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                                                              Salzbς: dς 28 Augusti
                                                                                 1755.
          Monsieur mon tres cher amy!

Eben war ich in Gedanken, und mit mir unentschlossen, ob ich heut
wiedς an sie schreiben solle odς nicht? Als ich dero schreiben, dem ich mit
grösster Begirde entgegen gesehen, erhielte. Nun weiß ich doch
wie es stehet; und sie hätten mir einen ungemeinς Dienst gethan,
wenn sie mir vor wenigist 8 odς 14 Tägen gleich geschriebς hättς: denn
ich hätte manche andςe Sachen zu Componirς angenomς, die ich abge=
schlagen habe, weil ich glaubte nun werde ich gleich alles zu Ende bringς
müssς, um sie nicht aufzuhalten. Daß sie über meine Exempel
erstaunet sind; das will ich gerne glauben. Allein, es kan einmal
nicht anders seÿn, so müssς sie aussehς, wenn man sie richtig und
zum Begriffe des Nebenmenschς deutlich anbringς will. Ich habe
mich ungemein gehütet nichts überflüssiges von Beÿspielς einzuschaltς;
um nicht das Buch unnötig zu verstärkς. Lassen sie es nur iemand,
der davon zu Urtheilς im Stande ist, einsehς; ich habe nichts entgegen.
jedς verständiger wird findς, daß iedes Exempel seinς besondςς Nutzς
hat, und die meisten davon nur zur Noth angebracht sind. In dς
Folge der Noch beÿ Handen habendς Hauptstücke gibt es zwar freÿlich
noch Beÿspiele Genug: allein sie sehς nimer so fürchterlich aus. Ich
könnte es ihnς einschikς: doch weil es keine Noth hat, so will ichs noch
übersehς. Weil sie nun schreibς, daß sie nicht wissς wie weit das
Mspt der vielen Noten wegen laufft; so hab ich itzt entzwischς mit
dem Eilften Hauptstücke geendet. Sie müssς wissς, daß ich alles
was ich in 12 Hauptstücke zu bringς gedachte, nun in Eilf Hauptstücke
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hab nothwendig bringς müssς; sonst wenn ich das eilfte Hauptstück
zertheilet hätte, würde es gar zu klein gegς die übrigς gewordς
seÿn. Sehen sie: Das achte Hauptstück schlisst mit der
Applicatur. Das Neunte handelt von den Vorschlägς p:
das Zehnte vom Triller. Das Eilfte von dem Tremulo,
Mordente, und den übrigς willkührlichς Auszierungς.
Und mein
letztes Blat schliesst mit dς 226 Seite. Mein Mspt
bestehet dermal also in 226 odς 27 Seiten. Und also kan es bleibς.
So kan ich schliessς: wenn sie sich nicht ärgern, daß es mit eilf
Hauptstücke schliesst. Denn etwas mit einer ungleichς zahl
endς ist eben so gefährlich, als wen ein Haas
odς eine Katze über den Weeg läuft. Sie sehς das mein Mspt
dermal nicht gar 57 bögς hat. Wollen sie noch ein Hauptstück,
damit es ein Dutzet wird; so hab ich Materie genug. sind sie nur
unbesorget, ich will zum falle noch ein Hauptstück dazu gebς, so man
mit vielem Vergnügς darin lesς wird NB aber kein Exempel komt
nimer dazu. Was anbelanget: daß sie mich sprechς möchtς; der=
mal aber nicht nach Salzbς: komς. So ist diess eine meiner grösten
Verdrüsslichkeiten. Freÿlich wäre es für mich eine Gelegenheit nach
Augspurg zu komς, und zwar mit einem Ritorno, auch so wiedς
nach Hause zu kehren. Allein, erstlich könnte ich nicht länger
als etwa gegς 7 odς 8 Täge in Augspurg seÿn. Und was man in einem
Handel in so wenig Zeit richtς kan, wissς sie selbst: denn diess
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müste ich Hauptsächlich betreiben. zweÿtens muß ich doch auch auf
die Unkosten denken. und drittens müste ich erst sehen ob ich
hier weg kan. Basta, ich werde darüber schlaffen. Übrigens
Sagen sie mir doch, wenn glauben sie, daß das Buch möchte zu
stände komς? Ich denk imer wir werden das 1756ste Jahre etwa
damit anfangς. Ich kan nicht anderst schliessς, wenn ich nach dero Briefe
schliesse, den sie mir unterm 20 Maii eingeschicket haben, und worine es
heisst: Diese Woche noch will in Gottes Nahmς den Anfang machς. wissen
sie noch, was sie mir von einem dςgleichς Lehrbuche vom Wagenseil gesagt
habς. Wenn mich diese Verzegerung nur nicht in schadς bringt. ihnen
wird es nicht schadς; denn vielleicht habς sie noch einige Exemplariς von
ihrem saubern Panduristen odς vielmehr Rudimenta Panduristæ note übrig?
Die mögen sie entzwischς fortbringς.

Was die Bücher anlanget, so glaubte ich meine Comission würde nahmhafter
seÿn. Allein es besteht nur in folgendem.
     Redekunst.                    
     Critische Dichtkunst.        Gottscheds
     Deutsche Sprachkunst          
        fabeln                        
        Lehrgedichte                    Gellerts
        Wagners Phraseologia.
        P: Desings Index Poeticus.
Und letztlich war auch eine Nachfrage von Werners musikς: Calendς.
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1755. dς 28. August, aus Salzb
von hς. Leopold Mozart.
|: ohne Unterschrift :|

Zum beschlusse muß ich noch etwas erinern, so sie zwar etwa schon
wissς werdς. Vor 7 Wochς sind hier alle neuς Churbς: kreuzer und
Landmüntzς de ao 1754 u 55 ausgeruffς und nur noch eine Zeit
von 6 Wochς anberaumet wordς, nach welcher verfliessung
sie gänzlich abgewürdigt seÿn sollς. Da nun aber davon eine
unsägliche quantität in unserm Lande ist, so nimt man sie zwar
noch an, allein man kan nicht wissς wie Lange. Obwohl Gott
bald mit dem Geld Univestr eine Ändςung machς muß, und ich
glaub gänzlich bis auf das Neue Jahr werdς wir umkehrς.

Die meinige ist sehr übel zu friedς: daß sie nicht nach Salzbς:
komς. Sie empfehlet sich; die GoldFlotte ist halt noch nicht ankomς.
Es ist nur zu fürchtς es möchte beÿ dem itzt ausgebrochenς
kriege unter die Capers komς.

An dςo Frau Liebste mein ergebenstes Compliment. p.
nicht weniger an das Collegiς Musicς.

Der hς: Wagner schreibt mir schon 2 briefe gleich nach einandς und
möchte Musiqς haben. ich hab ihn auf gedult verwiesen.
Wenn etwa das Collegiς Musicς etwas beliebt, schreiben
sie es mir fein in tempore.