↗ XML
[S. 1] increment_line_height_2decrement_line_height_2
No 69
     Verehrtester Freund!

Obwohl ich keinen besonderen
Gegenstand, Ihnen zu schrei-
ben habe, so will ich doch mein
Stillschweigen abbrechen durch
einige Zeilen, welche, wenn
auch nichts interessantes ent-
haltend, doch Ihnen nicht un-
lieb seyn werden, da sie jeden-
falls Ihnen den Beweis mei-
ner steten unwandelbaren
Erinnerung und Freund-
schaft liefern werden.
Indem ich meinem innigsten
Wunsche gemäß hoffe daß
Ihr Befinden das beste sei,
ist es mir auch angenehm
Ihnen melden zu können
daß der Gesundheitszustand
meiner Familie vortrefflich
ist. Das Fräulein erholt und
stärkt sich imer mehr: auch
[S. 2] increment_line_height_2decrement_line_height_2
meine jüngere Tochter, welche
in Mailand leidend war, be-
weist durch ihr ausgezeichnetes
Aussehen daß die Salzburger
Luft ihr gut anschlägt. Was die
Pauline betrifft, fährt fort je-
ne rüstige Gesundheit zu ge-
nüssen, welche sie überall ge-
nossen hat. Und um auch
von mir zu sprechen, kann ich
Ihnen sagen daß ich mich hier
auch besser befinde. Unsere
befiederten Hausgenossen be-
finden sich auch recht gut und
haben uns bereits mit einem
Zuwachs von drei Mitgliedern
bereichert, die sehr frisch und
munter sind
Nach einem nicht besonders
strengen Winter aber
nach vielem Schnee haben
wir nun eine schöne und
recht milde Witterung. Wir
freuen uns schon auf das
[S. 3] increment_line_height_2decrement_line_height_2
Land, so wie auch auf die Zeit
in welcher Ihr Versprechen
uns zu besuchen in Erfüllung
gehen wird. Was die Fortschritte
meiner Kinder im Klavierspie-
len betrifft, muß ich Ihnen zu
meinem wahren Leidwesen sa-
gen daß es damit sehr schlecht steht,
denn unter dem gegenwärtigen
Lehrer anstatt weiter gehen sie
zurück. Ich muß daher eine
Veränderung hierin vor-
nehmen, allein ich zaude-
re damit so lang als es mir
eine Hoffnung übrig bleibt [da]ß
Sie die Geburtsstadt Ihres be-
rühmten Vaters zu Ihrem fer-
neren Aufenthalte wählen dürf-
ten. Hier lebt man recht ruhig
und gemüthlich und mit den
Reitzen der Umgebungen ge-
nüßt man auch eine vortreffliche
Luft. Also was kann man mehr
wünschen in diesem Thale der
Thränen, in diesen trüben, trau-
rigen Zeiten?
Und nun bleibt mir nichts übrig
als Ihnen die herzlichsten Grüsse
meiner Familie mitzutheilen und
mit der ausgezeichnesten Hochachtung zu verbleiben.
Salzburg 12 Merz 1854         Ihr ergebenster Frd. Joh.
                                                              Finetti
[S. 4] increment_line_height_2decrement_line_height_2
All Pregatis.o Signore
Il Sig.r Carlo Mozart
Milano
Strada della Cavalchina 1419

Marke


SALZBURG
153