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                                                             Salzbς: dς 9 Septς: 1784
Bis itzt hat mir ebς die Zeit nicht lange werdς könς, weil mit ab=
sendung des Claviers nach Münchς zu thun hatte: und wen einmahl die
Dienstmägde Historie vorbeÿ ist, dan werde herzlich frohe seÿn. Ich hoffe
morgς von euch Antwort. unterdessς schreibe heute voraus die Seccatura die
ich entzwischς hatte. Des Lieutentς: Hoflers Frau kam zu mir, und möchte
daß ich euch ihre Tochter als Stubenmädl |: vermuthlich halb Camerjungfer,
und halb Stubenmädl :| reccomandierς sollte. Sie kan alles! Sie hat beÿ
der Herberstein Kamerjungfer Haubςheftς, kleidς garnieren p p: gelernt, und
beym Camerdr dς Gräfin Lizow das frisiern; – – alles nach dς neuesten
mode. zur Noth kan sie auch kochς. Sie wäre auch bereit die Weise Haube
abzulegς, wen es etwa anstössig wäre, und eine schwarze Stubenmädlhaubς
aufzusetzς &c: &c: – Ich antwortete, daß wegς 2 Stubenmädl schon bereits
hinausgeschriebς habe, folglich es zu späth seÿn möchte, weil vermuthlich mit
dem Bothς schon ein Entschluss komς würde, ich eher aber nichts berichtς könnte,
weil der Both nur alle 8 Tage komt. Es kam ihr so gar der Einfahl
ihre Tochter hinauszuführς und euch vorzureittς, ich redete es ihr aber aus.
Sie erzehlte mir, daß ihre Tochter beÿ der Sinzendorfin war: da konnte
freylich kein Mensch aushaltς. dan war sie zu Friburg als Camerjungfer
speisste mit dς Herrschaft, – allein ihre gge fr: Baronesse und sie, warς
beyde dem Stubenmenschς unterworfς, die hier des Adams liebste und Magd
war, und die nun in Friburg alles dirrigiert, weil sie des hς: von
Haus geliebte ist, – und so viel man sagt, warς schon vorher ein paar
Stubenmädl odς Camerjungfς: da ins kindbett gekomς. Weiter sagte sie mir
daß sie mit verwunderung gehört hätte, daß eine gewisse Soldatς Tochter als
3te Magd sollte hinauskomς. Sie bitte mich meiner Tochter dieses Kreutz nicht
aufzubürdς, indem das Mensch keine Arbeit gewöhnt, faul, nichts als strickς
kan und eine pure Läuferin wäre. – Ich speiste die Md:me ab, so gut ich
konnte mit dem Versprechς euch beÿ erster gelegenheit Nachricht zu
gebς. Nun erkundigte ich mich um den Nahmς des Soldatς Menschς, und erfuhr
daß sie Franciska Haÿsingerin heist. Ich gedachte zur Fr. v Hermes
auf den Capuzinerberg zu steigς, um mich zu erkundigς: zum Glück
kam sie aigens nach 8 uhr abends mich zu besuchς in ihrer negligé herab,
da ich ebς zu nacht speisste: und da erfuhr ich, daß dieses Mensch die
Tochter der so sehr ehemals verschrienς Minichberg Waberl wäre; das
war mir schon genug! ich gieng noch zum überfluss in geheim zum grandier
Hauptman, und forderte seiner und seiner Frau Redlichkeit auf,

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mir die Warheit zu sagen. Sie bekräftigtς alles, und sagtς, daß diese
Person gar nicht zur arbeit wäre. Sie wäre auf eine sehr kurze
zeit in Östereich, odς vielleicht in Wien gewesς; allein ihre Mutter
hätte sie bald durch einς Rosslöhner wiedς herauf führς lassen: sie
bathς mich aber, es beÿ mir zu behaltς, daß ich mich beÿ ihnς er=
kundiget habe, indem diese Leute wie der lebendige Satan
wärς, übrigens wärς sie schuldig, uns die Warheit zu sagς. Meine
Gute Fr: Tochter hat freÿlich die Mutter des Mädls nicht ge=
kannt, und sich von ihrer Beredsamkeit, und dem starkς Aussehς
der Tochter betrügς lassς: hätte ich die Mutter gesehς, so wäre dieses
alles nicht geschehς; dan ich kene sie. der Guldς, den ich ihr gab,
ist also ein heiliges Allmosς, und wir müssς auf eine andςe Magd
denken. Hingegς habe dem hς: Sohn auf einer andς Seite 4 f
erspart. hς: Bruder Oberschrς: sagte dem Postmeister der hς: Sohn
werde das Geld für die 4 Täge beÿ seiner hereinkunft bezahlς.
Ich wollte ihms bezahlς, allein er hatte absolute nicht Lust es anzu=
nehmς, weil er des tags 3 f, – folglich 12 f bezahlt habς wollte.
Er musste sich aber durch meine Bezahlung mit 2 f des tags
begnügς: ich zahlte ihm also 8 f: – Nun kan dς hς: Sohn den
Guldς, den das Mensch empfangς verschmerzς, weil doch noch 3 f
und etwa viele Verdrüsslichkeitς erspahrt sind.

