigen
Ursachen meines langen Stillschwei-
gens. Ich hoffe daher daß diese Recht-
fertigung bei Ihnen eine gütige
Aufnahme finden werde.
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Unser Aller Befinden ist, Gott sei gedankt,
vortrefflich: und so wünschen wir sehn-
lich daß auch das Ihrige seyn möchte. Ich
kann auch bei dieser Gelegenheit nicht um-
hin, Ihnen zu sagen und Sie zu versichern
daß die hiesige ausgezeichnete Luft ganz
besonders für reumatisch-nervös-Lei-
dende sehr heilsam ist; denn den ein-
leuchtendsten Beweis habe ich an mei-
ner jetztigen Frau und an der Ma-
thilde gesehen. Und ich selbst befinde ich
mich hier weit besser. Es wäre in
jeder Beziehung nicht blos für uns son-
dern auch für ganz Salzburg sehr er-
freulich wenn Sie doch endlich den Ent-
schluß fassen würden hieher sich zu etabli-
ren wo die ehrvollsten und angenehm-
sten Erinnerungen sich an Ihren Na-
men knüpfen. Was haben Sie in Mai-
land? – ein ungesundes und beun-
ruhigendes Leben. Doch ich will nicht wei-
ter in solcher Beziehung gehen und Sie
vielmehr bitten mein Drängen nur
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meiner aufrichtigen Freundschaft für Sie
zuschreiben zu wollen.
Meine Frau und meine Kinder senden
Ihnen durch mich die herzlichsten Grüsse.
Der Klavier-Unterricht unter der Lei-
tung des guten und braven Taux bleibt
nicht ohne die erwünschten Fortschritte;
doch wären Sie hier, so würde ich gern
Sie wieder jenen Unterricht überne-
men sehen und Hς: Taux, wie er sich
geäußert hat, würde alsogleich und
freudig ihn Ihnen überlassen
Grüssen Sie uns auch Ihren
Joseph und Peppa, und schreiben Sie mir
recht bald und viel
In dieser angenehmen Erwartung
verharre ich mit besonderer Hochachtung
                            Ihr ergebenster Freund
                             Johann Finetti
P. S. Wenn es Ihnen nicht ungelegen wä-
re, würde ich Sie bitten, mir von dem
Seidenstoffe nach dem beiliegenden Muster
4 Ellen in der Fabrik Osnago Con.da S. Ro-
degonda
kaufen und schicken zu wollen.
Salzburg den 10 Dez. 1854.
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All Pregiatis.o Signore
Il Sig.r Carlo Mozart
Milano
Strada della Cavalchina

Marke


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BAHNHOF
1212
LAIBACH

[... (unleserlich)]
1512

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