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                         Wien am 10. Mai 1842.

Lieber Freund!

Ich übersende Ihnen nebenliegend
einen kleinen Beitrag zur dereinsti=
gen Biographie Ihres, von mir hochver=
ehrten Hς. Vaters, welchen ich für un=
sere hiesige Musik=Zeitung geschrieben
habe, und zu welcher ich nur sehr noth=
dürftige Notizen bei der Hand hatte,
mir auch keine Zeit blieb – mich auswärts
über Manches näher zu informieren.
Mögen Sie diese Zeilen so aufnehmen,
wie sie geboten werden, nämlich als
einen schuldigen Tribut, welchen ich meinen
sehr geschätzten Freund u Rathgeber
darbringen zu sollen, erachtete.
Ich kann mir vorstellen, mit welchen

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zeitraubenden Geschäften Sie jetzt
überhäuft sein werden, und kaum wage
ich es, Sie um gefällige Auskunft über
nachstehende Punkte zu bitten; allein
Ihre, mir stäts bewiesenen freundschaft=
lichen Gesinungen lassen mich auch für
dieß mal auf Gewährung hoffen.
     1. Was geschieht mit den Mozart’schen
Nachlaß an Manuskripten?
     2. Was findet sich im Nachlaße Ihres †
Vaters überhaupt an Kunstsachen vor?
id est an musikal. theoret: Werken,
Manuskripten, Tonkunstler=Porträts
und d. g.?
     3. Wird hierüber kein Catalog aus=
gegeben? oder könnte man nicht we=
nigstens privatim die Einsicht
in ein derleÿ Verzeichniß bekom=
                                   men?
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Wenn Sie Sich, meine Briefe, an Ihren
Hς. Vater, aus den letzten 2 Jahren
verschaffen wollen, so werden Sie ent=
nehmen, um was ich Ihn gebeten, und
was er mir auch bereits zugesagt
hatte! Namentlich versprach er mir
unter dem Vorrath seiner Original=
Handschriften
von verschiedenen Com=
ponisten
 einige zu überlassen, welche
in meiner Samlung noch fehlen.
Desgleichen auch mit den Porträten:
Sollte Alles dieses zum öffentlichen Ver=
kauf komen, und Cataloge ausgegeben
werden, so bitte ich mir, ohne Verzug
ein Exemplar direkte einzusenden.
Auch bitte ich aus Ihrer Handlung in Offenb:
um 1 Exemplar des älteren |: v. J. 1828 :|
und 1    des Neüeren |: v. J. 1841 :|
thematischen Catalogs über Mozarts Wer=
ke, durch Diabelli in Wien, zuschiken
                         zu lassen.
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Wie sehr bedauere ich es jetzt, daß
mich mein unerbittlich= und unabän=
derliches Schiksal hier in Wien ge=
fangen hält, und mir nicht erlaubt
diese Reise nach Offenbach zu ma=
chen, um mich von dem Stande der
Dinge selbst zu informiren!
Allein dieses bleiben ewig nur Wün=
sche, und ich muß mich ganz auf
Ihre Freundschaft verlassen,
in wie ferne Sie mich derselben noch
würdig halten.
Viele herzliche Grüße an Ihren
lieben Bruder Julius, und unbekann=
terweise an August in Offenbach.
Lassen Sie nicht lange nach einer gü=
tigen Antwort schmachten
     Ihren
                              stäts ergebnen
                              Aloÿs Fuchs.