[S. 1]


No 42
Mein lieber
Karl!
Es thut mir in der that sehr leid daß ich mit deinen Briefe so unglücklich war, und
ich dadurch noch i
mer
in dem falle bin, nicht erfahren zu können was aus dir geworden ist, ich weiß noch
i
mer nicht mehr
von dir als daß du bey dem
vice König engagirt bist als was aber weiß ich noch nicht
der Brief mit dem Ring wovon du schreibst muß verlohren gegangen seyn den ich
bekam ihn nicht; den von
Signor Velluti mit den
Musiquallien von dir bekam ich
erst kurz durch Herren
Velluti for meiner abreiße wie auch den mit deinem
Portrait; aber letzern mit dem Reifring nicht.
Velluti wird dir einen von mir
mit Bringen der dir sagen wird wie leid es mir that ihn nicht früher gekant
zu haben; nun aber bitte ich dich mir im Nächsten Briefe ausführlich zu schreiben
was du geworden bist, und wie du mit deinem Schicksal zufrieden bist –
was mich Betrift so bitte ich dich zu glauben daß es mir nie so gut ge=
gangen ist wie ietz auch in Betref des
Climas gieb dich zu ruhe den es schlägt
mir recht gut an, ich befinde mich beßer als ich von lange her nicht that. das
Clima ist wahrhaftig nicht so schlim wie man glaubt, es ist wircklich viel be
[=]ständiger als dies in wien; der Herbst war bis in die Mitte ja bis zu Ende
oct:
so schön daß ich i
mer auf dem lande seyn konnte und so lange auch blieb
was die verschiedene winde oder Luft betrift, wovon du in deinem letzten brief
vom 17 october sprichst, die werden mir auch nicht so gefährlich werden weil ich es
eben nicht nothwendig finde mich ihnen aus zu setzen, und so hoffe ich damit aus
zu komen, überhaubt muß ich dir bekennen daß es mir sehr hier gefält, die stadt ist
sehr schön die gegenden Mahlerisch schön durch die vielen schönen seehen die man so
gar bey uns nicht kent, und für mich den Reiz der Neuheit haben, besonders
auf spazier gänge bei aufgang und untergang der sonne oder Mond ist
es ganz göttlich im seeland – auf unserer Reiße brachten wir 7 volle wochen
sehr angenehm zu, um so mehr da Nissen eine so ausgebreidete Bekantschaft
an Gütter besitzer hat, wo wir uns überall so lange als wir wolten in dem
Hollsteinschischen aufhielten; deinem Bruder habe ich gestern eine ganze
Reiße beschreibung gegeben, weil er die meisten von denen wo wir
waren kent und es ihn daher mehr intreßiren kan als dich, solte es
dich vieleicht freuen zu wißen wie ich gereist bin und wo ich mich auf=
gehalten, so kanst du einmahl den Brief von deinem Bruder begern
und mir dadurch das leben erleichtern indem es mir schwer und sauer
werden würde dieselbe sache zweymahl zu schreiben. – Ich mein lieber
Karl habe ursache mit dem wechsel meines Schicksalles we
n ich nicht
undanckbar seyn will vollkomen zufrieden zu seyn, ich habe mein aus komen
Karl
[S. 2]


