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                         Paris den 22.ten Februaς:
                                                      1764.
Monsieur.

     Es kann nicht immer die Sonne scheinen,
es kommen oft Wolcken, die sich aber wie=
der verziechen. Ich eÿlete gar nicht den
Traurigen Todfall der Frau Gräfin von
Van-Eyck
zu berichten, ich dachte es ware
genug, daß ich die Herzen der Herren
Salzburger zu dieser traurigen Begebenheit
vorbereitet habe, ich ließ es anderen über,
das Ende zu berichten. Wenn ich aus
Paris bin, werde ich einige Umstände zu
berichten unermangeln; und ich würde der
Mademoissel Rosalia, der ich mich empfehle,
ein paar freundschaftliche Worte geschrieben
haben: Allein ich mus um Gedult bit=
ten, sie wird meine Ursachen höchst ge=
gründet finden. Genug! Man stirbt
nirgends gerne, allein hier sieht es für einen
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ehrlichen Deutschen, wenn er erkrancket,
oder gar stirbt, gedoppelt traurig aus.
Übrigens hat der Todtfall der seel: Frau
Gräfin die Unbässlichkeit des Herrn Gra=
fen nach sich gezogen, die sich nun aber
nach und nach zur besserung anlässt. Die
Teutsche KindsFrau Sophia, die nun in
wenigen Tägen nach Teutschland zurück=
kehret, hätte es aus Betrübnus bald mit
der Haut bezahlen müssen. Mich hat
bald darauf auch eine gähe und unver=
muthete Begebenheit in einige Verlegenheit
gesetzet. Meinen lieben Wolfgang über=
fühle ein gählinges Halswehe und Carthar,
daß er, da er den Carthar in der Fruhe
den 16. merckte, in der Nacht ein solches
stecken im Hals bekam, daß er in Ge=
fahr war zu ersticken: Allein der Schleim,
der ihm auf einmahl ledig wurde, und den
er nicht herausbringen kunte, fühle in
den Magen zurück; Denn ich nahm
ihn geschwind aus dem Bethe und führte
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ihn im Zimmer hin und wieder. Die Hitze,
die ganz erstaunlich war, dämpfte ich nach
und nach mit dem pulvre antispasς: Hallenς:
und Gott Lob, in 4. Tagen stund er wieder
vom Bethe auf, und befindet sich nun wie=
der besser. Zur Vorsorge schrieb ich auf
der kleinen Post unserm Freunde dem
Teutschen Herrn Medico Herrnschwand,
der Medicin des gardes Suisses ist. Er
fand aber nicht nöthig öfter als 2. mahl
zu kommen. Ich habe ihn dann mit ein
wenig aqua laxat: Vien: Laxiren machen;
nun ist er Gott Lob, gut. Mein Mädl
ist auch mit Carthar beunruhiget, allein
ohne alteration. Und es ist kein wunder,
den den 18. Novbς: sind wir in Paris an=
gelanget, und dann hat es etliche Täge
einen starcken schnee gemacht, der aber gleich
wieder weg ware; und seÿt der Zeit hat
man in Paris kein Schnee gesehen; es war
immer neblichtes oder nasses Wetter und
so gelinde, daß der Herbst in Teutschland
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viel kälter ist: ja es waren einige ausser=
ordentliche schöne warme Täge, die aber
gleich wieder in das abscheulichste Regen=
wetter änderten, so daß hier kein Mensch
fast jemals ausgehet ohne das seidene
Regendach in den Sack zu stecken. Aus
dieser Ursache sind auch die bequemmen
seidenen Regendächer aufgekommen;
Weil das Wetter in Paris mit der Ge=
müthsart ihrer Einwohner völlig übereins=
stimmet und der Veränderung unterworf=
fen ist. Die Catharr sind hier schlimmer
und gefährlicher als in Teutschland, Es sind
gemeiniglich hitzige Cartharr, und da
die hiesigen Herren Medici sehr das Ader=
lassen lieben, so schicken sie manchen durch
die Aderlass in die Ewigkeit. Nun
bitte ich 4. heilige Messen zu Maria
Plain,
und 1. heilige Mess beÿ dem heiligen
Kindl zu Loretho so bald es sein kann,
lesen zu lassen, die mir wegen unsern
Kindern versprochen haben, und mir zu
                                                notiren
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notiren. Ich hoffe die heiligen Messen
zu Loretho werden allzeit fort gelesen
werden, so lange wir aus sind, wie ich
gebethen habe. Zu folge dessienigen, was
ich ihnen wegen des nassen Wetters ge=
schrieben habe, mus ich ihnen noch sagen,
daß die Seine hier vor etwa 14. Täge
so erstaunlich angeloffen ware, daß
man auf dem Plaz la gréve mit Schiffen
fahren muste, und viele gegenden der
Statt, gegen dem Fluss zu, nicht passi=
ren kunte. Was das Wasser um
