↗ XML
[S. 1] increment_line_height_2decrement_line_height_2
                                                                    Salzbς dς 3 Noveς:
Der Leopoldl ist gut!                                                 1785.

Schon am Samstag als der Both den Brief abhollte, merktς wir
daß dς Leopoldl nicht recht wohl war. Es zeigte sich hinach ein Stecken
auf der Brust, und mit dem Schleim hat das Kind ohnehin imer zu
thun. am WolfgangTag um 8 uhr morgens, nach dem Kochessς
bekam er in einem Augenblick ein solches steckς, daß, als ich auf
der Menscher jämerlich geschreÿ, zulief, das Kind mit aufgeschwol=
nem Gesicht, geschlossςς Mund und Augς, blau, wie ein erhenkter
ohne mindestem Lebenszeichς erstickt fand, ihm das Maul mit vielenς
Gewalt aufmachte und so lange hineinblies bis es anfieng die
Augen zu öffnς und athem zu hohlen; die Tresel war auch
schon in dς Positur in Hintern zu blasen. Nun ließ dem Kind
den ganzς Tag nichts zu essς, sondς nur leichtς thee und ein wenig
Mana darine aufgelöset, gebς: ließ es übrigens, weils gern
trank, recht viel trinken um den Schleim auf dς Brust, und im
Magen zu verdinen. auf die Nacht gab man ihm etliche Coffeé=
Löferl voll Binadl: und so &c: giengs imer besser, dan es
ist ein BrustCatharr und Verschleimung. Das übelste ist, daß er
die Banadl nicht essen will; da habς wir imer die gröste Noth
mit ihm, und die Koch machς ihm augenscheinlich imer mehr schleim,
da er, über das, recht wohl beÿ Leibe ist, und ich die fetten kindς
imer mehr der Gefahr ausgesetzt weis, als die magern: er
aber ist wirklich wie ausgedrächselt und Kuglrund, wen man
ihn nackend sieht.
Eben heut nach Tisch kam vom Orglς: Schmid die Antwort; er
schrieb getreulich alles ab, was ich ihm vorschrieb: daß er bereit ist,
zu komς, wen er in den genuss des näml: eingesetzt ist, was dς
Egedacher hatte pp
: Ich hab den Brief gleich in die geheime Kanzleÿ
getragen, damit er morgen nach Lauffς komt.
Vergangenς Samstag hat sich ein Schleimschlag beÿ dem altς hς. Hagen=
auer merkς lassς. auf der linkς Seite verzog er den Mund, und
konnte mit dem Reden nicht recht fortkomς. Es wurde ihm am Fuss
stark zu Adergelassς, – musste zum Schleimabführς Pulver und dan
eine Mixtur alle 3 Stunde seit dς Zeit imer einehmς: es geht itzt
besser. der Man, dς im Schleim steckt, hat niemahls einehmς wollen.

