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No 23
Lieber Karl!   Wien, den 14 Sep: 1808

Wie könntest du auf Briefe von mir
warten? da mich durch dein Ver=
sprechen mir und wowi bald zu
schreiben, in den fall setzest auf
Briefe von dir zu warten, hattest
du es vergeßen? ich wunderte
mich nicht wenig keine von dir zu
bekomen. bei Weigl war ich gleich
bei seiner zurückunft um mich
Nach dir zu erkundigen und er sagte
mir, was ich vermuthete, nämlich
daß du sehr fleißig aber sehr
Mühsam in der Musique arbeidest
und er meiner meinung sey
daß du jetz hiher komen solst
in dem asioli nicht gründlich ge[=]
nug sei und du nie fest werden
würdest, und daß er dies auch
selbst gesagt hat, und dir so gleich
noch darüber schreiben werde.
ob er es gethan hat weiß ich nicht
ich hoffe es von dir zu erfahren
auch sagte er mir daß er dir
schon eine stelle im theater ver[=]
schaffen werde. das ist wie mir
scheind imer eine gute außsicht
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an schüller kan es dir hier auch
nicht fehlen im fall die gage
zu klein wäre daß kostbareste
aber dabei wäre Albrechtsberger
den du noch ganz |: wenn ihm gott
daß leben schenck :| benutzen köntest
Verscherze dies glück nicht, sage
mir aufrichtig warum du so
zauterst? hast du andere aussichten
oder bist du verliebt?
kurz sage mir die ursache –
wie länger du aus bleibst wie
weniger hast du hoffnung
bei mir im hauße zu seyn,
warum wie länger du auf=
schibst wie näher komt die zeit
daß ich fort muß; was hättest
du schon alles gewonnen wen
du vor einem jahre wie ich dir
so herzlich schrieb gekomen
wärest. Dein Bruder hat ein en[=]
gagement
nach Pollen und gehet
vermüthlich in 3 oder 4 wochen
dahin ab, er bekomt
1000 fl kost, quadir, holz und
licht; und daß bloß dadurch weil er
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bei Albrechtsberger studirt hat
solche engagement solche stellen
würden dir alsdan auch nicht
fehlen; kurz thute was du wilst
schreibe mir aber bestimt da[=]
rüber. Man solte glauben daß
es dir sehr gut gehe weil du ersten
von meinem Mütterlichen an[=]
trag keinen gebrauch machst,
und weil du nie für das geld
welches ich dir, gewiß bei der theür[=]
ung die ietz hier ist, nicht so leicht schicke
Nie danckst; ich vergieb dirs
wen du aussicht hast daß es dir
imer so gut gehet. Nur bitte ich
dich im fall du eine reiche
Mariage machen kanst dich nie
auf dein weib zu verlaßen
du must imer suchen dein Brod
selbst verdienen zu können und
nicht der gnaden eines weibes
zu leben, ich glaube daß kan kein
Man von Ehre vertragen, und
gewiß recht unglücklich sein.
ich hoffe du verstehest mich. es
ist gar schwer sich im Briefe so
deitlich zu machen als ich es wünsche
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wenigsten ich kan es nicht.
ja Nissen hat einen sehr schönen
Ring bekomen und danck dir für
deine theilnahme. Er ist beinahe
2000 fl in werth und wie gesagt
sehr schön.
heute erst ist herr Piastrini hier bei uns
geweßen und erst for 2 Tage in
wien angekomen. er hat prächtige
sachen, ich wolte ich hatte nur eins
davon, allein sie scheinen nicht
für mich gemacht zu sein und
so gebe ich mich auch wieder zu
ruhe.
heute trage ich wieder das bewuste
geld, an Bridi und schicke dir
wie imer den wechsel und soltest
du es nicht brauchen so schicke
mirs nur zurücke ich kan es schon
brauchen, und nun lebe wohl
schreibe mir öfter und ver[-]
säume meine gute rathe nicht
glaube daß es niemand so
gut mit dir Meind als deine
                              Mutter
wir sind gott sey es    Constanza
gedanckt alle recht gesund und wohl
auf; von dem herren Piastrini hörte
ich heute daß du bei einer sängerin
logirst. Karl Karl nim dich in acht