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Der Leopoldl befindet sich wohlauf!                         Salzbς dς 11 Novembς.
                                                                                                       1785

Endlich habe vom 2 Novembς: einς Brief von deinem Brudς erhaltς und
zwar in 12 Zeihlς. Er bittet um Verzeihung, weil er über Hals
und kopf die opera, le Nozze di Figaro, fertig machς muß.
Er dankt mir und euch für den Glückwunsch, und bittet mich ihn
besondςs beÿ dir zu entschuldigς
, und nebst Empfehl: euch zu
meldς, daß er deinς Brief gleich zu beantwortς nicht Zeit hat:
daß er, um den Vormittag zum Schreibς freÿ zu habς, alle seine
Scolarn auf Nachmittag verlegt hat pp: – ich kene die piece,
es ist ein sehr mühesames Stück, und die Übersetzung aus dem
franzς: hat sicher zu einer opera freÿ müssς umgeändert werdς,
wens für eine opera wirkung thun soll. Gott gebe, daß
es in dς action gut ausfallt; an dς Musik zweifle ich nicht.
das wird ihm ebς vieles Lauffen und disputiern
kosten, bis er das Buch so eingerichtet bekomt, wie ers
zu seiner Absicht zu habς wünschet: – und er wird imer daran
geschobς, und sich hipsch Zeit gelassς habς, nach seiner schönς Ge=
wohnheit, nun muß er auf einmahl mit Ernst daran,
weil er vom Gr: Rosςberg getriebς wird.
Ihr werdet vielleicht wissen, daß ein Soldat in dς Caserne einς andςς
im Schlaf mit 2 hiebς fast Tod gehaut. Vor gestern wurde
ihm das Lebς abgesprochς, und ihm Capuziner zugegebς. Weil dς
blessierte nicht gestorbς;, so hat ihm dς Erzbς: Pardon gegebς,
und er wird morgς durch 200 Man 10 mahl auf und ab ge=
führt und mit spitzruthς gekitzelt.
Gestern war des hς: Hagenauer 47ter Hochzeittag. er befindet
sich bassabl, ich war beÿ ihm, – wünsche nur, daß er nicht
wieder einς Anfall bekomt, und doch noch die 3 Jahre durch=
bringς möchte. Er war auf: allein er ist ein bischς Matt.
Man sagt hς: v Andretter wäre wiedς in misslichς Umständς.
Du wirst, nach meinς letztς Schreibς, imer einς Brief von mir
gehoft habς; allein es fehlte mir an Gelegenheit, und da dς
alte Barisani in Lauffς war, so war dς junge den ganzς tag

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nicht zu findς; weil er seines hς: Vatters Patientς auch zu besuchς hatte;
und da Martinischmaus und aderlassς mit darunter kamς, so speisste
er zu St: Peter, – im Nonberg, – beÿm Gr: Khünburg, – pp:
kurz, – niemals zu Hause, und kam auch nachts erst späth nach Hause.
Gestern um 4 uhr nachmittag ist dς Erzbς: von lauffς zurükgekomς.

Nun komt dς Both! – Ich danke für die Ente, – ich kaufte mir letzthin
auch eine, – was will man den sonst zur Abwechslung essen?, – obwohl
sie itzt imer auf dem Jagen waren, so konnte doch aus dem Ziergadς
und vom Zwirchmeister kein Wildbrett bekomς; ich schickte öfter hinein.
Ich danke Beÿderseits für den Glückwunsch zu meinem u des Leopoldl
Nahmenstag, das, was du ihm geschickt hast, wird schon gut ange=
wendet werdς. Er wird an seinem Nahmenstag in einer neuς Haube
von Attlas
 mit dünduch garniert, dem Rockerl, das ihm machς
ließ, den rothς schüchlen mit daffetbandln eingefasst, mit einem
Band, daran ein schönes Amulet, und ein Georgen Metallie,
so ihm die Jgf: Mitzerl geschenkt hat, hängt p: mir und sich selbst
galla machς. – Ich sollte euch ein Senftvässl schickς: allein
vor 14 tägς odς gar 3 wochς, sind keine zu bekomς, bis näml: die Wirthe
odς die Weinfuhrς von Österς: komς. – und ihr sollt von Monsee, von
Ischl, – von Gmundtς keine Senfvässl bekomς? – – – – –
Chioccolate, und Sterke werde schicken. – wegς dem HofCalendς
werde mich erkundigς, so viel weis ich, daß sonst dς Camerfurier solche
auf seine Kösten drukς lässt, und à 30 X verkauft.
Daß ich einς gutς Zeitungschreiber hätte machς könς, das mag wohl seÿn:
allein ich finde es nicht schwer für einς Man, der die Welt gesehς hat,
die Welt kent und solche studiert hat, und aber dan, wens ins
Publikum hinaus geht, auch Zeit hat mit Nachdenkς zu schreibς – –
das, was ich euch schrieb, sind nur in eÿle hingeworffne Gedankς, so wie
es wohl möglich ist, daß dermahl noch nichts aus der Vertauschung wird.
dermahl zeigt man nur, daß Baÿern zu vertauschς keine rechtliche
Hinderniß obwaltet. – Sollte es aber über lang, odς Kurz zu
stande komς, so darf dς Kayser 80000 M wenigst bereithaltς,
um solche auf allς Seitς zu gleich und so einzurückς zu lassς, daß
die Truppen aller Artς einandς Secundierς könς, um allem Bauern=
aufstand, odς einer Sicillianischς Vesper vorzubeugς. Ob man
aber etwa Lust hat, diesen Umtausch itzt schon zu stande zu bringς,
könnte einiger massen daraus abgenomς werdς, – ob, – und wohin