DOM=
MUSICK=VEREIN
U.
MOZARTEUM

INTERNATIONALE
STIFTUNG:
„MOZARTEUM”
1881
[S. 2] increment_line_height_2decrement_line_height_2
An dem näml: Samstag bin nach Viertl über ein uhr am wasser hinaus
spaziern gegangς und so fort um Viertl nach 2 uhr nach Perheim, das
erste mahl in meinem Lebς, gekomς: die Kirche war geschlossen,
ich gieng also zum hς: Pfarrer, der mich dan in die Kirche
führte, – dan blieb bis 4 uhr beÿ ihm; und da ebς fortgehς
wollte, kamς dς hς: Bischof Salm und Gr: Strasoldo, ich blieb also
noch bis halbe 5 uhr, und war dan um Viertl nach 5 uhr
zu Hauß, sahe was das Kind machte, gieng um 6 uhr zum
Hagenauer wegς des Kindsschlafhauberl, die wir ins Halla
geschikt habς, und kam eben zum Krankheitszufahl.
Letztς Sontag war hς: CapitlSyndicς und seine Frau in dς
Comoedie, – sie warς aber weit von mir entfernt und setztς sich
ganz untς gegς die Hofloge hin, obgleich beÿ uns herobς Plaz
war. Es ist alles still – nur höre, daß die Examina imer
noch fortgehς, und er, so oft er geruffς wird, nur zu er=
scheinς hat. Es ist halt am Ende dahin abgesehς, etwas
wichtiges über den Bischoff in Chiemse aus allς Aussagen
zusamzubringς.        Der hς: Hofkanzler ist Krank.
seine krankheit, die er sonst nur 2 odς 3 mahl das Jahr
hatte, komt ihm itzt alle Monat, man zweifelt ob ers
gar lange so dauern wird, da es, wie ein in den Magς
trettendes Podagra ist.
Von deinem Brudς habe noch keinς buchstabς, sein letzter Brief
war vom 14 Septς: und seit dς Zeit sollς mit iedem Postwagς
die quartettς komς. wäre er krank, so hätte es mir hς: Artaria
in seinem Brief vom 28 Octobς: geschriebς. der hς: Zeitungsschreiber
traf mich vor einigς tagς an, und sagte: es ist ja ganz erstaunlich
was für eine Menge Sachς ihr hς: Sohn itzt herausgiebt: in allen
musikς: Anzeigς lese nichts als imer, Mozart
. Die Berliner
Anzeigς setzς beÿ dς Anzeige dς Quartettς nur folgende worte:
Es ist ohnnötig dem Publikum diese quartettς anzurühmς;
genug wen wir sagς: sie sind vom hς: Mozart
. Ich konnte
ihm nichts antwortς, als ich nichts weis, da schon in dς 6 woche
keinς Brief von ihm habe. Er sagte auch etwas von einer neuς
opera. Basta! wir werdens wohl hören!

DOM=
MUSICK=VEREIN
U.
MOZARTEUM

INTERNATIONALE
STIFTUNG:
„MOZARTEUM”
1881
[S. 3] increment_line_height_2decrement_line_height_2
Daß die Vertauschung mit Baÿern allem Ansehς nach zur Richtigkeit komt,
werdet ihr aus der Salzbς: Zeitung, die wichtig ist, ersehς: daß dς
Kaÿser, unter dem Vorwand einer Jagd, abgereiset ist, hat seine Richtigkeit;
obs aber wahr ist, daß er mit dem Herzog v Zweÿbrückς an einem 3
Orte zusam kome, wird bald klar werdς. das ist auch sicher wahr,
daß der Herzog abgereist, und schon seit 8 tägς die sage ist, er seÿe
nach Wien gegangς. Ich denke, die Sache ist nun klar. Damals, als
der Kayser dem König in Preussς einς Besuch gab, geschahe es nur, um
ihn zu verblendς, damit es ihm weniger auffallend wäre, da der Kayser
dan auch mit der Russischς Kayserin zusam kam. damals war das project
schon ausgekocht. der Kayser ließ seine Armée mit viellς Unkösten
an die Türkς: Gränzς marchierς, – stand Schildwache, – damit Russl:
die Krim p: ohne Schwerdstreich erhielt. dan ließ dς Kayser seine
GränzscheidungsForderungς an die Türkς nur ganz kalt betreibς,
und suchte vorhero mit Hilfe Frankreichs die Holländς zu verwirren
und zu schwächς, da sie millionς vergebens anwendetς: die Nation wurde
in 2 Parthiς getheilt. Der Statthalter wurde misshandelt, welcher mit
seinem Anhange, aus Preusς: Anstiftung, dem Kayser entgegς war.
Die franzς: Parthie bekam die Oberhand, machte Friede, erboth sich
selbst einige Millionς für Holland darauf zu bezahlς, weil man
mit dem Schluss des Handels eÿln wollte. Nun gehts nur aufs feder=
fechtς los um zu Beweisen, daß Bayrn nach Beliebς Tauschς kan,
und es also nur auf den Willen des Herzogs von Zweybrückς an=
komt
. Soll die Zusamkunft richtig seÿn: so komts sicher Zustande.
Nun ist die Reihe an Russland Schildwach zu stehς. Da Frankreich
auch schon seinς Theil beÿ der Vertauschung hat, so ist nicht einzusehς,
wie der König in Preussen sich gegς Russland, gegς den Kayser und
gegen Frankreich setzς kan. Sachsen wird sich sehr besinen einer solchς
Gefahr auszusetzς. – Was nun diese Vertauschung auf Salzbς: für
einς Bezug habς kan, und habς wird, muß nächstens meine Meinung sagς,
da der both ebς eintritt.         dς 4 Novς. – Ich danke für die 4
Fische und Krepsen. werde alles von deinem Brief beantworten.
Daß du dich wunderst, daß einem kleinς Kind imer etwas fehlt, ist der
natürl: Beweise, daß du niemals um faschenkindς, u überhaupts niemal
um kleine Kindς warst. Nach den 6 Wochς fangς erst die Kinderkrankheitς
an, und ich hab oft gewünscht, daß du zugegς wärest, um die Mühe einzusehς,
die solche Kinder brauchen. da muß man alles Gott überlassς; übrigens seine

