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Salzb
ς dς: 2
tς Decembς:
Der Leopoldl befindet sich gesund!
1785
Schon seit einigς Wochς hatte ich
zu zeitς einς Schmerzς an den
äussern Theilen dς linkς Ohrkruspel. seit einigς Tagς aber,
und schon da den Brief durch die Glasträgerin schrieb wars
roth und nun seit 3 tagς so stark geschwollς, daß mit dem grösstς
Verdruss zu Hause bleibς und den schmerzhaftς Theil recht warm
haltς muß, folglich noch zum Ärgerniss am verhülltς linkς Ohr
nicht höre. gestern brachte endlich der Austräger ein wohlver=
wahrtes Päckl vom Postwagς mit den
6 quartettς, und
3 Spartς.
näml: ein
quartett mit dem
Clavier,
Violino,
Viola, und
Violoncello obligato. da
n die
2 grossen neuς Clavier Concerte.
das
Clavier quartetto ist erst vom 16
tς october dieses jahr, und
liegς schon das
Violin u Viola, weils bereits gestochς sind, im
Abdruk dabeÿ. mir war mörderisch die Zeit lang. zum glück
kam um 5 uhr dς junge Preÿman, – und ob ich gleich meine Augς
nicht recht mehr in Ordnung hatte, da nothwendig einς ganz
erstaunlich langς Brief vor, und Nachmittag an Marchand
zustande
u auf die Post bringς musste, so diente es mir doch
zur Unterhaltung bis 8 uhr 3 der neuς
quartettς mit dem
Preÿman ernstlich durchzuspielς, damit wir solche nach der Hand
zusa
m machς kö
nς, da auch einς zur
Violin 2
do u Violoncello ab=
richtς, ich aber die
Viola spielς werde. – Nun hat dς Noten=
schreiber wiedς genug zu schreibς; es wird aber langsam hergehς.
die
ClavierPartÿ lasse ihn zu erst schreibς, da giebts beÿ den
Concertς was zu
exercierς.
Die Theatergeschichte mit dem h
ς: Grätz, war sein unverhoftes
grosses Glük. Er ist wirkl: gestern frühe nach Ve=
nedig auf h
ς: Sigmund Hafners Unköstς abgereist,
ko
mt mit seinς Bedientς freÿ nach
Botzen,
u von dort wird
er freÿ nach
Venedig gelifert, wo er alle Monate 4 duggattς
gewisses Geld empfängt, und was er weiter nötig hat, nur
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1881
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meldς,
u ein Jahr,
u auch länger bleibς darf. h
ς: Gschwendner gab
ihm zur Reise 12 duggattς
u h
ς: Hafner, ich weis nicht mehr, wie
viel Thaler. h
ς: Gschwendner muß sehr reich seÿn, den seine
Verschwendung zieht seit einiger Zeit aller – auch Handlsleute –
aufmerksamkeit auf sich, da man ihn, nur für seine Unter=
haltung, nicht unter jährl: 2000 f aushaltς möchte.
diese Geschichte mit dem h
ς: Gratz gieng in
3 tägς vorbeÿ, –
Im
CoffeeHaus wurde von dς Theatergeschichte über die
Comoe=
diantς geschmehlt, – Gratz als ein Mensch von Geschicklichkeit,
gelobt, we
n er etwas erfahrte und in Italiς
opern hörte;
den 2tς Tag fragte h
ς: Gschwendner, ob wohl aus diesem Menschς
etwas werdς könnte; – und da man es ihm mit
Ja versicherte: sagte h
ς: Hafner dς
3tς Tag im
CoffeHaus
zum Gratz:
er solle morgς frühe um 8 uhr zu ihm komς.
de
n h
ς: Hafner war allzeit im
CoffeeHaus und hörte alle
die
raisonements die da vorgiengς: – und so ko
mt Gratz
zu seinem Glück. Er war vorgestern von 10 uhr bis
12 uhr vormittag beÿ mir sich zu
informierς
u zu beur=
laubς.
Eben ko
mt dς Both. – Ich danke euch für
die Fische.