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die von den Niderlandς zurückgehendς Truppen marchierς? – ob sie langsam
gehς? – ob sie viele Rast=täge machς? odς gar in der Nachbarschaft von
der baÿrς: Pfalz die Quartier beziehς? – es war wirkl: schon lang nichts
mehr von diesem Marche in den Zeitungς zu lesen. Mich dünkt sie gehς mit
Fleis auf dς Schnekςpost.
Dem hς: Dr: Barisani habe beÿde briefe, in betreff deines Zustands, vorgelesς.
er halt dafür, daß es erstlich eine Wallung vom Geblüt ist, welches
aus der Ordnung ist, da du Blutreich bist, sondςheitl: weil es sich den 9
Tag wiedς gemeldet hat. zweytens, sind Blähungς dabeÿ, die drückς
und aufsteigen, es mögς nun Wind odς Verschleimung seÿn, so muß
mans sanft abtreibς. Er glaubt du sollst dir Aderlassς, aber nicht
weniger als 5 odς 6 untzς, – dan 2 Täge nach der Aderlass, von
beÿliegendς 4 Pulvern eins in dς Frühe, und eins gegς Abend
nehmς, dan einς tag aussetzς, und hernach wiedς Morgens und Abends
die andςς 2 Pulver nehmς, auch hernach etwa eine halbe Viertlstund
nach iedem Pulver vom Eÿwisch, und etwas Kamillς Thée p: wie sonst,
darauf Trinckς. – und dan nach dς Kirche leichte Choccolate;
aber keinς Coffée, Er sagte, daß, wen du auch schwanger wärest,
es nicht schadς könne, sondς durch diese Reinigung einem abortus
vorgebogen würde. Die Pulver sind unschuldig, und nichts anders
als Weinstein, Rhebarbara und ein kleinwenig Bibergail.
die Aderlass wäre aber zu dς Zeit vorzunemς, wo die ordinari vor=
beÿ ist: und vermög meiner Berechnung, da du den 2 Nov: schriebst
daß es heut, welches dς 9te Tag ist, wiedς kam, sollte es den
20 dieses herum wiedς komς p: folglich wäre itzt noch zur Aderlass
Zeit: – wolltest du aber es probierς, und die Pulver itzt nehmς,
einen Tag vom andς ausgesetzt, so müste die Aderlass verschobς
bleibς, bis die ordinari wieder vorbeÿ ist; du könntest mit nächstem
Bothς mir schreibς, was die Pulver für Wirkung gethan haben,
sie werdς nur etwa ein paar mahl des Tags eine Öffnung machς.
daß dς Urin bleich ist, thut nichts zur Sache, hier ist, gottlob,
keine Entzindung im Geblüth, sondς Unordnung dς Mutterreinigung.
übrigens Rekomandiert dς Doctor die Comotion, und nach dem
Nachtessen nicht geschwind schlaffς gehς, sondς auch ein wenig hin und her
gehς, oder nicht zu viel essen, er empfehlt sich beydςseits, und lässt dir sagς
er werde auf das Monat februari Hayrathς: itzt werdς im quartier
erst die Öfen gesetzt. – Heute erst ist dς Nandl ihre Schwester mit