DOM=
MUSICK=VEREIN
U.
MOZARTEUM

INTERNATIONALE
STIFTUNG:
„MOZARTEUM”
1881
[S. 4] increment_line_height_2decrement_line_height_2
Schuldigkeit, als ein guter Christ thun. – Die Rensin wird ihr Geld nicht
nach Östereich ziehς: – nur beÿ ihnς wohnς. Herr Oberschreiber hat auch
zu viel Wirthshaus Zeitungς mitgebracht, u zu viel Lermς geblasen.
wegen dem Komoediςgehς wird sich auch, und darf sich niemand geniern,
dieß sind lauter Possen: die Leute gehς ohnehin nicht öfter als sie könς, u
es wird leer genug werdς, ie länger es dauert. Die Baal 10 Jahre des
Magistrats sind aus. Nun könς sie solche ohne obligation dς jährl: 500 f gebς.
allein auch Weitzhofer wills übernehmς, dς Magistrat will ihms auch zukomς
lassς, wen er ihm für ieden Baal wegς dem Saal u Mobiliς p: 20 f bezahlt,
und das finde ich billig; das scheint dem Waitzhofer zu viel; – wir wollς sehς
was geschieht, da er schon von 12 u 14 bällς spricht, – damit er desto
sicherer verliehrt. – Nun kome auf die Umstände deines Druckς und
stecken, und der Hitze. Die Hitze die dir in der Nacht aufsteigς, und die
Ängsten beÿm Erwachς und beÿm frühestück scheinς mir und der Fr: Hage=
nauerin das klare Zeichς der zurückgehaltenς ordinarÿpost zu seÿn,
da es sich wieder den 9 Tag sehς ließ, folglich eine Zurükhaltung klar
am Tag liegt: in diesem Falle wird kein anders Mittl seÿn, als am Arm
eine Luftlaß von etwa 4 Untzς vorzunehmς. die Kamilln sind nicht
viel in solchem falle zu brauchς, sie sind zu hitzig, – vielleicht hast du
davon zu viel genomς. die frauς sagς, daß solche Mutteraufsteigungen
nur zu Zeitς, wen man sich zörnet, odς in andς solchς Fällς komς, und beÿm Zapfl
druckς und mehr mit frost als hitze, wie alteration begleitet seÿe,
und das lässt sich probierς, wen man von dς Bibergeil nur ein kleines
Messerspitzl stark herunter schabt, und solches in so viel heisse fleisch=
brie thut
 als 2 CaffeeSchallerl austragς, es beÿ der wärme ein wenig
stehen lässt, und dan wen dieser Spasmus komt, davon trinkt,

so wird sich das drukς setzς, wens ein Mutterzustand ist.
Es mag das zurückgehaltene Geblüt, und eine solche aufsteigende
Mutter Reitzung
beysam seÿn, weil das letzte vom ersten entstehet.
du köntest also vor dem Frühestück beÿm Aufstehς, wens dich drückt, solch
eine Suppenbrühe nur etwas weniges trinken, wens von dς Mutter komt, so
setzt es sich und weicht. – wo nicht, so komt es von der Völle des Ge=
blüts. Man muß nichts übereilς. Hitze komt vom Geblüt. – 
– Wie ists den unter tags? – – die Bewegung und zwar in dς freÿς Luft
ist eine Hauptsache, sonderheitl: da wir sie alle gewohnt sind. Ich wollte mir
von einem Baurenschuster grobe Bandlschuech machς lassen, wie es die bauren=
menscher tragς, nur um solche zum Gehen im Koth anzulegς, und diese weit
genug
, dan zieht mans wiedς aus. Die Gesundheit geht über alles!
ich werde unterdessς auch mit dem Joseph v Barisani redς, den ich heute
nicht antreffς konnte; und sollte ich unterdessς dir Nachricht zu gebς eine
Gelegenheit hinaus erfragen, so werde solche gewiß nicht verabsäumen.