habe einen braven lieben Man, der im ansehen stehet und der mich auf den
Händen trägt, und über alles
schatz. durch zeitungen weist du vielleich
daß er
Censor der
Politischen Blätter und vor wenigen Tagen
Wircklicher
Staatsrath geworden ist, dies hindert ihn nicht vieleicht wieder einmahl im
Diplo-
Matischen fache angestellt zu
werde, und wer weiß, ob es der Hi
mel nicht noch
so gut mit mir meint einmahl in deine Nähe zu komen, es ware ja möchlich
daß in
jdalien oder in
Monde nero jemand zu alt würde, und, seinen posten nicht mehr
verrichten kan, dan würde ich deinen vater der
euch beide zährtlich liebt, gewiß
keine ruhe laßen, seinen
König der ihn mit so vieler gnade empfangen hat
zu Bitten, ihm diesen Posten zu geben, bis dahin lieber
Karl wollen wir hoffen!
es were doch gar zu trauerig wen wir uns nicht mehr sehen solten, Nein! ge
[-]wiß ich hoffe dich noch zu sehen. – in
Prag war ich |: nicht
Madame Duschek wegen nein
den ich sah und wolte sie nicht sehen :| aber wegen unseren lieben Freund
Niemet[=]schek wegen 3 Tage, ich freude mich schon in wien auf ihn, und schrieb ihm dahero
meine abreiß und meine vermuthliche ankunft in
Prag und sagte ihm daß ich
mich nur wegen ihm 1 Tag da aufhalten werde um ihn mit meinem Mann
Bekant zu machen, allein aus diesem einen Tag wurden 3 und da noch kö
nten
wir nur mit mühe weg: er liebt und schatz meinen Man sehr so wie er ihn.
er machte mir auch das
compliment indem er sagte: Nun Reißen Sie glücklich
nun bin ich ruhig wegen ihnen, ich sehe daß sie sich in die arme eines Ma
nes
geworfen haben der ihrer würdig ist. – Es that mir gar zu leid daß der Bruder
der Frau
Schnell glaub ich heist er, just damahlen zum sterben war, und ich habe
noch keine Nachricht ob er lebt oder gestorben ist, ich Bitte dich ihm doch von
zeit zu zeit zu schreiben und ihm mein
besorniß darüber mit zu theilen. Er
hat zwey allerliebste Kinder Besonders das Mädchen ist so zährtlich und
liebenswürdig, und beyde spielen ganz ardig
clavir, o! wie oft fragten
um dich und wowi. –
Lichtenthal ist also doch in
Mailand? – Es freud mich daß du
ihn schon so zimlich kenst; ich brauche ihn dir also nicht zu beschreiben, ich mag
ihn nicht, den ich halte ihn falsch und undanckbar gegen Nissen der ihm so
viel gutes gethan hat, er war eine zweyte
Cousine bey wowi, du wirst
mich verstehen. – was hat den der Naar noch im si
ne zu thuen will er sich
durch die weld Bettlen? – der Dänische D
r der dir das Billet von mir mit brachte
hat ihn auch genoßen genug von dem Narren – – war der dä
nische D
r nicht
ein liebenswürdiger junger Man? wo ist er hingereist? Komt er bald nach
Kopenhagen?
Hansen laßt dich vielmahl grüßen; er hat ietz euer
Portrait
weil es so viele jahre nicht gepuz worden, um nicht zu verderben ver
[=]traute ich es niemand an, nun thut er es. und dan hengt es wieder in meinem
[S. 3]


Zi
mer, ich wünschte wohl ein änliches in ohl gemahltes von dir zu haben, warum
bathst du jageman nicht darum er würde es mir zu lieb gewiß gerne
gethan haben – Es freud mich daß das
Piano forte noch in gutem stande ist
und ich hoffe daß du es noch lange so haben wirst, wowi fragte auch in
seinem Briefe darum, allein ich übergieng in meinem Briefe die
antwort.
Mein lieber
Nissen läßt mir ietz eins von
Stein aus wien komen, allein
es wird wohl frühjahr werden bis ich es bekome, bis dahin muß ich
mich schon mit einem
Clavircort behelfe und thue es auch gerne
da mir die hoffnung bleibt ein so schönes und gutes zu bekomen. we
n
deinem Bruder schreibst, so sage ihm doch daß er recht fleißig seyn
soll und sich nicht i
mer mit
varazionen Beschäftigen soll indem
diese ihn nicht weiter bringen und nun lebe wohl schreibe mir Bald
halte dich an die vorschrift deines guten vaters die darin Bestehet daß
du im anfang ieden zweyten Monats schreibst so derfen
wir uns keins uber das andere ängstigen und unser Brief
wechsel wird nicht unterbrochen, indem wir nicht i
mer auf ant=
wort warden, und nun lebe wohl grüße
Lichtenthal und
liebe deine dich zärtlich liebende Mutter
Constance.
In aller Eile, mein lieber Carl, schreibe auch ich Ihnen ein Paar
Worte. Unser letzter Brif war vom 29. Sep.; Ihre gute Mutter
sagt mir, daß sie oben das Datum des Ihrigen angeführt hat.
Thun Sie auch so immer, damit wir alle wissen, ob einer verloren
geht und der Inhalt nachzutragen ist. Ihre Mutter wird Ihnen
auch von der neuen Gnade meines Königs gemeldet haben; nun habe ich
geduldig abzuwarten, bis eine Vacanz zu meinen Gunsten wird. Von
meinen izigen Staatseinkünften kann ich nicht leben: sie betragen etwa
den fünften Theil von dem, was ich im Auslande in den letzten 4. Jahren
hatte. Meine Adresse ist nun kürzer so zu machen: –
Chevalier
de l'ordre du Dannebrog, Conseiller actuel d'état. Die Gebrüder
Tutein
brauchen Sie nicht mehr in der Aufschrift zu nennen, da ich izt bekannt
genug bin und überdem dem Postamt gegenüber wohne. Leben Sie so wohl als
wir es wünschen, und immer besser, und erfreuen Sie uns mit umständlichen Nachrichten.
Ihr Nißen
Copenhagen 13. Nov. 1810.
[S. 4]


A Monsieur
Monsieur Mozart.
Italie. Milan.
1810
R.4 HAMBOURG
MIL.DIC
[... (unleserlich)]