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einem Bubς entbundς worden: die Nandl darf ihr nicht ins Hauß, und sie
hatte auch verbotς ihr von dς Niederkunft Nachricht zu gebς.
die so genannte Naderer Nanerl ist schon lange mit geschwulstς in elendς
Umständς gewesen, und heut ist sie im Zimer Tod hingefallς. Vermutlich
wars ein Herzwassersucht.
die Strimpfl wird der Leopoldl bald brauchς könς, aber die grossen 3 alt=
modischς Schlafhaubς wissen wir nicht zu benützen, die sind gar zu
kalt izt. – hς: v D'Ippold war ebς heut Nachmittag beÿ mir; ich
kan dirs nicht beschreibς was er mit dem Leopoldl für eine Freude
und Unterhaltung hatte, er blieb über eine Stunde beÿm Kind,
schwätzte, lachte, und spielte mit ihm; und weil er dem Kind fremd
war, so wars sehr aufmerksam auf ihn, lachte, machte allerhand
Gesichter und Mäuler, – kurz! hς: von D'Yppold, der sich beÿder=
seits empfehlt, war in seinem Vergnügς. – ja in dς that, zu
Zeitς wünschte ich wohl herzlich, daß ihr ihnς sehς möchtet. Ich kan die
rechte Hand des Kinds ohne Rührung niemals ansehς. der geschikteste
Clavierspieler kan die Hand nicht so schön auf die Claviatur setzς, als er
beständig die Hand hält: so oft er die finger nicht bewegt, so oft
stehς alle Finger mit dem ausgebognς Händchς in dς SpielSituation,
und so schlaffend hat er das Händchς liegς, als wärς die Finger, so gar
mit der proportioniertestς Ausspanung u Biegung dς Finger,
wirklich auf den Clavier=Tastς. kurz! man kan nichts schönres
sehen: – ich bin wirk: oft traurig, wen ichs sehe, und wünschte daß
er wenigst nur 3 Jahr schon alt wäre, so natürlich meÿne ich er
sollte gleich spielς könς. Nun muß schlafς gehς! ich küsse den hς: Sohn
und dich von Herzς, grüsse die Kindς und bin ewig euer redlicher
                                                                                 Vatter
                                                                                        Mozart mp
Die Sterck sind gute 2 ℔. choccolate 1 f 15 X,
für die Pulver habe in dς Apoteckς 20 Xr bezahlt. – wegς den
Waderl odς Fächern werde nachfragς. die 2, für welche 12 Xr
bezahlt habe, ist eins das Chinesische, das obς ganz breit ist,
mit durchbrochnς Seitenbeindl. das 2te ein schön schmales französς: mit fein
durchbrochnς seitςbeindlς und auch durchbrochnς langς beinstänglς; mit röthlicher
Schäffermahlereÿ. – die uhr schicke auch mit, habe auch nur 12 Xr
bezahlt. – den Musterschuch hab erhaltς, ob aber die Schue bis
künftige woche vom Katharin bekome, wird sich zeigς, er hats versprochen.
von dem Hofapoteker wird gar nichts gesprochς. Fr: Zezin in dς tradgassς
dirrigiert das Hauswesς.

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[12. November 1785]
                                                        dς 12 Morgens

Ebς itzt war die Execution mit dem Soldatς, ich hatte also
ein erstaunliches Geläuff vor meinem Fenster vorbeÿ von
allς Gattungς Menschς.
die Zezi Waberl liegt sehr gefährlich an einem BrustCatharr krank,
gestern wurde ihr abermahl adergelassς. Sie warς überhaupts
seit einiger Zeit alle Krank.
Mir fällt beÿ, daß der Trockenste Spaziergang beÿ euch noch
durchs dorf hinauf auf den gemachtς weeg ist, wo man hereinfert,
dem Reit zu, und in Gottsnahm wiedς so zurück. Und beÿ der
Kirche lincks den Weeg gegς dem Wald hin |: dς wird freilich schon
kotig seÿn :| dan ist ein steiniger schmaler weeg zwischς die felder
auf die Lugerstrasse herein. dan wirds freÿlich beym Amtman
Haus herein wiedς nass genug seÿn. das ist wirkl: traurig, wen
man keine Spaziergänge hat, – und itzt noch obendrein kein
gutes Pferd zum Fahrς. – der Luftballon wäre euch wirkl:
sehr vorträglich.
Die Nandl u Tresel empfehlς sich. und ich lasse mich beÿ den
Kindern für den Glückwunsch bedankς. danke auch der
Lenerl, Monica u dem Koch, und lass sie grüssen.
à proposito. Die Hubernanerl fragte mich, obs wahr ist, daß
die vorige Köchin wiedς hinauskomς werde? – ich konnte nichts
anders sagς, – als das ich kein Wort wüsste. Sie ist itzt beÿm
altς; Polis. – die Hubernanerl hat sehr viel Arbeit, sie war
gestern beÿ mir, und hat das Rockerl zusamgemacht, die Nandl
hatte die theil mit Baumwoll abgenäht.

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A Madame
Madame de Sonenbourg
à
St: Gilgen

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