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                          Schülerinς                      Salzbgς: dς 19 Novς: 1784

Am Namenstage meines Sohnes hatte er eine kleine Musik,
wobeÿ sich seine Scolarn auch producierten, und obendrein hς: Baron
Bage von Paris der Gesellschaft den Spass machte ein Violin=
Concert
zu spielς: Das war ein Gelächter! schreibt er, und dan:
Meiner Schwester Schreibς habe richtig erhaltς: hoffe, daß sie das
meinige unterdessς auch werdς erhaltς habς.
Hier wird er wohl
den Brief an mich darunter verstandς habς. Daß wir 2 neue
Trouxes haben werdet ihr vermuthlich schon Wissς. da letztlich beÿm
Stundgebette nur 4 zum Himeltragς übrig warς, da die übrigen
theils in den Himel gegangς, theils invaliden und Strupierte sind:
so war dς Fürst gezwungς ein paar junge Bursche auszusuchς um
die schwere Last des Himels zu tragς. Cajetan Andretter practiciert
schon lange auf dem Hofrath, und man müsste ihm doch seiner Zeit
etwas gebς. er bekam demnach motu proprio das Decret als Trouxes
mit 15 f und der heilsamς Erinerung durch fleisiges frequentieren
des Hofraths sich weiterer hohς Gnadς würdig zu machς. der junge
Mehofer Antonius, der die KapellerTochter hat, und ich weis nicht auf
wasfür einer Stelle schon lange angestellt ist, erhielt das näml: Decret;
ob er aber eine Zulage erhaltς, ist mir nicht bekannt; unterdessς muste
jeder sein Karackter Decret mit 25 f Tax bezahlς. – der Kriegs=
zahlmeister Thurner ist auch schon lang begrabς.
Die Entführung aus dem Serail ist den 17 mit dem grösstς
Applaus zimlich gut aufgeführt und 3 Stück repetiert
wordς: um 5 uhr konnte niemand mehr untς ins Theater und
um viertl nach 5 uhr wars obς auch ganz voll, die gubernante
Katherl musste mit den Platzischς Kindern ins vordςe parterre
gehen. am Sontag dς 21 wird es wiedς aufgeführt: nachdem
wird mans wohl 5 wochς rasten lassen. Die ganze Statt ist
damit vergnügt. Auch dς Erzbς: hatte die grosse Gnade zu
sagς: es wäre wirklich nicht übl. sie sollς, wie höre 191 f
eingenomς habς. Die Arie mit den obligatς Instrumentς habς –

