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Salzb
ς: dς 18
tς aprill
Der Leopoldl ist wohl auf!
1786
Fange heut den 18
tς diesen Brief schon an, weil ich
erstaunlich
lange weile habe, da schon gestern am Ostermontag, und heut,
nicht einmahl in die Kirche gehς konnte. Ich hab einς starken
Fluss an dς linkς Seite des Halses, daß den Kopf nicht ohne
Schmerzς bewegς ka
n: und morgς möchte ich doch, daß es besser
wäre, weil im
Cassin die
M:dme Duscheck eine
Aria singς
wird. Am Osterso
ntag war ich mit dem Heinrich beÿ den
Duschekς: im Weiser Hof, auch Vormittag beÿ ihnς: sie fragtς
gleich anfangs um dich; und, weil das Wetter so schön ist, so
wäre ich bald auf den Einfahl gerathς, ihr würdet herein ko
mς.
sie empfehlς sich euch. – der neue Geiger ist am Charfreytag
angeko
mς, hat aber noch keine Noten
Solo gespielt; und so
viel merke, werdς wir auch schwerlich so bald ein
Concert von
ihm zu hörς beko
mς; etwa ein
Quartetto, das mag seÿn, de
n
die wälschς sagς:
der arme Mensch, –
er ist ein prafer
Professore,
das muß man ihm lassς, und ist gut die
2te Violin zu dirigierς: allein auf
Concertspielς hat er
sich nicht verlegt. Er kan allenfals ein Trio odς Quartetto
sauber spielς, und überdaß ist er forchtsam.
Nun ist es ihm auch nicht zu verüblς, daß er furchtsa
m ist, de
n
er ist ja erst
30 Jahr alt. Der Erzb
ς: ist also wiedς einmahl
wacker angeschmiert und zwar mit einer Besoldung
pr. 500 f und 40 duggattς hin
u her Reisegeld also 700 f.
proficiat! – – überdas ist dς Mensch nicht hüpsch. er ist von
mitterer Person, hat ein bleiches etwas aufgeblasenes Gesicht,
und doch dabeÿ gewis Beinichte Stücke, wie ein Pferdkopf,
hängt den Kopf vorwärts,
u keÿhet Taback, wie die Ziller=
thaler baurς; so sagς die wälschς. Ich bedaure dς Menschς, übrigens
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[S. 2]


ists eine welsche Verwegenheit etwas zu unternehmς, was man nicht
im Stande ist.
Wir habς einς
Oberstkämerer: und wer ists?, der alte Hof=
Marchall gr:
Lodron, von heut bis morgς. weils der h
ς:
Gr: Wolkenstein auch nicht annahm.
Der seel: Bischof in Chiemsee hat im Testament verlangt
in die Kruft zum Wolfdietrich begrabς zu werdς – als ein
verfolgter domdechant, zum verfolgtς Erzbischof. welches auch
befolgt wordς. – Nun habς die Leute die Lüge eingesehς, die
i
mer sich unterhielt, als sitze Wolfdietrich in einem sessel
ohnverwesen. jedς, der hinabsteigς durffte, sahe ihn nach
abgehobenς deckl, dς nicht zu genaglet war, in dς
halbς Ver=
wesung liegς obs gleich schon beÿ 160 Jahr seÿn wird, daß
er begrabς wordς. Es sind gewis über 150 Personς nach
u nach unten gewesen.
den 21tς April.
Am Mittwoch war wiedς so viel gut, daß ich, um den Hals
wohl eingepackt, auf dem Rathhaus der Musik beywohnς
konnte. da war nun auch der h
ς: Prälat zu St: Peter
gegenwärtig, der den h
ς: P: Rector in seinem Wagς mit
sich brachte. die Professores warς ohnehin auch da, und
dς DomStattCaplan, – so gar die alte Fr: Hagenauerin
die noch niemals den Saal gesehς hatte, war sa
mt ihm
und den ihrigς da.
Md:me Duscheck sang, wie? – – ich ka
n
mir nicht helfen! sie schrÿe, odς schrie ganz erstaunlich eine
Aria vom
Nauman mit
übertrübner expressions kraft,
so, wie damals,
u noch ärger. – – Lieber Hi
mel! mit so
vielς andςς Singfehlern, daß es mir für ihre starke Sti
me sehr Leid
thut solche nicht besser brauchς zu kö
nς: allein wer ist die
Ursache? – – ihr Ma
n. der es nicht besser versteht, und
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sie gelehrt hat, noch lehrt
u ihr Beybringt, daß sie
allein den wahrς
Gusto habe. Übrigens ist sie wirkl:
nicht mehr so freÿ und Singerinmässig: hat nichts weniger
als beÿ Hofe gesungς, – der Erzb
ς: hat kein Wort mit ihr
auf dem
Cassin gesprochς. kurz! sie hat nur, wie ich mirs
schon eingebildet dem Magistrat zu gefahlς, auf des h
ς:
Weisers Ansuchς, gesungς, weil sie doch auch ein Stückl
von einem
exburgermeister,
u Rathsherrς Geblüth ist.
Sie werdς in 2 odς 3 tägς abreisς. In wie viel die Erb=
schaft bestand, weis Niemand, das sagtς mir h
ς: u
Fr: Hagenauerin selbst, die es doch selbst gerne
gewust hättς.
Gestern war nach Testament
ς: Verlangς dς Gottes=
dienst, statt im Do
m, beÿ St: Sebastian, mit
allen Umständς, wie im Do
m. 3
verscheirte Haupt=
klagerinς warς. Gräfin Khünburg, ihre Tochter,
u Gräfin
Lizow. die 6
Cavaglieri Serventi warς
die
2 Rheling. Jos:
Überacker. dς kleine
B: Dicker.
Oberstküchenmeister
Arco,
u B: Schafman.
die 3 Hauptkläger. h
ς: Domdechant, Graf
Khunburg Oberststall:
u gr: Wolfegg.
Fürst
Breiner hielt das
Requiem. die 4
Prelatς warς, dς von
St: Peter, von
St. Zeno,
von
Chiemse u Höglwerth. 2 Soldatς beÿ
dς Kirchthüre, 4 Soldatς Beÿm Kürchςgätter.
2 beÿm Brudςhauß Durchgang
p:
p: überall
Wache. dς Zulauff des Volks war ausserordentlich.
Es wurde aber nur in dς Domkürche geleitet, so,
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[S. 4]


