[S. 1]


Lieber, Theuerer Herzens Freund!
Nicht beschreibbar ist die Freude
welche ich bey Empfang Deines liebe=
vollen Briefes empfand, der überdies
noch die schon Anderseits mir zuge=
kommenen Nachrichten Deines Wohl=
befindens bestättigte. Aber nicht allein
diese frohe Kunde war früher
schon [über] die Alpen zu mir gelangt;
sondern auch
jene noch, des – Dank
Deiner Talentvollen eifrigen Leitung
– sich immer steigernden Flor’s des
Mozarteum, und der Allgemein geprie=
sen
Compositionen, im Kirchenfache
besonders, – welche Deine Muse zu
liefern fortfährt. – Über letztere
hatte mir selbst Fr. v.
Baroni aus
Wien berichtet, zu deren Ohren gleich=
[S. 2]


falls die Dir zu Theil gewordenen
Lobeserhebungen gedrungen waren. –
Lebhaft ist auch in
mir selbst noch
die Erinnerung des wohlthätigen
Eindruck’s welche Deine zarten
Gefühlvollen Melodien auf mich
gemacht haben als Du mir einige
derselben zu hören gabst; worunter
der rührende Klaggesang am
Grabe meiner Mutter, von dem
[e]s mir sehr erw[ünsc]ht wäre eine
Abschrift zu besitzen. – Bey Hörung
dieser
emanationen Deiner Seele
vergrößerte sich noch der schon
in mir erwachte Wunsch Deine
nähere Freundschaft zu erwerben.
Das Wohlgefallen welches
Du un=
fehlbar über den ersprießlichen
Erfolg mit welchem Deine Bemü=
hungen beym In[stit]ute gekrönt
wurden, und über den Beyfall
[S. 3]


der den Schöpfungen Deines
Geistes zu Theil wird, fühlen mußt;
kann sicherlich nicht ermangeln auch
auf’s vortheilhafteste auf Erhaltung
und Stärkung Deiner Gesundheit
zu wirken. – Nur aber Lieber,
Bester! überbiete Deine Kräfte
nicht – laße Dich im Eifer nicht
zu Allzugroßer Beschäftigung hin=
reißen – Suche Erheiterung in Dir
ansprechender Gesellschaft – mache
tägliche körperliche Bewegung[,]
nehm[e] Dir von Zeit zu Zeit
einig[e] Wochen Ferien; Ach wie
glückli[c]h würde ich seyn wenn Du
einmal eine derselben zu einem
Besuche bey mir anwenden [m]öchtest!!
– Alles was ich Dir von
mir mittheilen
kann, beschränkt sich darauf, daß ich
ziemlich guter Gesundheit genieße;
so einförmig, so zurückgezogen
ist meine Lebensweise. – Erheitere
Du diese bisweilen mit einigen Zeilen
[S. 4]


von Deiner Hand die mich der Fortdauer
Deines Wohlbefindens und Deiner
Freundschaft versichern.
Leb wohl! Gott schütze Dich mein
Bester! Für immer Dein
Dich brüderlich liebender
Mailand 11/12 C.
Mozart.
Dem Wohlgebς Herrn
Herrn Alois Taux
Kapellmeister und Direktor
des Mozarteums
in
Salzburg.
MILANO
11 DEC
FRANCO
SALZBURG
15 DEC.