          Kunde von oberwähntem Baron Bagge, wohnhaft in Paris, findet sich in
          einem eigenen Artikel in der Leipz. allg. musik. Zeitung.
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Stadler das Violin |: so leicht ist :| Feiner die Oboe, Reiner die Flaut – 
und Fiala das Violonzell gespielt, und es ist gut zusamgegangς.
hς: Kassl war dazu ersucht um die Flaute zu spielς: er kam auch zur
ersten Probe: allein den Tag darauf sagte er dem Stadler, er werde
nicht mehr komς, sie möchtς einς anderen nehmς, das Probierς wäre ihm zu
Seccant; das hat ihm nun jederman, so gar beÿ der Noblesse sehr übl
genomς; hingegς hat hς: Fiala nicht nur gespielt, sondς hat so gar
keine Bezahlung angenomς, sondς gesagt er hätte es dem hς: Schmid
und sonderhtl: dem hς: Mozart zu gefahlς gethan.
Itzt kam der Both. Die Preis von dς opera sind nicht erhöhet, sondς
nur das abonnement suspendiert wordς.
Die Gretl hat vortrefflich gesungς, und vom Churfürstς, der
hinach mit ihr sprach, dan vom Maestro Prat. p: und allς den
grösstς Beyfahl erhaltς. du weist, daß man imer in dς Erwartung
war, wer 2da Dona werdς sollte, da die Lisel Wendling gegς die
Md:me Le brun keine 2da Dona machς wollte, sonderhtl: da diesesmahl ein
gar so nichts bedeutendς Part ist mit 2 sehr kurzς schlechtς Arietten.
Da nun aber die Lisel Wendling für ihre Tochter keine Hofnung
sahe, so übernahm sie doch selbst diesen schlechtς Part, damit
die Gretl nicht etwa dadurch einς Schritt machς könnte,
und folglich dadurch zu verhindς, daß die Gretl sich auf
dem Churfς: opera nicht zeigς und verdienste machς kan.
Sie hat unterdessς ihre Tochter mit ihrem Mane nach Paris
geschickt. vom Bologna wird nicht ein Wort geschriebς, nur
wie Pacherotti da war, schrieb man mir, daß er abermahl
krank war, und aderlassς musste. dem Marchand habe
einς langς Brief odς eigentl: 2 Briefe zu beantwortς, dazu ich,
weil wenig auf einmahl schreibς kan, eine Woche anwendς muß,
um alles recht auseinandς zu setzς. Ich soll auf Münchς – –
Ich soll nach Wien reisen und Gott weis wohin. Eÿ! wäre
ich nur mein aigner Herr! ich würde bald die Bagage
machen. So ichs nur weis, wegς dem Bothς, so werde schon
sorgς der Glasträgerin etwas mit gebς zu könnς.
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die schachteln, die ich schickte, sollte freilich wiedς herin habς, dan
wen was zu schickς ist, so muß doch imer schachteln habς. die wo
die Birn darine warς, gehört ohnhin dem hς. D'Jppold.
Itzt, da es kalt ist, hab mir 6 gutes Rindfleisch gekauft
und lasse mirs zu Haus siedς. Von den Hiendln, die ich noch
im futter hatte, ließ ich mir zu Zeitς beÿm Hofwirth eins
braten; und da geht es ganz gut: übermorgς hab das letzte.
ich esse also halb vom Hofwirth und halb von aigner kost;
hab ich etwas, so lasse ich mirs dort richtς. das gewöhnliche
was mir hollς lasse, ist zu mittag die Suppe mit einer Brat=
wurst, den Kraut, zu zeitς mit einer leberwurst, etwa
ein Lüngerl odς kress, odς Kälberfüsse, odς eingemachtes, – wovon
ich, vom letztern sondςheitl: mir das meiste auf die Nacht auf=
behalte, wo mir dan die Tresel von dς Suppe theils von meinς
Rindfleisch, theils vom Wirth, einς Reiss odς Gerste, die mir
selbst gekaufft habe, siedet, den vom Wirtshause sinds
ganz ohnausstehlich mit Essig versäurt. kurz! ich lebe
wie die Soldatς, – hab ich was, – so ess ich was.
Komt dς Tag; so bringt dς Tag! Gedult! – –
Wen ich die Haydς: Variatς: nicht findς sollte, so kans allzeit
vom Gr: Arco Leop: abschreibς lassς. – der B: Rechberg
komt nicht mehr: – er geht nach Strasburg. –
Auf der Spart des Concerts ex G Stand gar kein Tempo;
darum schrieb auch keines darauf. –
der B: Bage ist freÿlich ein sehr alter Narre. Er kratzte
damals in Paris beÿ seinς Accademiς imer nur die erste Violin
mit, und humste zu Zeitς elendigst in die flautotraver: erst
itzt in seinem Alter ist ihm dς Narre gekomς Concertς spielς
zu wollς und sich offenbar zum Narrς habς zu lassς. –
den Theaterkrieg betreffend, ist es nichts erhebliches, es be=
traff nur den Aufwiegler hς: Reineke, der dan den
Matausch, und Litter aufhetzte. Nun ist alles ruhig.
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Es ist schon einige wochς, daß Fr: Schirkhoferin mir diese
Köchin schickte. – So viel ich weis ist sie von Camer ge=
bürtig, geht säuberlich in einer goldenς Linzer haube;
hinckt mit einem fuss, der etwas zu kurz seÿn muß,
geht aber doch geschwind auf dς gasse ihrς Weeg. sie ist
nicht alt, – aber auch nicht sehr jung. wenigst gar
nicht schön
: doch ebς nicht hässlich: in ihrem anzu säu=
berlich und ordentlich. Ich werde mit dς Schirkhoferin redς,
und alles ihr sagen. daß sie soll verdorbς werdς,
scheint mir wenig gefahr zu seÿn: dieses Weibsbild wird
niemand sonderliche Anfechtungς machς.
Mit dem Krieg gehts mir wie dem hς: Sohn: ich stecke imer
mit den Augς, Zeitungs=täglich, in der Holländς: Land=
karte; aber projecten mache ich keine. Der Gr: v Weisenwolf
ist ausgemustert wordς, und bereits zu seinem Regiment abge=
gangen, welches eins von denς ist, die in die Niederlande gehς
sollen. bon Viaggio! – Nun muß schlüssen, und ins Bette gehς.
Ich küsse euch beÿde und die Kindς von Herzς und bin ewig
                                                            Euer aller
                                                         redlicher Vatter
                                                          L Mozart mp
Das Hanchen hat mir und auch dem hς: Hagenauer
geschriebς.      Die Schittenhofς: sind erst vorigς Samstag
abends von Triebenbach herauf. Morgen werde sie besuchς,
gestern fand ich sie nicht zu Hause.
              Ich bezeuge dem Herrn Geheimenrath Feuerstein, daß
              dieser Brief
              an die nacherige Baroninn v. Berchtold zu Sonenburg
              die Handschrift Leopold Mozarts, Vaters
              von W. A. Mozart († 1791), ist. Salzburg 20 Febr.
              1826. Nissen
                      Gatte der Witwe W. A. Mozarts.
Leopold M. war fürsterzbischöflichsalzburgscher Vicekapellmeister, Verfasser des zuerst
1756. in Augsburg herausgekommenen Versuch einer gründlichen Violinschule.

Der Herr Sohn oben ist der Tochtermann.