DOM=
MUSICK=VEREIN
U.
MOZARTEUM

INTERNATIONALE
STIFTUNG:
„MOZARTEUM”
1881
[S. 5] increment_line_height_2decrement_line_height_2
Die kamillς musst du demnach sehr seltς oder gar nicht mehr nehmς;
statt dessς nimt man aber auch Polleÿ klein geschnittς unter den
Thee, welches das Geblüt treibt. – Kurz! ich werde mit dem
Barisani redς und schon einς Brief hinauszubringς trachten.
Noch geht es den Komoediantς nicht übl: allein beÿ schlechter Wit=
terung wirds bald abnehmen, und einige Zwischtigkeitς warς
auch schon unter ihnς. – – habe ich es schon geschriebς, daß der
grosse Capellknab Gerl auch zum Schmid als Bassist nach
Erlang hinauf gereisst ist? – – daß dς Preyman um 8 odς
10 f nach Hofe gieng ist nicht die Ursache daß er ein schlechter
Student ist, sondς eben weil er ein vortrefflicher Student ist,
und itzt sein Zeit mit instructionς verzehrς muß um Leben
zu könς, folglich wedς studierς noch exercierς kan, so hätte er ein
gewisses kostgeld, abends musik übung, u die übrige Zeit für
sich zum studierς u exercierς, und dan nach einem paar Jahrς, addio!
Nun gute Nacht, es ist halbe 12 uhr, ich gehe schlaffς, morgς muß aufstehς,
weil der both komt, dan mache erst alles zusamς. Ich küsse den
hς: Sohn u dich von Herzς, grüsse die Kindς und bin dein redlicher
                                                                             Vatter Mozart mp
Vorgestern ist hς: Reitter, der sich empfehlt,
3 Stund mit mir spatziern gegangen.

Die 2 fächer habe von dς Hagenauer Tresel bekomς. da aber einer
davon in die Schachtel zu lang ist, so werde sie beÿde beÿ bequemer
gelegenheit schickς, sonst möchten sie zerbrochς werdς. ich hätte das
Polleÿ kraut gleich itzt geschickt: allein mir scheint itzt wäre es nicht
zu nehmς, bis wiedς die Zeit komt. kurz! ich werde mit dem Dr Joseph
sprechς, auch mit dem Prex, wen er wiedς zu uns komt odς ihn sehe.
ohneracht du das Ordinarÿ bekomς hast, so kanst du doch schwanger
seÿn, wie es öfter, u auch dς Fr: Hagenauerin geschehς ist. desswegς müsste,
wens truckς u die Hitzς nicht nachlassen, daß man klar sieht, das vom
Geblüt komt, nur eine kleine Luftaderlass am Arm machς, die nichts
schadς kan. – – der Leopoldl ist, Gott lob, gesund. die Nandl
und Tresel empfehlς sich. itzt bekomt er ein Winterrockerl, das ich ihm
machς lasse, das, was du geschickt gehört, weils schön ist, zum parade machς
aufs frühe jahr, wen ihn Gott lebς lässt. Es sind auch schon ein paar roth=
                                                                  düchene Schücherl in dς Arbeit.
                  den 5 Nov: in dς frühe.

DOM=
MUSICK=VEREIN
U.
MOZARTEUM

INTERNATIONALE
STIFTUNG:
„MOZARTEUM”
1881
[S. 6] increment_line_height_2decrement_line_height_2
Der Hς: Franz Agliardi ist mit seiner Frau hier, vielleicht eine Luftverändςung zu machς, odς sich zu zerstreuς p:
Es ist zum Erstaunς, wie man ums Holz bettlen muß. ein baur versprach uns 15 Klafter, wen ichs alles
nach u nach nehme, wohlfeiler zu bringς. itzt hat ihms ein andςer bauer beÿm Hauß abgekauft, um darauf
zu gewinen.

À Madame
Madame de Sonenbourg
à
St: Gilgen

DOM=
MUSICK=VEREIN
U.
MOZARTEUM

INTERNATIONALE
STIFTUNG:
„MOZARTEUM”
1881