Wohlgeborener Herr Doctor,

     Da ich morgen in das Bad Gastein
reise, so hinterlasse ich einen Gegenstand
meiner Sorge, den ich Ihrer gütigen Ob-
hut empfehle: Es ist meine ungerathene
Nichte Pepi. Ich habe ihr zwar einen
guten Dienst bey Mad. Weigl verschafft,
allein, da sie erst den 25. Dieses
dort eintreten wird, so fürchte ich nur,
daß die gute Frau etwas von ihrem
Leichtsinne erfahren möchte, und die
Unglückliche als dann durch eine Ver-
kleinerung bey derselben die Hoff-
nung einer Unterkunft wieder verlieren
würde. Ist sie so glücklich, in diesem
Hause längere Zeit zu bleiben, so kön-
nen Ewr Wohlgeboren allerdings ihren
Gnadengehalt für sie in Ersparung
bringen: Wenn aber nicht, und sie wie-
der auf freyem Fuße leben müßte,
dann ist nicht wohl daran zu denken,
denselben für sie zurückzulegen, ohne
mir unbillige Auslagen zu verursa-
chen, indem ich als Groß=Tante weder
eine directe Verpflichtung für sie
habe, noch selbst als Mutter verbun-
den seyn würde, für ihren gänzlichen
Unterhalt zu sorgen, wenn sie ihre
Lebensbedürfnisse mit irgend einem
Eigenthum theilweise bestreiten könnte.
     Sie hat mir gesagt, daß sie 80 fl.
C. M. in der Esterhazyschen Lotte-
rie gewonnen hätte; folglich wäre sie
bereits schon im Besitze von mehr,
als 100 fl. C. M. wohl genug, sie eine
Zeit lang nach allen Kategorien zu
erhalten, da sie meine Unterstützung
seither aus Erbarmen genoß, aber
nicht verdiente; und in keinem Falle
mein Vermögen überschwänglich ist,
um darauf auch nur scheinrechtliche
Forderungen zu gründen.
     Ich unterzeiche mit Hochachtung
          Euer Wohlgeboren
Salzburg den 6. July          ergebenste Dienerin
     1841.                    Constanze Etats:Räthin
                                  von Nissen gew: Mozart.