den 10 Septς:
Itzt erhalte den Brief und sehe am Ende, daß ihr mit einem Stuben=
Mädl bereits versehς seyd. – Einestheils bin ich frohe, so habς die
Seccaturς mit den Menschern, die unterdessς hatte, ein Ende;
und der Soldatς=tochter werde auch sagς, daß ihr mit einer andςς
versehς seyd, den mit dieser ists warhaftig nichts, – solltς
wir aber doch um eine andere hier umsehς; so müsste es bald wissς:
allein, ich denke, so eine bekomt ihr überall.
Nun muß ich mich doch verwundς, daß die Täge fast zu kurz werdς
um alle 8 Täge einς Brief zu schreibς, und zwar dς letztς ohne
dato
, – und um kaum die Zeitungς lesen zu könς. an der Tag=
ordnung habe nichts auszusetzς, als das 3 stündige Clavierspielς,

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von 2 bis 5 uhr, und dan nur 1 Stund spazierς gehς.
Das Wetter war hier die ganze Zeit ohnausgesetzt schön: und ich würde
itzt ohnversehends beÿ euch gewesen seÿn, wen ich nicht vom Erzbischof
die ordre hätte über das ganze Hofmusik=Personale, und ihrς Gehalt p: p:
eine Tabelle zu verfertigς, wo dan noch auch das weitere abwartς
muß. dem hς: Sohn gratuliere von Herzς zur Aderlaß.
Es war einmahl Zeit, daß ihr die Visite im Strobl gemacht
habt: wie konntet ihr doch beÿ so vortrefflich schönem Wetter
es so lange verschiebς? – und St: Wolfgang? – – ich getraue
mir fast darauf zu wettς, ich kome noch eher nach St: Wolfgς:
als meine Tochter: – ò ihr Zimersitzer, und vielleicht
bald ofensitzer! – Ich bin imer um 5 uhr längstens vorm
Thor bis nach Bettleutς, und am Mariageburtstag bin ich
um 2 uhr nach Mülln, von da zum Verwalter, dan nach
Maxlan und um 7 uhr durchs Neue thor nach Hause gegangς.
                        wir hattς unterdessς einmahl das Schüssς,
                       näml: den 5, und dς 12 übermorgς wird
                       wiedς eins seÿn. bis Michaeli wirds einmahl
                       so fortgehς. – wie es aber dan auch mit
                       mir gehς wird, weis ich nicht. dermahl bin
                        sehr gut bedient: allein die Veronica
                        geht wirkl: nach Lofer, allein sie bleibt
                       hier um zu kochς, bis ihr wieder hinausreist,
dan geht sie erst nach Hause, weil sie nach Hause zu gehen keine Eÿle
hat. – durch den Bothς schicke die Machine und was dazu gehört.
dan ein Fürtuch, das die Stattschreibertresel gebracht hat; und die alte
angebrente Brust. es ist aber auch noch eine alte grüne da.
Das Geschmuk hat M:me Zezi wieder zurück gebracht: allen gefällt es, – 
nur die Braut wünschte, das vorn was weis ich für ein Glin=glanck,
statt des Tropfen, mehr herunter hangς sollte. Sie ist itzt mit zum Boznermark
hinein und hoft etwa darine ein Glinkglank Geschmuk zu findς. Es sollte itzt alda
die Hochzeit schon gewesς seÿn, allein sie bath sichs aus, daß die Hochzeit in Salzburg
erst im Octobς: Novembς: odς ums neue Jahr sollte gehaltς werdς; sie scheint halt für
ihres Hochzeiters Glinckglank gar nicht eingenomς zu seÿn. Unterdessς habe den
Schmuk in Verwahrung genomς, es möchte, wie Fr: Muhme Zezi sagt, doch noch, nach
der Zurückkunft, ein anderer Gedanke dazu komς. Nun Lebts gesund und ver=
gnügt, ich bin meines liebς hς: Sohns und liebς Fr: Tochter ewig redlicher
                                                                                              Vatter Mozart mp

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Die Schiedenhofischς sind noch im Triebenbach. Hagenauerische, Joly
Salerl
Mr D'Ipold, die Schützς Compagnie, Grenadier Hauptmς:
Hermesischς im Capuzinςberg p p: alles empfehlt sich, sondςhtς:
hς: Marchand in seinem letztς Brief. Bologna Specialiter,
er würde hinauskomς, wen ich mit ihm könnte, – allein förchtet er sich
zu reisen und hat es auch nicht mehr recht an dς Zeit, weil er mit den leern
gutschς, die die Kaufleut bringen, nach Münchς reisς kan, und die komς schon gegς
Ende der komendς woche.

Zu dem kleinς Coffré, der in St: Gilgς beÿ mir im Zimer stand, hab im her=
einreisς den Schlüssl verlohrς, wen ich ihn nicht im Zimer alda
etwa auf dem Kleinς Kastl habe liegς lassς.
Ich küsse die Kinder, und hoffe die Freul: Nanerl wird
fleisig lernen, wie auch der Wolfgς: addio!

À Madame
Madame de
Sonenbourg
à
St: Gilgen

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