[S. 1]
![increment_line_height_2](../imgs/icon_lft_incr.gif)
![decrement_line_height_2](../imgs/icon_lft_norm.gif)
No 18
Wien 24 Mai 1806.
Ihre Mutter und ich wir haben
mit großem Vergnügen die zwey
Briefe von den braven Leuten er-
halten, die Ihnen so gute Zeug-
nisse geben. Fahren Sie fort, sie
zu verdienen und bilden Sie Sich
zu einem nüzlichen Gliede der
menschlichen Gesellschaft. Sie
haben einen großen Zwek ge-
wählt Sie haben ein großes
Muster an Ihrem seligen Vater.
Ich empfehle Ihnen, in
allen Stükken der Vernunft
zu folgen und sich der größten
Rechtschaffenheit und der
[S. 2]
![increment_line_height_2](../imgs/icon_lft_incr.gif)
![decrement_line_height_2](../imgs/icon_lft_norm.gif)
strengsten
Wahrheitsliebe
zu befleißigen. Leztere ist
leicht, wenn man sich so beträgt,
daß man nichts zu verbergen hat;
und die Verläugnung der
Wahrheit hilft fast niemals,
denn fast alles wird bekannt,
und wer sich dieses Unrechts
schuldig macht, kann niemals
ruhig seyn, weil er immer die
Entdekkung fürchten muß.
Ihr Entschluß war tadelhaft;
auf fremde Kosten, auf
solche
fremde Kosten muß ein Mensch
wie Sie, nicht leben. Von der
[S. 3]
![increment_line_height_2](../imgs/icon_lft_incr.gif)
![decrement_line_height_2](../imgs/icon_lft_norm.gif)
übrigen Verbindung will ich
schweigen, und wir wollen
uns alle herzlich freuen, wenn ein
im
Ursprunge tadelhafter,
unvernünftiger und sträflicher Schritt ein-
mal, wie es scheint, gut ausfällt.
Thun Sie nun ja Alles, um
unsre neuen hofnungen zu
erfüllen.
Ihre Mutter hat beschlossen,
Ihnen – bis weiter – 150.
fl. jährlich
zu geben zu Kleider und was
Sie sonst Kleines brauchen. Nie
müssen Sie mehr erwarten. Damit
Sie nun gleich Nuzen
davon haben, so
schikt Ihnen Ihre Mutter hierin
[S. 4]
![increment_line_height_2](../imgs/icon_lft_incr.gif)
![decrement_line_height_2](../imgs/icon_lft_norm.gif)
sogleich das erste Quartal. Sie thut
es in ihrer Freude über die guten
Nachrichten von Ihnen. Schade, daß
der Cours so schlecht ist.
Sie werden den beyden würdigen
Männern die ganze Dankbarkeit
und hochachtung Ihrer Mutter
vermelden. Sie können in Wahrheit
hinzusezen, daß sie über die Briefe
entzükt war. Bald wird sie selbst
schreiben: Sie wissen, wie viele Mühe
es sie kostet.
Haydn wird seinen Brief morgen erhalten.
Leben Sie immer braver; so
werden Sie immer glüklicher leben,
und wir werden
dann nie aufhören, Sie
zu lieben. Sie müssen es mir anrechnen,
daß ich ungeachtet eines schweren Posttags es
durchaus nicht habe aufschieben wollen, Ihnen
zu schreiben und Sie mit Inliegendem zu erfreuen.