Da in deinem Brief lese, daß es wegς dem
Comœdς: Teller
und der
Am: tonerl eine abscheuliche Geschichte ist; so muß dir
schon noch ganz abscheulichere Dinge erzehlen. h
ς: Teller wollte die
Sache auf
hς: Waitzhofer schieben, und sie strittς sich lang darüber,
wer
cher Papa seÿn sollte. Die Sache ist so geheim, daß mirs h
ς:
Gratz, da von andςς Lumpereÿς die Rede war, die ihr gleich hörς
odς lesς sollt, von freÿς Stückς, als etwas allgemein bekanntes
erzehlte. was sagt ihr nun dazu? – –
M:dme Hornung, die nun abermahl
ihren theil hat, und doch ehrlich niederko
mς will, soll ihrem Ma
ne
geschriebς habς, daß sie schwanger seÿ, und hoffe, daß er, nachdem
sie ihm so oft aus dς Noth geholfen, er ihr auch itzt hinaushelfen
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und ihr einς Brief schreibς werde, und vorgebς, daß er unter dς Zeit
beÿ ihr in Augspurg geschlaffς hätte
p: – ihr Ma
n antwortete auch,
daß er, we
n sie ihm
6 duggattς schickt, es ohne allς Anstand thun wolle.
an jemand von dς Gesellschaft schrieb er, daß er es dem Holzma
n von
Herzς gö
ne, we
n er an den verwelktς Reitzς seiner Frau noch so
viel Vergnügς finde. – die schwäbische neue Sängerin
Mss:le Kraus,
soll dem h
ς: Waitzhofer besucht werdς; worüber andςe Anbetter aus
der Gesellschaft sehr ungehaltς sind.
Md:me Weizhofer und Teller
sind bekanntermassς ohnehin ein paar; ob er gleich seine Nachbarin
Simonelli Na
nerl fleisig besucht und die Waitzhoferin in einem
Mantl eingeschlagς als Ma
nsbild beÿm Hauß vorgepasst |:
Nachts :|
und dem Teller beÿm herausgehς eine ohrfeige gegebς. da dieser
nun die Gesellschaft augenblicklich zu verlassς drohete, weil er selbst
Geld hat, so wollte sich
Md:me Waitzhoffer Todschüssen.
warum hat aber Teller geld? warum hält er einς bedientς? warum
einς Wagen? warum hat er Silber
Service und prächtige
gardarobbe?
Weil seine Frau eine vortrefflich schöne, feine und abgeführte
Buhlerin ist, die, um Freÿ mit ihrem LeibsCapital sich
viel Geld erwerbς zu kö
nς, ihn mit allem herrlich versehς weiter ge=
schickt
hat, und ihn mit Geld unterstützet, damit er sie in ihrer
Arbeit nicht stöhre. Es ko
mς oft brief mit Geld an ihn, und
h
ς: Rauchenpichler sagte uns, daß auch er ihm einς Brief mit
150 f zu behändigς hatte.
Ich
u viele hättς glaubς sollς, daß Peÿrl und seine Frau die ordent=
lichstς von allς wärς, sondςheitl: weil sie mit einandς
25 f die woche
haben. allein wir betrogς uns alle! Sie habς niemand als der
Paÿerl Mutter beÿ sich, nämlich die Fr: Bernerin, da die
Md:me Peyrl des Berners Tochter ist. Sobald nun die
cher
Mama nur den Mund öffnet, schreyt die Tochter schon:
halts Maul du altes Luedς!
du alte Bestie!
odς ich reds
weiter du Canaglie!
p:
p:
p: und was meint ihr, was de
n
noch schönes weiter? – – –
daß du mich ums Geld zur Hure
gemacht, beÿ Cavalliers eingesperrt p p p: habt ihr genug? –
Nein! es heist auch noch:
Mein Vatter hält ein Hurςhaus von
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jungς Mädchen, – schwängert eine nach der andςς p p: – Nun aber habt
ihr doch genug! – – – ko
mt iemand zu
M:de Peyrl, so geht
der Ma
n gleich aus. – dermahlς war dς Zeitungschreiber, und
h
ς: Gschwendner die bekanntς
Visittς. letzterer hat sie sehr oft
bald beÿm Eyzenberger, bald andς orts beÿ
tractamentς und
Soupée, spazierfarthς
p:
p: da
n giebts
presentς genug,
ich weis alleine gewis auf einmahl 6 paar Schue, und einς
Stoff zu einem Kleid. – dς Ma
n geht auch seines weegs,
und die
cher Mama braucht zur Abkühlung den Theater=
Friseur. Unterdessς weis ich, daß die
M:dme Paÿerl kein
ganzes Hemd hat, auf dieses denkς die
adorateurs nicht,
und sie verthun ihr Geld, als we
ns der Teufl hollte.
Ferner sagt man, daß itzt ein Fleischhackers Mensch hayrathς
soll, die vom h
ς: Schilling Geld fordert, weil er sie
samt ihrς dreckichς Füssen, wie sie aus dem Viehstall abends
gieng, auf die Stiege niedςgeworffς und ihr eine doppelte
Leber gemacht hat. Nun was sagt ihr? – daß wärς andςe Neu=
igkeitς, als daß 2 geistl: durchgegangς, wovon ich nichts weis.
war eine abscheulichere Gesellschaft hier? – h
ς: Poÿsel und
seine Frau sind das einzige ehrliche Ehepaar dieser Truppe.
