↗ XML
[S. 1] increment_line_height_2decrement_line_height_2
Sinngedicht, zur Ehre, des Herrn Wolfgang Mozarts.
     Es hatte die Natur der alten Dichter Träume,
Mit Eckel lang genug geduldig angehört:
Bald wenn ein Orpheus die Thiere, Felsen, Bäume,
Auf seiner Laute Schall, entzückt zu tanzen lehrt:
Bald läßt sich ein Apoll dort auf der Erde nieder,
Wenn von dem Göttersitz ihn seine Schuld verbannt,
Und als verstellter Hirt, macht er die ersten Lieder,
Beÿ seiner Lämer Schaar, den Sterblichen bekannt:,
Bald muß Mercurs Gesang den Argus schläfrig machen,
Der für die schöne Kuh mit hundert Augen wacht.
Gedichte, Fabelwerk, ein Chaos seltner Sachen,
Ein eitles Hierngespinnst der schlafelosen Nacht!
Gelehrte Misgeburt, die oft beÿ freyen Stunden,
Des Dichters leichter Geist in seiner Hitz’ gebahr,
Zum Trotze der Natur, zum Scherze nur erfunden,
Womit das dume Volk selbst gern geäffet war.
So überstieg der Mensch, durch frevelndes Erfrechen,
Die Ordnung der Natur; die dieser Schimpf verdroß,
Und um den kühnen Stolz mit gleicher Art zu rächen,
Ein neues Wunderwerk zu schaffen sich entschlosß.
     Da, wo der Salzastrohm aus finstern Klippen eilet,
Wo er das flache Land mit reiner Fluth begeußt,
Und den beglückten Ort, die schöne Stadt vertheilet,
Die sich itzt eine Burg von dessen Namen heißt,
Ließ die Natur ein Kind das Tageslicht betreten,
Ein Kunststück ihrer Hand, ein wundervolles Kind,
Durch dessen Fähigkeit die Fabeln der Poeten,
Die man mit Recht verlacht, Geschichten worden sind.
O Knab! dein edler Geist hat dich so weit erhoben,
Daß mein zu schwacher Kiel von dir nur niedrig spricht;
Ja! soll man deinen Werth, wie du verdienest, loben,
So hält die Nachtwelt doch den Ruhm für ein Gedicht.
[S. 2] increment_line_height_2decrement_line_height_2
Wer glaubte, daß ein Kind sogar mit sieben Jahren,
Schon in der Musikkunst den ersten Meistern gleicht?
Daß, was kaum wenige durch langen Fleiß erfahren,
Statt eiteln Kinderspiels, dein früher Trieb erreicht?
Doch nein! der schnelle Ruf, der Lohn so seltner Gaben,
Hat deinen Namen schon der ganzen Welt geweÿht;
Die Proben deiner Kunst, so ferne Völker haben,
Verkünden deinen Ruhm der späten Ewigkeit.
Mit dir hat die Natur die Gränzen überschritten;
Die Häupter dieser Welt erkennen deinen Werth:
Der Deutsche, der Franzoß, der tiefe Sinn der Britten,
Sind stolz auf den Besuch, mit dem du sie beehrt;
Sie preisen jenes Land, so dich der Welt gebohren,
Und deiner Vaterstadt beneiden sie das Glück:
Sie klagen, daß sie dich bald wiederum verlohren,
Und denken noch entzückt auf deine Kunst zurück:
Der Zufall gönnte mir die Ehre dich zu kennen,
Und dein belebter Geist nahm mich, gleich and ein:
Du würdigtest dich gar, mich deinen Freund zu nenen.
Mein Wolfgang könnt ich doch beÿ dir noch länger seÿn.
Ich wünsche dir |: darf ich noch meinen Wunsch beÿfügen :|
Nur die Unsterblichkeit; sie ist dein Eigenthum.
Ja! wärst du doch, mein Freund! den Aeltern zum Vergnügen,
Die deiner würdig sind, unsterblich, wie dein Ruhm!

                                Ergebner Diener und Freund
                                  Christoph von Zabuesnig.

[S. 3] increment_line_height_2decrement_line_height_2
[vacat]
[S. 4] increment_line_height_2decrement_line_height_2
Sinngedicht zur Ehre des
Herrn Wolfgang Mozarts.
St: Gilgen den 20. Novb: 1799.
Salzbς: den 2. Merz 1769.