[S. 1]


Wien – Montag dς 21
tς
Febrς. 1785
Mein erstes Schreibς werdet ihr erhaltς habς, – ich glaubte, daß mir die Kälte
von dς Reise gänzlich aus dem Leibe wäre: allein gestern abends merkte ich
Schmerzς am linckς Schenkl, und ehe ich noch ins Bette stieg, fand ich das wirklich
ein
Revmatismus da war. Ich musste demnach heute morgens im Bette Klett=
wurzlthée nehmς und stand erst um halbe 2 auf, um zu mittage zu speisς,
wo mir der Fr: Schwagerin jüngste Schwester
Ms:lle Sophia Gesellschaft leistete,
und itzt wirkl: abends um 8 uhr noch beÿ mir ist, weil dein Brudς, seine Frau,
und der Heinrich Mittags beÿ h
ς: v Trattern speistς, ich mich aber, leider,
entschuldigς lassς musste: Auf den Abend aber ist dein Brudς in einem
grossς
Concert beÿm
Graf Cizi, wo h
ς: Le brun und seine Frau sich das
erste mahl
producierς; die Schwägerin aber und
Marchand sind
im
Concert beÿ h
ς: v Ploÿer unserm
Agenten. Heute wirds wohl
wiedς 1 uhr werdς, bis wir, wie gewöhnlich, ins Bette ko
mς.
den 17tς, am
donerstage, speisstς wir beÿ deines Bruders Schwiegermutter, dς Frau
Weber, wir warς nur wir 4, die Weberin und ihre Tochter
Sophie,
de
n die älteste tochter ist in Gratz. ich muß dir sagς, daß das Essen
nicht zu viel und nicht zu wenig, anbeÿ unvergleichlich gekocht war:
das Gebrattene war ein schöner grosser
Phasan, – alles überhaupts
vortreflich zugericht.
Freÿtag den 18tς war tafel beÿm jüngern
Stephani,
wo niemand als wir 4, da
n h
ς: Le brun, seine Frau, der
Carl Canabich
und ein
geistlicher warς. Nun, zum Voraus gesagt, ist hier an keinς
Fastetag zu gedenkς. Es wurde nichts als Fleischspeisς aufgetragς, und
der
Phasan war zur Zuspeise im Kraut, das übrige war Fürstlich,
am Ende
Austern, das herrlichste
Confect, und viele
Boutellien
champagner wein nicht zu vergessς. überall
Coffeé, – das versteht sich.
von da fuhrς wir in deines Brudςs 2
te accademie um 7 uhr auf die
Mehlgrube. die abermahl herrlich war.
Henry spielte ein
Violin=
Concert. der h
ς: Stephani fragte gleich um dich wiedς, und wir konntς
nicht aufhörς von dς altς Hackς zu redς. Noch hat man hier keine
fastenspeiß gegeben.
[S. 2]


den
20tς gestern, warς wir beÿ einer Tafl von 21 Personς beÿ
hς: Schauspieler
Miller. das war auch herrlich, aber nicht so übertriebς. Er muß ein
grosses
quartier habς, weil er 8 Kindς hat, dafür er 700 f jährlich
bezahlς muß. h
ς: Stephani hat ein kleines
quartier, – bezahlt aber 500 f
dafür, weils auf dem Michaelerplatz nahe beÿm Theater ist. –
Am
Mittwoch dς 23, und
Montag dς 28tς sind die 2
accademiς
des h
ς: Le brun u seiner Fr: im Theater. Schon den 18
tς war keine
Loge mehr fürs erste
Concert zu beko
mς. diese Leute werdς erschröckl:
viel Geld einnehmς. – Nun ko
me auf deinς 2
tς Brief, da dς erste
ebς einige Minutς vor unserer Ankunft deinem Brudς ge=
bracht wurde. Ich bin äuserst betroffς, daß euer
Fortepiano in einem
so schlechtς Stande ist. – dermahl ist nichts daran zu thun, und
Gott weis, we
n und woher dς Egedacher einς Gesellς beko
mt. Von hier
ist wenig odς gar keine Hofnung. unterdessς machet Anstallt, daß
ihr mein
grosses Clavicord hinaus nehmt. we
n es der geistliche
h
ς: Egedacher in Salzb
ς gut einsti
mt, so wird es sich so leicht nicht
versti
mς. Nur daß es sicher in Stroh und wohl zugedeckt hinaus
geführt wird: we
n nur jemand wäre, der es sicher in Salzburg
aufgebς könnte. Es muß aus dem fuß herausgehobς werdς:
den fuss legt man da
n oben auf die Deckς darauf, daran
liegt nichts. kurz! bringts hinaus! so bald ihr wollt und
könnt.
Dienstag dς 22tς. Heut frühe hab abermahl klettwurzς
thee geno
mς und bin erst um halbe 11 uhr aufgestandς. h
ς: und
Md:me
Lebrun waren beÿ uns bis halbe 2 uhr. um 2 uhr giengς wir zum
Mittagessen, wie täglich. Nun, da dieses schreibe, ists schon wiedς 5 uhr,
es schneÿet ganz erbärmlich und geht ein erstaunlicher Wind, der
die ohnehin wenig gehaitztς Zi
mer jä
merlich ausblässt. Noch war ich beÿ
keinem Menschς, weil zu fuss noch nie aus dem Hauß ka
m, als nach
St: Stephan um Mess zu hörς, welches sehr nahe ist. Ich bin durch die
[S. 3]