Franckfurt und in Holland auch anderer
Orts für schaden gethan, das werden sie
in Zeitungen genug lesen. Wir werden
in längstens 14. tägen wieder nach Versail=
les
fahren um das œuvre 1.er der gestoche=
nen Sonaten des grossen Hς: Wolfgang
der Madame Victoire, zweÿten Tochter
des Königs, zu überreichen, welcher es
dediciert wird. Das Œuvre 2:d wird
glaublich der Madame la Comtesse de
Tessé
 dedicirt werden. In Zeit von
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3. bis höchsten 4. Wochen müssen, wenn Gott
will, wichtige Sachen vorgehen; wir haben
gut angebauet, nun hoffen wir auch eine
gute Ärnte. Man mus alles nehmen
wie es kommt. Ich wurde auch 12. Louvis
d'or
wenigst mehr haben, wenn meine Kin=
der nicht hätten einige Täge das Haus
hütten müssen: Ich dancke Gott, daß
sie besser sind – – – wissen sie, was die
Leute immer hier wollen? – – Sie wollen
mich bereden meinem Bueben die Blattern
einpfropfen zu lassen. Nachdem ich nun
aber meinen wiederwillen gegen dießen
Vortrag genug habe zu verstehen gegeben,
so lassen sie mich zu frieden. Hier ist
es die allgemeine Mode, nur, daß man
es ohne Erlaubniß nicht in der Statt, son=
dern auf der Campagne, thun darf: dieß
aber nur darum, weil wegen dem gu=
ten Erfolg der Einpfropfung, die Leute
hauffenweis und zu gleicher Zeit, sowohl
kleinen als erwachsenen, die Blattern
haben einpfropfen lassen, so daß in
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einem Hause manchmal, 3, 4, und mehr
Personen in Blattern lagen. Da nun
dieß üble folgen hätte nach sich ziechen
können, so mus es auf der campagne
geschechen, oder beÿ dem Intendant de
Paris
angezeigt werden. Ich meinestheils
lasse es der Gnade Gottes über. Es
hänget von S:r göttlichen Gnade ab, ob
er dieß Wunder der Natur, so er in
die Welt gesetzet hat, auch darinnen
erhalten, oder zu sich nehmen will. Von
mir wird er gewiß so beobachtet, daß
es eines ist, ob wir in Salzburg oder in
welchem Ort der Welt wir sind. Das
ist es auch, was die Reisen kostbar ma=
chet. Wer diese Reisen nicht gemacht
hat, der kann es sich nicht vorstellen, was
alles dazu erforderet wird. Man
muß die Hände beständig im Geldbeutl,
und seine 5. Sünnen immer wohl beÿsam=
men, und ohnaufhörlich ein Plan auf
viele Monate hinein vor Augen haben;
einen Plan aber, den man nach Verän=
derung der Umstände, auch gleich ver=
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änderen kann. Nun kommt etwas an=
ders. Wundern sie sich nicht, wenn alles
unter einander hinschreibe, man muß in
solchen Fällen die Gedancken hinschreiben,
wie sie kommen, sonst fallen sie aus dem
Sinne. Man hat in Teutschland das
Vorurtheil, daß die Franzosen keine käl=
te ertragen können; Allein dieß ist ein
Vorurtheil, welches Augenblicklich wegfällt,
wenn man den ganzen Winter alle Bou=
tiqu
en offen siehet. Der Kaufmann p
nicht alleine, sonder Schneider, Schuster, Sat=
ler, Messerschmied, Goldschmied p en fin alle
Arten der Gewerbe Arbeiten in offenen
Boutiquen und vor aller Menschen Augen,
so das alle Boutiquen eben so viel Zimmer
sind, wo man Jahr aus Jahr ein, beÿ
Hitze und kälte die Menschen arbeiten
siehet. so bald es Abend wird, sind alle
Boutiquen beleuchtet, so daß in mancher
6, 7, 8, bis 10. Liechter brennen, in manchen
vielle Wandleuchter, und in der mitte ein
schöner Kronleuchter hanget. Bis gegen 10.
                                                         Uhr
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Uhr sind die meisten Boutiquen offen.
die Boutiquen der Ess-waren bleiben
bis 11. Uhr offen. Hier haben nun die
Frauenzimmer nichts als chauffretten
unter den füssen: das sind kleine
hölzerne und mit blech gefütterte Käst=
chen die durchlöcheret sind, darin ein
gliender Ziegel, oder heisser Aschen, oder
erdene Kästl mit Glut gefüllt sind.
So bald ein heller Tag ist, so sehen sie
den ganzen Winter, auch beÿm käl=
testen Winde, eine unzahlbahre Menge
Menschen beÿderleÿ Geschlechts und Alters
in dem Garten der Thuillerie, im
Palais Royal, Boulevard und anderen
promenaden spazieren gehen. Sagen
sie mir nun, ob die Franzosen sich vor
der kälte scheuen. Beym mündesten
Sonnscheine sind alle Fenster offen. und
beÿ dem kältesten Winde, sind die
Thüren offen, und sie sitzen beÿm
Caminfeuer.