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Hochgebohrne, gnädige Frau!
Dancke Euer Hochgebohrn verbündlichst für den besonderen Antheil den Dieselben
an meinen Umständen nehmen, und sonderlich sage den verbündlichsten Danck für die außerordentliche
Gnade, die Euer Hochgeb. für meinen Sohn hatte, seinen Hochzeittag
so kostbar zu verherrlichen. Als ich ein junger Pursche war, glaubte ich immer,
daß Diejenigen Philosofen wären, die wenig sprachen, selten lachten, und gegen alle Welt
eine mürrische Mine machten. Meine eigenen Begebenheiten
aber haben mich nun vollkommen überzeigt, daß ich einer bin,
ohne es selbst zu wissen: denn da ich als ein wahrer Vatter
meine Schuldigkeit gethan, – ihm in so vielen Briefen über
alles die klaren und begreiflichsten Vorstellungen gemacht, –
ich auch überzeugt bin, daß er meine mühsame Umstände,
meine bei einem solchen Alter höchstbeschwerliche Umstände
kennt, und meine Herabsetzungen in Salzburg einsieht, – da
er weiß, daß ich sowohl in moralischen als Physikalischen
Verstande durch sein Betragen aufgeopfert bin, – so bleibt
mir nichts anderes übrig, als ihn (da er es so wollte) sich
selbst zu überlassen und Gott zu bitten, daß er ihm meinen
väterlichen Seegen angedeyen lassen und ihm seine göttliche
Gnade nicht entziehe. Ich aber werde meine mir angebohrne
noch bei diesen Jahren übrige Munterkeit nicht verlieren,
sondern immerhin das beste hoffen. – ja, ich würde ganz beruhiget
sein, wenn ich nur nicht bei meinem Sohne einen Hauptfehler
entdeckte, und dieser ist, daß er garzu
gedultig oder
schläferig, zu
bequem, vielleicht manchmal zu
stoltz, und wie
sie dieses alles zusammen taufen wollen, womit der Mensch
ohnthätig
wird: oder er ist zu
ungedultig, zu
hitzig und kann nichts
abwarten. Es sind zween einander entgegen stehende Sätze
die in ihm herrschen – zu viel oder zu wenig und keine Mittelstraße.
Wenn er keinen Mangel hat, dann ist er alsogleich
zufrieden und wird
bequem und
ohnthätig. Muß er sich in die
activetet setzen, dann fühlt er sich, und
will alsogleich sein Glück
machen. Nichts soll ihm im Weeg stehen: und, leyder, werden
eben nur den geschicktesten Leuten, den besondern
genies die
meisten Hindernisse in den Weeg gelegt. Wer steht ihm
in Wien im Weege seine angetrettene Laufbahn fortzugehn
wenn er ein wenig Gedult hat? – – Capellmeister
Bono
ist ein uhralter Mann, –
Salieri rückt nach dessen Todt vor,
und macht einem andern Platz, und ist nicht Gluck auch ein
alter Mann!? – Gnädige Frau! sprechen sie ihm gedult
ein, und erlauben sie daß ich mir die Gnade ausbitten
darf, Euer Hochgebohrne Meinung hierüber zu vernehmen.
– Meine Tochter empfehlt sich zu Gnaden und wünscht, sammt
mir, so glücklich zu seyn Euer Hochgebohren die Hände küssen
zu können. Sie ist sehr gerührt ohne alle ihre Verdienste
eines Andenkens von Euer Hochgebohren gewürdigt zu
werden. O wären wir doch von Wien nicht so weit entfernt!
Ich wünschte mit Euer Freyh. Gnaden eine Menge zu plaudern,
– – und wenn wir erst in die Musik uns vertieften! –
Hofnung! Du einziger Trost unserer Wünsche beruhige mein
Gemüth! – Vielleicht bin ich noch so glücklich Euer Freyh. Gnaden
nicht nur meiner, zwar nicht Vermögender, doch von Herzen
wahren Freundschaft, sondern auch meiner innigsten Hochachtung
und Ehrfurcht mündlich seiner Zeit versichern zu können,
da ich in der That bin
Euer Hochgebohrn
unterth. gehors. Diener
Leopold Mozart
Salzburg d. 23. Aug.
1782.
Mein Sohn schrieb mir vormals, daß er, sobald er sich
verheyrathen werde, nicht bey der Mutter wohnen wolle.
Ich hoffe er werde dieses Haus auch wirklich verlassen haben.
Ist es nicht geschehen, so ist es sein und seiner Frau Unglück.