als wäre dς Gottesdienst im Do
m, – das
Libera
war in dς
gabrielsCapell beÿm Grab. heut war
dς
ordinari Gottesdienst vom Capitl, im Do
m.
dς Both hat alles richtig gebracht. ich danke.
dς Leopoldl ist itzt in allς Zi
mern zu Hause.
er würde auch schon ausgeflogς seÿn, we
n wir nicht
beÿ diesen so schönς Wetter i
mer so erstaunlich scharfς
u starkς Wind hättς.
Die Huberna
nerl würde gewiß hinausgeko
mς seÿn, we
n
man ihr von Platzischς nicht i
mer mit Arbeit über dem Hals
gesessς wäre. Nun ist die Gräfin ums Kind geko
mς, und wird
in die Gastein reisen, also lässt sich die Na
nerl nichts mehr
aufhaltς vielleicht ko
mende Wochς, nachdem die Witterung
ist odς mit dem Bothς, we
ns sies thun ka
n, odς sonst
hinauszuko
mς. ich werde schon sehς, wie ichs machς werde.
Auch die Huberna
nerl möchte einς Strohut habς; allein
die Mä
ner, so sie bringς, sind noch nicht da; ko
mς aber
itzt bald. da
n schicke gleich 2 hinaus.
Wir erwartς alle täge die Gräfin Pergς, gräfin
Clari p:
p:
von Wie
n, die eine
Comtesse Thun nach den Nieder=
landς führς. alsda
n darf
Ceccarelli erst abreisen.
Ein
Castrat Sgr Coppola, dς hierdurch nach Dressden
reiset, ist seit dem Charfreytag hier, geht morgς ab,
ist mit dem Geiger
Detouche ko
mς; dς Erzb
ς: ließ
nicht Singς! mit dem
detouche siehts traurig aus.
Nun hoffe daß ihr doch im künftigς Monat einmahl hereinko
mς
werdet, da die schönere Zeit ko
mt, das Wetter auch gegen
Pfingstς hin angenehm seyn wird; es ist freilich itzt schon lang
schön Wetter, aber wir habς scharfen Wind,
u der erhält das
Wetter, man wünscht itzt Regς. Ich küsse euch von Herzς,
grüsse die Kinder
u bin dς alte Mzt
mp
dς 22
tς Aprill
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[S. 5]


Es sind nicht 3, sondς 4 weiserische Erbς, die
Freul: Tochter der
Baronesse N: N: weiser Nanerl
ist ja i
mer hier beÿ den Mehoferischς und wird hier
erzogς, seit dem Tod ihrer Mutter. da
n hat
er auch
Codicill, über
Codicill, ohne Ende gemacht,
so daß seine Testaments
acten ein grosser
Pack von
dispositionς ist, daß man kaum daraus
klug werdς konnte. Es ist alles ganz still mit
einandς abgetha
n wordς. der Man wurde vor Älter
nach und nach im Gedächtniß verlohrς
pp:
Die Nandl
u Tresel küssen euch die Hände,
ich lasse die Lenerl grüssς.
der Heinrich empfehlt sich, wünscht i
mer daß
er euch bald hier sehς möchte.
Viel Büsserl vom Leopoldl, den
man kaum
auf den Arm erhaltς ka
n, weil er alles in dς
Zi
mern in dς Geschwindigkeit den Augenblick
sehς will, was ihm auffällt; und er hört alles
was sich rührt und bewegt,
das allergeringste, wo er da
n augen=
blicklich darnach schaut.
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[S. 6]


A Madame
Madame de Sonenbourg
à
St: Gilgen
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