kältς Winde so abgeschreckt, daß ich gewiß nicht nach Hauß reise, bis
nicht gelinderes Wetter ko
mt. Mir ist sehr bange, wie es mit
der
accademie für den Heinrich gehς wird,
erstlich fand ich, daß er,
als ich ihn in Münchς hörte, sich mehr verschlechtert, als verbessert hatte:
und seine Geige nicht viel taugt.
2tens ko
mς just des
Le Brun
2
accademiς vor seiner: die einς erschröcklichς Zulauf habς.
ka
n ich den h
ς: Lebrun dahin bringς, daß er beÿ des
Marchands
accademie etwas blässt, so ka
n die Sache noch gut ausfallς:
sonst ists gefährlich, weil die Unkostς sich schon fast auf
200 f belauffς. genug! wir werdς sehς, wie es geht. Bekannte habe
unterdessς beÿ
accademien angetroffς: zum Beÿspiel, den
Baron
van Swieten, beÿ dem auch im Hauß ware, die
2 Schwestern die
Gräfin thun und
Wallenstein.
einς
Baron Freyberg;
Baron Nagl; den Preuß
ς: Residentς
h
ς: v Jacobi; den
Benedict Edelbach; den h
ς: v Sonen=
fels u seine Frau. den h
ς: Starzer, den h
ς: Aspelmayr[,]
den
Fürst Baar; Fürst
auersperg; und verschiedene
andςe, die mir nicht beÿfallς. – die Haÿrath des Ver=
walter im Joha
nsspithal scheint mir nicht ungeschickt zu seÿn. daß sich
aber die Katherl mit dem Hofapoteker foppen lässt, ist etwas schon
gewöhnliches, – sie macht auf alle Wittwer Anspruch: – ich wünschte
ihrs von ganzem Herzen, er wäre für sie eben nicht zu gut.
Deines Bruders
Carl ist wiedς ganz gesund. Wir alle Küssen euch
von ganzem Herzς, der Fr: Schwagerin Fr: Mutter und Schwester
empfehlς sich gleichfals Beyder seÿts. Dem h
ς: Sohn muß ich im
Vertrauς sagς, daß ich hier aus einer Unterredung abgeno
mς, daß
sein h
ς: Bruder hier seine Frau sehr übl behandelt, und so gar sie
mit Schlägς beehren soll. Nun küsse euch und die Kindς nochmals von
Herzen, und bin dς alte redliche vatter Mozart
mp
die Geschichte der Baase in Augsp
ς ka
nst dir leicht einbildς, ein domherr
hat ihr Glück gemacht. – So bald Zeit habe werde ein höllischς Brief
[S. 4]


von hier nach Augsp
ς: schreibς, als hätte ichs in Wie
n erfahren.
das lustigste dabeÿ ist, – daß alle die Presentς, die sie bekahm,
und so aller Welt in die Augς fielen, alles, alles ihr ihr h
ς: oncle
von Salzb
ς schickte. – welche Ehre für mich! –
À Madame
Madame de Sonenbourg
née de Mozart
à
Im Tanzmeister=
hauß
abzugebς. Salzbourg
Leopold Mozart, Wolfgangs Vater.