Ich bitte mirs aber aus, daß dieses niemand zu lesen be=
ko
mt, ich erzehls nur euch.
H
ς: Doctor Barisani empfehlt sich euch, und küsset dir die Hände.
Hier schicke
Pilluln, davon du 4 Täg morgens und abends
nehmς, und da
n 2 Täg aussetzς, da
n solche wieder nehmς
sollst. – du sollst aber erst die Pillulς zu nehmς anfangς, we
n
die 9 Täge vorbeÿ sind. – we
ns nun hernach
in die 4te
Wochen geht, wo es ko
mς soll, da
n sollst eine Luftlass
von 5 bis 6 untzς vornehmς, um es zu befördern, daß
es zu dieser rechtς Zeit eher ko
mς möchte. Die Nandl be=
hauptet i
mer, du wärst schwanger, da es ofter geschieht,
daß es de
noch noch einige mahl unordentlich ko
mt.
NB eine
Zeit nach den Pillulς, etwa nach einer Viertlstund, musst, wie sonst,
Ka
millς Thée nehmς, – vielleicht ka
nst auch nach 3 tägς mit den Pillulς
ein paar Tage aussetzς; – nachdem du dich befindest,
u da
n wiedς nehmς.
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Hier schlüsse den Brief vom Marchand beÿ, den mir mit künftigς
Bothς wiedς
zurük erbitte. Die Schrift, die die Burgerschaft dem
Khurf
ς: vortragen ist gegen
den Kayser gar nicht schmeichelhaft.
Die Antwort des Khurf
ς: aber ist mir zu kalt, und sagt von
nichts, als altς vorgegangenς Sachς, das ohnehin schon bekannt war.
Was aber dς Herzog von Zweybrükς zum h
ς: von Reindl sagte,
ist freÿlich sehr beruhigend. – ich einmahl glaube vest,
daß Östereich den Ländςvertausch nicht mehr aus den Augen
lassen wird.
Russland hat ihrς Theil desswegς an dς Kri
m p:
bereits erhaltς:
Frankreich weis seinς Theil, den es da=
durch beko
mt,
u auch wünscht. – Wird wohl Preussen mit
einem kleinς Anhang es mit diesς 3 Mächtς aufnehmς? – –
Ni
mermehr! Preussς machte nur darum so einς Lermen,
um Gelegenheit zu beko
mς sich auch einzumischς zu därffς,
und auch etwas zu erbettlen. – Preussς wird auch etwas
in Vorschlag bringς, das ihm taugt. – ka
n man sich vergleichς,
da
n geht Ländertausch, – Röm: Königswahl, – und vielleicht
auch das Churfürstenthum für das Wirttemberg
ς: Hause seinς
richtigς geradς Weeg.
den 3tς Decς:
morgens!
Der Leopoldl befindet sich wohlauf; und mein Ohr ist auch besser.
Mitwoch abends hattς wir einς erschröckl: Wind,
donerstag u Freÿtag
fiel starker Schnee. Nun wird man erst
wildschurς sehς, de
n bis itzt sah
man keine noch; ich gieng auch noch ohne
Wildschur, de
n es war i
mer
gemässigt kalt.
Mit dς
Robinischς ist i
mer abwechselnd. itzt habς sie die Vertheilung
unter sich gemacht, – ich sahe den h
ς: Hagenauer die 3 Ausfertigungς
unterschreibς als Beÿstand.
Wegς dem
Clavier muß man schon den Orgelmacher abwartς, de
n
man muß die genaueste näml: Proportion dς Seitς wissen, und so
gar obs weitschichtig odς eng überspo
nς sind, – daran liegt sehr viel,
und macht einς grossς Unterschied. itzt ist freylich die Zeit, wo
sich das
fortepiano i
mer versti
mς wird, so wie die Luft sich ins
Holz setzt, die gar ein feiner körper ist, der überall durchdringt;
das spielen erhitzt alles wiedς, da
n änderts sich auch etwas.
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[S. 6]
h
ς: Schmid wirds schon in Ordnung bringς, und so viel aus seinem Schreibς
abnahm, wird er in den tiefern Tönς, andςe Seitς aufziehς.
Mit der glasträgerin, we
n sie wiedς ko
mt, werde die
oeuvres melées
schicken.
Wegς der Ankündigung des Silbers in den Zeitungς, werde es über=
legen, was, – und wie es schicklich zu thun ist.
Hier folgt das
Uhrgeheis, ich nahms niemals in obacht,
weil ein Papier darauf lag.
Nun küsse euch beyde von Herzς, grüsse die Kindς,
und bin ewig euer redlicher Vatter
Mozart
mp
Die Nandl
u Tresel empfehlς sich.
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