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                                                                              den 29:t Aprill 1782
         liebste, beste freundin! –

diesen namen werden sie mir Ja doch noch wohl erlauben daß ich
ihnen geben darf? – so sehr werden Sie mich Ja doch nicht hassen,
daß ich nicht mehr ihr freund seÿn darf, und sie – nicht mehr
meine freundin seÿn werden? – und – wen sie es auch nicht
mehr seÿn wollen, so könen sie es mir doch nicht verbieten, gut für
sie, meine freundin, zu denken, wie ich es nun schon gewohnt bin.
– überlegen sie wohl, was sie heute zu mir gesagt haben. –
sie haben mir, |: ohngeacht allen meinen bitten :| 3 mal den korb
gegeben, und mir gerade ins gesicht gesagt, daß sie mit mir
nichts mehr zu thun haben wollten. – ich, dem es nicht so gleich=
gültig ist, wie ihnen, den geliebten gegenstand zu verlieren,
bin nicht so hitzig, unüberlegt, und unvernünftig den korb –
anzunehmen. – zu diesem schritte – liebe ich sie zu sehr.
– Ich bitte sie also noch einmal die ursache dieses ganzen
Verdrusses wohl zu überlegen und zu bedenken, welche war,
daß ich mich darüber aufgehalten, daß sie so unverschämt
unüberlegt waren, ihren schwestern – Nota bene in meiner
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gegenwart zu sagen, daß sie sich von einem Chapeaux haben
die Waden messen lassen. – das thut kein frauenzimer
welches auf Ehre hällt. – die maxime in der kompagnie
mit zu machen ist ganz gut. – dabeÿ muß man aber vielle
Nebensachen betrachten. – ob es lauter gute freunde und
bekante beÿsamen sind? – ob ich ein kind oder schon ein
Mädchen zum heÿrathen bin – besonders aber ob ich
eine versprochene braut bin? – hauptsächlich aber
ob lauter leute meines gleichen, oder niedrigere als ich – 
– besonders aber vornehmere als ich – dabeÿ sind? –
wen es sich wirklich die Baronin selbst hat thun lassen,
so ist es ganz was anders, weil sie schon eine übertragene
frau |: die ohnmöglich mehr reitzen kan :| ist. – und über=
haupts eine liebhaberin vom Et cætera ist. – Ich hoffe
nicht, liebste freundin, daß sie Jemals so ein leben
führen wollten, wie sie, wen sie auch nicht meine frau seÿn
wollen. – wen sie schon dem triebe mitzumachen |: obwohl
das mitmachen einer Manspersohn nicht allzeit gutsteht, desto=
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weniger einem frauenzimer – :| konten sie aber ohnmöglich
wiederstehen, so hätten sie im gottes Namen das Band
genomen, und sich selbst die Waden gemessen |: so wie es
noch alle frauenzimer von Ehre in meiner gegenwart
in dergleichen fälle gethan haben :| und sich nicht von einem
chapeau – |: ich – ich – würde es niemalen in beÿseÿn
anderer
– ihnen gethan haben – ich würde ihnen selbst
das Band gereicht haben. – destoweniger also von
einem fremden – der mich gar nichts angeht. –
doch das ist vorbeÿ. – und ein kleines geständnüss
ihrer dortmaligen etwas unüberlegten aufführung
würde alles wieder gut gemacht haben. und – wen
sie es nicht übel nehmen, liebste freundin, – noch gut
machen. – daraus sehen sie, wie sehr ich sie liebe. –
– ich brause nicht auf wie sie; – ich denke – ich überlege –
und ich fühle. – fühlen siehaben sie gefühl – so weis ich
gewis daß ich heute noch ruhig werde sagen könen, die kon=
stanze ist die tugendhafte, Ehrliebende – vernünftige und
getreue geliebte des Rechtschaffenen und für sie wohldenkenden

                                                                          Mozart mp
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À
Mademoiselle
Mademoiselle Marie Constance
de Weber,

Mozarts nachmalige Frau.
à
Son logis.