Nur langsam zündet, was der Dichter schrieb,
Des Geistes muß das Wort sich erst entbinden,
Damit es, weckend den verwandten Trieb,
In anderer Herzen Anklang möge finden;
Und was für warm in seiner Heimath galt,
Im fremden Lande klingt es fremd und kalt.
Der Bildner sucht des Meisters Kennerblick:
Vom Laien weiß er sich nur halb verstanden;
Gar wenig neidenswerth ist sein Geschick:
Sein schönstes Werk ist Ein Mahl nur vorhanden;
Vom Herzen reißen muß er sich sein Kind,
Muß das verlieren, was die Welt gewinnt.
Nur Eine Kunst bestürmt das Herz im Flug,
Sagt allen Völkern deutlich, wie sie’s meine;
Dem Meister hoch, dem Laien klar genug,
Bleibt, was sie schuf, ob tausendfach, das Eine;
Sie winkt durch’s Ohr auf Seele, Puls und Blick, –
Die glücklichste der Künste heißt – Musik!
INTERNATIONALE
STIFTUNG:
„MOZARTEUM”
1881
[S. 2]
Doch sie verschwendet ihre Gaben nicht,
Nur wenigen verleiht sie Kraft und Weihe;
Die Schar, für die sie ihre Lorbeern flicht,
Ist eine kleine, bald gezählte Reihe. –
So wählte sie auf Deutschland’s weiter Flur
Drey auserkorne Lieblinge sich nur.
Der Eine, den ihr schönster Kranz geschmückt,
Wer kennt ihn nicht den kräft’gen, Ewigklaren,
Ob er des Schmerzes Blumen tändelnd pflückt,
Ob er die Hölle weckt mit ihren Scharen;
Gleich wahr in Andacht, Liebe, Freud und Schmerz? –
Wem schlägt beym Nahmen Mozart nicht das Herz?
Der Zweyte, kindlich lächelnd noch als Greis,
Der ewigheitere Mahler alles Schönen,
Der selbst, zu seines lieben Gottes Preis,
Die Andacht ausdrückt mit der Freude Tönen,
Natur und Kunst im rührendsten Gemisch: –
Ja, Vater Haydn! – auch dein Kranz ist noch frisch!
Und düsterer seh ich dort den Dritten steh’n,
Sein mildes Auf umwölbt von finsteren Brauen;
Gewalt’ger hör’ ich seine Töne weh’n
Voll ernsten Schmerzes, voll von süßen Grauen;
Hinüberragend in die Enkelwelt,
Stehst du, Beethoven, – kühner Liederheld!
[S. 3]
Stolz blick auf diese Drei das Vaterland,
Und hang an ihnen fest mit frommen Glauben:
Denn was sie schufen, ist ein heilig’ Pfand,
Und keine Zukunft kann es neidisch rauben! –
Drum bleib’ ihm auch, was ihren Nahmen trägt
Als werthes Kleinod, warm an’s Herz gelegt.
Und seht! ein solches Kleinod hat das Glück
In unsre Hand gespielt; – und also wagen
Wir, Euch, als anspruchloses Erbestück,
Es zu geneigter Würd’gung anzutragen!
Laßt’s, als ein Denkmal, Euch willkommen seyn,
Räumt ihm ein Plätzchen Eures Herzens ein!
Ist was wir biethen, gleich ein Tröpflein nur
Aus jener Meister unerschöpftem Borne,
Vielleicht die kleinste Feldblum’ ihrer Flur
Nur eine hingeworfene, verlorne, –
So nehmt sie doch, nach unsrem Wunsch und Sinn,
Als ein Vergißmeinnicht, empfänglich, hin!