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                                                                                                  Vienne ce 18 d'Août 1784.
                 Ma trés chere sœur!

Potz Saperment! – izt ist es zeit daß ich schreibe, wen ich will daß dich mein brief noch
als eine Westalin antreffen soll! – ein paar täg Später, und – weg ist's. –
Meine frau und ich Wünschen dir alles glück und vergnügen zu deiner Standesveränderung,
und bedauern nur von Herzen daß wir nicht so glücklich seÿn könen, beÿ deiner ver=
mählung gegenwärtig zu seÿn; wir hoffen aber dich künftiges früh Jahr ganz gewis in
Salzburg sowohl als in St: gilgen als fr: von Sonenburg samt deinem Hr: gemahl zu
umarmen; – wir bedauern nun nichts mehrer als unsern lieben vatern, welcher nun
so ganz allein leben soll! – freÿlich bist du nicht weit von ihm entfernt, und er
kan öfters zu dir Spazieren fahren – allein izt ist er wieder an das verfluchte
Capellhaus gebunden! – wen ich aber an meines vaters Stelle wäre, so würde
ich es also machen; – ich bittete den Erzbischof um |: als einen Man der schon so lange
gedient hat :| mich in meine Ruhe zu setzen – und nach erhaltenen Pension gieng
ich zu meiner tochter nach st: gilgen, und lebte dort ruhig; – wollte der Erzbischof
meine bitte nicht eingehen, so begehrte ich meine Entlassung, und gieng zu meinem
Sohne nach Wien; – und das ist, was ich dich hauptsächlich bitte, daß du dir
Mühe geben möchtest ihn dazu zu bereden; – ich habe ihm heute in den briefe
an ihn schon das nämliche geschrieben. – und nun schicke ich dir noch 1000 gute
Wünsche von Wien nach Salzburg, besonders daß ihr beÿde so gut zusamen
leben möchtet als – wir zweÿe; – drum nim von meinem Poetischen
Hirnkasten einen kleinen Rath an; den höre nur:
                                Du wirst im Ehstand viel erfahren
                                was dir ein halbes Räthsel war;
                                bald wirst du aus Erfahrung wissen,
                                wie Eva einst hat handeln müssen
                                daß sie hernach den kain gebahr.
                                doch schwester, diese Ehstands Pflichten
                                wirst du vom Herzen gern verrichten,
                                den glaube mir, sie sind nicht schwer;
                                doch Jede Sache hat zwo Seiten;
                                der Ehstand bringt zwar viele freuden,
                                allein auch kumer bringet er.
                                drum wen dein Man dir finstre Mienen,
                                die du n[i]cht glaubest zu verdienen,
                                      in seiner üblen laune macht:
                                So denke, das ist Mänergrille,
                                und sag: Herr, es gescheh dein Wille
                                beÿ tag – – und meiner beÿ der Nacht.  dein aufrichtiger bruder                                                                                                        W: A: Mozart mp
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